08.09.2020, 16:35
(08.09.2020, 11:58)Gast schrieb:(08.09.2020, 11:40)Gast schrieb:(08.09.2020, 10:58)Gast schrieb:(08.09.2020, 10:42)Gast schrieb: Ich habe mich vor allem für das Richteramt entschieden, weil ich völlig unabhängig bin. Man kann arbeiten wie und wo man will, ohne dass man Rechenschaft darüber ablegen muss oder dass mir ein Vorgesetzter sagt was ich zu tun habe.
And what about PEBB§Y?
Was soll schon damit sein? Gerade wenn man ohnehin mit R1 am AG bleiben will, ist es doch mehr oder weniger völlig egal.
Naja so eine Zeitvorgabe für die einzelnen Akten ist für mich eher das Gegenteil von unabhängig und erinnert eher an Sachbearbeiter in Versicherungen. Aber klar, wenn man sich gedanklich von diesen Vorgaben lösen kann, gibt es insofern keine Konsequenzen.
Mich stört bloß dieses von den Fans des Richterberufs geschaffene Bild, der Richter arbeite wie ein unabhängiger Schriftsteller, der die meiste Zeit philosophierend im Garten über seinen wenigen Akten sitzt, die er bis in die Tiefe wissenschaftlich bearbeitet. Mein Bild, das ich im Ref kennengelernt hatte, war deutlich unromantischer und hatte mehr diesen Abarbeitungs- und Vergleichsfokus, den PEBB§Y vorgibt.
Die Amtsgerichtsurteile, die ich gesehen habe, waren auch zum Großteil inhaltlich auf einem durchwachsenen Niveau, es wirkte, als hätten die Richter keine Zeit gehabt, in der juristischen Kommentarliteratur nachzuschauen. Vielleicht wollten sie es aber auch gar nicht, wo wir wieder bei der richterlichen Unabhängigkeit wären. Wenn man so drauf ist, dann ist das natürlich ein Plus.
Ich kenne keinen Kollegen, der deine "fabulierte" Peppsy Vorgabe überhaupt kennt. Das einzig interessante ist, ob das Dezernat absäuft oder nicht. Peppsy sagt doch nur aus, dass nach der Erhebung DURCHSCHNITTLICH für bestimmte Verfahren gebraucht wird. Für manche Verfahren braucht man eben aber genau 20 Minuten, weil auf die Klage - die nach kurzer Prüfung schlüssig ist - nix kommt und man ein VU erlässt, das rechtskräftig wird. Und dann gibst eben die Verfahren, die zu mehrbändigen Ungetümen mit diversen Zwischenentscheidungen werden (zB Hinweise, Beweisbeschlüsse, mehrere Termine, Urteil), die dauern dann halt länger.
Aber daraus während der Arbeit zu denken macht null Sinn und ich (LG Zivilkammer) kenne auch niemanden der so arbeitet. Wie auch? Zeitkontigent pro Akte macht schon aus obigem Grund einfach 0 Sinn. Ich fülle einfach meinen Terminkalender und verhandele. Manchmal springen halr von 3 Terminen 2 Vergleiche raus, manchmal gehen 2 der Verfahren wegen noch tu erhebener Beweise in Runde 2. Solange man am Ende nicht absäuft. Und noch mal: die Anzahl meiner neu eingetragenen Sachen bestimmt nicht Peppsy, sondern (vereinfacht) Anzahl der neu eingehenden Verfahren/ Richter in AKA am Gericht. Peppsy soll der Verwaltung helfen, anhand von trends eingehender Verfahrenszahlen den Bedarf an Personal zu ermitteln.
08.09.2020, 17:03
Was für gruselige Bilder hier gezeichnet werden. Kenne keinen Kollegen, der dauerhaft 50h/Woche arbeitet - auch nicht in den ersten beiden Jahren.
08.09.2020, 18:38
Hat jemand von euch Erfahrungen mit Teilzeitangeboten in einer Großkanzlei gemacht? Sind solche Programme mittlerweile realistisch oder dienen entsprechende Verweise in Stellenangeboten eher dem Image?
