21.05.2024, 19:06
Hey!
Für alle, die schon Beides gesehen/ gemacht haben: Welchen Beruf habt ihr für stressiger empfunden, den in der Justiz oder den in der Anwaltschaft und wieso? Irgendwie macht mir als Anwältin echt Druck/ Stress, dass ich immer jemanden gefallen muss und jeder Fehler teuer werden könnte. Auch die ständige Dienstleistungsmentalität und das sofortige springen, wenn Mandant A oder B etwas möchte..wie seht ihr das? Legt sich dieses Gefühl in der Justiz?
Für alle, die schon Beides gesehen/ gemacht haben: Welchen Beruf habt ihr für stressiger empfunden, den in der Justiz oder den in der Anwaltschaft und wieso? Irgendwie macht mir als Anwältin echt Druck/ Stress, dass ich immer jemanden gefallen muss und jeder Fehler teuer werden könnte. Auch die ständige Dienstleistungsmentalität und das sofortige springen, wenn Mandant A oder B etwas möchte..wie seht ihr das? Legt sich dieses Gefühl in der Justiz?
Erste Infos zum Bewerbungsverfahren für den Justizdienst findest Du auf den Richter-Infoseiten von Juristenkoffer.de:
https://www.juristenkoffer.de/richter/
Darüber hinaus sollte man sich dann mit dem Karriere-Dossier über die Einstellungschancen und Bewerbungsvoraussetzungen informieren. Optional besteht zudem die Möglichkeit, auf die vielen hunderten Erfahrungsberichte anderer Juristen zuzugreifen, die bereits das Bewerbungsverfahren erfolgreich absolviert haben:
https://www.juristenkoffer.de/richter/karriere-dossier-richter-staatsanwalt-werden.php
https://www.juristenkoffer.de/richter/
Darüber hinaus sollte man sich dann mit dem Karriere-Dossier über die Einstellungschancen und Bewerbungsvoraussetzungen informieren. Optional besteht zudem die Möglichkeit, auf die vielen hunderten Erfahrungsberichte anderer Juristen zuzugreifen, die bereits das Bewerbungsverfahren erfolgreich absolviert haben:
https://www.juristenkoffer.de/richter/karriere-dossier-richter-staatsanwalt-werden.php
21.05.2024, 20:23
Für mich persönlich besteht der Stress in der Justiz v.a. in dem zunehmenden Gefühl mangelnder Wertschätzung und stetig sich verschlechternder Arbeitsbedingungen, sowohl was die Personalausstattung angeht als auch das Wissen darum, beim Gehalt immer stärker von der freien Wirtschaft abgehängt zu werden.
Ich lege jetzt schon im 8. Jahr Widerspruch gegen meine Besoldung ein…
Meine Frau und ich verdienen beide R1, und trotzdem ist selbst ein in die Jahre gekommenes Reihenhäuschen in durchschnittlicher Lage utopisch.
Gleichzeitig denkt sich die Politik immer neue Aufgaben aus, die die Justiz bitte auch noch erledigen soll. Das Thema Asyl betrifft mich persönlich unmittelbar und es ist zunehmend bedrückend, wie weit Anspruch an rechtsstaatlichen Gesetzesvollzug und die Forderung nach deutlich schnelleren Asylverfahren einerseits und die Wirklichkeit einer mangelernährten Justiz mittlerweile auseinanderklaffen.
In meinen Augen hat die Justiz den Knall noch nicht gehört. Die Einstellungsvoraussetzungen werden mangels Nachwuchses in Zeiten des Fachkräftemangels sukzessive abgesenkt, aber man scheint zu glauben, man müsse für die eigene Attraktivität nichts machen, von ein paar Bewerbermessen und Werbekampagnen mal abgesehen. Dabei kommt es zunehmend häufiger vor, dass uns Kollegen noch in der Probezeit auf eigenen Wunsch wieder verlassen. Der Frage, woran das liegen könnte, geht man aber anscheinend nicht nach. Stattdessen steht schon der nächste Jungrichter in der Tür und freut sich, dabei zu sein. Die Kammer, die den neuen Kollegen wieder bei Null einarbeiten darf, nimmt es hin. Auch das kriegen wir noch hin…
Ich lege jetzt schon im 8. Jahr Widerspruch gegen meine Besoldung ein…
Meine Frau und ich verdienen beide R1, und trotzdem ist selbst ein in die Jahre gekommenes Reihenhäuschen in durchschnittlicher Lage utopisch.
