21.10.2023, 19:41
Viele Wege führen nach Rom und viel hängt von den persönlichen Vorlieben und der jeweiligen Lebenssituation ab.
Ich habe immer gerne und viel gearbeitet, schon während des Referendariats. Außerdem wollte ich immer Rechtsanwalt werden. Nicht mit Großkanzlei oder so sondern einfach "Partner"/Eigentümer einer kleinen, respektablen Kanzlei, gerne mit einer Spezialisierung.
Bei meinem ersten Job als angestellter Rechtsanwalt habe ich standardmäßig 50h gearbeitet und häufig auch 60h oder mehr. Ich habe natürlich vor allem die unattraktiven Mandate bekommen und war derjenige, der zu irgendwelchen Gerichtsterminen am Arsch der Welt fahren musste. Es hat mir nichts ausgemacht. Natürlich bleibt wenig Zeit für ein sonstiges Leben aber ich hatte Bock darauf und die Hoffnung, dass es beruflich auch vorwärts geht, wenn man sieht, dass ich mich reinhänge. Rückblickend war das ein Fehler, weil es mich nicht weitergebracht hat. Meine Chefs wollte niemanden "aufbauen" sondern waren mit dem Status-Quo, dass sie einen billigen Arbeitssklaven hatten, sehr zufrieden. Die Erkenntnis hat so 2 bis 2,5 Jahre gedauert. Danach habe ich angefangen, aktiv nach neuen Stellen zu suchen. Durch Zufall bin ich dann zu einem Unternehmen gekommen. Ich war (bin) mir nicht sicher, ob es das richtige für mich ist aber ich wollte de. Ganzwn einfach eine Chance geben und im Vergleich zu meinem alten Job ist es toll. Mein Gehalt hat sich fast verdoppelt (75k Brutto ohne Boni und Überstunden), ich kann Homeoffice machen soviel ich will und es gibt Vertrauensarbeitszeit. Bei 40h kam ich mir gerade in den ersten Monaten vor wie ein Betrüger. Inzwischen arbeite ich freiwillig doch wieder mehr, da eine Kollegin reduziert hat gibt es genug zu tun. Ich bekomme meine Überstunden aber voll vergütet! Zudem begegnet man mir mit viel Wertschätzung - ich bin wirklich zufrieden.
Trotzdem ertappe ich mich dabei, dass ich den Traum von der eigenen Kanzlei noch nicht aufgegeben habe. Mitunter gucke ich auf meine Studienfreunde, die jetzt Inhaber/Teilhaber einer Kanzlei sind. Ich frage mich wie es mir wohl gehen würde wenn ich damals in einer anderen Kanzlei angefangen hätte. Vielleicht wäre ich noch glücklicher. Vielleicht könnte ich mehr verdienen. Im Unternehmen kann ich realistisch gesehen noch einmal befördert werden und das war's dann (derzeit wohl ~120k€). Als regional etablierter Fachanwalt kann man bestimmt mehr verdienen.
Ich habe immer gerne und viel gearbeitet, schon während des Referendariats. Außerdem wollte ich immer Rechtsanwalt werden. Nicht mit Großkanzlei oder so sondern einfach "Partner"/Eigentümer einer kleinen, respektablen Kanzlei, gerne mit einer Spezialisierung.
