23.01.2022, 19:40
Ich habe in der mündlichen Verhanldung zu Protokoll nach einem gerichtlichen Hinweis um "Schriftsatznachlass gebeten". So wurde es auch protokolliert. Nun habe ich das Protokoll erhalten und mir wurde kein Schriftsatznachlass gewährt, sondern es wurde ein Verkündungstermin bestimmt.
Warum wurde mir keine Frist eingeräumt?
- ist meine "Bitte" kein "Antrag". Bin ich zu nett, weil ich höflich gebetn und nicht "beantragt" habe?
- hätte ich in der mündlichen Verhandlung schon darauf bestehen sollen, dass mir eine Frist eingeräumt wird oder erfolgt das üblicherweise nach der mündlichen Verhandlung durch gesonderte Verfügung?
- wie habt ihr euch das Prozessrecht nach dem Ref angeeignet? Ich habe das Gefühl, dass ich erstmal noch gut ein Jahr mich mit der ZPO und den Feinheiten des Prozessierens beschäftigen könnte ...
Warum wurde mir keine Frist eingeräumt?
- ist meine "Bitte" kein "Antrag". Bin ich zu nett, weil ich höflich gebetn und nicht "beantragt" habe?
- hätte ich in der mündlichen Verhandlung schon darauf bestehen sollen, dass mir eine Frist eingeräumt wird oder erfolgt das üblicherweise nach der mündlichen Verhandlung durch gesonderte Verfügung?
- wie habt ihr euch das Prozessrecht nach dem Ref angeeignet? Ich habe das Gefühl, dass ich erstmal noch gut ein Jahr mich mit der ZPO und den Feinheiten des Prozessierens beschäftigen könnte ...
23.01.2022, 21:31
Ohne zu wissen, weswegen du einen Schriftsatznachlass beantragt hast, wird die Frage kaum zu beantworten sein. Was war der Inhalt des gerichtlichen Hinweises?
23.01.2022, 22:35
(23.01.2022, 19:40)Berufsanfänger schrieb: Ich habe in der mündlichen Verhanldung zu Protokoll nach einem gerichtlichen Hinweis um "Schriftsatznachlass gebeten". So wurde es auch protokolliert. Nun habe ich das Protokoll erhalten und mir wurde kein Schriftsatznachlass gewährt, sondern es wurde ein Verkündungstermin bestimmt.
Warum wurde mir keine Frist eingeräumt?
- ist meine "Bitte" kein "Antrag". Bin ich zu nett, weil ich höflich gebetn und nicht "beantragt" habe?
- hätte ich in der mündlichen Verhandlung schon darauf bestehen sollen, dass mir eine Frist eingeräumt wird oder erfolgt das üblicherweise nach der mündlichen Verhandlung durch gesonderte Verfügung?
- wie habt ihr euch das Prozessrecht nach dem Ref angeeignet? Ich habe das Gefühl, dass ich erstmal noch gut ein Jahr mich mit der ZPO und den Feinheiten des Prozessierens beschäftigen könnte ...
Die "Bitte" um Schriftsatznachlass ist selbstverständlich als entsprechender Antrag auszulegen. Verkündungstermin und Schriftsatznachlassfrist werden durch (konkludenten) Beschluss in der Verhandlung bestimmt. Wenn das Gericht einen VT ansetzt und auf deinen Antrag auf Schriftsatznachlass nicht eingeht, dürfte das als konkludente Ablehnung zu werten sein.
Ich würde den Schriftsatz einfach einreichen unter Hinweis darauf, dass eine Zurückweisung oder Nichtbeachtung deines Vortrags eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstellen würde. Wenn das Gericht trotzdem ein nachteiliges Urteil verkündet, bleibt nur das Rechtsmittel.
23.01.2022, 23:27
Über einen Schriftsatznachlass entscheidet das Gericht i.d.R. am Ende der Sitzung (nach "beschlossen und verkündet"). Dein Fall klingt danach, dass es schlicht vergessen wurde. Da hättest du gleich beim Diktat intervenieren sollen.
