24.11.2020, 16:09
(24.11.2020, 15:13)Gast schrieb:(24.11.2020, 14:15)Gast Gast schrieb: PS: Ein Stundensatz von 250 Euro ist weder krass überhöht noch untersetzt, sondern auf Basis einer Mischkalkulation halbwegs sinnvoll. Die allerallerwenigsten Anwälte rechnen ausschließlich nach Honorarvereinbarung ab. Bei den meisten ist es eine Mischung aus RVG und Honorarv. (so ähnlich wie bei Ärzten mit Kasse und Privaten).
Bist du ein Einzelkämpfer kannst du so mit 5-6 billable Stunden pro Tag rechnen. Der Rest geht für Verwaltung, Akquise und Co drauf. Die konstanten 10+ billables am Tag schaffen nur die GK Associates, die ständig von ihren Partnern gefüttert werden und nichts machen müssen außer eben zu arbeiten.
Wenn du 240 Arbeitstage pro Jahr hast, wird man zwischen 1.200 und 1.500 Mandatsstunden p.a. haben. Ein Umsatz von 150.000 Euro sollte dabei schon rauskommen, dass sich das ganze lohnt (Bürokosten, ggf. Angestellte, VW-Beitrag, Krankenkasse, Rücklagen für schlechte Zeiten usw.). D.h. die Stunde sollte knapp 100 Euro einbringen. Da man als Strafverteidiger idR aber auch viele Pflichtverteidigungen macht oder nach Gebühren abrechnet, kommt es sicherlich nicht selten vor, dass man diesen Stundensatz unterschreitet (wer liebt es nicht, das Mandant, das einem 2.000 Euro Gebühren einbringt, aber 40 Stunden arbeitet kostet, Ergebnis Stundensatz von 50 Euro). Um das auszugleichen hat man dann neben dem Brot und Butter Geschäft ein paar Fälle, die größer/wichtig sind und wo man eine Honorarvereinbarung hinbekommt. Da muss man dann förmlich etwas mehr hinlangen, damit es sich in der Mischkalkulation überhaupt lohnt.
Am Anfang hat man nur Brot und Butter Geschäft und dann kommen langsam mehr und mehr Honorarvereinbarungen hinzu, wenn es gut läuft. Aber man soll nicht glauben, dass man nach 3-5 Jahren nur noch auf Honorarbasis arbeitet und dann solche Kalkulationen anstellen.
Das sind Erwägungen, die an der Praxis vorbei gehen. „Mischkalkulationen“ kommen bei Anwälten, die grds NICHT auf RVG Basis abrechnen, nur dann zustande, wenn die Honorarforderung nach Stundensatz UNTERHALB der RVG Gebühr läge, da diese nicht unterschritten werden darf.
Strafverteidiger, die Stundensätze von 250 Euro oder noch mehr nehmen, lassen sich in der Regel selten als Pflichtverteidiger beiordnen, sondern treten stets nur als Wahlverteidiger auf, was auch bei den Richtern bekannt ist und berücksichtigt wird.
Und doch, 250 Euro sind (insbesondere außerhalb Hamburgs, München oder Frankfurt) für einen selbstständigen Berufsanfänger in der Regel völlig ÜBERSETZT. Weder seine Qualifikationen noch das Niveau der Mandate geben das her. Außerdem muss man sich an örtlichen Gepflogenheiten orientieren.
Der Mandat hat nicht zu zahlen, was wirtschaftlich für den Junioranwalt angenehm ist, sondern was seine Leistung wert ist.
Und 6 billable hours am Tag !!! Hast du eine Ahnung, wie viel das ist ?? Kein selbstständiger Berufsanfänger kommt auf 6 abrechenbare Stunden täglich.
Hmm, wieso nicht? Angenommen, der Typ ist von 9-19 Uhr im Büro. Selbst mit Mittagspause sind das 9 Stunden. Wieso sollte er mehr als 3 Stunden non-billable arbeiten? Wenn er für den Mandanten tätig ist, kann und wird er das auch in Rechnung stellen, selbst wenn er vor dem Verfassen des Schriftsatzes noch bei Beck-online recherchieren muss (dann eben „Recherche bzgl. ......). Ebenso kann man das Studium der Fallakten billen. Weiß nicht, wie zurückhaltend hier manche mit ihrem Billing sind, aber ihr solltet bzw eure Zeit sollte euch mehr wert sein...