Bei meinem ersten Job als angestellter Rechtsanwalt habe ich standardmäßig 50h gearbeitet und häufig auch 60h oder mehr. Ich habe natürlich vor allem die unattraktiven Mandate bekommen und war derjenige, der zu irgendwelchen Gerichtsterminen am Arsch der Welt fahren musste. Es hat mir nichts ausgemacht. Natürlich bleibt wenig Zeit für ein sonstiges Leben aber ich hatte Bock darauf und die Hoffnung, dass es beruflich auch vorwärts geht, wenn man sieht, dass ich mich reinhänge. Rückblickend war das ein Fehler, weil es mich nicht weitergebracht hat. Meine Chefs wollte niemanden "aufbauen" sondern waren mit dem Status-Quo, dass sie einen billigen Arbeitssklaven hatten, sehr zufrieden. Die Erkenntnis hat so 2 bis 2,5 Jahre gedauert. Danach habe ich angefangen, aktiv nach neuen Stellen zu suchen. Durch Zufall bin ich dann zu einem Unternehmen gekommen. Ich war (bin) mir nicht sicher, ob es das richtige für mich ist aber ich wollte de. Ganzwn einfach eine Chance geben und im Vergleich zu meinem alten Job ist es toll. Mein Gehalt hat sich fast verdoppelt (75k Brutto ohne Boni und Überstunden), ich kann Homeoffice machen soviel ich will und es gibt Vertrauensarbeitszeit. Bei 40h kam ich mir gerade in den ersten Monaten vor wie ein Betrüger. Inzwischen arbeite ich freiwillig doch wieder mehr, da eine Kollegin reduziert hat gibt es genug zu tun. Ich bekomme meine Überstunden aber voll vergütet! Zudem begegnet man mir mit viel Wertschätzung - ich bin wirklich zufrieden.
Trotzdem ertappe ich mich dabei, dass ich den Traum von der eigenen Kanzlei noch nicht aufgegeben habe. Mitunter gucke ich auf meine Studienfreunde, die jetzt Inhaber/Teilhaber einer Kanzlei sind. Ich frage mich wie es mir wohl gehen würde wenn ich damals in einer anderen Kanzlei angefangen hätte. Vielleicht wäre ich noch glücklicher. Vielleicht könnte ich mehr verdienen. Im Unternehmen kann ich realistisch gesehen noch einmal befördert werden und das war's dann (derzeit wohl ~120k€). Als regional etablierter Fachanwalt kann man bestimmt mehr verdienen.
21.10.2023, 20:12
Mir persönlich waren bei der Work-Life-Balance immer zwei Dinge wichtig:
1. Was ist mein Karriereziel? Abhängig davon kann mehr oder weniger Arbeit Sinn machen. Auch wenn es woanders vielleicht das gleiche Gehalt gibt mit weniger Arbeit oder mehr Gehalt für die gleiche Arbeit. Die Karriereperspektive war mir oft wichtiger als die letzten 10% Gehalt.
2. Wie selbstbestimmt ist meine Arbeit? Wenn mir andere Menschen Termine am Wochenende reindrücken, nervt das. Wenn ich selbst entscheide, am Sonntag etwas zu machen, weil es mir gerade passt, dann stört mich das nicht.
1. Was ist mein Karriereziel? Abhängig davon kann mehr oder weniger Arbeit Sinn machen. Auch wenn es woanders vielleicht das gleiche Gehalt gibt mit weniger Arbeit oder mehr Gehalt für die gleiche Arbeit. Die Karriereperspektive war mir oft wichtiger als die letzten 10% Gehalt.
2. Wie selbstbestimmt ist meine Arbeit? Wenn mir andere Menschen Termine am Wochenende reindrücken, nervt das. Wenn ich selbst entscheide, am Sonntag etwas zu machen, weil es mir gerade passt, dann stört mich das nicht.
21.10.2023, 22:23
(21.10.2023, 19:15)Arbeitsrechtler schrieb:(21.10.2023, 16:59)Egal schrieb:(21.10.2023, 13:23)panta schrieb: Ich bin etwas verwundert: Eine normale 40 Stunden-Woche ist doch schon 09 bis 18 Uhr, ist dann 09 bis 19 Uhr wirklich so ein unzumutbarer Horror, bei man man überhaupt kein Leben mehr hat?
Und man darf nicht immer nur auf die Einstiegsgehälter schauen. Nach 5 Jahren Großkanzlei ist man mit Bonus locker im > 200k Bereich. Freilich funktioniert Teilzeit in Großkanzlei selten, aber wenn es funktioniert (z.B. manche Litigation), hat man dann plötzlich > 100k mit 40 Stunden-Woche... Und ab dem Bereich der Berufserfahrung hat man dann auch Chancen auf richtig attraktive Inhouse-Stellen, bei denen man mit 45-50 Stunden auch 180k+ schaffen kann (es ist selten, aber nicht unmöglich).