Versuchen kann man es. Allerdings ist das Gericht nach § 296a Satz 1 ZPO dazu verpflichtet, nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgebrachte neue Angriffs- und Verteidigungsmittel (dazu zählen Rechtsausführungen nicht) nicht zu berücksichtigen, wenn es keinen Schriftsatznachlass gewährt hat. Allerdings wäre Vorbringen, das nach § 296a Satz 1 ZPO nicht berücksichtigungsfähig ist, in der Berufungsinstanz nicht präkludiert.
(23.01.2022, 22:35)Gast schrieb: Ich würde den Schriftsatz einfach einreichen unter Hinweis darauf, dass eine Zurückweisung oder Nichtbeachtung deines Vortrags eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstellen würde.
Versuchen kann man es. Allerdings ist das Gericht nach § 296a Satz 1 ZPO dazu verpflichtet, nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgebrachte neue Angriffs- und Verteidigungsmittel (dazu zählen Rechtsausführungen nicht) nicht zu berücksichtigen, wenn es keinen Schriftsatznachlass gewährt hat. Allerdings wäre Vorbringen, das nach § 296a Satz 1 ZPO nicht berücksichtigungsfähig ist, in der Berufungsinstanz nicht präkludiert.
23.01.2022, 23:33
Was mich an Deiner Schilderung irritiert: dass VT bestimmt worden ist, müsstest Du doch schon im Termin gehört haben und nicht erst dem Protokoll entnommen haben?
Ansonsten: natürlich war das ein Antrag, und das Gericht hat ihn auch so verstanden, sonst hätte es ihn nicht ins Protokoll aufgenommen.
Jetzt weißt Du ja nicht, was da verkündet werden wird. Wenn ein Hinweis- oder Beweisbeschluss kommt, ist es eh egal, weil dann ja sowieso nochmal verhandelt werden muss. Wenn aber ein Urteil ergeht, wird darin entweder der Antrag zurückgewiesen werden, oder aber der Kollege hat den Antrag vergessen und übergeht ihn einfach.
So oder so, wie hier schon geschrieben: der Schriftsatz sollte, wenn der Antrag nicht sicher unbegründet war, schnellstmöglich eingereicht werden, entweder für diese oder für nächste Instanz. Vielleicht gelingt Dir ja auch ein Vortrag, nach dem ohnehin wiedereröffnet werden muss? Dann käme es gar nicht mehr darauf an.
Du bist (soweit erkennbar), nicht zu nett, sondern zu unerfahren :) Du solltest am Ende der Sitzung besser zuhören, und ggf. sofort nachfragen, wann der Antrag verbeschieden werden soll - das verhindert, dass er vergessen wird. Und wenn der Kollege etwas von "zu gegebener Zeit im Urteil" sagt, weißt Du auch, woran Du bist.
Ansonsten: natürlich war das ein Antrag, und das Gericht hat ihn auch so verstanden, sonst hätte es ihn nicht ins Protokoll aufgenommen.
Jetzt weißt Du ja nicht, was da verkündet werden wird. Wenn ein Hinweis- oder Beweisbeschluss kommt, ist es eh egal, weil dann ja sowieso nochmal verhandelt werden muss. Wenn aber ein Urteil ergeht, wird darin entweder der Antrag zurückgewiesen werden, oder aber der Kollege hat den Antrag vergessen und übergeht ihn einfach.
So oder so, wie hier schon geschrieben: der Schriftsatz sollte, wenn der Antrag nicht sicher unbegründet war, schnellstmöglich eingereicht werden, entweder für diese oder für nächste Instanz. Vielleicht gelingt Dir ja auch ein Vortrag, nach dem ohnehin wiedereröffnet werden muss? Dann käme es gar nicht mehr darauf an.
Du bist (soweit erkennbar), nicht zu nett, sondern zu unerfahren :) Du solltest am Ende der Sitzung besser zuhören, und ggf. sofort nachfragen, wann der Antrag verbeschieden werden soll - das verhindert, dass er vergessen wird. Und wenn der Kollege etwas von "zu gegebener Zeit im Urteil" sagt, weißt Du auch, woran Du bist.
23.01.2022, 23:36
(23.01.2022, 23:27)Gast schrieb: Über einen Schriftsatznachlass entscheidet das Gericht i.d.R. am Ende der Sitzung (nach "beschlossen und verkündet"). Dein Fall klingt danach, dass es schlicht vergessen wurde. Da hättest du gleich beim Diktat intervenieren sollen.
