02.05.2021, 15:02
Hat sich im Nachhinein für mich gelohnt. Hab 2 x vb, bin aber mit A13 in eine Behörde, wie von Studienbeginn an geplant. Aber das ist nur die Rückschau. Ich würde wohl anders denken, hätte ich die Noten für den Staatsdienst nicht geschafft. Das Studium ist meines Erachtens "high risk medium reward" und ich weiß nicht, ob ich z.B. meinen Kindern dazu raten würde. Gerade im Examen kann trotz intensivster Vorbereitung bekanntlich einiges schief gehen. Jedenfalls wenn eine Neigung zu Naturwissenschaften da ist, würde ich aus finanzieller Sicht eher zu einem anderen Studium raten.
02.05.2021, 15:18
(02.05.2021, 14:17)Gast6265161 schrieb: Hallo zusammen,
ich bin jetzt seit wenigen Wochen Volljuristin und ein Gedanke begleitet mich schon seit der Examensvorbereitung: Lohnt sich das Ganze hier?
Jahrelanges Pauken, viel Lebenszeit, Nerven und Geduld kosten die Examina. Wenn ich mich hier im Forum umsehe, muss ich mich in meinem Notenbereich mit 35-40k zufrieden geben. Aber mal abgesehen vom Finanziellen, muss ich im Berufsleben jeden Tag sehr viel Stress bewältigen und hochkonzentriert sein, damit ich nichts falsch mache und in die Haftung komme.
Irgendwie habe ich etwas die Motivation verloren, obwohl der Anwaltsberuf immer mein Traum war. Ich hab einfach das Gefühl, dass es sich nicht gelohnt hat.
Bin ich desillusioniert? Mache ich mir zu viele Sorgen?
Was denkt ihr mittlerweile über eure Entscheidung, Jura studiert zu haben?
Also ich würde sagen, du machst dir viel zu viele Sorgen und du bist nicht desillusioniert, sondern gibst dich einer negativen Illusion hin.
Ich schätze, dass ich mit einem anderen Studium jetzt schon mehr verdienen würde, insbesondere weil die anderen Studiengänge nicht so lange dauern und ich deshalb schon weiter in der Karriere wäre. Allerdings verdiene ich nach fünf Monaten im Job jetzt drei mal so viel wie ich im Ref netto hatte und die nächsten Jahre wird das höchstwahrscheinlich noch enorm ansteigen.
Meine Arbeitszeit hat sich von anfangs 55h/Woche auf knapp 47 verringert (immer noch nicht ganz optimal, aber auch nicht ganz so schlimm, außerdem keine Pause eingerechnet, weil ich die nicht immer mache und die für mich auch zur Arbeitszeit zählt - wertvolle Freizeit ist das jedenfalls nicht).
Und der Job ist an sich recht chillig. Bisschen denken, bisschen diskutieren und bisschen diktieren. Ab und an kommt ein wenig Stress rein, aber es geht. Hochkonzentriert sein muss ich jedenfalls nicht allzu häufig und Gedanken über die Haftung mache ich mir praktisch gar nicht. Gibt zwar mit Sicherheit bessere Jobs, aber absolut sicher auch ne Menge schlechtere. Und mit a und b beschwere ich mich bei der Perspektive, die ich habe, nicht.
Also ich denke du solltest dich etwas entspannen und positiver in die Zukunft schauen. Gibt unzählige Möglichkeiten für dich und sobald du dich irgendwo eingearbeitet hast, ist das auch nicht mehr allzu viel mit Stress.
02.05.2021, 15:40
(02.05.2021, 14:46)Gast schrieb:(02.05.2021, 14:38)Gast schrieb: Natürlich hat es sich nicht gelohnt, und das sage ich aus der GK. Geld kann die Freude an einer Tätigkeit leider nicht aufwiegen. Für sehr viele, einschließlich mich, ist Jura halt aus der Not der schlechten Mathenoten entstanden, um es überspitzt zu formulieren. Plattitüden wie "irgendwas mit Medien" klingt ja immer ganz lustig, aber ich bin sehr sehr neidisch auf die Menschen, die wirklich Spaß haben an dem was sie machen. In der GK fallen mir da auf Anhieb nur wenige ein.
