26.07.2022, 20:25
Moin moin,
tue mich mit übergreifenden Rechtsgebieten immer schwer. Bekanntlich muss man im Zivilprozess die Wahrheit sagen, sonst ist man dran wegen (Prozess)betrug. Ebenso darf man im Strafrecht als Beschuldigter bekanntlich lügen und leugnen dass sich die Balken biegen (so lange dadurch niemand anderes belastet bzw der Gefahr der Strafverfolgung ausgesetzt wird).
Welches Prinzip ist nun aber stärker?
Fall zur Illustration:
tue mich mit übergreifenden Rechtsgebieten immer schwer. Bekanntlich muss man im Zivilprozess die Wahrheit sagen, sonst ist man dran wegen (Prozess)betrug. Ebenso darf man im Strafrecht als Beschuldigter bekanntlich lügen und leugnen dass sich die Balken biegen (so lange dadurch niemand anderes belastet bzw der Gefahr der Strafverfolgung ausgesetzt wird).
Welches Prinzip ist nun aber stärker?
Fall zur Illustration:
A klaut im Laden von B eine Halskette (Wert: 51.000 Euro). B findet das raus und verklagt A auf Herausgabe. Darf A im Zivilprozess - um sich strafrechtlich nicht zu belasten - nun leugnen die Kette genommen zu haben? Oder begeht er mit dieser Äußerung einen Betrug (ggf sogar im besonders schweren Fall, da Wert über 50k)? Bleibt dann nur ein Auskunftsverweigerungsrecht, welches der Zivilrichter dann aber entsprechend werten kann?
26.07.2022, 20:43
A ist kein Zeuge. A kann auch einfach nichts dazu sagen. Aktives Bestreiten wäre eine Lüge und damit Prozessbetrug.
26.07.2022, 20:54
Ergänzung: das Zivilurteil bindet das Strafgericht eh nicht. A kann im Strafverfahren also immer noch lügen oder schweigen oder erstmalig gestehen usw. Umgekehrt sagen die Beklagten typischerweise, im Strafprozess hätten sie nur zur Vermeidung der U-Haft gestanden und bestreiten jetzt vor dem Zivilgericht - ebenfalls keine Bindung, aber ggf. ein neues Ermittlungsverfahren...
26.07.2022, 21:01
(26.07.2022, 20:43)guga schrieb: A ist kein Zeuge. A kann auch einfach nichts dazu sagen. Aktives Bestreiten wäre eine Lüge und damit Prozessbetrug.
Schon klar, aber bei einem schlüssigen Klagevorbringen wird A sich schon irgendwie einlassen müssen. Die Klageschrift wird schließlich mit Aufforderung zur Stellungnahme übersandt und alles was nicht ausdrücklich bestritten wird gilt mWn als zugestanden?
26.07.2022, 21:07
(26.07.2022, 21:01)Gast schrieb:(26.07.2022, 20:43)guga schrieb: A ist kein Zeuge. A kann auch einfach nichts dazu sagen. Aktives Bestreiten wäre eine Lüge und damit Prozessbetrug.
Schon klar, aber bei einem schlüssigen Klagevorbringen wird A sich schon irgendwie einlassen müssen. Die Klageschrift wird schließlich mit Aufforderung zur Stellungnahme übersandt und alles was nicht ausdrücklich bestritten wird gilt mWn als zugestanden?
Ja.
Aber Zivilprozess besteht ja noch aus ein bisschen mehr ;-)
A kann natürlich keine eigene Geschichte erlügen aber er kann die Beweislage bestreiten. Also sagt er, B hat gar nicht nachgewiesen, dass er die Kette genommen hat. Das Überwachungsvideo unscharf usw.
A muss sich gar nicht dazu einlassen, was er gemacht hat. Das ist so ein Strafrechts-Ding.