Erste Infos zum Bewerbungsverfahren für den Justizdienst findest Du auf den Richter-Infoseiten von Juristenkoffer.de:
https://www.juristenkoffer.de/richter/
Darüber hinaus sollte man sich dann mit dem Karriere-Dossier über die Einstellungschancen und Bewerbungsvoraussetzungen informieren. Optional besteht zudem die Möglichkeit, auf die vielen hunderten Erfahrungsberichte anderer Juristen zuzugreifen, die bereits das Bewerbungsverfahren erfolgreich absolviert haben:
https://www.juristenkoffer.de/richter/karriere-dossier-richter-staatsanwalt-werden.php
https://www.juristenkoffer.de/richter/
Darüber hinaus sollte man sich dann mit dem Karriere-Dossier über die Einstellungschancen und Bewerbungsvoraussetzungen informieren. Optional besteht zudem die Möglichkeit, auf die vielen hunderten Erfahrungsberichte anderer Juristen zuzugreifen, die bereits das Bewerbungsverfahren erfolgreich absolviert haben:
https://www.juristenkoffer.de/richter/karriere-dossier-richter-staatsanwalt-werden.php
09.09.2020, 19:42
Ich stand vor ein paar Jahren vor einer ähnlichen Entscheidung. Zunächst war zwei Jahre Rechtsanwalt in einer Boutique mit wohl GK-typischen Arbeitszeiten (9:00/9:30 - 20:00). Anschließend bin ich in die Justiz gewechselt, wo ich seit etwas mehr als 1,5 Jahren bin. Davon hatte ich mir mehr Flexibilität und auch inhaltliche Unabhängigkeit versprochen; dies hat sich auch durchaus bestätigt. Es fragt niemand, wo und wann ich arbeite; wichtig ist nur, dass die Verfahren erledigt werden.
Gleichwohl überlege ich zurzeit, wieder Rechtsanwalt zu werden. Wesentlich weniger Arbeit, was die Gehaltseinbußen rechtfertigen würde, habe ich nicht, wobei die finanzielle Seite für mich nicht so wichtig war, da es für mich auch wichtig war, etwas Sinnvolles zu tun und auf die "richtige" Entscheidung zu treffen, als immer nur das für den Mandanten Günstige vorzutragen. Dieser gewisse "Idealismus" stößt aber nunmehr angesichts der Arbeitsbedingungen in der Justiz bereits an seine Grenzen. Als Richter habe ich nunmehr das Gefühl, weniger Zeit für die einzelnen Verfahren zu haben, als ich bräuchte. Sofern ich mehr Zeit aufwende, bleiben andere Verfahren länger liegen und der Aktenstapel - fernab vom täglichen Zu- und Abtrag wächst weiter an. Auch ansonsten hapert es nach meinem Empfinden an vielen Stellen, die ich aus meiner Tätigkeit als Anwalt so nicht gewohnt war. Dass Posteingänge oder Akten mit Wiedervorlagefrist verspätet vorgelegt werden, scheint fast normal zu sein (soll aber wohl von der Geschäftsstelle abhängen). Hinzukommt, dass man keinen Einfluss darauf hat, in welchem Rechtsgebiet man tätig ist, was für mich, da ich zuvor in einem speziellen Rechtsgebiet tätig war, im Nachhinein nicht ganz unwesentlich ist. Ich bin zwar nunmehr in einer Zivilkammer am Landgericht tätig - und Zivilrecht hatte mir immer Freude bereite - aber der Tätigkeit mit ständigem Votieren und den Masseverfahren (Diesel u.a.) kann ich leider wenig abgewinnen. Da hat es dann auch nur noch wenig mit Idealismus zu tun, die "richtige" Entscheidung zu fassen, wenn man angesichts der Verfahrensmasse kaum Zeit hat, sich ordentlich mit den Verfahren auseinanderzusetzen, sondern man vielmehr darauf schaut, wie sich das Verfahren möglichst einfach und schnell erledigen lässt. Man arbeitet irgendwie wesentlich oberflächlicher, wobei ich einen gewissen Anspruch an meine Arbeit und die Arbeitsergebnisse habe, dem ich derzeit - nach meinem Empfinden - nicht wirklich gerecht werden kann.