Ich wundere mich manchmal etwas, weil ich persönlich die Examensvorbereitung etc. viel anstrengender fand als das ganze Berufsleben danach :) Ist ja jedem selbst überlassen, aber sich im Examen reinhängen und dann sofort auf die "40 Stunden und dann Stift fallen lassen"-Stelle zum Berufseinstieg gehen ist meiner Meinung nach nicht die optimale Strategie für ein 30+ Jahre Arbeitsleben.
Also ich (w) habe, außer zum Berufseinstieg in einer KK (wo ich massiv ausgebeutet wurde), seitdem eher selten bis 18 Uhr gearbeitet. In der mittelständischen WPG, in der ich anschließend war, leerten sich die Flure ab 16.30 bis 17 Uhr und wenn ich, damals noch Single ohne Kinder, mit einer anderen Kollegin noch bis 17.30 Uhr da war, waren wir meist die letzten auf dem Flur. Viele haben 8 Uhr angefangen und durch Gleitzeit waren wir sehr flexibel, konnten also auch 15 Uhr gehen, wenn wir noch etwas vorhatten ohne schräg angeschaut zu werden. Mittagspause von einer Stunde finde ich auch sehr lang. Wenn man nicht draußen verabredet ist, reicht in der Regel eine halbe Stunde.
17 Uhr kann man mit dem verbliebenen Tag noch sehr viel anfangen. 19 Uhr schon weniger und wenn die Wochenenden auch noch gearbeitet werden muss, noch weniger.
Das Leben besteht doch nicht nur aus Arbeit?! Ich hatte letztes Jahr ein Vorstellungsgespräch indem mir gesagt wurde, bis 17 Uhr müsse ich mindestens dableiben. Gehalt war auch schlecht, also warum sollte ich mir das antun?
Ab Anfang bis Mitte 30 werden viele von euch Kinder bekommen. Spätestens dann wird sich die Prioritätenssetzung ändern und arbeiten bis 19 Uhr wird keine freiwillige Option mehr sein. Maximal noch für die Männer, die unter "Vaterschaft" die finanzielle Verantwortung für eine Familie definieren, in der sie keine weitere Anwesenheitsrolle spielen.
Ich bin 38, arbeite an Home Office Tagen bis 16 Uhr (Beginn ca. 8.00 Uhr), und an den zwei Bürotagen bis 16.30/17.00 Uhr, mit komplett flexibler Zeiteinteilung. Mein Mann arbeitet ähnlich.
Etwas anderes könnte ich mir nicht mehr vorstellen und kommt für mich auch nicht in Frage. Schon gar nicht für die nächsten 25 Jahre und bis 67 werde ich erst Recht nicht arbeiten. Sorry, liebe Arbeitgeber.
Das heißt übrigens nicht, dass ich keine Leistung bringe. Ich weiß, dass ich für meine Arbeitsergebnisse bezahlt werde und wenn am Montag zwingend etwas fertig sein muss, wozu ich in der Woche davor während der Arbeitszeit nicht gekommen bin, setze ich mich auch Abends, wenn die Kinder schlafen, ab 21 Uhr noch einmal an den Laptop. Das ist aber nicht der Regelfall und das ist mir wichtig. Mein Gehalt liegt aktuell bei ca. 80k, steigt jedes Jahr und ein bei uns im Unternehmen weiterer Gehaltsbestandteil wurde mir für die nächsten 1-2 Jahre sicher in Aussicht gestellt. In absehbarer Zeit werde ich die 100k erreichen, was mir völlig ausreicht. Ab ca. 70/75k gehört man zu den Top 10 der Verdiener in Deutschland. Auch das darf man bei dieser Diskussion nicht vergessen. Wenn ihr die aktuelle Diskussion ums Elterngeld mitbekommen habt, seit ihr laut dem Rest der Bevölkerung mit 180k (somit 90k pro Person bei einem gleichverdienenden Paar) reich und moralisch weder berechtigt, Elterngeld noch Kindergeld oder sonstige finanzielle Förderung vom Staat zu bekommen. Alles über 2.000 Euro netto ist nämlich bei denen bereits ein gutes Gehalt, von dem sie gut leben können. Ich empfinde mich zwar nicht als reich, habe aber sehr wohl verstanden, wie gut es uns geht.