Gleichzeitig denkt sich die Politik immer neue Aufgaben aus, die die Justiz bitte auch noch erledigen soll. Das Thema Asyl betrifft mich persönlich unmittelbar und es ist zunehmend bedrückend, wie weit Anspruch an rechtsstaatlichen Gesetzesvollzug und die Forderung nach deutlich schnelleren Asylverfahren einerseits und die Wirklichkeit einer mangelernährten Justiz mittlerweile auseinanderklaffen.
In meinen Augen hat die Justiz den Knall noch nicht gehört. Die Einstellungsvoraussetzungen werden mangels Nachwuchses in Zeiten des Fachkräftemangels sukzessive abgesenkt, aber man scheint zu glauben, man müsse für die eigene Attraktivität nichts machen, von ein paar Bewerbermessen und Werbekampagnen mal abgesehen. Dabei kommt es zunehmend häufiger vor, dass uns Kollegen noch in der Probezeit auf eigenen Wunsch wieder verlassen. Der Frage, woran das liegen könnte, geht man aber anscheinend nicht nach. Stattdessen steht schon der nächste Jungrichter in der Tür und freut sich, dabei zu sein. Die Kammer, die den neuen Kollegen wieder bei Null einarbeiten darf, nimmt es hin. Auch das kriegen wir noch hin…
21.05.2024, 23:47
(21.05.2024, 20:23)Spencer schrieb: Meine Frau und ich verdienen beide R1, und trotzdem ist selbst ein in die Jahre gekommenes Reihenhäuschen in durchschnittlicher Lage utopisch.
Kurz offtopic: Von welchen Hauspreisen gehst du da aus? Kann man sich bei 2x R1 keine 500.000 auf 25/30 Jahre finanzieren? Gibt's da nicht auch beamtenbonus beim Kredit? Kommt mir selbst mit einem Kind eingerechnet machbar vor
22.05.2024, 00:01
Du armer Richter. Wie kann man nur mit 8k Haushaltsnetto in Deutschland noch überleben. Wo kann ich spenden?
22.05.2024, 00:42
Ihr müsst den Vergleich zur Privatwirtschaft sehen. Da verdient man mittlerweile auch jenseits der Grosskanzleien schon deutlich mehr als in der Justiz.
500.000 Euro für eine Immobilie wären ein Schnäppchen! In meiner Region sind es locker 700.000. Und ein Großteil davon müsste ja auch noch finanziert werden, bei den jetzigen Zinsen utopisch. Ausserdem kann meine Frau wegen unseres Kindes die nächsten Jahre nur Teilzeit arbeiten.
Jammern auf hohem Niveau? Es ist alles eine Frage des Vergleichs. Wenn ich mich mit Krankenpflegern oder Erziehern vergleiche, verdiene ich natürlich viel. Wenn ich den Vergleich mit Unternehmen oder mittelständischen Kanzleien ziehe, für die ich die entsprechenden Qualifikationen mitbringe, schon nicht mehr. Und wie gesagt, die Schere geht seit Jahren immer schneller und weiter auseinander.
Das Bundesverfassungsgericht hat 2015 und 2020 bereits eine evidente Verfassungswidrigkeit der Besoldung in verschiedenen Ländern festgestellt. Ergebnis? Man macht weiter und findet dafür neue Konstruktionen, von denen alle Fachleute sagen, dass sie ebenfalls verfassungswidrig sind.
Solche Dinge frustrieren auf Dauer, zumal die Arbeit eher mehr wird.
500.000 Euro für eine Immobilie wären ein Schnäppchen! In meiner Region sind es locker 700.000. Und ein Großteil davon müsste ja auch noch finanziert werden, bei den jetzigen Zinsen utopisch. Ausserdem kann meine Frau wegen unseres Kindes die nächsten Jahre nur Teilzeit arbeiten.
Jammern auf hohem Niveau? Es ist alles eine Frage des Vergleichs. Wenn ich mich mit Krankenpflegern oder Erziehern vergleiche, verdiene ich natürlich viel. Wenn ich den Vergleich mit Unternehmen oder mittelständischen Kanzleien ziehe, für die ich die entsprechenden Qualifikationen mitbringe, schon nicht mehr. Und wie gesagt, die Schere geht seit Jahren immer schneller und weiter auseinander.
Das Bundesverfassungsgericht hat 2015 und 2020 bereits eine evidente Verfassungswidrigkeit der Besoldung in verschiedenen Ländern festgestellt. Ergebnis? Man macht weiter und findet dafür neue Konstruktionen, von denen alle Fachleute sagen, dass sie ebenfalls verfassungswidrig sind.
Solche Dinge frustrieren auf Dauer, zumal die Arbeit eher mehr wird.
22.05.2024, 06:19
Na dann, auf in die freie Wirtschaft. Niemand ist festgekettet. Es wird perspektivisch immer weniger Geld - wertmäßig - werden, nicht mehr, bei immer mehr Arbeit.