Gleichwohl überlege ich zurzeit, wieder Rechtsanwalt zu werden. Wesentlich weniger Arbeit, was die Gehaltseinbußen rechtfertigen würde, habe ich nicht, wobei die finanzielle Seite für mich nicht so wichtig war, da es für mich auch wichtig war, etwas Sinnvolles zu tun und auf die "richtige" Entscheidung zu treffen, als immer nur das für den Mandanten Günstige vorzutragen. Dieser gewisse "Idealismus" stößt aber nunmehr angesichts der Arbeitsbedingungen in der Justiz bereits an seine Grenzen. Als Richter habe ich nunmehr das Gefühl, weniger Zeit für die einzelnen Verfahren zu haben, als ich bräuchte. Sofern ich mehr Zeit aufwende, bleiben andere Verfahren länger liegen und der Aktenstapel - fernab vom täglichen Zu- und Abtrag wächst weiter an. Auch ansonsten hapert es nach meinem Empfinden an vielen Stellen, die ich aus meiner Tätigkeit als Anwalt so nicht gewohnt war. Dass Posteingänge oder Akten mit Wiedervorlagefrist verspätet vorgelegt werden, scheint fast normal zu sein (soll aber wohl von der Geschäftsstelle abhängen). Hinzukommt, dass man keinen Einfluss darauf hat, in welchem Rechtsgebiet man tätig ist, was für mich, da ich zuvor in einem speziellen Rechtsgebiet tätig war, im Nachhinein nicht ganz unwesentlich ist. Ich bin zwar nunmehr in einer Zivilkammer am Landgericht tätig - und Zivilrecht hatte mir immer Freude bereite - aber der Tätigkeit mit ständigem Votieren und den Masseverfahren (Diesel u.a.) kann ich leider wenig abgewinnen. Da hat es dann auch nur noch wenig mit Idealismus zu tun, die "richtige" Entscheidung zu fassen, wenn man angesichts der Verfahrensmasse kaum Zeit hat, sich ordentlich mit den Verfahren auseinanderzusetzen, sondern man vielmehr darauf schaut, wie sich das Verfahren möglichst einfach und schnell erledigen lässt. Man arbeitet irgendwie wesentlich oberflächlicher, wobei ich einen gewissen Anspruch an meine Arbeit und die Arbeitsergebnisse habe, dem ich derzeit - nach meinem Empfinden - nicht wirklich gerecht werden kann.
09.09.2020, 20:03
(09.09.2020, 19:42)Gast schrieb: Ich stand vor ein paar Jahren vor einer ähnlichen Entscheidung. Zunächst war zwei Jahre Rechtsanwalt in einer Boutique mit wohl GK-typischen Arbeitszeiten (9:00/9:30 - 20:00). Anschließend bin ich in die Justiz gewechselt, wo ich seit etwas mehr als 1,5 Jahren bin. Davon hatte ich mir mehr Flexibilität und auch inhaltliche Unabhängigkeit versprochen; dies hat sich auch durchaus bestätigt. Es fragt niemand, wo und wann ich arbeite; wichtig ist nur, dass die Verfahren erledigt werden.
Gleichwohl überlege ich zurzeit, wieder Rechtsanwalt zu werden. Wesentlich weniger Arbeit, was die Gehaltseinbußen rechtfertigen würde, habe ich nicht, wobei die finanzielle Seite für mich nicht so wichtig war, da es für mich auch wichtig war, etwas Sinnvolles zu tun und auf die "richtige" Entscheidung zu treffen, als immer nur das für den Mandanten Günstige vorzutragen. Dieser gewisse "Idealismus" stößt aber nunmehr angesichts der Arbeitsbedingungen in der Justiz bereits an seine Grenzen. Als Richter habe ich nunmehr das Gefühl, weniger Zeit für die einzelnen Verfahren zu haben, als ich bräuchte. Sofern ich mehr Zeit aufwende, bleiben andere Verfahren länger liegen und der Aktenstapel - fernab vom täglichen Zu- und Abtrag wächst weiter an. Auch ansonsten hapert es nach meinem Empfinden an vielen Stellen, die ich aus meiner Tätigkeit als Anwalt so nicht gewohnt war. Dass Posteingänge oder Akten mit Wiedervorlagefrist verspätet vorgelegt werden, scheint fast normal zu sein (soll aber wohl von der Geschäftsstelle abhängen). Hinzukommt, dass man keinen Einfluss darauf hat, in welchem Rechtsgebiet man tätig ist, was für mich, da ich zuvor in einem speziellen Rechtsgebiet tätig war, im Nachhinein nicht ganz unwesentlich ist. Ich bin zwar nunmehr in einer Zivilkammer am Landgericht tätig - und Zivilrecht hatte mir immer Freude bereite - aber der Tätigkeit mit ständigem Votieren und den Masseverfahren (Diesel u.a.) kann ich leider wenig abgewinnen. Da hat es dann auch nur noch wenig mit Idealismus zu tun, die "richtige" Entscheidung zu fassen, wenn man angesichts der Verfahrensmasse kaum Zeit hat, sich ordentlich mit den Verfahren auseinanderzusetzen, sondern man vielmehr darauf schaut, wie sich das Verfahren möglichst einfach und schnell erledigen lässt. Man arbeitet irgendwie wesentlich oberflächlicher, wobei ich einen gewissen Anspruch an meine Arbeit und die Arbeitsergebnisse habe, dem ich derzeit - nach meinem Empfinden - nicht wirklich gerecht werden kann.
