25.11.2021, 11:46
Der starke Fokus auf die Abschlussklausuren hat mich im Referendariat wirklich überrascht.
Bei mir sagt nahezu jeder Ausbilder, ob in der Justiz, in der Verwaltung oder in der Kanzlei: "Was Sie hier in der Praxis lernen, ist am Ende nicht wichtig. Es kommt für Ihr weiteres Fortkommen einzig auf die Noten im Staatsexamen an. Konzentrieren Sie sich also einzig auf die Klausuren, nicht auf die praktische Ausbildung."
Gut daran ist, dass ich wohl realistische Ausbilder habe. Schlecht daran ist, dass der juristische Nachwuchs sich schwerpunktmäßig auf das Klausurenschreiben fokussiert und weniger auf die Aneignung praxisrelevanter Kompetenzen und beruflicher Erfahrungen. Die Nichtjuristen in meinem Bekanntenkreis schildern, dass dort tatsächlich die Ausbildung von Kompetenzen stärker im Vordergrund steht als die Vorbereitung auf die Abschlussprüfung. Dies schildern mir Lehrer, Theologen und Ärzte (jedenfalls nach dem ersten Examen) weitgehend übereinstimmend. Natürlich gibt es auch dort Abschlussprüfungen, aber sie nehmen nicht den gleichen Raum ein und überstrahlen dort wohl nicht die gesamte Ausbildung.
So verschiebt sich aus meiner Sicht der Fokus der Referendare stets bereits nach kurzer Zeit von "Praxisrelevanz" zu "Klausurrelevanz". Dem Prinzip folgend: "Ich vernachlässige all das, was mich für die Klausuren nicht weiter bringt." Die Folge: Der zunächst erstrebte Erfahrungs- und Kompetenzgewinn weicht dem klausurbezogenen Lernen.
Nun stelle ich mir (aus rechtspolitischer und didaktischer Sicht) die Frage, was man strukturell tun kann, um dieses Problem zu lösen oder abzuschwächen und den Fokus der Ausbildung zu verschieben. Was meint ihr dazu?
Bei mir sagt nahezu jeder Ausbilder, ob in der Justiz, in der Verwaltung oder in der Kanzlei: "Was Sie hier in der Praxis lernen, ist am Ende nicht wichtig. Es kommt für Ihr weiteres Fortkommen einzig auf die Noten im Staatsexamen an. Konzentrieren Sie sich also einzig auf die Klausuren, nicht auf die praktische Ausbildung."
Gut daran ist, dass ich wohl realistische Ausbilder habe. Schlecht daran ist, dass der juristische Nachwuchs sich schwerpunktmäßig auf das Klausurenschreiben fokussiert und weniger auf die Aneignung praxisrelevanter Kompetenzen und beruflicher Erfahrungen. Die Nichtjuristen in meinem Bekanntenkreis schildern, dass dort tatsächlich die Ausbildung von Kompetenzen stärker im Vordergrund steht als die Vorbereitung auf die Abschlussprüfung. Dies schildern mir Lehrer, Theologen und Ärzte (jedenfalls nach dem ersten Examen) weitgehend übereinstimmend. Natürlich gibt es auch dort Abschlussprüfungen, aber sie nehmen nicht den gleichen Raum ein und überstrahlen dort wohl nicht die gesamte Ausbildung.
So verschiebt sich aus meiner Sicht der Fokus der Referendare stets bereits nach kurzer Zeit von "Praxisrelevanz" zu "Klausurrelevanz". Dem Prinzip folgend: "Ich vernachlässige all das, was mich für die Klausuren nicht weiter bringt." Die Folge: Der zunächst erstrebte Erfahrungs- und Kompetenzgewinn weicht dem klausurbezogenen Lernen.
Nun stelle ich mir (aus rechtspolitischer und didaktischer Sicht) die Frage, was man strukturell tun kann, um dieses Problem zu lösen oder abzuschwächen und den Fokus der Ausbildung zu verschieben. Was meint ihr dazu?
Ich kann Dir empfehlen, zur Vorbereitung auf das Referendariat das Buch "99 Tipps & Hinweise für ein erfolgreiches Rechtsreferendariat" zu lesen. Das Buch gibt es als Print-Ausgabe und E-Book. Infos hierzu findest Du auf folgender Seite:
https://www.juristenkoffer.de/rechtsreferendariat/99-tipps-hinweise.php
Neben Tipps zur Planung des Referendariats beinhaltet das Buch auch viele hilfreiche Hinweise zur optimalen Examensvorbereitung sowie viele konkrete Tipps für das Schreiben der Klausuren.
https://www.juristenkoffer.de/rechtsreferendariat/99-tipps-hinweise.php
Neben Tipps zur Planung des Referendariats beinhaltet das Buch auch viele hilfreiche Hinweise zur optimalen Examensvorbereitung sowie viele konkrete Tipps für das Schreiben der Klausuren.
