05.12.2022, 21:26
Servus und Hallo an alle Leidensgenossen und interessierten Leser!
Vorab:
Sorry für vielleicht etwas wirre und langatmige Ausführungen und vielen Dank an jeder/n, die/der sich die Zeit nimmt, um meinen Text zu lesen und möglicherweise gutgemeinte und hilfreiche Ratschläge für mich hat.
Da mir meine Situation bereits seit längerer Zeit sehr zu schaffen macht, wende ich mich heute erstmalig an an euch und überhaupt an jemanden, in der Hoffnung inspirierende, motivierende, unterstützende, verständnisvolle, teilhabende oder sonstige Worte zu lesen. Vielleicht geht es jemanden ja sogar ähnlich wie mir? Und vielleicht hilft der- oder demjenigen ja auch ein Austausch oder sonstiges auf diesem Weg.
Zum Status Quo:
Ich habe nach einem (rückblickend betrachtet) übereilten Abbruch einer Ausbildung zum Kaufmann und einem entsprechenden Studienwechsel zu Jura, den ich mittlerweile sehr bereue, weit überdurchschnittlich lange studiert, das 1. Examen 2x geschrieben und befinde mich zurzeit in der Anwaltsstation in einer Großkanzlei kurz vor meiner Tauchphase. Die Tauchphase wird 5 Monate dauern.
Obwohl es während meines Studiums auch (wenige) Phasen gab, in denen ich mich allgemein für das Studium und sonstige Aktivitäten, die meinen CV aufgehübscht haben, begeistern konnte (diverse Tätigkeiten an Lehrstühlen, Praktika, Teilnahme am Jessup-Moot-Court, Zusatzqualis, etc.), ging es mir unfassbar schlecht in der Examensvorbereitung. Ich hatte große Probleme damit, mich zum Lernen zu bringen und irgendwo einen gewissen Spaß oder Interesse für die Materie oder einem möglichen Beruf zu gewinnen. Gefühlt liegt mir Jura auch weniger als anderen. Ich war sehr faul und habe ohne Ende prokrastiniert.
Letztendlich bin ich im ersten Anlauf durchgefallen, konnte im Zweitversuch aber mit einem soliden Befriedigend und einem guten Schwerpunkt glücklicherweise insgesamt ein VB erreichen.
Nach der Uni habe ich längere Zeit (ca. 1 Jahr) als WiMi in einer GK arbeitet (und danach ca. 1 Jahr in der Gastro). Aber nicht aus Interesse an der Tätigkeit, der GK oder dem Themengebiet, sondern weil ich irgendeine halbwegs gut bezahlte Tätigkeit brauchte und ohnehin eine relativ lange Wartezeit für's Ref hatte. Ansonsten habe ich mich von Jura, Juristen, Juridicum und sonstigen jurabezogenen Themen völlig distanziert. Ich hatte absolut "keinen Bock" mehr auf irgendetwas mit Jura.
Einen möglichen Einstiegstermin in's Ref in meinem Bundesland habe ich verstreichen lassen, weil ich bereits da planlos, ziellos und motivationslos war, insbesondere was das Ref angeht. Sodann habe ich trotzdem den 2. Einstiegstermin in dem Jahr wahrgenommen.
Allerdings nur (und das ist mitunter eins meiner Hauptprobleme), weil ich sonst keine wirklichen Alternativen hatte oder für mich gesehen habe. Zugegeben habe ich mich aber auch nicht intensiv mit Alternativen beschäftigt. Unter anderem auch wegen großem familiären Druck. Meine Familie erwartet, dass ich das Examen abschließe. Und nach einem Ausbildungsabbruch, einem sehr langen Studium und einem 1x durchgefallenen 1. Examen, kann ich mit ihr nicht so wirklich über meine große Unzufriedenheit mit dem Studium und dem Ref sprechen. Vor allem kann ich einfach nicht mit ihr über meine Abbruch-Wünsche sprechen. Das belastet mich leider auch sehr.
Rückblicked glaube ich wäre eine (handwerkliche) Ausbildung oder zumindest ein duales Studium die passendere Ausbildung für mich gewesen. Aber dafür ist es jetzt definitiv und allemal leider zu spät. Ich glaube auch, dass es besser gewesen wäre, nicht das Ref zu beginnen, sondern zumindest nach der Uni, immerhin mit einem halbwegs vernünftigen Studienabschluss, einen Jura-Cut zu ziehen und sich einen Jurafernen Job suchen. Aber auch dieser Zug ist abgefahren und jetzt stehe ich 6 Monate vor den Klausuren.