Eigentlich bin ich ja echt gerne Anwalt und eigentlich arbeite ich auch gern dort wo ich arbeite. Aber wenn ich sowas lese, fühl ich mich doch manchmal etwas "ausgebeutet". Arbeite in einer Arbeitsrecht-Boutique und bekomme im 3. Jahr 110k zzgl. Bonus von ca. 20k. Für den Bonus muss man sich stundenmäßig aber schon etwas strecken.
Effektiv sitzen wir also alle so von 8:30/9h bis 19:30/20h am Schreibtisch. Wenn man in den Rängen aufsteigen möchte, eher länger; wenn Projekte laufen sowieso. Sobald man an Billabels gemessen wird, kommt es eben nicht mehr primär auf Effizienz und Arbeitsergebnisse an...
Da bist du stundenlohnmäßig sicher besser dran. Vielleicht nehme ich doch irgendwann die Ausfahrt Richtung Unternehmen.
Achtung: ich bin 38, nicht 30. Ich habe im Frühjahr nächsten Jahres meine 10 Jahre Berufserfahrung voll. Von daher kannst du dich glücklich schätzen, im 3. Berufjahr 110k zu verdienen.
Ich habe einen steinigen Weg hinter mir (schlechtes 2. StEx) und habe mich aus einem ausbeuterischen, schlecht bezahltem Jobeinstieg hochgearbeitet.
Du hast die Möglichkeit, dein Gehalt in Zukunft bei gleichbleibender Belastung weiter zu steigern oder du wählst den anderen Weg, dass dein Gehalt in etwa gleich bleibt, deine Stunden sich aber verringern. Auf mich musst du, denke ich, nicht neidisch sein. Neidisch klingt jetzt negativer als ich das meine, aber mir fällt gerade kein besseres Wort ein. Mein erster Job war wirklich mies - sehr schlecht bezahlt, viele unbezahlte Überstunden und ein cholerischer Chef. Ich schrieb den Text oben zur Abrechnung bei RVG-Mandaten leider nicht ohne Grund.
Ich bin vermutlich nicht das Vorzeigebeispiel für den "perfekten Juristen". Wie jemand weiter oben schrieb, muss auch jeder selbst für sich entscheiden, was ihm wichtig ist. Was ich aufzeigen wollte ist, dass der Beruf des Anwalts oder des Juristen nicht automatisch mit einer hohen Arbeitsbelastung einhergeht. Zwischen den beiden Extremen "sehr hohes Gehalt, hohe Arbeitsbelastung" und "mieses Gehalt, trotzdem hohe Arbeitsbelastung" gibt es eine Menge Jobs, bei denen beides ausgeglichen ist.
21.10.2023, 22:40
(21.10.2023, 22:23)Egal schrieb:(21.10.2023, 19:15)Arbeitsrechtler schrieb:(21.10.2023, 16:59)Egal schrieb:(21.10.2023, 13:23)panta schrieb: Ich bin etwas verwundert: Eine normale 40 Stunden-Woche ist doch schon 09 bis 18 Uhr, ist dann 09 bis 19 Uhr wirklich so ein unzumutbarer Horror, bei man man überhaupt kein Leben mehr hat?