24.11.2020, 16:26
(24.11.2020, 16:09)Gast schrieb:(24.11.2020, 15:13)Gast schrieb:(24.11.2020, 14:15)Gast Gast schrieb: PS: Ein Stundensatz von 250 Euro ist weder krass überhöht noch untersetzt, sondern auf Basis einer Mischkalkulation halbwegs sinnvoll. Die allerallerwenigsten Anwälte rechnen ausschließlich nach Honorarvereinbarung ab. Bei den meisten ist es eine Mischung aus RVG und Honorarv. (so ähnlich wie bei Ärzten mit Kasse und Privaten).
Bist du ein Einzelkämpfer kannst du so mit 5-6 billable Stunden pro Tag rechnen. Der Rest geht für Verwaltung, Akquise und Co drauf. Die konstanten 10+ billables am Tag schaffen nur die GK Associates, die ständig von ihren Partnern gefüttert werden und nichts machen müssen außer eben zu arbeiten.
Wenn du 240 Arbeitstage pro Jahr hast, wird man zwischen 1.200 und 1.500 Mandatsstunden p.a. haben. Ein Umsatz von 150.000 Euro sollte dabei schon rauskommen, dass sich das ganze lohnt (Bürokosten, ggf. Angestellte, VW-Beitrag, Krankenkasse, Rücklagen für schlechte Zeiten usw.). D.h. die Stunde sollte knapp 100 Euro einbringen. Da man als Strafverteidiger idR aber auch viele Pflichtverteidigungen macht oder nach Gebühren abrechnet, kommt es sicherlich nicht selten vor, dass man diesen Stundensatz unterschreitet (wer liebt es nicht, das Mandant, das einem 2.000 Euro Gebühren einbringt, aber 40 Stunden arbeitet kostet, Ergebnis Stundensatz von 50 Euro). Um das auszugleichen hat man dann neben dem Brot und Butter Geschäft ein paar Fälle, die größer/wichtig sind und wo man eine Honorarvereinbarung hinbekommt. Da muss man dann förmlich etwas mehr hinlangen, damit es sich in der Mischkalkulation überhaupt lohnt.
Am Anfang hat man nur Brot und Butter Geschäft und dann kommen langsam mehr und mehr Honorarvereinbarungen hinzu, wenn es gut läuft. Aber man soll nicht glauben, dass man nach 3-5 Jahren nur noch auf Honorarbasis arbeitet und dann solche Kalkulationen anstellen.
Das sind Erwägungen, die an der Praxis vorbei gehen. „Mischkalkulationen“ kommen bei Anwälten, die grds NICHT auf RVG Basis abrechnen, nur dann zustande, wenn die Honorarforderung nach Stundensatz UNTERHALB der RVG Gebühr läge, da diese nicht unterschritten werden darf.
Strafverteidiger, die Stundensätze von 250 Euro oder noch mehr nehmen, lassen sich in der Regel selten als Pflichtverteidiger beiordnen, sondern treten stets nur als Wahlverteidiger auf, was auch bei den Richtern bekannt ist und berücksichtigt wird.
Und doch, 250 Euro sind (insbesondere außerhalb Hamburgs, München oder Frankfurt) für einen selbstständigen Berufsanfänger in der Regel völlig ÜBERSETZT. Weder seine Qualifikationen noch das Niveau der Mandate geben das her. Außerdem muss man sich an örtlichen Gepflogenheiten orientieren.
Der Mandat hat nicht zu zahlen, was wirtschaftlich für den Junioranwalt angenehm ist, sondern was seine Leistung wert ist.
Und 6 billable hours am Tag !!! Hast du eine Ahnung, wie viel das ist ?? Kein selbstständiger Berufsanfänger kommt auf 6 abrechenbare Stunden täglich.
Hmm, wieso nicht? Angenommen, der Typ ist von 9-19 Uhr im Büro. Selbst mit Mittagspause sind das 9 Stunden. Wieso sollte er mehr als 3 Stunden non-billable arbeiten? Wenn er für den Mandanten tätig ist, kann und wird er das auch in Rechnung stellen, selbst wenn er vor dem Verfassen des Schriftsatzes noch bei Beck-online recherchieren muss (dann eben „Recherche bzgl. ......). Ebenso kann man das Studium der Fallakten billen. Weiß nicht, wie zurückhaltend hier manche mit ihrem Billing sind, aber ihr solltet bzw eure Zeit sollte euch mehr wert sein...