Ich bin also quasi aus Mangel an Alternativen total motivationslos und in keinerlei Hinsicht vorbereitet in's Ref gestartet. Der staatliche Teil des 1. Examens lag mehr als 2 Jahre zurück. Hinzu kommt, dass ich den o.g. starken familiären Druck habe.
Das Ref hat mir dann leider auch wirklich keinerlei Freude bereitet. Ich empfand die (überwiegenden Online)-AGs als Qual und hatte zusätzlich in meinen Stationen leider auch Pech mit meinen Ausbildern. Entweder haben sie sich wirklich 0,0 für mich interessiert oder ich hatte keinerlei Freude an den (für mich sehr langweilien) Aufgaben.
In der Z- und StA-Station habe ich am Abend vor dem jeweiligen Abgabetermin meiner Arbeit in einer Nacht und Nebelaktion das erste Mal die Akte gelesen und mehr schlecht als Recht ein Urteil oder eine Anklage geschrieben.
Ich glaube mir fiel und fällt es auch einfach schwerer, weil ich viel älter als meine Ref-Kolleginnen und Kollegen bin. Ich bin einfach keine 25-27 mehr und gefühlt war schon vor dem Ref-Beginn "die Luft raus".
Hinzu kommt, dass ich keinerlei konkreten (Jura-) Job-Wunsch oder Vorstellung habe. Vor allem mit der aktuellen Examensbrille betrachtet, würde ich fast alles lieber machen, was ich mit meiner Ausbildung machen kann, was einigermaßen sicher ist und was mir einen "okayen" Lebensunterhalt sichert.
Hand auf's Herz und 100%-ige Ehrlichkeit:
- Ich habe bisher nahezu 0,0 gelernt.
- Ich habe erneut ohne Ende prokastiniert und mich mich 1000 Dingen beschäftigt. Aber nicht mit dem Ref.
- Ich habe in etwas mehr als 1 Jahr Ref insgesamt keine 5 Seiten in einem Skript, Buch oder sonstigen Unterlagen gelesen.
- Ich habe keine AG-Stunde vor- oder nachbereitet.
- Ich habe noch kein Rep oder Kaiser-Seminar besucht.
- Die bisherigen Pflichtklausuren bin ich teilweise durch Urlaub oder Krankheit umgangen oder ich habe sie teilweise nur mit Freunden zusammen und Hilfsmitteln schreiben können. Die ersten beiden Klausur-Wochen in der F-AG war der absolute Horror. Von 8 Klausuren konnte ich keine auch nur halbwegs ohne Google oder Unterlagen bearbeiten. Im Ergebnis habe ich zwar auch 3 Klausuren (schlecht) bestanden, aber ich weiß ja insgeheim, dass es nur an den Hilfsmitteln lag.
- Ich fühle mich aktuell in meiner F-AG völlig abgehangen. Ich merke, dass ich kaum mitkomme und mir (verständlicherweise) sämtliche Grundlagen fehlen. Alle sind mir gefühlt um Welten Voraus. Verständlicherweise, weil die meisten fleißig waren und die allermeisten auch super Bock auf's Ref und Jura haben. In der AG sein, dem Unterricht folgen und mich mit meinen Kolleginnen und Kollegen auszutauschen (und mitzubekommen, was sie alles gelernt haben, Klausuren geübt haben, etc.) stresst mich total und ich kriege jeden AG-Tag totale Panik.
Quo vadis?:
Das war eine sehr lange Vorrede. Damit wollte ich einen Überblick über meine Gefühlslage geben, um vielleicht ähnlich "Denkenden" zu zeigen, wie es in mir vorgeht und ein Stück weit eine (ich weiß, nicht gute) Erklärung dafür zu geben, warum ich da bin, wo ich gerade bin.
In meinem Gefühls-Chaos, habe ich aktuell vor, das Examen nächstes Jahr anzutreten.
Dafür sprechen aus meiner Sicht ganz wesentlich die folgenden Punkte:
- Ich bin schon so lange dabei und jetzt halt einfach kurz vor'm Examen. Dann hätte ich gar nicht in's Ref gehen dürfen.
