08.09.2025, 07:31
(07.09.2025, 19:29)Dem672 schrieb:(07.09.2025, 19:09)Sesselpupser schrieb: Wenn was neues auftaucht was sich während der Verhandlung nicht aufklären lässt, Schriftsatzfrist beantragen. Immer drauf achten ob beim Gegner was präkludiert ist. Bei Vorträgen vom Richter immer (jedenfalls im Kopf) in der Akte mitlesen und (möglichst höflich) widersprechen wenn er zB Vorgetragenes oder bestreiten übersieht etc. Der Rest kommt mit der Erfahrung.
Nehmen wir mal an, beim Gegner ist etwas präkludiert. Wie gehe ich das Ganze dann an? Muss ich beantragen, dass der Vortrag der Gegenseite wegen Präklusion nicht gewertet werden soll oder reicht das, wenn ich lediglich sage, dass der Vortrag präkludiert ist?
Und wie läuft das generell ab, wenn ich dem Richter zB. widersprechen möchte? Dazwischenreden möchte ich ungern und bezweifle auch, dass das gut ankommt.
Du solltest dem Vortrag aufmerksam folgen und falls erkannt dann ansprechen dass es deiner Meinung nach neuer Vortrag ist. Unterbrechen musst du nicht, normalerweise kriegst du immer Gelegenheit was zu allem zu sagen.
Ich hatte schon öfter Situationen erlebt dass die Richter was übersehen, zB Bestreiten in Schriftsätzen. Das Intervenieren hilft allerdings auch nicht immer, in einem aktuellen Verfahren von mir z.B. hatte der Anwalt auf der Gegenseite meine Klageerwiderung zwar bekommen (eEB wurde abgegeben), aber nicht drauf erwidert. Eigentlich alles präkludiert. Der Richter hat dann aber ohne Begründung dem Gegner noch eine 3-wöchige Schriftsatzfrist eingeräumt, obwohl ich darauf hingewiesen hatte, dass der Rechtsstreit entscheidungsreif ist. Anscheinend kennt man sich, der andere Anwalt ist ein ehemaliger OB der Stadt… witzig dass der Richter im nächsten Satz dann einen Vergleich vorschlägt, den es ohne die Erwiderung nie hätte geben dürfen. Das alles ist erst in der nächsten Instanz relevant, aber drauf eingehen ist trotzdem angezeigt.
08.09.2025, 09:27
Präklusion gibts doch nur im Examen. Hat das jemals jemand in der Praxis erlebt?
08.09.2025, 09:30
08.09.2025, 09:45
Mich wundert Sesselpupsers Erfahrung auch.
Selbst in Fällen, in denen Präklusion gerügt wird, habe ich es bisher weder selbst erlebt noch von anderen mitbekommen, dass das wirklich relevant wird und Vortrag deswegen ausgeschlossen wird.
Selbst in Fällen, in denen Präklusion gerügt wird, habe ich es bisher weder selbst erlebt noch von anderen mitbekommen, dass das wirklich relevant wird und Vortrag deswegen ausgeschlossen wird.
08.09.2025, 11:20
(08.09.2025, 09:30)Egal_ schrieb:(08.09.2025, 09:27)guga schrieb: Präklusion gibts doch nur im Examen. Hat das jemals jemand in der Praxis erlebt?
Ich nicht einmal in mehreren hunderten Verfahren.
Ich habe es in meinem Berufsleben zweimal gemacht und einmal damit gedroht. Die Voraussetzungen sind halt wahnsinnig hoch.
08.09.2025, 13:26
(08.09.2025, 09:27)guga schrieb: Präklusion gibts doch nur im Examen. Hat das jemals jemand in der Praxis erlebt?
Tatsächlich ja. War auch etwas überrascht.
Gab einen frühen ersten Termin mit Hinweisen des Gerichts und Schriftsatzfrist im Hinblick auf diese Hinweise. Drei Tage vor der Verhandlung war etwas passiert, was ich erst im Schriftsatz vorgetragen habe. War dann aus Sicht des Gerichts präkludiert, da nach Schluss der mündlichen Verhandlung und kein Wiedereröffnungsgrund.