Und man darf nicht immer nur auf die Einstiegsgehälter schauen. Nach 5 Jahren Großkanzlei ist man mit Bonus locker im > 200k Bereich. Freilich funktioniert Teilzeit in Großkanzlei selten, aber wenn es funktioniert (z.B. manche Litigation), hat man dann plötzlich > 100k mit 40 Stunden-Woche... Und ab dem Bereich der Berufserfahrung hat man dann auch Chancen auf richtig attraktive Inhouse-Stellen, bei denen man mit 45-50 Stunden auch 180k+ schaffen kann (es ist selten, aber nicht unmöglich).
Ich wundere mich manchmal etwas, weil ich persönlich die Examensvorbereitung etc. viel anstrengender fand als das ganze Berufsleben danach :) Ist ja jedem selbst überlassen, aber sich im Examen reinhängen und dann sofort auf die "40 Stunden und dann Stift fallen lassen"-Stelle zum Berufseinstieg gehen ist meiner Meinung nach nicht die optimale Strategie für ein 30+ Jahre Arbeitsleben.
Also ich (w) habe, außer zum Berufseinstieg in einer KK (wo ich massiv ausgebeutet wurde), seitdem eher selten bis 18 Uhr gearbeitet. In der mittelständischen WPG, in der ich anschließend war, leerten sich die Flure ab 16.30 bis 17 Uhr und wenn ich, damals noch Single ohne Kinder, mit einer anderen Kollegin noch bis 17.30 Uhr da war, waren wir meist die letzten auf dem Flur. Viele haben 8 Uhr angefangen und durch Gleitzeit waren wir sehr flexibel, konnten also auch 15 Uhr gehen, wenn wir noch etwas vorhatten ohne schräg angeschaut zu werden. Mittagspause von einer Stunde finde ich auch sehr lang. Wenn man nicht draußen verabredet ist, reicht in der Regel eine halbe Stunde.
17 Uhr kann man mit dem verbliebenen Tag noch sehr viel anfangen. 19 Uhr schon weniger und wenn die Wochenenden auch noch gearbeitet werden muss, noch weniger.
Das Leben besteht doch nicht nur aus Arbeit?! Ich hatte letztes Jahr ein Vorstellungsgespräch indem mir gesagt wurde, bis 17 Uhr müsse ich mindestens dableiben. Gehalt war auch schlecht, also warum sollte ich mir das antun?
Ab Anfang bis Mitte 30 werden viele von euch Kinder bekommen. Spätestens dann wird sich die Prioritätenssetzung ändern und arbeiten bis 19 Uhr wird keine freiwillige Option mehr sein. Maximal noch für die Männer, die unter "Vaterschaft" die finanzielle Verantwortung für eine Familie definieren, in der sie keine weitere Anwesenheitsrolle spielen.
Ich bin 38, arbeite an Home Office Tagen bis 16 Uhr (Beginn ca. 8.00 Uhr), und an den zwei Bürotagen bis 16.30/17.00 Uhr, mit komplett flexibler Zeiteinteilung. Mein Mann arbeitet ähnlich.
Etwas anderes könnte ich mir nicht mehr vorstellen und kommt für mich auch nicht in Frage. Schon gar nicht für die nächsten 25 Jahre und bis 67 werde ich erst Recht nicht arbeiten. Sorry, liebe Arbeitgeber.
Das heißt übrigens nicht, dass ich keine Leistung bringe. Ich weiß, dass ich für meine Arbeitsergebnisse bezahlt werde und wenn am Montag zwingend etwas fertig sein muss, wozu ich in der Woche davor während der Arbeitszeit nicht gekommen bin, setze ich mich auch Abends, wenn die Kinder schlafen, ab 21 Uhr noch einmal an den Laptop. Das ist aber nicht der Regelfall und das ist mir wichtig. Mein Gehalt liegt aktuell bei ca. 80k, steigt jedes Jahr und ein bei uns im Unternehmen weiterer Gehaltsbestandteil wurde mir für die nächsten 1-2 Jahre sicher in Aussicht gestellt. In absehbarer Zeit werde ich die 100k erreichen, was mir völlig ausreicht. Ab ca. 70/75k gehört man zu den Top 10 der Verdiener in Deutschland. Auch das darf man bei dieser Diskussion nicht vergessen. Wenn ihr die aktuelle Diskussion ums Elterngeld mitbekommen habt, seit ihr laut dem Rest der Bevölkerung mit 180k (somit 90k pro Person bei einem gleichverdienenden Paar) reich und moralisch weder berechtigt, Elterngeld noch Kindergeld oder sonstige finanzielle Förderung vom Staat zu bekommen. Alles über 2.000 Euro netto ist nämlich bei denen bereits ein gutes Gehalt, von dem sie gut leben können. Ich empfinde mich zwar nicht als reich, habe aber sehr wohl verstanden, wie gut es uns geht.