- Der erörterte, familiäre Druck.
- Das Bewusstsein und die Kenntnis, dass man mit einem 2. Examen einfach mehr Möglichkeiten (insbesondere im öffentlichen Dienst) hat.
- Ich habe keine aktiven Alternativen, die mich mega interessieren, sondern müsste "einfach irgendetwas suchen".
- Die Sorge, in Zukunft erneut einen Abbruch zu bereuen.
Gerne möchte ich mit nun mit ein paar Fragen an euch wenden. Vielleicht könnt ihr ja helfen oder euch mit mir austauschen.
- Allgemeiner Art:
Hat vielleicht noch jemand mit ähnlichen, vielleicht auch weniger schlimmen, Stimmungs-, Motivations- oder sonstigen Problemen zu kämpfen (gehabt)? Falls ja, wie kamt ihr daraus? Wie habt ihr durchgehalten? Wie seid ihr vorgegangen? Habt ihr allgemeine Tipps oder Hilfe für meine Situation?
- Fachlicher Art:
Mir ist bewusst, wie knapp meine verbliebene Zeit ist.
Mir ist bewusst, was ich hätte alles bereits machen können und müssen.
Dennoch möchte ich euch nach Lerntipps, Zeitplänen, Vorgehensweisen, etc. fragen und freue mich über- und bedanke mich ganz ganz herzlich für jede Hilfe:
- Ich möchte wirklich irgendwie anfangen zu lernen. Ehrlich. Ich stehe jetzt nur vor diesem riesigen Berg. Und hinter diesem Berg kommt ein Ozean und dann noch ein Berg. Und ich habe gar keine Ahnung, wie ich überhaupt anpacken soll, wo ich wie anfangen soll. Wie ich meine Zeit einplanen soll. Was ich machen kann und soll. Ich setze mich an den Tisch und nach 3 Minuten stehe ich wieder auf, weil ich Panik vor der Menge kriege und absolut keinen Weg sehe, wie ich das schaffen soll. Ich bin absolut aussichts- und planlos.
Wie kann man dieses Problem bewältigen? Wie seid ihr vorgegangen?
- Im Zweitversuch des 1. Examens habe ich mir viel Zeit genommen und Lehrbücher und Skripte auf kleinen Karteikarten zusammengefasst, im Stil der Hemmer Shorties. Kurze/Knappe Fragen und auf der Rückseite kurze Antworten. Am Ende hatte ich über 15.000 Karten, die ich nach einem Gewissen Schema auch wiederholt habe. Das fand ich damals super und hat auch ganz gut geklappt. Dafür fehlt mir jetzt natürlich die Zeit. Wenn ich mir die schiere Menge allein an bspw. Kaiser-Skripten angucke, erschlägt mich auch das leider wieder.
Könnt ihr mir konkrete Lernmaterialien empfehlen? Gibt es ähnliche Karteikarten, abgestimmt auf's 2. Examen, die ihr hilfreich und gut fandet?
- Am meisten Probleme habe ich aktuell mit der Panik und dem Stress, den ich aufgrund mangelnder Vorbereitung und der wenigen Zeit erfahre. Dabei fehlt mir insbesondere ein schematisches Vorgehen, denn ich habe keine Strategie und niemanden, mit dem ich mich austauschen könnte. Ich bin unstrukturiert und komme nicht mal rein in's Lernen (soweit ich es in den letzten Tagen versucht habe). Ich habe bereits die Suchfunktion des Forums bedient und ähnliche Beiträge hinsichtlich der Stratie in der Tauchphase gesucht bzw. gelesen. Klar jeder lernt anders und Lernen ist individuell.
Dennoch möchte ich deswegen gerne nochmal etwas spezifischer für mich fragen, ob vielleicht jemand ähnlich unvorbereitet in eine vergleichbare Tauchphase ging/geht und einen Go-To-Lernplan hat? Ich habe mir extra einen Account eingerichtet, damit man mich auch via PN kontaktieren kann. Sehr gerne würde ich mich natürlich auch erkenntlich zeigen und nicht einfach so von der Mühe anderer profitieren.
- Gibt es sonst vielleicht Meinungen, motivierende Geschichten, allgemeine Tipps und Tricks oder aufmunternde Worte, die jemand bereit wäre, zu teilen?