Sind jetzt beim OLG, aber wird noch eine Weile dauern, bis da was passiert.
08.09.2025, 14:08
(08.09.2025, 13:26)Äfes schrieb:(08.09.2025, 09:27)guga schrieb: Präklusion gibts doch nur im Examen. Hat das jemals jemand in der Praxis erlebt?
Tatsächlich ja. War auch etwas überrascht.
Gab einen frühen ersten Termin mit Hinweisen des Gerichts und Schriftsatzfrist im Hinblick auf diese Hinweise. Drei Tage vor der Verhandlung war etwas passiert, was ich erst im Schriftsatz vorgetragen habe. War dann aus Sicht des Gerichts präkludiert, da nach Schluss der mündlichen Verhandlung und kein Wiedereröffnungsgrund.
Sind jetzt beim OLG, aber wird noch eine Weile dauern, bis da was passiert.
Das ist dann aber vorrangig eine Frage des 296a ZPO und nicht der Präklusion, wenn ich den Fall richtig verstehe. Da hätte man ggf. wiedereröffnen müssen oder eben gerade nicht.
08.09.2025, 14:46
(08.09.2025, 14:08)Praktiker schrieb:(08.09.2025, 13:26)Äfes schrieb:(08.09.2025, 09:27)guga schrieb: Präklusion gibts doch nur im Examen. Hat das jemals jemand in der Praxis erlebt?
Tatsächlich ja. War auch etwas überrascht.
Gab einen frühen ersten Termin mit Hinweisen des Gerichts und Schriftsatzfrist im Hinblick auf diese Hinweise. Drei Tage vor der Verhandlung war etwas passiert, was ich erst im Schriftsatz vorgetragen habe. War dann aus Sicht des Gerichts präkludiert, da nach Schluss der mündlichen Verhandlung und kein Wiedereröffnungsgrund.
Sind jetzt beim OLG, aber wird noch eine Weile dauern, bis da was passiert.
Das ist dann aber vorrangig eine Frage des 296a ZPO und nicht der Präklusion, wenn ich den Fall richtig verstehe. Da hätte man ggf. wiedereröffnen müssen oder eben gerade nicht.
Ich habe da tatsächlich bisher nicht wirklich unterschieden, aber ist wohl richtig.
Sieht man mal wie selten ich das bisher gebraucht habe, so wenig wie ich mich damit auskenne. Also, dann hatte ich mit tatsächlicher Präklusion auch noch nie was zu tun.
08.09.2025, 14:56
(08.09.2025, 14:46)Äfes schrieb:(08.09.2025, 14:08)Praktiker schrieb:(08.09.2025, 13:26)Äfes schrieb:(08.09.2025, 09:27)guga schrieb: Präklusion gibts doch nur im Examen. Hat das jemals jemand in der Praxis erlebt?
Tatsächlich ja. War auch etwas überrascht.
Gab einen frühen ersten Termin mit Hinweisen des Gerichts und Schriftsatzfrist im Hinblick auf diese Hinweise. Drei Tage vor der Verhandlung war etwas passiert, was ich erst im Schriftsatz vorgetragen habe. War dann aus Sicht des Gerichts präkludiert, da nach Schluss der mündlichen Verhandlung und kein Wiedereröffnungsgrund.
Sind jetzt beim OLG, aber wird noch eine Weile dauern, bis da was passiert.
Das ist dann aber vorrangig eine Frage des 296a ZPO und nicht der Präklusion, wenn ich den Fall richtig verstehe. Da hätte man ggf. wiedereröffnen müssen oder eben gerade nicht.
Ich habe da tatsächlich bisher nicht wirklich unterschieden, aber ist wohl richtig.
Sieht man mal wie selten ich das bisher gebraucht habe, so wenig wie ich mich damit auskenne. Also, dann hatte ich mit tatsächlicher Präklusion auch noch nie was zu tun.