Eigentlich bin ich ja echt gerne Anwalt und eigentlich arbeite ich auch gern dort wo ich arbeite. Aber wenn ich sowas lese, fühl ich mich doch manchmal etwas "ausgebeutet". Arbeite in einer Arbeitsrecht-Boutique und bekomme im 3. Jahr 110k zzgl. Bonus von ca. 20k. Für den Bonus muss man sich stundenmäßig aber schon etwas strecken.
Effektiv sitzen wir also alle so von 8:30/9h bis 19:30/20h am Schreibtisch. Wenn man in den Rängen aufsteigen möchte, eher länger; wenn Projekte laufen sowieso. Sobald man an Billabels gemessen wird, kommt es eben nicht mehr primär auf Effizienz und Arbeitsergebnisse an...
Da bist du stundenlohnmäßig sicher besser dran. Vielleicht nehme ich doch irgendwann die Ausfahrt Richtung Unternehmen.
Achtung: ich bin 38, nicht 30. Ich habe im Frühjahr nächsten Jahres meine 10 Jahre Berufserfahrung voll. Von daher kannst du dich glücklich schätzen, im 3. Berufjahr 110k zu verdienen.
Ich habe einen steinigen Weg hinter mir (schlechtes 2. StEx) und habe mich aus einem ausbeuterischen, schlecht bezahltem Jobeinstieg hochgearbeitet.
Du hast die Möglichkeit, dein Gehalt in Zukunft bei gleichbleibender Belastung weiter zu steigern oder du wählst den anderen Weg, dass dein Gehalt in etwa gleich bleibt, deine Stunden sich aber verringern. Auf mich musst du, denke ich, nicht neidisch sein. Neidisch klingt jetzt negativer als ich das meine, aber mir fällt gerade kein besseres Wort ein. Mein erster Job war wirklich mies - sehr schlecht bezahlt, viele unbezahlte Überstunden und ein cholerischer Chef. Ich schrieb den Text oben zur Abrechnung bei RVG-Mandaten leider nicht ohne Grund.
Ich bin vermutlich nicht das Vorzeigebeispiel für den "perfekten Juristen". Wie jemand weiter oben schrieb, muss auch jeder selbst für sich entscheiden, was ihm wichtig ist. Was ich aufzeigen wollte ist, dass der Beruf des Anwalts oder des Juristen nicht automatisch mit einer hohen Arbeitsbelastung einhergeht. Zwischen den beiden Extremen "sehr hohes Gehalt, hohe Arbeitsbelastung" und "mieses Gehalt, trotzdem hohe Arbeitsbelastung" gibt es eine Menge Jobs, bei denen beides ausgeglichen ist.
An dieser Stelle mal zwischendurch ein „Danke“ für deine Einblicke.
Ich bin nun ein paar Jahre hier stille Mitleserin/aktiv und finde es total spannend wie sich der Nick „Egal“ vom von einigen wahrgenommen als passiv-aggressiven Troll (zu Unrecht) zu tollem Input entwickelt hat.
Ist etwas random, aber war mir ein Anliegen.