Wer bis hierher gelesen hat:
Nochmal ganz vielen lieben Dank für die Mühe und die Zeit und auch das Verständnis.
Und vorab ganz vielen Dank, für jede/n, die/der sich die Mühe macht und etwas beitragen möchte. Ich weiß jeden Beitrag und wirklich jede Hilfe wirklich sehr zu schätzen.
Viele Grüße und schonmal an alle eine schöne und besinnliche (Vor)Weihnachtszeit.
06.12.2022, 00:53
Zunächst einmal: ich war und bin nicht in derselben Situation. Zwar habe ich damals das Studienfach gewechselt, aber ich habe in den Examensphasen dadurch sehr genau gewusst, warum ich mich quäle. Aber dass der Wechsel familiären Druck erzeugt, kann ich gut verstehen. Dir zu raten, es auszublenden, ist leichter gesagt als getan. Aber versuch, es als Dein eigenes Projekt zu sehen und Dich um Deiner selbst willen auf den letzten Metern zu motivieren. Du scheinst ja prinzipiell immerhin nicht daran zu zweifeln, dass Du es jetzt durchziehen willst.
Was das Fachliche angeht: ich glaube durchaus, dass man den Lernplan stauchen und aufs Essenzielle kondensieren kann. Bei mir waren die Stationen vorher immer rechts arbeitsintensiv und die Tauchphase nicht besonders lang (knapp 3,5 Monate). Wenn man sich das organisiert, schafft man es. Ich würde - aber das ist meine persönliche Meinung - Folgendes tun:
1. Such Dir die Klassiker unter den Kaiser-Seminaren raus, absolviere die an den Wochenenden und arbeite dann mit den Skripten und der selbst geschriebenen Zusammenfassung nach und wiederhole aktuelle Rechtsprechung zumindest mit den kurzen Exzerpten, die vor dem Seminar bereits per Mail verschickt werden. Erbrecht o.Ä. habe ich beispielsweise über Hemmer gehört, Nachteil: die Kurse laufen nicht ganz so regelmäßig wie die Kaiser-Seminare. Gut sind auch die Hemmer-Rechtsprechungsübersichten (BestofBGH), aber das bekommt man eben nur in den Kursen.
2. Manche Skripte lassen sich besser durch andere Werke ersetzen, z.B. StA würde ich lieber mit dem weniger bekannten Werk von Dinter/Jakob lernen, für Revisionsrecht ist das Standardwerk von Marc Russack sehr zu empfehlen. Andere Fächer lernt man gut mit den Kaiser-Skripten. Manche davon erfordern zwar durch den hohen Konzentrationsgrad einiges an Hirnschmalz, sind aber in der Kürze unschlagbar, etwa Zwangsvollstreckungsrecht (lohnt sich). Die grau hinterlegten Übersichten am Ende der Kapitel helfen ungemein beim Wiederholen oder fürs kurze Nachschlagen. Vernachlässige das materielle Recht nicht!
3. Jede Woche 1-2 Klausuren sind Pflicht. Ich kam immer mit recht wenig Übungsklausuren aus, das war schon im 1. Examen so, ist aber eventuell etwas speziell. Wenn Du bislang nicht viel Übung hast, schreib 2 Klausuren wöchentlich scharf und trainiere vor allem mit den Kommentaren. Im Zweifel retten die im Examen über so manche Klippe hinweg, wenn man nur weiß, wie man sie sinnvoll benutzt und wo etwas steht. Schreibe die Klausuren erst nach einer Lerneinheit - das Hirn mag dann schon ansatzweise streiken, aber nach einer Klausur lernt man nicht mehr gut. Wenn Du Kaiser-Klausuren schreibst, kannst Du durch die Wahl einer Klausur im soeben gelernten Rechtsgebiet auch Synergieeffekte fruchtbar machen.
4. Falls Du in Deinem Bundesland die Möglichkeit hast, einen "Hemmer final"-Kurs zu besuchen, und es zeitlich passt - machen! Ich habe selten eine pädagogisch so gute Mischung aus materiellem und Prozessrecht sowie grundlegender Klausurtaktik erlebt.
Ich persönlich habe überhaupt nicht mehr mit Karteikarten aus dem 1. Examen gelernt, ist aber Geschmackssache. 15.000 Karten sind aber zeitlich wohl kaum machbar. Ebenso im Schrank lassen würde ich die AG-Unterlagen, wenn Du nicht das Glück hattest, in einer der didaktisch besser organisierten AGs gewesen zu sein, das war bei mir beispielsweise nicht der Fall.