WIESO NICHT ?!?!?
Weil du erstmal entsprechende Mandate benötigst, die 6 billable Hours pro Tag hergeben!
Glaubst du, du machst zweites StEx und gehst direkt aus dem Prüfungssaal raus auf ne Plantage, wo die Stundensatzmandate in unendlicher Vielzahl am Strauch wachsen und einfach nur gepflückt werden müssen?
Außerdem kannst du nicht 6 Stunden abrechnen, nur weil du 6 Stunden an deinem Schreibtisch saßt. Da ein Berufsanfänger nicht nur nicht die Anzahl an Mandanten mitbringt, sondern auch nicht die entsprechende Erfahrung zur effizienten Bearbeitung eines Mandats, sind angesetzte 6 Stunden täglich völlige UTOPIE!
Akquisetätigkeit kannst du freilich auch nicht abrechnen.
24.11.2020, 16:41
Um mal eben zwei Dinge klarzustellen:
Erstens, wir reden hier nicht von einem totalen Berufsanfänger. Was ist in den ersten 1-3 Jahren passiert, kann sowieso keiner abschätzen.
Mit ein wenig Berufserfahrung wird man sicherlich ein Mischgeschäft haben. Sprich, nicht ausschließlich Pflichtverteidigung aber auch nicht nur Wahlverteidiger mit Honorarvereinbarung. Eben die übliche Mischung. Dass ein bekannter Strafrechtlich mit Ende 50 keine Pflichtverteidigung macht, ist auch selbstverständlich.
Zweitens, natürlich ist es gar kein Problem sechs oder auch mehr billables pro Tag zu schaffen. Das Problem ist eher, dass man auch genug Mandanten dafür braucht, um ständig so viel abzurechnen.
Deswegen, wer es schafft, so viel Mandate ranzuschaffen, die alle Honorarvereinbarungen unterschreiben (und bezahlen!), dass man 1.500 oder mehr abrechenbare Stunden pro Jahr hinbekommt, ja dann verdient man sehr viel Geld. Das Problem wird aber sein, dass man idR gar nicht genug Mandanten mit Honorarvereinbarungen haben wird. Stattdessen wird es auch einige/viele Gebührenfälle geben. 250 Euro die Stunde ist schon eine Hausnummer, die nicht jede Privatperson einfach so bezahlt/bezahlen kann.
Deswegen ist es grob vereinfacht und tendenziell auch falsch, wenn man einen Stundensatz von 250 Euro hört und dann einfach 6*250*Arbeitstage pro Jahr rechnet.
Erstens, wir reden hier nicht von einem totalen Berufsanfänger. Was ist in den ersten 1-3 Jahren passiert, kann sowieso keiner abschätzen.
Mit ein wenig Berufserfahrung wird man sicherlich ein Mischgeschäft haben. Sprich, nicht ausschließlich Pflichtverteidigung aber auch nicht nur Wahlverteidiger mit Honorarvereinbarung. Eben die übliche Mischung. Dass ein bekannter Strafrechtlich mit Ende 50 keine Pflichtverteidigung macht, ist auch selbstverständlich.
Zweitens, natürlich ist es gar kein Problem sechs oder auch mehr billables pro Tag zu schaffen. Das Problem ist eher, dass man auch genug Mandanten dafür braucht, um ständig so viel abzurechnen.
Deswegen, wer es schafft, so viel Mandate ranzuschaffen, die alle Honorarvereinbarungen unterschreiben (und bezahlen!), dass man 1.500 oder mehr abrechenbare Stunden pro Jahr hinbekommt, ja dann verdient man sehr viel Geld. Das Problem wird aber sein, dass man idR gar nicht genug Mandanten mit Honorarvereinbarungen haben wird. Stattdessen wird es auch einige/viele Gebührenfälle geben. 250 Euro die Stunde ist schon eine Hausnummer, die nicht jede Privatperson einfach so bezahlt/bezahlen kann.