Kann ich durchaus nachvollziehen! Ich war erst in der GK, dann in der Justiz und inzwischen bin ich Syndikus in einem Unternehmen. Hat alles seine Vor- und Nachteile.
09.09.2020, 20:15
(09.09.2020, 19:42)Gast schrieb: Ich stand vor ein paar Jahren vor einer ähnlichen Entscheidung. Zunächst war zwei Jahre Rechtsanwalt in einer Boutique mit wohl GK-typischen Arbeitszeiten (9:00/9:30 - 20:00). Anschließend bin ich in die Justiz gewechselt, wo ich seit etwas mehr als 1,5 Jahren bin. Davon hatte ich mir mehr Flexibilität und auch inhaltliche Unabhängigkeit versprochen; dies hat sich auch durchaus bestätigt. Es fragt niemand, wo und wann ich arbeite; wichtig ist nur, dass die Verfahren erledigt werden.
Gleichwohl überlege ich zurzeit, wieder Rechtsanwalt zu werden. Wesentlich weniger Arbeit, was die Gehaltseinbußen rechtfertigen würde, habe ich nicht, wobei die finanzielle Seite für mich nicht so wichtig war, da es für mich auch wichtig war, etwas Sinnvolles zu tun und auf die "richtige" Entscheidung zu treffen, als immer nur das für den Mandanten Günstige vorzutragen. Dieser gewisse "Idealismus" stößt aber nunmehr angesichts der Arbeitsbedingungen in der Justiz bereits an seine Grenzen. Als Richter habe ich nunmehr das Gefühl, weniger Zeit für die einzelnen Verfahren zu haben, als ich bräuchte. Sofern ich mehr Zeit aufwende, bleiben andere Verfahren länger liegen und der Aktenstapel - fernab vom täglichen Zu- und Abtrag wächst weiter an. Auch ansonsten hapert es nach meinem Empfinden an vielen Stellen, die ich aus meiner Tätigkeit als Anwalt so nicht gewohnt war. Dass Posteingänge oder Akten mit Wiedervorlagefrist verspätet vorgelegt werden, scheint fast normal zu sein (soll aber wohl von der Geschäftsstelle abhängen). Hinzukommt, dass man keinen Einfluss darauf hat, in welchem Rechtsgebiet man tätig ist, was für mich, da ich zuvor in einem speziellen Rechtsgebiet tätig war, im Nachhinein nicht ganz unwesentlich ist. Ich bin zwar nunmehr in einer Zivilkammer am Landgericht tätig - und Zivilrecht hatte mir immer Freude bereite - aber der Tätigkeit mit ständigem Votieren und den Masseverfahren (Diesel u.a.) kann ich leider wenig abgewinnen. Da hat es dann auch nur noch wenig mit Idealismus zu tun, die "richtige" Entscheidung zu fassen, wenn man angesichts der Verfahrensmasse kaum Zeit hat, sich ordentlich mit den Verfahren auseinanderzusetzen, sondern man vielmehr darauf schaut, wie sich das Verfahren möglichst einfach und schnell erledigen lässt. Man arbeitet irgendwie wesentlich oberflächlicher, wobei ich einen gewissen Anspruch an meine Arbeit und die Arbeitsergebnisse habe, dem ich derzeit - nach meinem Empfinden - nicht wirklich gerecht werden kann.