Zu guter Letzt: Alles Gute und nur Mut! Und natürlich ebenfalls eine schöne Advents- und Weihnachtszeit!
Was das Fachliche angeht: ich glaube durchaus, dass man den Lernplan stauchen und aufs Essenzielle kondensieren kann. Bei mir waren die Stationen vorher immer rechts arbeitsintensiv und die Tauchphase nicht besonders lang (knapp 3,5 Monate). Wenn man sich das organisiert, schafft man es. Ich würde - aber das ist meine persönliche Meinung - Folgendes tun:
1. Such Dir die Klassiker unter den Kaiser-Seminaren raus, absolviere die an den Wochenenden und arbeite dann mit den Skripten und der selbst geschriebenen Zusammenfassung nach und wiederhole aktuelle Rechtsprechung zumindest mit den kurzen Exzerpten, die vor dem Seminar bereits per Mail verschickt werden. Erbrecht o.Ä. habe ich beispielsweise über Hemmer gehört, Nachteil: die Kurse laufen nicht ganz so regelmäßig wie die Kaiser-Seminare. Gut sind auch die Hemmer-Rechtsprechungsübersichten (BestofBGH), aber das bekommt man eben nur in den Kursen.
2. Manche Skripte lassen sich besser durch andere Werke ersetzen, z.B. StA würde ich lieber mit dem weniger bekannten Werk von Dinter/Jakob lernen, für Revisionsrecht ist das Standardwerk von Marc Russack sehr zu empfehlen. Andere Fächer lernt man gut mit den Kaiser-Skripten. Manche davon erfordern zwar durch den hohen Konzentrationsgrad einiges an Hirnschmalz, sind aber in der Kürze unschlagbar, etwa Zwangsvollstreckungsrecht (lohnt sich). Die grau hinterlegten Übersichten am Ende der Kapitel helfen ungemein beim Wiederholen oder fürs kurze Nachschlagen. Vernachlässige das materielle Recht nicht!
3. Jede Woche 1-2 Klausuren sind Pflicht. Ich kam immer mit recht wenig Übungsklausuren aus, das war schon im 1. Examen so, ist aber eventuell etwas speziell. Wenn Du bislang nicht viel Übung hast, schreib 2 Klausuren wöchentlich scharf und trainiere vor allem mit den Kommentaren. Im Zweifel retten die im Examen über so manche Klippe hinweg, wenn man nur weiß, wie man sie sinnvoll benutzt und wo etwas steht. Schreibe die Klausuren erst nach einer Lerneinheit - das Hirn mag dann schon ansatzweise streiken, aber nach einer Klausur lernt man nicht mehr gut. Wenn Du Kaiser-Klausuren schreibst, kannst Du durch die Wahl einer Klausur im soeben gelernten Rechtsgebiet auch Synergieeffekte fruchtbar machen.
4. Falls Du in Deinem Bundesland die Möglichkeit hast, einen "Hemmer final"-Kurs zu besuchen, und es zeitlich passt - machen! Ich habe selten eine pädagogisch so gute Mischung aus materiellem und Prozessrecht sowie grundlegender Klausurtaktik erlebt.
Ich persönlich habe überhaupt nicht mehr mit Karteikarten aus dem 1. Examen gelernt, ist aber Geschmackssache. 15.000 Karten sind aber zeitlich wohl kaum machbar. Ebenso im Schrank lassen würde ich die AG-Unterlagen, wenn Du nicht das Glück hattest, in einer der didaktisch besser organisierten AGs gewesen zu sein, das war bei mir beispielsweise nicht der Fall.
Zu guter Letzt: Alles Gute und nur Mut! Und natürlich ebenfalls eine schöne Advents- und Weihnachtszeit!
06.12.2022, 07:12
Hey,
ich habe mir extra zum antworten einen Account angelegt, obwohl dieses Forum hier wohl mitunter das schlimmste ist, was die Juristenwelt hervorgebracht hat...