25.11.2021, 12:33
Vielleicht wäre es sinnvoll, am Ende der jeweiligen Station schon ein oder zwei Klausuren schreiben zu lassen und sie in die Gesamtnote einfließen zu lassen. Das würde etwas Druck aus der Abschlussprüfung nehmen
25.11.2021, 14:35
Man sollte das alles ändern, es muss nicht jeder zum Staatsanwalt, Familienrichter, Notar und sonstwas ausgebildet werden.
26.11.2021, 14:50
Den Vorschlag finde ich auch sinnvoll. Durch die Praktika hat man ja schon einen kleinen Einblick in die jeweiligen Bereiche erhalten. Da wäre es sinnvoll, eine frühere Fokussierung auf ein Teilgebiet zuzulassen. In einer dreimonatigen Station wird man einfach nicht wirklich nützlicher Teil der jeweiligen Behörde/ Kanzlei und gerade dann, wenn man anfängt, nützlich zu werden und sich wirklich weiterzuentwickeln, zieht man zur nächsten Station weiter.
26.11.2021, 15:03
Mal ein völlig verrücktes Gedankenspiel: warum nicht Nägel mit Köpfen machen, 6-8 Monate Intensivvorbereitung (also AG-only), und danach ab in die Praxis.
Vorteil: man ist von Beginn an zu gebrauchen. Man kann sich wirklich(!) auf die Arbeit fokussieren.
Nachteil: Wäre eine Art Uni 2.0y
Vorteil: man ist von Beginn an zu gebrauchen. Man kann sich wirklich(!) auf die Arbeit fokussieren.
Nachteil: Wäre eine Art Uni 2.0y
26.11.2021, 17:32
(26.11.2021, 14:50)Gast schrieb: Den Vorschlag finde ich auch sinnvoll. Durch die Praktika hat man ja schon einen kleinen Einblick in die jeweiligen Bereiche erhalten. Da wäre es sinnvoll, eine frühere Fokussierung auf ein Teilgebiet zuzulassen. In einer dreimonatigen Station wird man einfach nicht wirklich nützlicher Teil der jeweiligen Behörde/ Kanzlei und gerade dann, wenn man anfängt, nützlich zu werden und sich wirklich weiterzuentwickeln, zieht man zur nächsten Station weiter.
Dafür haben wir hier halt auch noch genügend Assessoren, die immer noch nicht wissen, was sie beruflich machen wollen...
Man könnte das Ref aber in der Tat straffen, indem man einerseits die Stationen verlängert, gleichzeitig aber die Anzahl der Stationen reduziert und den Referendaren eine Wahlmöglichkeit einräumt. Etwa zunächst 6 Monate bei Gericht oder StA und danach 6 Monate bei Anwalt oder Behörde. Dann vier Monate Examensvorbereitung und danach noch eine Wahlstation bis zur Mündlichen.
26.11.2021, 19:58
Die zweite Examensprüfung abschaffen und stattdessen Focus voll auf die Ausbildung nebst ehrlicher Stationsnoten. Aktuell ist es doch so, dass die Stationen hauptsächlich nur als notwendiges Übel verstanden werden und Referendare nachvollziehbarerweise glücklich sind, wenn sie ihr Ausbilder mehr oder weniger verschont. Wenn es hier im Forum und auch in der einschlägigen Literatur für Referendare heißt, dass man nicht Gefahr gehen soll, sich in den Stationen zu verlieren, dann stimmt doch irgendwas nicht; nicht falsch verstehen, in Anbetracht der Examensprüfung ist das leider ein sehr guter Ratschlag.
Klar, Problem wäre dann die Vergleichbarkeit. Es ist wirklich schwierig.
Klar, Problem wäre dann die Vergleichbarkeit. Es ist wirklich schwierig.
01.12.2021, 13:03
Du hast den richtigen Punkt getroffen. Das Referendariat soll eine praktische Ausbildung sein und den Referendar auf das Berufsleben vorbereiten. Die Realität sieht anders aus, indem man am Ende wenig bis kaum praktischer Erfahrung hat und man lediglich ein staatlich geprüfter Klausurenschreiber ist.
Das Referendariat ist veraltet, komplex, viel zu viel an Masse, chaotisch und unstrukturiert. Man wird von Station zu Station von eher unmotivierten AG-Leitern gepeitscht, die selbst nicht wissen, wie man einem Referendar den Stoff beibringt, von Richtern/StA/Behördenleitern, die neben ihr ohnehin schon ausreichenden Job, auch noch Referendare auf das schwerste Examen vorbereiten sollen.
Jeder sagt was anderes.
Jeder macht es anders.
Jeder vertritt eine andere Lösung.