Verstehe ich voll und ganz. Richter sein hat Vorteile, die für andere Berufe schlicht unerreichbar sind. Allerdings wird das durch so einiges Negatives wieder aufgewogen, sodass (zumindest mMn) gewichtige Gründe dafür sprechen, dass man dann auch gleich (wieder) Anwalt werden könnte, auch weil sich Ideal und Realität dann doch recht deutlich unterscheiden. :rolleyes:
09.09.2020, 23:13
(09.09.2020, 19:42)Gast schrieb: Ich stand vor ein paar Jahren vor einer ähnlichen Entscheidung. Zunächst war zwei Jahre Rechtsanwalt in einer Boutique mit wohl GK-typischen Arbeitszeiten (9:00/9:30 - 20:00). Anschließend bin ich in die Justiz gewechselt, wo ich seit etwas mehr als 1,5 Jahren bin. Davon hatte ich mir mehr Flexibilität und auch inhaltliche Unabhängigkeit versprochen; dies hat sich auch durchaus bestätigt. Es fragt niemand, wo und wann ich arbeite; wichtig ist nur, dass die Verfahren erledigt werden.
Gleichwohl überlege ich zurzeit, wieder Rechtsanwalt zu werden. Wesentlich weniger Arbeit, was die Gehaltseinbußen rechtfertigen würde, habe ich nicht, wobei die finanzielle Seite für mich nicht so wichtig war, da es für mich auch wichtig war, etwas Sinnvolles zu tun und auf die "richtige" Entscheidung zu treffen, als immer nur das für den Mandanten Günstige vorzutragen. Dieser gewisse "Idealismus" stößt aber nunmehr angesichts der Arbeitsbedingungen in der Justiz bereits an seine Grenzen. Als Richter habe ich nunmehr das Gefühl, weniger Zeit für die einzelnen Verfahren zu haben, als ich bräuchte. Sofern ich mehr Zeit aufwende, bleiben andere Verfahren länger liegen und der Aktenstapel - fernab vom täglichen Zu- und Abtrag wächst weiter an. Auch ansonsten hapert es nach meinem Empfinden an vielen Stellen, die ich aus meiner Tätigkeit als Anwalt so nicht gewohnt war. Dass Posteingänge oder Akten mit Wiedervorlagefrist verspätet vorgelegt werden, scheint fast normal zu sein (soll aber wohl von der Geschäftsstelle abhängen). Hinzukommt, dass man keinen Einfluss darauf hat, in welchem Rechtsgebiet man tätig ist, was für mich, da ich zuvor in einem speziellen Rechtsgebiet tätig war, im Nachhinein nicht ganz unwesentlich ist. Ich bin zwar nunmehr in einer Zivilkammer am Landgericht tätig - und Zivilrecht hatte mir immer Freude bereite - aber der Tätigkeit mit ständigem Votieren und den Masseverfahren (Diesel u.a.) kann ich leider wenig abgewinnen. Da hat es dann auch nur noch wenig mit Idealismus zu tun, die "richtige" Entscheidung zu fassen, wenn man angesichts der Verfahrensmasse kaum Zeit hat, sich ordentlich mit den Verfahren auseinanderzusetzen, sondern man vielmehr darauf schaut, wie sich das Verfahren möglichst einfach und schnell erledigen lässt. Man arbeitet irgendwie wesentlich oberflächlicher, wobei ich einen gewissen Anspruch an meine Arbeit und die Arbeitsergebnisse habe, dem ich derzeit - nach meinem Empfinden - nicht wirklich gerecht werden kann.
Kann ich zu 100% unterschreiben! Ich bin als Richter gestartet, dann aber völlig desillusioniert gegangen und in die GK gewechselt. Hätte mir früher nie vorstellen können, in die GK zu gehen, aber so spielt das Leben...
09.09.2020, 23:35
Wenn man hier im Forum liest, könnte man meinen, es gäbe eine signifikante Gruppe an Richtern/StAs die in die GK wechselt. Das ist aber ein völliges Zerrbild. Es mag Einzelfälle geben. In der Masse geschieht das aber nur in die andere Richtung...