Zunächst mal: ich spüre deine Situation und Abneigung mit jeder Pore. Das Jurastudium hat mir wenig Spaß gemacht und ich habe mich durch das Examen gequält. Zum Glück habe ich dann einen Schwerpunkt gemacht, der nicht klassisch juristisch war, und in dem ich echt aufgeblüht bin. Das hat mir ein wenig Hoffnung gemacht. Im gleichen Bereich habe ich dann sogar einen LLM angeschlossen.
Und dann kam das Ref...
Ich habe jede Minute daran gehasst, lag wie depressiv nur auf der Couch und habe nichts dafür getan. Man kann es an einer Hand abzählen, wie oft ich in zwei Jahren mal irgendetwas für eine AG vor- oder nachbereitet habe. Mindestens ein Viertel der AG-Stunden habe ich geschwänzt, was bei Online-AG anscheinend auch nicht aufgefallen ist. Bei dem Gedanken dort zuzuhören, mitzumachen, mich mit Mitreferendar:innen zu unterhalten hätte ich im Strahl kotzen können.
Ich habe auch vor dem Examen bis auf verpflichtende AG-Klausuren keine einzige Übungsklausur geschrieben und hatte keine Lerngruppe. Bei AG-Klausuren habe ich teilweise Urlaub genommen oder manchmal einfach unentschuldigt nicht mitgeschrieben. Keine Ahnung wie ich damit durchgekommen bin... Bei denen, die ich geschrieben habe, habe ich eigentlich trotz Internet und Kaiserskript schlecht abgeschnitten, was den Frust natürlich verstärkt hat.
Einen guten Tipp kann ich dir leider nicht geben, meine Examensvorbereitung war grottig. Ich habe mir irgendwann den Drei-Monats-Plan zur Vorbereitung von endlich jura ausgedruckt und über den Schreibtisch gehangen. Und hab's nicht hinbekommen, das durchzuziehen. Ich konnte ums Verrecken nicht lernen und weiß nicht wieso. Habe es mit Sport probiert, Meditation, Ritalin... Mein Lernen bestand dann im Endeffekt aus Kaiserseminaren, welche ich mir in den sieben Wochen vor dem Examen jedes Wochenende reingezogen habe (vorher habe ich nie welche gehört). Die Mitschriften habe ich mir dann in der verbliebenen Zeit reingeprügelt.
Kleines Beispiel zur Vorbereitung auf meine Klausur im Zwangsvollstreckungsrecht. Diese wurde Montag geschrieben, ich hatte aber keinen blassen Schimmer worum es im ZVR überhaupt geht, geschweige denn von Klagearten oder Klausurlösungen. Habe an der AG nicht teilgenommen, nicht gelernt und Klausuren nicht geschrieben. Habe mir dann unter massivem Druck Samstag und Sonntag das Kaiserskript dazu ins Kurzzeitgedächtnis reingeballert und dann ohne vorher eine Klausur geschrieben zu haben den Montag gut überlebt.
Das soll auf keinen Fall zum Nachmachen anregen, aber macht dir vielleicht etwas Mut. Es ist noch nichts verloren!
Zu meinen Noten kann ich noch nichts sagen, ich warte noch drauf. Ich bin allerdings mit einem erstaunlich guten Gefühl aus den Prüfungen gegangen, vielleicht täusche ich mich aber auch massiv. Ich hatte jedoch EXTREMES Glück mit dem Stoff der abgefragt wurde. Außerdem haben mir die Kommentare sehr geholfen. Ich habe in jeder Klausur seitenweise daraus abgeschrieben. Gerne gebe ich dazu noch Rückmeldung, wenn sie da sind.
Auch Rückfragen beantworte ich gerne, großartige Tipps kann ich allerdings nicht liefern. Ich bin mit der Strategie gut gefahren, auf alles zu scheißen was von AG-Leitern kam und einfach stumpf den Kaiser-Stiefel runterzubeten...
Für die Wahlstation habe ich mich jetzt ins außereuropäische Ausland verpisst, einfach um möglichst viel Abstand zu gewinnen und der Welt zu entfliehen. Hier denke ich wenig an Jura sondern feiere viel mein Leben, das ist auch mal schön ;)
Viele Grüße
ich habe mir extra zum antworten einen Account angelegt, obwohl dieses Forum hier wohl mitunter das schlimmste ist, was die Juristenwelt hervorgebracht hat...