Jeder findet die andere Meinung vertretbar (oder doch die andere Meinung).
Jeder ist der Auffassung er hat Recht ("ich rate es dir so und so zu machen, weil...").
Das System ist schlichtweg NICHT fair, wie gern das JPA das auch gerne propagiert. Ich habe die zwei Jahre Ref hinter mir (meine Noten sind ok, also ich meckere nicht, weil ich einen gräul hege), und habe mitbekommen dass andere AG's einen viel besseren Unterricht bekommen haben. Zb die Wahlstation, während mein AG-Leiter kein bock hatte unc ich gerade mal zwei Aktenvorträge halten durfte und ich in drei Monate nur sechs mal AG hatte, haben andere Referendare AG Kollegen gehabt, die mehrmals Vorträge gehalten habe und die mündliche Prüfung simuliert haben und sich damit besser darauf vorbereiten konnte. Deine Ausbildung hängt schlichtweg ab, was für Ausbilder du bekommst.
Du hast als Referendar keine andere Wahl, als dich auf die Klausuren zu vorbereiten und den Weg des geringsten Widerstand zu gehen.
Du kannst dich zwar selbst auf die Ausbildung fokussieren, aber das wird dir nichts bringen, wenn du mit den Klausuren nicht zu recht kommst, weil am Ende JEDER auf die Note schaut -> die Wirtschaft, der Staat und alle anderen. Vitamin B und Ausnahmen sind natürlich möglich, aber nicht die Regel. Ein Ref Kollege von mir, war in allen seinen Stationen bei Gericht und am Ende hat er 7,3 geschrieben und kann damit kein Richter werden. Die Richter haben ihn Top-Stationszeugnisse ausgestellt. Ja, die kann er sich Zuhause aufhängen und das wars.
Es muss eine Umstrukturierung des gesamten Systems her.
Warum muss ich bestimmte Rechtsgebiete bis zum Schluss - 7 Jahre lang lernen - wenn ich absolut weiß, dass es mich NICHT interessiert. Das Studium geschenkt, okay, das sehe ich ein, dass man dort alles mal gemacht haben muss, aber warum wird nicht bereits im Ref komprimiert. Warum muss man sich auf Arbeitsrecht und Gesellschaft vorbereiten, wieso ist das nicht ein Wahlfach (so wie andere Bundesländer das schon handhaben), damit jeder sein Schwerpunkt im Rahmen des Referendariat wenigstens ein bisschen wählen kann und sich mehr auf das fokussieren kann, was ihm wirklich interessiert (ich wusste von Anfang an, dass ich n i e m a l s Arbeitsrecht machen werde).
Oder warum kann man sich nicht entscheiden, ob man nicht lieber 3 und 1 in öffentliches Recht oder Strafrecht schreiben möchte? Wenn einige schon wissen, dass sie Strafverteidiger oder StA werden wollen, warum können die nicht schon ihren Schwerpunkt setzen und wären damit später auch besser vorbereitet? (nur als Beispiel).
Diese ganze System ist einfach nicht dazu geeignet, die zukünftige Rechtspflege gezielt auf ihre beruflichen Herausforderungen vorzubereiten und das System ist wie ein toter den man versucht mit Make-Up Farbe ins Gesicht zu schminken mit dem Argument ,,So haben wir es schon immer gemacht, und irgendwie funktioniert das ja auch.
Sorry für die Worte, aber es frustriert mich einfach.
Das Referendariat ist veraltet, komplex, viel zu viel an Masse, chaotisch und unstrukturiert. Man wird von Station zu Station von eher unmotivierten AG-Leitern gepeitscht, die selbst nicht wissen, wie man einem Referendar den Stoff beibringt, von Richtern/StA/Behördenleitern, die neben ihr ohnehin schon ausreichenden Job, auch noch Referendare auf das schwerste Examen vorbereiten sollen.
Jeder sagt was anderes.
Jeder macht es anders.
Jeder vertritt eine andere Lösung.
Jeder findet die andere Meinung vertretbar (oder doch die andere Meinung).
Jeder ist der Auffassung er hat Recht ("ich rate es dir so und so zu machen, weil...").
Das System ist schlichtweg NICHT fair, wie gern das JPA das auch gerne propagiert. Ich habe die zwei Jahre Ref hinter mir (meine Noten sind ok, also ich meckere nicht, weil ich einen gräul hege), und habe mitbekommen dass andere AG's einen viel besseren Unterricht bekommen haben. Zb die Wahlstation, während mein AG-Leiter kein bock hatte unc ich gerade mal zwei Aktenvorträge halten durfte und ich in drei Monate nur sechs mal AG hatte, haben andere Referendare AG Kollegen gehabt, die mehrmals Vorträge gehalten habe und die mündliche Prüfung simuliert haben und sich damit besser darauf vorbereiten konnte. Deine Ausbildung hängt schlichtweg ab, was für Ausbilder du bekommst.
