22.05.2024, 10:09
22.05.2024, 10:29
(21.05.2024, 19:06)Unbegruendet17 schrieb: Hey!
Für alle, die schon Beides gesehen/ gemacht haben: Welchen Beruf habt ihr für stressiger empfunden, den in der Justiz oder den in der Anwaltschaft und wieso? Irgendwie macht mir als Anwältin echt Druck/ Stress, dass ich immer jemanden gefallen muss und jeder Fehler teuer werden könnte. Auch die ständige Dienstleistungsmentalität und das sofortige springen, wenn Mandant A oder B etwas möchte..wie seht ihr das? Legt sich dieses Gefühl in der Justiz?
Die hier schon beschriebene mangelnde Wertschätzung in finanzieller Hinsicht in der Justiz stimmt natürlich. Das ist auch ein großes rechtsstaatliches Problem, das gerne unter den Teppich gekehrt wird. Allerdings betrifft es vor allen Dingen die teuren Ballungsgebiete. Auf dem Land sieht das Leben mit der R-Besoldung natürlich schon anders aus. Klassischen Stress hat man in der Justiz jedenfalls dann, wenn man keine große Karriere machen möchte, allerdings kaum. Insbesondere als Richter hat man es ja selbst in der Hand. Stress ist da meiner Erfahrung nach in erster Linie selbst gemacht.
22.05.2024, 10:34
So ist es. Gerade in Ballungsgebieten sind die R1 deutlich weniger wert.
Stimme dir auch teilweise zu, was den selbstgemachten Stress angeht, wobei man natürlich auch ohne Karriereambitionen seinen Job ordentlich machen und den eigenen Ansprüchen insbesondere an Verfahrendauer und effektiven Rechtsschutz gerecht werden will. Wenn man da das Gefühl hat, man kommt kaum noch hinterher und kann auch an der Verfahrensflut nichts ändern, ist auch das schon ein klassischer Stressfaktor.
Ich erwarte hier von niemandem Mitleid, insgesamt mache ich meinen Job auch weiterhin gern, aber die Schattenseiten wollte ich hier doch mal aufzeigen.
Zu glauben, in der Justiz sitzt man entspannt und überversorgt im Warmen und den Stress gibts nur als RA in der GK, ist jedenfalls ein Zerrbild, wie einige Fälle von Burnout bei uns in letzter Zeit gezeigt haben. Da geht es nicht nur um die objektive Arbeitslast. Fehlende Wertschätzung und mangelnde Steuerungsmöglichkeiten sind da ganz wichtige Faktoren.
Stimme dir auch teilweise zu, was den selbstgemachten Stress angeht, wobei man natürlich auch ohne Karriereambitionen seinen Job ordentlich machen und den eigenen Ansprüchen insbesondere an Verfahrendauer und effektiven Rechtsschutz gerecht werden will. Wenn man da das Gefühl hat, man kommt kaum noch hinterher und kann auch an der Verfahrensflut nichts ändern, ist auch das schon ein klassischer Stressfaktor.
Ich erwarte hier von niemandem Mitleid, insgesamt mache ich meinen Job auch weiterhin gern, aber die Schattenseiten wollte ich hier doch mal aufzeigen.
Zu glauben, in der Justiz sitzt man entspannt und überversorgt im Warmen und den Stress gibts nur als RA in der GK, ist jedenfalls ein Zerrbild, wie einige Fälle von Burnout bei uns in letzter Zeit gezeigt haben. Da geht es nicht nur um die objektive Arbeitslast. Fehlende Wertschätzung und mangelnde Steuerungsmöglichkeiten sind da ganz wichtige Faktoren.
22.05.2024, 10:46
(22.05.2024, 09:44)Spencer schrieb: Das Problem habe ich oben schon beschrieben, denke ich. Zumindest Homer S. versteht mich als Ex-Justizler ;-)
Ja, sorry, das ist zu dünn.
(22.05.2024, 00:42)Spencer schrieb: Ihr müsst den Vergleich zur Privatwirtschaft sehen. Da verdient man mittlerweile auch jenseits der Grosskanzleien schon deutlich mehr als in der Justiz.
R1 ist auch im Vergleich zur Privatwirtschaft sehr gut, siehe alle Einkommensstatistiken. Wie kommst du auf die Idee, dass du im Vergleich zur Privatwirtschaft zu wenig Geld bekommst?
22.05.2024, 10:48
Nur so viel:
https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/e...chtsstaat/
https://www.lto.de/recht/meinung/m/eine-...-zu-wenig/
https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/e...chtsstaat/
https://www.lto.de/recht/meinung/m/eine-...-zu-wenig/
Zitat:Was viele nicht wissen: Im EU-Vergleich liegen die deutschen Richtereinkommen weit unten, worauf vor kurzem auch die EU-Kommission hinwies und Deutschland zum Handeln aufforderte. Sozialprestige, Anforderungen und Realitäten liegen weit auseinander. Spitzenabsolventen der juristischen Examen sind auch vor 50 Jahren meist nicht Richter geworden. Heutzutage muss die Justiz frohlocken, wenn sie den unteren Rand der mittelmäßig Abschneidenden abkriegt. Spitzenleute, die ins Richteramt streben, haben Seltenheitswert.