21.10.2023, 23:06
@Joko: danke :-)
Ja, ich weiß, dass ich manchmal an meinem Ton arbeiten muss. Ist leider eine Unart von mir, die aus der Anonymität des Internets entsteht. Ich arbeite dran :-)
Ja, ich weiß, dass ich manchmal an meinem Ton arbeiten muss. Ist leider eine Unart von mir, die aus der Anonymität des Internets entsteht. Ich arbeite dran :-)
22.10.2023, 00:56
9:30 bis 21 Uhr. 140k. Wochenende/Urlaub fast nie Arbeit.
22.10.2023, 08:48
22.10.2023, 11:25
@Egal: Beim Thema "Es gibt nicht nur hochbezahlte Großkanzlei und schlechtbezahlte 40-Stunden Jobs" stimme ich dir total zu! Gerade hier im Forum liest man oft Überlegungen der Art, "wenn Kanzlei X 120k zahlt und Kanzlei Y 140k, dann muss man doch bestimmt bei Kanzlei Y viel mehr arbeiten?". Als ob die Welt perfekt effizient und durchorganisiert wäre. Bei Bekannten von mir aus dem Medizinbereich ist hingegen allen klar, dass manche chirurgische Fächer an einer Uniklinik gegenüber Labormedizin in Pharmakonzern durchaus ,,viel mehr Arbeit für viel weniger Geld" bedeuten kann.
Für mich habe ich im Jurabereich auch die Beobachtung gemacht, dass die Inhouse-Welt die coolsten Stellen bieten kann, wenn man ein angenehmes Arbeitsumfeld mit angenehmem Gehalt verbinden will. Wobei ich erneut anmerken will, dass die ,,coolsten Inhouse-Stellen" meistens nicht direkt für Berufseinsteiger ausgeschrieben sind, weshalb ich es etwas kurzsichtig finde, wenn man direkt zum Berufseinstieg schon die 40 Stunden-Stelle will, weil man sich damit langfristig echt viel abschneiden kann.
Ich war fast 6 Jahre in Großkanzlei (im Nachhinein zu lang) und war teilweise richtig hart genervt und insgesamt ist Inhouse auf jeden Fall mehr mein Ding. Aber teilweise wird die Belastung in der Großkanzlei total überspitzt dargestellt, quasi als ob man jahrelang keine Freizeit hat und dann mit ruinierter Gesundheit und ohne Freunde dasteht...
Das ist hoch spekulativ und schwer vergleichbar, aber nach meiner Einschätzung ist es so: Jemand mit 2x 10,0 Punkten und Dr + LLM, der direkt nach dem 2. SteX Inhouse geht, wird regelmäßig eine deutlich schlechtere Karriere hinlegen, als der 2x 8,0 Punkte Kandidat, der statt Dr/LLM seine 3-5 Jahre in der Großkanzlei macht und danach Inhouse wechselt.
Für mich habe ich im Jurabereich auch die Beobachtung gemacht, dass die Inhouse-Welt die coolsten Stellen bieten kann, wenn man ein angenehmes Arbeitsumfeld mit angenehmem Gehalt verbinden will. Wobei ich erneut anmerken will, dass die ,,coolsten Inhouse-Stellen" meistens nicht direkt für Berufseinsteiger ausgeschrieben sind, weshalb ich es etwas kurzsichtig finde, wenn man direkt zum Berufseinstieg schon die 40 Stunden-Stelle will, weil man sich damit langfristig echt viel abschneiden kann.
Ich war fast 6 Jahre in Großkanzlei (im Nachhinein zu lang) und war teilweise richtig hart genervt und insgesamt ist Inhouse auf jeden Fall mehr mein Ding. Aber teilweise wird die Belastung in der Großkanzlei total überspitzt dargestellt, quasi als ob man jahrelang keine Freizeit hat und dann mit ruinierter Gesundheit und ohne Freunde dasteht...
Das ist hoch spekulativ und schwer vergleichbar, aber nach meiner Einschätzung ist es so: Jemand mit 2x 10,0 Punkten und Dr + LLM, der direkt nach dem 2. SteX Inhouse geht, wird regelmäßig eine deutlich schlechtere Karriere hinlegen, als der 2x 8,0 Punkte Kandidat, der statt Dr/LLM seine 3-5 Jahre in der Großkanzlei macht und danach Inhouse wechselt.