Zunächst mal: ich spüre deine Situation und Abneigung mit jeder Pore. Das Jurastudium hat mir wenig Spaß gemacht und ich habe mich durch das Examen gequält. Zum Glück habe ich dann einen Schwerpunkt gemacht, der nicht klassisch juristisch war, und in dem ich echt aufgeblüht bin. Das hat mir ein wenig Hoffnung gemacht. Im gleichen Bereich habe ich dann sogar einen LLM angeschlossen.
Und dann kam das Ref...
Ich habe jede Minute daran gehasst, lag wie depressiv nur auf der Couch und habe nichts dafür getan. Man kann es an einer Hand abzählen, wie oft ich in zwei Jahren mal irgendetwas für eine AG vor- oder nachbereitet habe. Mindestens ein Viertel der AG-Stunden habe ich geschwänzt, was bei Online-AG anscheinend auch nicht aufgefallen ist. Bei dem Gedanken dort zuzuhören, mitzumachen, mich mit Mitreferendar:innen zu unterhalten hätte ich im Strahl kotzen können.
Ich habe auch vor dem Examen bis auf verpflichtende AG-Klausuren keine einzige Übungsklausur geschrieben und hatte keine Lerngruppe. Bei AG-Klausuren habe ich teilweise Urlaub genommen oder manchmal einfach unentschuldigt nicht mitgeschrieben. Keine Ahnung wie ich damit durchgekommen bin... Bei denen, die ich geschrieben habe, habe ich eigentlich trotz Internet und Kaiserskript schlecht abgeschnitten, was den Frust natürlich verstärkt hat.
Einen guten Tipp kann ich dir leider nicht geben, meine Examensvorbereitung war grottig. Ich habe mir irgendwann den Drei-Monats-Plan zur Vorbereitung von endlich jura ausgedruckt und über den Schreibtisch gehangen. Und hab's nicht hinbekommen, das durchzuziehen. Ich konnte ums Verrecken nicht lernen und weiß nicht wieso. Habe es mit Sport probiert, Meditation, Ritalin... Mein Lernen bestand dann im Endeffekt aus Kaiserseminaren, welche ich mir in den sieben Wochen vor dem Examen jedes Wochenende reingezogen habe (vorher habe ich nie welche gehört). Die Mitschriften habe ich mir dann in der verbliebenen Zeit reingeprügelt.
Kleines Beispiel zur Vorbereitung auf meine Klausur im Zwangsvollstreckungsrecht. Diese wurde Montag geschrieben, ich hatte aber keinen blassen Schimmer worum es im ZVR überhaupt geht, geschweige denn von Klagearten oder Klausurlösungen. Habe an der AG nicht teilgenommen, nicht gelernt und Klausuren nicht geschrieben. Habe mir dann unter massivem Druck Samstag und Sonntag das Kaiserskript dazu ins Kurzzeitgedächtnis reingeballert und dann ohne vorher eine Klausur geschrieben zu haben den Montag gut überlebt.
Das soll auf keinen Fall zum Nachmachen anregen, aber macht dir vielleicht etwas Mut. Es ist noch nichts verloren!
Zu meinen Noten kann ich noch nichts sagen, ich warte noch drauf. Ich bin allerdings mit einem erstaunlich guten Gefühl aus den Prüfungen gegangen, vielleicht täusche ich mich aber auch massiv. Ich hatte jedoch EXTREMES Glück mit dem Stoff der abgefragt wurde. Außerdem haben mir die Kommentare sehr geholfen. Ich habe in jeder Klausur seitenweise daraus abgeschrieben. Gerne gebe ich dazu noch Rückmeldung, wenn sie da sind.
Auch Rückfragen beantworte ich gerne, großartige Tipps kann ich allerdings nicht liefern. Ich bin mit der Strategie gut gefahren, auf alles zu scheißen was von AG-Leitern kam und einfach stumpf den Kaiser-Stiefel runterzubeten...
Für die Wahlstation habe ich mich jetzt ins außereuropäische Ausland verpisst, einfach um möglichst viel Abstand zu gewinnen und der Welt zu entfliehen. Hier denke ich wenig an Jura sondern feiere viel mein Leben, das ist auch mal schön ;)
Viele Grüße
07.12.2022, 21:25
Wie du siehst, hier im Forum gibt es nicht nur GK-Überjuristen.
Ich war damals topmotiviert ins Studium gestartet. Studium und Referendariat haben mir den Spaß am Fach komplett genommen, die graue Wolke „Examen“ im Hintergrund hat mir die Freude komplett verbaut.