Das hat viele Gründe, zu denen auch Arbeitsbedingungen, Prestige und Aufstiegschancen zählen. Dass man Menschen, die eine sehr qualifizierte akademische Ausbildung nach sieben oder acht Jahren Dauer mit sehr gutem Erfolg absolviert haben, mit einem Anfangs-Bruttojahresgehalt von 60.000 Euro dafür gewinnen könne, zwischen dem 30. und dem 50. Lebensjahr ihre ganze Kraft in den Lebensplan zu investieren, mit 67 Jahren vielleicht ein Nettogehalt von 5.000 Euro und eine Pension von 3.800 Euro zu erwirtschaften, die bestenfalls knapp für das Altenheim reicht, klingt doch eher fernliegend.
Antwort, im Ergebnis und Vorschlag:
Richter in Deutschland verdienen ohne Zweifel zu wenig.
22.05.2024, 11:15
R1 ist in Hessen laut Besoldungsrechner für 2025 in der Endstufe unverheiratet und kinderlos EUR 5.800. Das sind abzüglich PKV vielleicht 5.400. In der freien Wirtschaft entspricht das ungefähr einem Jahresgehalt von EUR 115.000. Ja, da kommt man erst mit Ende 40/Anfang 50 hin, aber es ist dennoch viel Geld. Verheiratet mit drei Kindern sind wir btw abzüglich PKV bei 6.400, ungefähr EUR 135.000 in der freien Wirtschaft. Mit dieser in sonstigen Threads dieser Art umsichwuchernden Pensions/Renten-Rechnerei will ich gar nicht erst anfangen.
Klar verdient man als Associate mit 2x7 in der US-Bude mehr, aber mit den Leuten muss man sich auch nicht vergleichen, zumal die auch nicht mit Mitte 40 noch da sitzen werden. In einem Unternehmen fängt man nach dem GK-Exit vielleicht mit EUR 110k an und das Gehalt steigt dann auch nicht in schwindelerregende Höhen. Und selbst wenn: EUR 20k mehr im Jahr wären für mich kein Anreiz, einen Job anzutreten, der mich weniger interessiert.
Klar verdient man als Associate mit 2x7 in der US-Bude mehr, aber mit den Leuten muss man sich auch nicht vergleichen, zumal die auch nicht mit Mitte 40 noch da sitzen werden. In einem Unternehmen fängt man nach dem GK-Exit vielleicht mit EUR 110k an und das Gehalt steigt dann auch nicht in schwindelerregende Höhen. Und selbst wenn: EUR 20k mehr im Jahr wären für mich kein Anreiz, einen Job anzutreten, der mich weniger interessiert.
Erste Infos zum Bewerbungsverfahren für den Justizdienst findest Du auf den Richter-Infoseiten von Juristenkoffer.de:
https://www.juristenkoffer.de/richter/
Darüber hinaus sollte man sich dann mit dem Karriere-Dossier über die Einstellungschancen und Bewerbungsvoraussetzungen informieren. Optional besteht zudem die Möglichkeit, auf die vielen hunderten Erfahrungsberichte anderer Juristen zuzugreifen, die bereits das Bewerbungsverfahren erfolgreich absolviert haben:
https://www.juristenkoffer.de/richter/karriere-dossier-richter-staatsanwalt-werden.php
https://www.juristenkoffer.de/richter/
Darüber hinaus sollte man sich dann mit dem Karriere-Dossier über die Einstellungschancen und Bewerbungsvoraussetzungen informieren. Optional besteht zudem die Möglichkeit, auf die vielen hunderten Erfahrungsberichte anderer Juristen zuzugreifen, die bereits das Bewerbungsverfahren erfolgreich absolviert haben:
https://www.juristenkoffer.de/richter/karriere-dossier-richter-staatsanwalt-werden.php
22.05.2024, 11:23
Was hat das alles mit dem Stresslevel zu tun?
22.05.2024, 11:37
(22.05.2024, 11:15)Atticus schrieb: R1 ist in Hessen laut Besoldungsrechner für 2025 in der Endstufe unverheiratet und kinderlos EUR 5.800. Das sind abzüglich PKV vielleicht 5.400. In der freien Wirtschaft entspricht das ungefähr einem Jahresgehalt von EUR 115.000. Ja, da kommt man erst mit Ende 40/Anfang 50 hin, aber es ist dennoch viel Geld. Verheiratet mit drei Kindern sind wir btw abzüglich PKV bei 6.400, ungefähr EUR 135.000 in der freien Wirtschaft. Mit dieser in sonstigen Threads dieser Art umsichwuchernden Pensions/Renten-Rechnerei will ich gar nicht erst anfangen.