26.07.2022, 21:58
(26.07.2022, 21:07)Gast schrieb:(26.07.2022, 21:01)Gast schrieb:(26.07.2022, 20:43)guga schrieb: A ist kein Zeuge. A kann auch einfach nichts dazu sagen. Aktives Bestreiten wäre eine Lüge und damit Prozessbetrug.
Schon klar, aber bei einem schlüssigen Klagevorbringen wird A sich schon irgendwie einlassen müssen. Die Klageschrift wird schließlich mit Aufforderung zur Stellungnahme übersandt und alles was nicht ausdrücklich bestritten wird gilt mWn als zugestanden?
Ja.
Aber Zivilprozess besteht ja noch aus ein bisschen mehr ;-)
A kann natürlich keine eigene Geschichte erlügen aber er kann die Beweislage bestreiten. Also sagt er, B hat gar nicht nachgewiesen, dass er die Kette genommen hat. Das Überwachungsvideo unscharf usw.
A muss sich gar nicht dazu einlassen, was er gemacht hat. Das ist so ein Strafrechts-Ding.
Aber auf die Beweislage kommt es doch überhaupt nicht an, wenn die in Rede stehenden Tatsachen (zum Diebstahl an der Halskette) mangels Erklärung des A hierzu unstreitig sind (§ 138 II, III ZPO). Natürlich muss A sich nicht zu dem Diebstahl einlassen (das gilt übrigens auch und gerade für den Strafprozess). Dann gilt der Vortrag des B (im Zivilprozess) aber eben als zugestanden und A wird bei auch ansonsten schlüssiger Klage antragsgemäß verurteilt.
Etwas zu kurz gegriffen (bzw. jedenfalls missverständlich formuliert) ist m.E. auch der Hinweis auf die fehlende Bindung des Strafgerichts an ein etwaiges Zivilurteil. Das ist zwar in der Sache richtig. Wenn A allerdings im Zivilprozess nicht nur nicht bestreitet, sondern sogar den Diebstahl gesteht, kann zumindest eine Zeugenaussage des erkennenden Zivilrichters auch in den Strafprozess eingeführt werden. In diesem Fall stelle ich es mir äußerst schwierig vor, nachvollziehbar zu erklären, warum das (zum eigenen Nachteil!) im Zivilprozess abgegebene Geständnis unwahr gewesen sein soll.
27.07.2022, 07:47
Beweislage bestreiten?
27.07.2022, 08:52
27.07.2022, 09:16
(27.07.2022, 08:52)Gast schrieb:(27.07.2022, 07:47)HerrKules schrieb: Beweislage bestreiten?
Dachte ich auch. Klasse.
Etwas unsauber ausgedrückt aber es geht darum, dass man sich damit verteidigt, dass der Kläger nicht ausreichend substantiiert hat. Damit kommt man dann um ein aktives Bestreiten der vorgetragenen Tatsachen oftmals ganz gut rum.
Ansonsten ist das auch ein alter Trick als Kläger, einfach mal ganz pauschal behaupten und vortragen, wenn man selbst kaum Beweise hat und dann darauf hoffen, dass der Beklagte sich so detailliert einlässt, dass er einem die eigene Klage begründet.
27.07.2022, 09:30
Auch nicht substantiierter Vortrag gilt als zugestanden wenn er überhaupt nicht (!) bestritten wird. Nur das Bestreiten erhöht deine Substantiierungslast. In der Praxis mag man trotzdem manchmal damit durchkommen, den Vortrag der anderen Seite als "nicht einlassungsfähig" darzustellen.
Ins Blaue hinein, d.h. bei fehlendem Wissen Spekulationen anstellen ist hingegen oftmals zulässig. Und auch dann muss das Bestreiten der anderen Seite wahrheitsgemäß erfolgen.
Ins Blaue hinein, d.h. bei fehlendem Wissen Spekulationen anstellen ist hingegen oftmals zulässig. Und auch dann muss das Bestreiten der anderen Seite wahrheitsgemäß erfolgen.