09.09.2020, 23:38
(09.09.2020, 23:13)Gast schrieb:(09.09.2020, 19:42)Gast schrieb: Ich stand vor ein paar Jahren vor einer ähnlichen Entscheidung. Zunächst war zwei Jahre Rechtsanwalt in einer Boutique mit wohl GK-typischen Arbeitszeiten (9:00/9:30 - 20:00). Anschließend bin ich in die Justiz gewechselt, wo ich seit etwas mehr als 1,5 Jahren bin. Davon hatte ich mir mehr Flexibilität und auch inhaltliche Unabhängigkeit versprochen; dies hat sich auch durchaus bestätigt. Es fragt niemand, wo und wann ich arbeite; wichtig ist nur, dass die Verfahren erledigt werden.
Gleichwohl überlege ich zurzeit, wieder Rechtsanwalt zu werden. Wesentlich weniger Arbeit, was die Gehaltseinbußen rechtfertigen würde, habe ich nicht, wobei die finanzielle Seite für mich nicht so wichtig war, da es für mich auch wichtig war, etwas Sinnvolles zu tun und auf die "richtige" Entscheidung zu treffen, als immer nur das für den Mandanten Günstige vorzutragen. Dieser gewisse "Idealismus" stößt aber nunmehr angesichts der Arbeitsbedingungen in der Justiz bereits an seine Grenzen. Als Richter habe ich nunmehr das Gefühl, weniger Zeit für die einzelnen Verfahren zu haben, als ich bräuchte. Sofern ich mehr Zeit aufwende, bleiben andere Verfahren länger liegen und der Aktenstapel - fernab vom täglichen Zu- und Abtrag wächst weiter an. Auch ansonsten hapert es nach meinem Empfinden an vielen Stellen, die ich aus meiner Tätigkeit als Anwalt so nicht gewohnt war. Dass Posteingänge oder Akten mit Wiedervorlagefrist verspätet vorgelegt werden, scheint fast normal zu sein (soll aber wohl von der Geschäftsstelle abhängen). Hinzukommt, dass man keinen Einfluss darauf hat, in welchem Rechtsgebiet man tätig ist, was für mich, da ich zuvor in einem speziellen Rechtsgebiet tätig war, im Nachhinein nicht ganz unwesentlich ist. Ich bin zwar nunmehr in einer Zivilkammer am Landgericht tätig - und Zivilrecht hatte mir immer Freude bereite - aber der Tätigkeit mit ständigem Votieren und den Masseverfahren (Diesel u.a.) kann ich leider wenig abgewinnen. Da hat es dann auch nur noch wenig mit Idealismus zu tun, die "richtige" Entscheidung zu fassen, wenn man angesichts der Verfahrensmasse kaum Zeit hat, sich ordentlich mit den Verfahren auseinanderzusetzen, sondern man vielmehr darauf schaut, wie sich das Verfahren möglichst einfach und schnell erledigen lässt. Man arbeitet irgendwie wesentlich oberflächlicher, wobei ich einen gewissen Anspruch an meine Arbeit und die Arbeitsergebnisse habe, dem ich derzeit - nach meinem Empfinden - nicht wirklich gerecht werden kann.
Kann ich zu 100% unterschreiben! Ich bin als Richter gestartet, dann aber völlig desillusioniert gegangen und in die GK gewechselt. Hätte mir früher nie vorstellen können, in die GK zu gehen, aber so spielt das Leben...
Tja, schon spannend, was das Leben so bereithält... Ich wollte immer Richter werden und habe mir wegen der Noten natürlich entsprechend Druck gemacht. Hat auch notentechnisch alles gepasst. Aber nach der Anwalt- / Wahlstation wollte ich nur noch Anwalt werden...
09.09.2020, 23:54
(09.09.2020, 23:35)Der echte Norden schrieb: Wenn man hier im Forum liest, könnte man meinen, es gäbe eine signifikante Gruppe an Richtern/StAs die in die GK wechselt. Das ist aber ein völliges Zerrbild. Es mag Einzelfälle geben. In der Masse geschieht das aber nur in die andere Richtung...
Ob dus glauben willst oder nicht, die Fälle gibt es und sie werden immer mehr.