Deswegen ist es grob vereinfacht und tendenziell auch falsch, wenn man einen Stundensatz von 250 Euro hört und dann einfach 6*250*Arbeitstage pro Jahr rechnet.
24.11.2020, 16:48
(24.11.2020, 16:41)Gast Gast schrieb: Um mal eben zwei Dinge klarzustellen:
Erstens, wir reden hier nicht von einem totalen Berufsanfänger. Was ist in den ersten 1-3 Jahren passiert, kann sowieso keiner abschätzen.
Mit ein wenig Berufserfahrung wird man sicherlich ein Mischgeschäft haben. Sprich, nicht ausschließlich Pflichtverteidigung aber auch nicht nur Wahlverteidiger mit Honorarvereinbarung. Eben die übliche Mischung. Dass ein bekannter Strafrechtlich mit Ende 50 keine Pflichtverteidigung macht, ist auch selbstverständlich.
Zweitens, natürlich ist es gar kein Problem sechs oder auch mehr billables pro Tag zu schaffen. Das Problem ist eher, dass man auch genug Mandanten dafür braucht, um ständig so viel abzurechnen.
Deswegen, wer es schafft, so viel Mandate ranzuschaffen, die alle Honorarvereinbarungen unterschreiben (und bezahlen!), dass man 1.500 oder mehr abrechenbare Stunden pro Jahr hinbekommt, ja dann verdient man sehr viel Geld. Das Problem wird aber sein, dass man idR gar nicht genug Mandanten mit Honorarvereinbarungen haben wird. Stattdessen wird es auch einige/viele Gebührenfälle geben. 250 Euro die Stunde ist schon eine Hausnummer, die nicht jede Privatperson einfach so bezahlt/bezahlen kann.
Deswegen ist es grob vereinfacht und tendenziell auch falsch, wenn man einen Stundensatz von 250 Euro hört und dann einfach 6*250*Arbeitstage pro Jahr rechnet.
Was in den ersten drei Jahren der Selbständigkeit passiert, ist durchaus abschätzbar, je nachdem aus welchen Verhältnissen du kommst: warst du
5-7 Jahre in einer GK oder Boutique tätig, hast Geld gespart und bekommst über dein Netzwerk und alten Arbeitgeber hin und wieder qualifizierte Mandate oder wohlwollend ein paar Startmandate, sieht die Sachlage anders aus, als wenn du ohne Erfahrung, Kapital, Zusatzqualifikationen und Berufserfahrung direkt nach dem zweiten Examen in die Selbstständigkeit startest.
24.11.2020, 16:55
(24.11.2020, 16:48)Gast schrieb:(24.11.2020, 16:41)Gast Gast schrieb: Um mal eben zwei Dinge klarzustellen:
Erstens, wir reden hier nicht von einem totalen Berufsanfänger. Was ist in den ersten 1-3 Jahren passiert, kann sowieso keiner abschätzen.
Mit ein wenig Berufserfahrung wird man sicherlich ein Mischgeschäft haben. Sprich, nicht ausschließlich Pflichtverteidigung aber auch nicht nur Wahlverteidiger mit Honorarvereinbarung. Eben die übliche Mischung. Dass ein bekannter Strafrechtlich mit Ende 50 keine Pflichtverteidigung macht, ist auch selbstverständlich.
Zweitens, natürlich ist es gar kein Problem sechs oder auch mehr billables pro Tag zu schaffen. Das Problem ist eher, dass man auch genug Mandanten dafür braucht, um ständig so viel abzurechnen.
Deswegen, wer es schafft, so viel Mandate ranzuschaffen, die alle Honorarvereinbarungen unterschreiben (und bezahlen!), dass man 1.500 oder mehr abrechenbare Stunden pro Jahr hinbekommt, ja dann verdient man sehr viel Geld. Das Problem wird aber sein, dass man idR gar nicht genug Mandanten mit Honorarvereinbarungen haben wird. Stattdessen wird es auch einige/viele Gebührenfälle geben. 250 Euro die Stunde ist schon eine Hausnummer, die nicht jede Privatperson einfach so bezahlt/bezahlen kann.
Deswegen ist es grob vereinfacht und tendenziell auch falsch, wenn man einen Stundensatz von 250 Euro hört und dann einfach 6*250*Arbeitstage pro Jahr rechnet.