(23.01.2022, 22:35)Gast schrieb: Ich würde den Schriftsatz einfach einreichen unter Hinweis darauf, dass eine Zurückweisung oder Nichtbeachtung deines Vortrags eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstellen würde.
Versuchen kann man es. Allerdings ist das Gericht nach § 296a Satz 1 ZPO dazu verpflichtet, nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgebrachte neue Angriffs- und Verteidigungsmittel (dazu zählen Rechtsausführungen nicht) nicht zu berücksichtigen, wenn es keinen Schriftsatznachlass gewährt hat. Allerdings wäre Vorbringen, das nach § 296a Satz 1 ZPO nicht berücksichtigungsfähig ist, in der Berufungsinstanz nicht präkludiert.
Wenn der Nachlass zu Unrecht nicht gewährt wurde, liegt ein Fehler vor, der nach 156 ZPO zur Wiedereröffnung führen sollte.
24.01.2022, 10:32
Häh es kommt doch auf die Zeitspanne an. Wann ist der Verkündungstermin? Wenn der in 3 Monaten ist, dann kannst du easy noch einen Schriftsatz schreiben
24.01.2022, 10:36
(24.01.2022, 10:32)guga schrieb: Häh es kommt doch auf die Zeitspanne an. Wann ist der Verkündungstermin? Wenn der in 3 Monaten ist, dann kannst du easy noch einen Schriftsatz schreiben
Den das Gericht direkt in Ablage P legt. Klar, man kann immer schreiben. Wenn das Gericht aber schon keinen Schriftsatznachlass gewährt hat, wird es alles was trotzdem kommt nur kursorisch überfliegen und nicht weiter berücksichtigen. Kann man sich fragen, ob man sich den Aufwand machen will.
24.01.2022, 10:41
Soll das ein Argument dagegen sein? Das Gericht kann jeden Schriftsatz jederzeit nur überfliegen. Man hat als Anwalt halt Pflichten gegenüber dem Mandanten. Da der Gegner den Schriftsatz erhält, wird der auch drauf reagieren. Ob ein Richter seine Arbeit korrekt macht oder nicht, hat man nicht in der Hand.
24.01.2022, 11:17
(24.01.2022, 10:41)guga schrieb: Soll das ein Argument dagegen sein? Das Gericht kann jeden Schriftsatz jederzeit nur überfliegen. Man hat als Anwalt halt Pflichten gegenüber dem Mandanten. Da der Gegner den Schriftsatz erhält, wird der auch drauf reagieren. Ob ein Richter seine Arbeit korrekt macht oder nicht, hat man nicht in der Hand.
Natürlich soll das ein Argument dagegen sein. Man muss sich eben überlegen, wo Arbeit offensichtlich vergebene Liebesmühe ist. Und die Pflicht gegenüber dem Mandanten bedeutet auch nicht, dass man jeden möglichen Stuss macht, nur weil es einem nicht verboten ist. Und ich als Gegner reagiere natürlich nicht (!) auf einen nicht nachgelassenen Schriftsatz. Wenn neue Angriffs-/Verteidigungsmittel kommen, ist es verspätet (Ausnahmen kann es geben). Und Rechtsvortrag wird das Gericht höchstwahrscheinlich in seiner Meinung nicht beeinflussen, außer da hat der Gegner auf einmal DAS BGH Urteil oder sonstigen Stein der Weisen ausgekramt. Also wird sowas elegant ausgesessen, damit da gar nicht zu viel Gewicht diesem Schriftsatz zukommt.
Manchmal ist Schweigen viel wirksamer als nochmal zu Schreiben "Hat die Gegenseite auch weiter mit Argument a), b) und c) unrecht. Wie schon in KE und Duplik auf Seiten X, Y und Z geschrieben, .... ."
Das hatten wir letztens in einer mündlichen Verhandlung. Das Gericht hat zu unseren Gunsten eingeführt, die Gegenseite hat 40 Minuten nur Stuss erzählt und unsere Erwiderung war "Wir haben nichts Neues gegenüber dem schriftsätzlichen Vortrag gehört. Unsere Argumente sind dem Gericht bekannt und wir müssen sie hier nicht wiederholen."