Ich bin jetzt schon länger fertig, arbeite in einem völlig anderen Job als ich anfangs erwartet hatte und habe wieder richtig Spaß an Jura.
Ich habe bis zum Examen keine einzige Klausur ohne Hilfsmittel geschrieben. Absolut nicht empfehlenswert, aber soll dir verdeutlichen dass du damit nicht so exotisch bist wie du befürchtest.
5 Monate gehen schnell rum, sind aber nicht wenig Zeit: Konzentrier dich auf die Basics und übe mit Klausuren. Da kommen immer die gleichen Probleme dran. Wenn du dich absolut nicht zum Schreiben motivieren kannst, dann stell dir die Uhr auf 1,5 Stunden und mach nur die Lösungsskizze. Und das wirklich ohne Google. Im Anschluss dann die lösungsskizze durcharbeiten.
In der Kombination reißt man kein vb, aber wenn die Basics sitzen und man die Probleme erkennt, zudem einigermaßen formulieren kann, fällt man idR nicht mehr durch.
Ich war damals topmotiviert ins Studium gestartet. Studium und Referendariat haben mir den Spaß am Fach komplett genommen, die graue Wolke „Examen“ im Hintergrund hat mir die Freude komplett verbaut.
Ich bin jetzt schon länger fertig, arbeite in einem völlig anderen Job als ich anfangs erwartet hatte und habe wieder richtig Spaß an Jura.
Ich habe bis zum Examen keine einzige Klausur ohne Hilfsmittel geschrieben. Absolut nicht empfehlenswert, aber soll dir verdeutlichen dass du damit nicht so exotisch bist wie du befürchtest.
5 Monate gehen schnell rum, sind aber nicht wenig Zeit: Konzentrier dich auf die Basics und übe mit Klausuren. Da kommen immer die gleichen Probleme dran. Wenn du dich absolut nicht zum Schreiben motivieren kannst, dann stell dir die Uhr auf 1,5 Stunden und mach nur die Lösungsskizze. Und das wirklich ohne Google. Im Anschluss dann die lösungsskizze durcharbeiten.
In der Kombination reißt man kein vb, aber wenn die Basics sitzen und man die Probleme erkennt, zudem einigermaßen formulieren kann, fällt man idR nicht mehr durch.
17.12.2022, 20:20
Der Text könnte zu 90 % von mir sein.
Mich beruhigen momentan vor allem folgende Dinge:
Ich weiß, dass ich - wenn die Jura-Begeisterung wirklich nicht mehr zurückkommen sollte - auch kein gutes 2. Stx. brauche. Es wird irgendwie weitergehen. Nach meiner ersten langen Jura-Unterbrechung war ich sowas von im Flow, jeden Tag - nur weil man sich keine Alternativen vorstellen kann, heißt das nicht, dass sie nicht existieren. Und nach dem 2. Stx. kann man endlich mental damit abschließen.
Ich kenne - wie Du auch hier an den Antworten siehst - inzwischen immer mehr Leute, denen es ähnlich ging. Alle, und zwar wirklich ausnahmslos alle, sind trotzdem ihren Weg gegangen. Nicht nur Juristen, auch in anderen Bereichen. Die Struktur dieses Studiums spielt einem so manchen geistigen Streich.
Drücke Dir die Daumen und PM: jederzeit!
Mich beruhigen momentan vor allem folgende Dinge:
Ich weiß, dass ich - wenn die Jura-Begeisterung wirklich nicht mehr zurückkommen sollte - auch kein gutes 2. Stx. brauche. Es wird irgendwie weitergehen. Nach meiner ersten langen Jura-Unterbrechung war ich sowas von im Flow, jeden Tag - nur weil man sich keine Alternativen vorstellen kann, heißt das nicht, dass sie nicht existieren. Und nach dem 2. Stx. kann man endlich mental damit abschließen.
Ich kenne - wie Du auch hier an den Antworten siehst - inzwischen immer mehr Leute, denen es ähnlich ging. Alle, und zwar wirklich ausnahmslos alle, sind trotzdem ihren Weg gegangen. Nicht nur Juristen, auch in anderen Bereichen. Die Struktur dieses Studiums spielt einem so manchen geistigen Streich.
Drücke Dir die Daumen und PM: jederzeit!