Ich bin A14, das ist idR weniger als R1 (Stufen und Länder mal außen vor).
Ich habe massiv viel Arbeit und kein Eigenheim, aber ich sehe mein Kind aufwachsen. Als ich länger krank wurde, musste ich keine Angst um meinen Job haben. Das ist unschätzbar viel wert.
Ich bin A14, das ist idR weniger als R1 (Stufen und Länder mal außen vor).
Ich habe massiv viel Arbeit und kein Eigenheim, aber ich sehe mein Kind aufwachsen. Als ich länger krank wurde, musste ich keine Angst um meinen Job haben. Das ist unschätzbar viel wert.
22.05.2024, 07:37
Auf in die freie Wirtschaft ist mit Mitte 40 so eine Sache, Stichwort Versorgungsansprüche. Das geht noch so die ersten Jahre, dann ist der Zug irgendwann abgefahren. Deshalb ist der Schritt der Cum-Ex-Staatsanwältin auch so bemerkenswert, als OStA mit Ü50 einen Antrag auf Entlassung zu stellen…
Es wäre einfach schon mal schön, wenn die Lücke zur Privatwirtschaft nicht immer grösser würde, und sich der Staat bei der Bezahlung zumindest mal an das verfassungsrechtliche Minimalprogramm halten würde. Aber selbst das passiert seit vielen Jahren nicht, während die Arbeit aber immer mehr wird.
Wenn der drb nrw in seinem aktuellen Brandbrief an den MP davon spricht, dass die Stimmung in der Justiz mittlerweile einen Tiefpunkt erreicht hat, ist das nach meiner Wahrnehmung nicht nur Wortgeklingel eines Berufsverbandes.
Es wäre einfach schon mal schön, wenn die Lücke zur Privatwirtschaft nicht immer grösser würde, und sich der Staat bei der Bezahlung zumindest mal an das verfassungsrechtliche Minimalprogramm halten würde. Aber selbst das passiert seit vielen Jahren nicht, während die Arbeit aber immer mehr wird.
Wenn der drb nrw in seinem aktuellen Brandbrief an den MP davon spricht, dass die Stimmung in der Justiz mittlerweile einen Tiefpunkt erreicht hat, ist das nach meiner Wahrnehmung nicht nur Wortgeklingel eines Berufsverbandes.
22.05.2024, 07:56
(21.05.2024, 23:47)Gast31 schrieb:(21.05.2024, 20:23)Spencer schrieb: Meine Frau und ich verdienen beide R1, und trotzdem ist selbst ein in die Jahre gekommenes Reihenhäuschen in durchschnittlicher Lage utopisch.
Kurz offtopic: Von welchen Hauspreisen gehst du da aus? Kann man sich bei 2x R1 keine 500.000 auf 25/30 Jahre finanzieren? Gibt's da nicht auch beamtenbonus beim Kredit? Kommt mir selbst mit einem Kind eingerechnet machbar vor
Kurze offtopic Antwort: A 15 und R 1 hier - keine Erbschaft oder sonstiges, wir konnten uns ein Haus im Großraum Düsseldorf kaufen. Auch nichts wo du rein kommst und dir die Kinnlade runterfällt, aber es hat zwei Räume mehr als wir (aktuell) brauchen, Garagen, einen Garten und es regnet nicht rein. Und wir wohnen nicht neben einer Müllverbrennungsanlage oder dem Flughafen hatten aber eher Glück bei der Suche.
Davon abgesehen, ging es ja hier um den Stress in der Justiz bzw. als Anwalt. Ich habe auch beides hinter mir und kann schon verstehen, welchen Stress Spencer hier meint. Die Wertschätzung in und gegenüber der Justiz ist schon sehr gering, was sich nicht zuletzt in der Besoldung ausdrückt und zumindest bei mir damals auch zu mehr Stress geführt hat, als ich als Anwalt hatte. Wenn man heute Staatsanwalt wird, muss man sich ja fast dafür rechtfertigen^^
Bin jetzt in der Verwaltung, verdiene ganz gut und habe das Glück noch relativ viel nebenbei machen zu können und arbeite jetzt auch trotzdem noch deutlich weniger und vorallem selbstbestimmter als in allen Jobs vorher. Dazu kommt, dass die B-Besoldung nicht mehr soweit weg ist...
22.05.2024, 08:47
Mit 2 mal R1 seid ihr in den Top 3% der Einkommen in Deutschland. Was ist also konkret dein Problem? Dass der GK Partner mehr bekommt?
22.05.2024, 09:44
Das Problem habe ich oben schon beschrieben, denke ich. Zumindest Homer S. versteht mich als Ex-Justizler ;-)