Was in den ersten drei Jahren der Selbständigkeit passiert, ist durchaus abschätzbar, je nachdem aus welchen Verhältnissen du kommst: warst du
5-7 Jahre in einer GK oder Boutique tätig, hast Geld gespart und bekommst über dein Netzwerk und alten Arbeitgeber hin und wieder qualifizierte Mandate oder wohlwollend ein paar Startmandate, sieht die Sachlage anders aus, als wenn du ohne Erfahrung, Kapital, Zusatzqualifikationen und Berufserfahrung direkt nach dem zweiten Examen in die Selbstständigkeit startest.
Dann ist man kein "totaler Berufsanfänger" mehr (siehe direkt mein erster Punkt, S. 1). Also ging dein Beitrag leider an meinem vorbei ;)
24.11.2020, 17:21
(24.11.2020, 16:26)Gast schrieb:(24.11.2020, 16:09)Gast schrieb:(24.11.2020, 15:13)Gast schrieb:(24.11.2020, 14:15)Gast Gast schrieb: PS: Ein Stundensatz von 250 Euro ist weder krass überhöht noch untersetzt, sondern auf Basis einer Mischkalkulation halbwegs sinnvoll. Die allerallerwenigsten Anwälte rechnen ausschließlich nach Honorarvereinbarung ab. Bei den meisten ist es eine Mischung aus RVG und Honorarv. (so ähnlich wie bei Ärzten mit Kasse und Privaten).
Bist du ein Einzelkämpfer kannst du so mit 5-6 billable Stunden pro Tag rechnen. Der Rest geht für Verwaltung, Akquise und Co drauf. Die konstanten 10+ billables am Tag schaffen nur die GK Associates, die ständig von ihren Partnern gefüttert werden und nichts machen müssen außer eben zu arbeiten.
Wenn du 240 Arbeitstage pro Jahr hast, wird man zwischen 1.200 und 1.500 Mandatsstunden p.a. haben. Ein Umsatz von 150.000 Euro sollte dabei schon rauskommen, dass sich das ganze lohnt (Bürokosten, ggf. Angestellte, VW-Beitrag, Krankenkasse, Rücklagen für schlechte Zeiten usw.). D.h. die Stunde sollte knapp 100 Euro einbringen. Da man als Strafverteidiger idR aber auch viele Pflichtverteidigungen macht oder nach Gebühren abrechnet, kommt es sicherlich nicht selten vor, dass man diesen Stundensatz unterschreitet (wer liebt es nicht, das Mandant, das einem 2.000 Euro Gebühren einbringt, aber 40 Stunden arbeitet kostet, Ergebnis Stundensatz von 50 Euro). Um das auszugleichen hat man dann neben dem Brot und Butter Geschäft ein paar Fälle, die größer/wichtig sind und wo man eine Honorarvereinbarung hinbekommt. Da muss man dann förmlich etwas mehr hinlangen, damit es sich in der Mischkalkulation überhaupt lohnt.
Am Anfang hat man nur Brot und Butter Geschäft und dann kommen langsam mehr und mehr Honorarvereinbarungen hinzu, wenn es gut läuft. Aber man soll nicht glauben, dass man nach 3-5 Jahren nur noch auf Honorarbasis arbeitet und dann solche Kalkulationen anstellen.
Das sind Erwägungen, die an der Praxis vorbei gehen. „Mischkalkulationen“ kommen bei Anwälten, die grds NICHT auf RVG Basis abrechnen, nur dann zustande, wenn die Honorarforderung nach Stundensatz UNTERHALB der RVG Gebühr läge, da diese nicht unterschritten werden darf.
Strafverteidiger, die Stundensätze von 250 Euro oder noch mehr nehmen, lassen sich in der Regel selten als Pflichtverteidiger beiordnen, sondern treten stets nur als Wahlverteidiger auf, was auch bei den Richtern bekannt ist und berücksichtigt wird.
Und doch, 250 Euro sind (insbesondere außerhalb Hamburgs, München oder Frankfurt) für einen selbstständigen Berufsanfänger in der Regel völlig ÜBERSETZT. Weder seine Qualifikationen noch das Niveau der Mandate geben das her. Außerdem muss man sich an örtlichen Gepflogenheiten orientieren.