22.10.2023, 22:27
(22.10.2023, 11:25)panta schrieb: @Egal: Beim Thema "Es gibt nicht nur hochbezahlte Großkanzlei und schlechtbezahlte 40-Stunden Jobs" stimme ich dir total zu! Gerade hier im Forum liest man oft Überlegungen der Art, "wenn Kanzlei X 120k zahlt und Kanzlei Y 140k, dann muss man doch bestimmt bei Kanzlei Y viel mehr arbeiten?". Als ob die Welt perfekt effizient und durchorganisiert wäre. Bei Bekannten von mir aus dem Medizinbereich ist hingegen allen klar, dass manche chirurgische Fächer an einer Uniklinik gegenüber Labormedizin in Pharmakonzern durchaus ,,viel mehr Arbeit für viel weniger Geld" bedeuten kann.
Für mich habe ich im Jurabereich auch die Beobachtung gemacht, dass die Inhouse-Welt die coolsten Stellen bieten kann, wenn man ein angenehmes Arbeitsumfeld mit angenehmem Gehalt verbinden will. Wobei ich erneut anmerken will, dass die ,,coolsten Inhouse-Stellen" meistens nicht direkt für Berufseinsteiger ausgeschrieben sind, weshalb ich es etwas kurzsichtig finde, wenn man direkt zum Berufseinstieg schon die 40 Stunden-Stelle will, weil man sich damit langfristig echt viel abschneiden kann.
Ich war fast 6 Jahre in Großkanzlei (im Nachhinein zu lang) und war teilweise richtig hart genervt und insgesamt ist Inhouse auf jeden Fall mehr mein Ding. Aber teilweise wird die Belastung in der Großkanzlei total überspitzt dargestellt, quasi als ob man jahrelang keine Freizeit hat und dann mit ruinierter Gesundheit und ohne Freunde dasteht...
Das ist hoch spekulativ und schwer vergleichbar, aber nach meiner Einschätzung ist es so: Jemand mit 2x 10,0 Punkten und Dr + LLM, der direkt nach dem 2. SteX Inhouse geht, wird regelmäßig eine deutlich schlechtere Karriere hinlegen, als der 2x 8,0 Punkte Kandidat, der statt Dr/LLM seine 3-5 Jahre in der Großkanzlei macht und danach Inhouse wechselt.
Was könnte man denn an Gehalt/Arbeitszeit erwarten, wenn man als GK-RA nach drei Jarhen inhouse wechselt?
23.10.2023, 07:28
Vielen Dank für eure Antworten.
Ich mache mir Gedanken, ob ich bzgl. meiner WLB so einen guten Deal gemacht habe.
Arbeite in der Regel zwischen 47-50 Stunden. Vereinzelt, wenn auch bislang selten auch bis zu 55 Stunden.
Für 75k.
Habe leider im zweiten Examen leider nicht die besten Note, deswegen war ich zunächst froh um das Angebot. Komme aber zunehmend ins Grübeln.
Edit: Dazu kommen bei mir auch noch circa 2 Stunden Pendelzeit täglich. Das ist natürlich ein zusätzlicher Malus, der aber meinem Risikobereich zuzurechnen ist.
Ich mache mir Gedanken, ob ich bzgl. meiner WLB so einen guten Deal gemacht habe.
Arbeite in der Regel zwischen 47-50 Stunden. Vereinzelt, wenn auch bislang selten auch bis zu 55 Stunden.
Für 75k.
Habe leider im zweiten Examen leider nicht die besten Note, deswegen war ich zunächst froh um das Angebot. Komme aber zunehmend ins Grübeln.
Edit: Dazu kommen bei mir auch noch circa 2 Stunden Pendelzeit täglich. Das ist natürlich ein zusätzlicher Malus, der aber meinem Risikobereich zuzurechnen ist.