Du hast als Referendar keine andere Wahl, als dich auf die Klausuren zu vorbereiten und den Weg des geringsten Widerstand zu gehen.
Du kannst dich zwar selbst auf die Ausbildung fokussieren, aber das wird dir nichts bringen, wenn du mit den Klausuren nicht zu recht kommst, weil am Ende JEDER auf die Note schaut -> die Wirtschaft, der Staat und alle anderen. Vitamin B und Ausnahmen sind natürlich möglich, aber nicht die Regel. Ein Ref Kollege von mir, war in allen seinen Stationen bei Gericht und am Ende hat er 7,3 geschrieben und kann damit kein Richter werden. Die Richter haben ihn Top-Stationszeugnisse ausgestellt. Ja, die kann er sich Zuhause aufhängen und das wars.
Es muss eine Umstrukturierung des gesamten Systems her.
Warum muss ich bestimmte Rechtsgebiete bis zum Schluss - 7 Jahre lang lernen - wenn ich absolut weiß, dass es mich NICHT interessiert. Das Studium geschenkt, okay, das sehe ich ein, dass man dort alles mal gemacht haben muss, aber warum wird nicht bereits im Ref komprimiert. Warum muss man sich auf Arbeitsrecht und Gesellschaft vorbereiten, wieso ist das nicht ein Wahlfach (so wie andere Bundesländer das schon handhaben), damit jeder sein Schwerpunkt im Rahmen des Referendariat wenigstens ein bisschen wählen kann und sich mehr auf das fokussieren kann, was ihm wirklich interessiert (ich wusste von Anfang an, dass ich n i e m a l s Arbeitsrecht machen werde).
Oder warum kann man sich nicht entscheiden, ob man nicht lieber 3 und 1 in öffentliches Recht oder Strafrecht schreiben möchte? Wenn einige schon wissen, dass sie Strafverteidiger oder StA werden wollen, warum können die nicht schon ihren Schwerpunkt setzen und wären damit später auch besser vorbereitet? (nur als Beispiel).
Diese ganze System ist einfach nicht dazu geeignet, die zukünftige Rechtspflege gezielt auf ihre beruflichen Herausforderungen vorzubereiten und das System ist wie ein toter den man versucht mit Make-Up Farbe ins Gesicht zu schminken mit dem Argument ,,So haben wir es schon immer gemacht, und irgendwie funktioniert das ja auch.
Sorry für die Worte, aber es frustriert mich einfach.
16.12.2021, 13:17
"Staatlich geprüfter Klausurenschreiber" trifft es sehr gut.
Vielleicht wäre es an der Zeit, wieder zur einstufigen Juristenausbildung zurückzukehren und das Referendariat einfach zu streichen.
Praxiserfahrungen kann man schließlich auch mit voller Bezahlung sammeln.
Vielleicht wäre es an der Zeit, wieder zur einstufigen Juristenausbildung zurückzukehren und das Referendariat einfach zu streichen.
Praxiserfahrungen kann man schließlich auch mit voller Bezahlung sammeln.
16.12.2021, 20:50
Was hat man davon den Verfügungsstil der StA zu beherrschen, das Schreiben eines Beweisbeschlussess oder wie man mit EUREKA arbeitet, wenn man dann hinterher doch seine eigene Kanzlei aufmacht und RA Micro nutzt.
All diese Dinge lernt man mal in Grundlagen kennen, wenn überhaupt, doch brauchst du dann im jeweiligen Job doch nur einen Bruchteil und den kann man sich innerhalb der ersten Monate selbst aneignen.
Im Vergleich zum Studium lief das Ref so ab, wie ich mir die Unizeit gewünscht hätte: Strukturiert, regelmäßige Leistungsfeedbacks durch AG Klausuren, praktische und theoretische Ausbildung kombiniert und bei uns zumindest ein OLG Klausurenkurs mit Korrektur und Besprechung. Wenn man das alles ernst nimmt, dann läuft es auch. Ich sag nur von oberem A auf VB verbessert.
All diese Dinge lernt man mal in Grundlagen kennen, wenn überhaupt, doch brauchst du dann im jeweiligen Job doch nur einen Bruchteil und den kann man sich innerhalb der ersten Monate selbst aneignen.
Im Vergleich zum Studium lief das Ref so ab, wie ich mir die Unizeit gewünscht hätte: Strukturiert, regelmäßige Leistungsfeedbacks durch AG Klausuren, praktische und theoretische Ausbildung kombiniert und bei uns zumindest ein OLG Klausurenkurs mit Korrektur und Besprechung. Wenn man das alles ernst nimmt, dann läuft es auch. Ich sag nur von oberem A auf VB verbessert.