Der Mandat hat nicht zu zahlen, was wirtschaftlich für den Junioranwalt angenehm ist, sondern was seine Leistung wert ist.
Und 6 billable hours am Tag !!! Hast du eine Ahnung, wie viel das ist ?? Kein selbstständiger Berufsanfänger kommt auf 6 abrechenbare Stunden täglich.
Hmm, wieso nicht? Angenommen, der Typ ist von 9-19 Uhr im Büro. Selbst mit Mittagspause sind das 9 Stunden. Wieso sollte er mehr als 3 Stunden non-billable arbeiten? Wenn er für den Mandanten tätig ist, kann und wird er das auch in Rechnung stellen, selbst wenn er vor dem Verfassen des Schriftsatzes noch bei Beck-online recherchieren muss (dann eben „Recherche bzgl. ......). Ebenso kann man das Studium der Fallakten billen. Weiß nicht, wie zurückhaltend hier manche mit ihrem Billing sind, aber ihr solltet bzw eure Zeit sollte euch mehr wert sein...
WIESO NICHT ?!?!?
Weil du erstmal entsprechende Mandate benötigst, die 6 billable Hours pro Tag hergeben!
Glaubst du, du machst zweites StEx und gehst direkt aus dem Prüfungssaal raus auf ne Plantage, wo die Stundensatzmandate in unendlicher Vielzahl am Strauch wachsen und einfach nur gepflückt werden müssen?
Außerdem kannst du nicht 6 Stunden abrechnen, nur weil du 6 Stunden an deinem Schreibtisch saßt. Da ein Berufsanfänger nicht nur nicht die Anzahl an Mandanten mitbringt, sondern auch nicht die entsprechende Erfahrung zur effizienten Bearbeitung eines Mandats, sind angesetzte 6 Stunden täglich völlige UTOPIE!
Akquisetätigkeit kannst du freilich auch nicht abrechnen.
1. Ich habe nicht davon gesprochen, dass er nur 6 Stunden am Schreibtisch sitzt, sondern in meinem Beispiel 9. Wieso sollte mehr als ein Drittel unbillable sein? Letztendlich arbeitet ein Anwalt für seine Mandanten, also stellt man den Großteil der Zeit freilich auch in Rechnung. Wer wirklich die Hälfte seiner Zeit oder gar mehr mit nicht anrechenbaren Tätigkeiten verbringt, der arbeitet äußerst ineffizient.
2. Von Berufsanfänger hab ich ebenfalls nicht geredet. Ausgangspunkt war doch dieser André Miegel. Der ist kein (absoluter) Anfänger mehr, und um Mandanten braucht er sich bei der Reichweite wohl auch nicht sorgen...
24.11.2020, 17:30
Nur weil du Reichweite hast, rennen dir Mandanten auch nicht automatisch die Bude ein, die dir alle Honorarvereinbarungen unterschreiben. Du brauchst solvente Mandanten bzw. Mandanten mit substanziellen Fällen. Deswegen... man darf den Mandantenstamm nicht zu euphorisch betrachten.
24.11.2020, 17:35
Alles, was die ersten fünf Jahre nach dem Examen betrifft, ist für mich Berufsanfänger.
24.11.2020, 17:52
Mehr geblendet als in der Strafverteidigerszene wird wohl kaum wo anders.
Anders gewendet gibt es aber auch wohl kaum eine Kundschaft, die für Blenderei empfänglicher ist.
Bitter ist es, wenn du es als Verteidiger fachlich wirklich drauf hast und die Kundschaft dennoch zum Verteidiger um die Ecke rennt, der fachlich eine Niete ist, sich aber (mit teils zumindest moralisch fragwürdigen Methoden) besser in Szene zu setzen weiß.
Anders gewendet gibt es aber auch wohl kaum eine Kundschaft, die für Blenderei empfänglicher ist.
Bitter ist es, wenn du es als Verteidiger fachlich wirklich drauf hast und die Kundschaft dennoch zum Verteidiger um die Ecke rennt, der fachlich eine Niete ist, sich aber (mit teils zumindest moralisch fragwürdigen Methoden) besser in Szene zu setzen weiß.
24.11.2020, 18:18
Die Unterwelt zahlt gerne hohe Beträge und auch gerne unter der Hand, damit der bereitwillige Anwalt auch in Zukunft "bereitwillig" ist.