Wobei es in der Tat eine Verbindung gibt, weil nicht wiedereröffnet werden darf, wenn das Vorbringen präkludiert wäre. Im konkreten Fall wird es aber wahrscheinlich auf die Frage hinauslaufen, ob das neue Vorbringen ohne Nachlässigkeit hätte vorher erfolgen müssen, denn sonst ist es nach 531 II Nr. 3 jetzt ohnehin Berufungsstoff.
08.09.2025, 16:59
(08.09.2025, 09:45)E-135 schrieb: Mich wundert Sesselpupsers Erfahrung auch.
Selbst in Fällen, in denen Präklusion gerügt wird, habe ich es bisher weder selbst erlebt noch von anderen mitbekommen, dass das wirklich relevant wird und Vortrag deswegen ausgeschlossen wird.
Kann sicherlich mal vorkommen, aber die Fälle, in denen wir uns um echte prozessuale Fragen gestritten haben, kann ich an zwei Händen abzählen.
Ein paar Basics sollte man drauf haben, und ja eine verspätete Verfahrensrüge (Befangenheitsantrag) ist mir zu Beginn meiner Karriere auch einmal passiert. So einen Fehler macht man dann aber auch genau nur einmal in seinem Berufleben und anschließend nie wieder, weil man daraus gelernt hat. Ausgewirkt hat er sich natürlich auch nicht, da ich den Antrag eh nur auf Bitten des Mandanten gestellt hatte und nicht davon überzeugt war, damit durchzukommen. Also auch kein Fall für die Berufshaftpflicht.
Ich denke, man braucht vor der Verhandlung keine Angst haben. Das sagt sich jetzt so leicht und natürlich ist bei jedem Berufseinsteiger die Aufregung da, aber die legt sich nach den ersten paar Verfahren. In der Regel leitet der Vorsitzende gut durch die Verhandlung und es passieren keine wahnsinnigen Überraschungen mehr. Wie schon geschrieben wurde, muss man auch die Anträge im Normalfall nicht selbst nochmal alle vorlesen, sondern es wird auf die Akte verwiesen. Nur ein einziges Mal habe ich es - als Zuschauer im Ref - erlebt, dass ein Richter einen Anwalt absichtlich vor uns Referendaren hat auflaufen lassen. Das kam bei uns aber nicht gut an und ist zum Glück nicht der Normalfall.
Also bitte keine Angst vor der Verhandlung. Der Richter beißt nicht und es wird auch nicht mal halb so schlimm, wie befürchtet. Das Verfahren findet im Wesentlichen schon vorher schriftlich statt.
Die Termine könnte man fast streichen, wenn sie nicht doch manchmal für Vergleichsbehandlungen sinnvoll wären. Manchmal will man keinen Vergleich, aber ich habe dahingehend auch schon richtig gute Verhandlungen erlebt, in denen wir es nach 2 Stunden mühsamen Ringens geschafft haben, einen vetrackten, rechtlich kaum sauber zu lösenden Sachverhalt (beide Seiten haben Fehler gemacht, die sich aufaddiert haben) trotzdem noch sinnvoll und zur Zufriedenheit beider Parteien zu lösen. In dem Fall, den ich dabei vor Augen habe, ging es in der Verhandlung somit gar nicht um rechtliche Dinge, sondern darum, wie beide Firmen ohne jeweilige herbe Verluste den Streit, der vorher unlösbar schien, doch noch beilegen können, sodass beide Seiten zufrieden aus der Verhandlung gehen konnten. War anstrengend. Ich war erkältet und hatte eine weite Anreise, aber ich muss sagen, das sind dann auch die Fälle, die mich beflügeln, den richtigen Beruf ergriffen zu haben. Problem gelöst, auch wenn nicht auf ganzer Linie gewonnen, Mandant zufrieden gestellt und beide Seiten können auseinander gehen, ohne dass sich einer als Verlierer fühlt. Ich bin nicht immer ein Fan von Vergleichen, aber auch gerade aktuell in meinem Job merke ich, dass es nicht nur ein Richtig und ein Falsch gibt, sondern man beide Seiten verstehen muss. Ist dann auch viel angenehmer, als sich vor Gericht bis aufs Blut zu kloppen und gegenseitig mit bösen Schriftsätzen zu überziehen.


