16.03.2023, 09:05
(15.03.2023, 21:36)BavarianLawyer schrieb:(15.03.2023, 15:18)Ex-GK schrieb:(15.03.2023, 13:57)ENERWEH schrieb:(15.03.2023, 13:24)Ex-GK schrieb: M&A/Corporate, insbesondere PE-Transaktionen - Man arbeitet im Team, hat viel Einblick in unterschiedliche Rechtsbereiche, man lernt unglaublich schnell und viel in kurzer Zeit, man übernimmt früh Verantwortung und Führungsaufgaben, man macht nicht nur klassisches Jura, sondern darf (und muss) sich auch in wirtschaftliche Fragen einbringen, man lernt viel über verschiedene Industrien und Unternehmen (wie laufen Dinge, etc.). Man hat recht früh Mandantenkontakt und kann viel selbstständig machen, weil sich workstreams grundsätzlich ganz gut aufsplitten lassen. Man kommt auch bisschen rum, und auch Signing/Closing Dinner sind immer wieder ein Spaß...
Ernsthaft M&A? Höre immer wieder, dass das Rechtsgebiet echt verhasst ist, weil es doch recht wenig mit Jura zutun hat, sondern vielmehr wirtschaftliche Aspekte eine Rolle spielen. Magst du mal ein bisschen erzählen, wie Jura da doch eine Rolle spielt, bzw. wie die alltägliche Arbeit dort so aussieht?
Ich habe ehrlicherweise schon in verschiedenen Threads was zur Arbeitsweise erzählt, weil ich immer wieder das lesen muss, was Du auch beschreibst. Von wegen alles nicht juristisch und Deppenarbeit (wegen DDs).
Klar, wenn man Einsteiger ist, macht man schon noch recht viel Back-Office Arbeit, zu denen DD-Tätigkeiten eben gehören. Das ist mE auch (was Corporate-DD betrifft) nicht so stumpfsinnig einfach HR-Auszüge zusammenzufassen. Vielmehr kann man durch DD unglaublich viel gesellschaftsrechtliches Wissen anhäufen und - weil M&A/Corporate-Anwälte nunmal die Transaktion "leiten" und die anderen Praxisgruppen zum Zuarbeiten hat - dies ebenfalls in "unbekannten" Praxisgruppen tun. Ich kann jetzt gerade durch meine Transaktions- und insbesondere DD-Erfahrung, auch als Corporate Anwalt in einem Unternehmen ziemlich viel anwenden - zB was ein Betriebsrat für ein Unternehmen bedeutet (Arbeitsrecht) kann ich zwar nicht in der Tiefe, aber die klassischen Probleme kenne ich. Es begegnen einem viele wirtschaftliche Themen, die man aber natürlich juristisch betrachtet.
Das ist kein Forum für Berufstätige, das wird auch einer der Gründe sein, warum die Allermeisten hier denken, dass man als Corporate/M&A-Anwalt für immer und ausschließlich DD macht - das ist völliger Unsinn. Man wird ja erst noch "richtiger" M&A-Anwalt - nur kann man halt im ersten Jahr keinen Kauf- und Übertragungsvertrag über mehrstellige-Millionen schreiben. Aber das macht man eben nach einiger Zeit, man wird vom DD-Beitragenden zum DD-Leiter, dann strukturiert man auch die Transaktion in Zusammenarbeit zB mit WPs/Tax, schreibt man an den Verträgen, verhandelt diese, Post-Merger Integration, etc.
Mal ab von Transaktionen begleitet man Unternehmen einfach in ihrem Tagesgeschäft - das sind vielfältige und spannende Aufgaben. Wir haben auch Capital Markets gemacht, da hat man auch wieder super spannende Inhalte - von der Prüfung der Notwendigkeit einer Ad Hoc-Meldung bis zum Börsengang pder Aktionärsklage, Sonderprüfung nach AktG... ich persönlich würde jederzeit Corporate/M&A/Capital Markets machen. Gewechselt habe ich wegen meiner Lebenssituation und Gesundheit - nicht, weil es mir inhaltlich nicht gefallen hat. Gerade Transaktionen haben eine ganz eigene Dynamik und man muss es - nicht nur wegen der transaktionsbedingten Arbeitszeiten - schon mögen.