Klar verdient man als Associate mit 2x7 in der US-Bude mehr, aber mit den Leuten muss man sich auch nicht vergleichen, zumal die auch nicht mit Mitte 40 noch da sitzen werden. In einem Unternehmen fängt man nach dem GK-Exit vielleicht mit EUR 110k an und das Gehalt steigt dann auch nicht in schwindelerregende Höhen. Und selbst wenn: EUR 20k mehr im Jahr wären für mich kein Anreiz, einen Job anzutreten, der mich weniger interessiert.
Das wird oft vergessen, welches Bruttojahresgehalt man in der freien Wirtschaft verdienen muss, um auf das R1-Netto zu kommen. Außerdem müsste man für einen fairen Vergleich mE noch berücksichtigen, dass sich in der freien Wirtschaft dann auch der PKV-Beitrag verdoppelt, was im Jahr dann brutto nochmal um die 5.000 € sein dürften, die man für dasselbe Netto im Unternehmen verdienen müsste.
Keine Frage: Die Richterbesoldung in Deutschland wird der mit dem Job verbundenen Verantwortung nicht gerecht. Es ist aber auch kein Hungerlohn.
Und um auf die Ausgangsfrage des Threaderstellers zurückzukommen: Wenn man sich nicht in akademischen Streitereien verfängt, entscheidungsfreudig ist und bei schon entschiedenen Rechtsfragen das Rad nicht neu erfinden möchte, kommt man locker mit 40 Stunden hin und wird mit zunehmender Berufserfahrung auch unter 40 Stunden kommen können. Diese Arbeitszeiten verbunden damit, dass einen niemand blöd anguckt, wenn man freitags um 12 geht oder man auch mal einen Tag gar nicht arbeitet, macht die Justiz in meinen Augen entspannter. Und das relativiert dann auch das geringere Gehalt im Vergleich zur Wirtschaft. Denn die 130.000 € im Unternehmen bekommt man nicht als Tarifbeschäftigter mit 37-Stunden-Woche und Arbeitszeitkonto, sondern als AT. Da gibt es auch entspannte Jobs, aber anders als in der Justiz hat man durch die eigene Arbeitsweise weniger in der Hand, wie entspannt der Tag wird.
22.05.2024, 12:31
Zitat:„Die Richterbesoldung in Deutschland wird der mit dem Job verbundenen Verantwortung nicht gerecht. Es ist aber auch kein Hungerlohn.“Das sollte auch nicht der Maßstab sein. Zu diesem Thema sagt dann hoffentlich das BVerfG dieses Jahr etwas, wieder mal…
22.05.2024, 13:10
(22.05.2024, 10:48)Spencer schrieb: Nur so viel:
https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/e...chtsstaat/
https://www.lto.de/recht/meinung/m/eine-...-zu-wenig/
Zitat:Was viele nicht wissen: Im EU-Vergleich liegen die deutschen Richtereinkommen weit unten, worauf vor kurzem auch die EU-Kommission hinwies und Deutschland zum Handeln aufforderte. Sozialprestige, Anforderungen und Realitäten liegen weit auseinander. Spitzenabsolventen der juristischen Examen sind auch vor 50 Jahren meist nicht Richter geworden. Heutzutage muss die Justiz frohlocken, wenn sie den unteren Rand der mittelmäßig Abschneidenden abkriegt. Spitzenleute, die ins Richteramt streben, haben Seltenheitswert.
Das hat viele Gründe, zu denen auch Arbeitsbedingungen, Prestige und Aufstiegschancen zählen. Dass man Menschen, die eine sehr qualifizierte akademische Ausbildung nach sieben oder acht Jahren Dauer mit sehr gutem Erfolg absolviert haben, mit einem Anfangs-Bruttojahresgehalt von 60.000 Euro dafür gewinnen könne, zwischen dem 30. und dem 50. Lebensjahr ihre ganze Kraft in den Lebensplan zu investieren, mit 67 Jahren vielleicht ein Nettogehalt von 5.000 Euro und eine Pension von 3.800 Euro zu erwirtschaften, die bestenfalls knapp für das Altenheim reicht, klingt doch eher fernliegend.
Antwort, im Ergebnis und Vorschlag:
Richter in Deutschland verdienen ohne Zweifel zu wenig.
Garbage in garbage out.
Die EU vergleicht Bruttojahreseinkommen von Richtern und freier Wirtschaft.
Der Vergleich passt für Deutschland nicht. R1 Stufe 1 BW sind 3750 € netto. Nach PKV etwa 3500 €. Das ist Top 13%.
Die Probleme an der EU Statistik: Beamte zahlen keine Sozialabgaben, Beamte bekommen Beihilfe, Beamte bekommen Familien und Kinderzuschlag und Beamte bekommen eine üppige Pension.