Edit: Juristisch ist da einfach alles. Ich weiß nicht, woher dieses "alles nur wirtschaftlich" herkommt - man muss immer die wirtschaftlichen Belange des Mandanten im Hinterkopf haben, aber ein Unternehmenskaufvertrag muss juristisch schon haltbar und sauber sein - insbesondere, weil man fast alles in dem Bereich vor dem Notar beurkunden muss. Ich habe das alles in einer GK gemacht - mE muss man da in jeder Praxisgruppe wirtschaftliche Aspekte betrachten. Ich habe mal interessehalber jemanden hier konkret gefragt, was denn an M&A so super wirtschaftlich sein soll und siehe da - es war ein Gerücht.
Nicht vergessen dass es super viel Spaß macht den ganzen Workstreams hinterher zu laufen, den Report und SPA immer wieder zu konsolidieren und gestressten und ängstlichen Mandanten ins Gewissen zu reden.
Ganz so toll wie du es hier beschreibst ist das arbeiten im Transaktionsbereich sicher nicht oder woher kommen die Nachwuchssorgen?
Man muss sich dem Job halt vollständig verschreiben und darauf haben kaum Leute Bock.
Die meiste Kohle kann man dort sicher holen, aber mir wäre der Preis zu hoch.
Und darüber wie viel Einblick und Verständnis die M&Aler wirklich in die einzelnen Fachgebiete haben, lässt sich sicher streiten
Wie gesagt - man muss es schon mögen und ich habe auch gesagt, dass es im Transaktionsbereich eine bestimmte Dynamik gibt, Du hast eben andere Prioritäten und in wieweit das finanziell lukrativer sein soll, bspw. in einer GK in der man in den ersten Jahren das gleiche Gehalt bekommt wie jeder andere in seiner Senioritätsstufe, erschließt sich mir auch nicht. Man kann halt je nach Kanzlei mehr oder weniger verdienen, liegt aber nicht grundsätzlich daran, dass man im M&A so unglaublich viel Kohle macht. Zum Billing im M&A habe ich auch schon im Forum was gesagt - vergleichsmäßig hohe Stundensätze, aber im Ergebnis viele Abschreibungen. Die Frage war, welches Rechtsgebiet seiner eigenen Meinung nach das Beste ist und das ist eben meine Meinung dazu. Natürlich ist nicht alles geil, aber in welchem Rechtsgebiet ist das so? Ist das außerdem überall so, oder ist es vielleicht weniger stressig in einer Boutique als GK?
Die Nachwuchssorgen kommen ua auch daher, dass eben die meisten Studis und Referendare absolut nichts mit dem Bereich anfangen können, wenn sie noch nie reingeschnuppert haben. Alleine hier sieht man doch immer wieder, dass der Gedanke ist, dass man nur blöd DD macht. Da hat natürlich auch keiner Bock drauf, ist aber auch nur die halbe Wahrheit.
Corporate/M&A ist außerdem eben nicht nur Transaktion - das war ja auch der Punkt meines Beitrags. Über das Maß des Verständnisses und Einblicks in andere Rechtsgebiete werde ich mich aber nicht streiten, weil das halt auch darauf ankommt, was für einen Anspruch man an sein eigenes Produkt (DD-Report) hat und wie viel Blöße man sich geben will, wenn der Mandant mal nachfragt (und das tun sie), was man dem denn da teuer zusammenformuliert hat. Der Mandant ruft nämlich bei seinem Corporate-Anwalt an und nicht bei dem ihm unbekannten Arbeitsrechtler.
16.03.2023, 12:12
Bei mir wäre es IP. Man kann gerade im Markenrecht beim Zeichenvergleich selbst auf vermeintlich verlorenem Posten manchmal noch viel rausholen ohne sich dumm vorzukommen, weil man irgendeine krude Mindermeinung vertritt. Vieles ist Argumentationssache und oft ist auch eine nicht rein juristische Denkweise viel zielführender. Dazu kommt, dass sich vieles durch Abgrenzungsvereinbarungen, Unterlassungserklärungen, Vergleiche etc. außergerichtlich lösen lässt und man nicht für jeden Mist beim Gericht antanzen muss. Im Wettbewerbsrecht/Urheberrecht kann man sich dafür eher juristisch auslassen, wobei Letzteres oft eher 08/15-mäßig abläuft