Ich hoffe wirklich sehr, diese Entscheidung im Alter nicht zu sehr zu bereuen.
Geht mir ähnlich.
Für Geld gibt's bessere Möglichkeiten. Für gute work-life Balance ebenso.
Auch um was "sinnvolles" zu tun (auch wenn das viele Richter wahrscheinlich anders sehen werden).
Am Ende des Tages ist das Zeitinvestment generell (6-8 Jahre) und je nach Ziel der lernaufwand sehr hoch. Selbst wenn man am Ende mit guten Noten da steht, ist es durchaus fraglich ob Aufwand und Ertrag im Rahmen sind.
Dazu kommt, dass nach einer langen Generalistenausbildung immer noch eine nicht unerhebliche Einarbeitungszeit (sei es als Anwaltsanfänger, Proberichter, Referent etc.) folgt.
Nebenbei noch der Stress den sich jeder Jurist antun muss. Sowohl in der Ausbildung und stellenweise auch im Beruf (letzteres ist aber zum Teil natürlich beeinflussbar).
Das ist auch meine Meinung.
Finanziell kann ich mich in einer mittelständischen Kanzlei zwar nicht beklagen, aber der Weisheit letzter Schluss ist diese Arbeit nun auch nicht. Es ist okay, wie man so schön sagt. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.
Das Schlimmste war für mich die Ausbildungszeit. Die Examensvorbereitung hat mich damals physisch und psychisch beinahe an den Rande des Zusammenbruchs gebracht. Ich habe in den 12 Monaten bis zum Examen über 10 Kilo verloren, konnte in den Wochen vor den Klausuren vor Angst kaum schlafen und tagsüber kreisten die Gedanken oft darum, was im Examen alles schieflaufen könnte. Ich habe mir nach der Mündlichen erst einmal fast ein halbes Jahr "jurafrei" genommen bzw. nehmen müssen. Die Note war mit 8,X im Staatsteil und einem ganz knappen VB insgesamt dann zwar prima, aber trotzdem war diese Phase die mit Abstand schlimmste Zeit meines Lebens.
Mich wundern die hohen Abbrecherquoten und die stark gesunkenen Absolventenzahlen nicht. Das aktuelle Ausbildungssystem für Juristen ist fürchterlich, nur leider besteht von Seiten der Politik kaum Interesse, das zu ändern. Bei LTO las ich vor einigen Monaten einen Artikel, dass NRW in der geplanten JAG-Änderung sogar noch mehr Prüfungsstoff und verpflichtende fünf Hausarbeiten bis zum Examen hineinquetschen will. Na, prost Mahlzeit.
Retrospektiv würde ich Jura nicht mehr studieren, sondern in den Berufsbereich gehen, den ich damals während der Oberstufe eigentlich auch anvisiert hatte, nämlich Ingenieurwesen. Auch wenn dort sicherlich nicht alles Friede-Freude-Eierkuchen ist, glaube ich, dass nicht nur das Studium insgesamt weniger belastend ist, sondern auch die Perspektiven in puncto Finanzen und Karriere sich keinesfalls hinter denen von Juristen verstecken müssen.
02.05.2021, 16:12
Lasst euch nicht von den „niedrigen“ Einstiegsgehältern verunsichern.
Wenn man als Einsteiger keine guten Noten hat und sich deswegen mit 40k zufriedengeben muss, sagt nichts darüber aus, wo man in 10-20 Jahren stehen kann.
Kenne einige Leute, die sich auch mit schlechten Noten etwas eigenes aufgebaut haben und jetzt über GK-Associates und deren Gehälter nur müde lächeln können.
Wichtig ist, ein Rechtsgebiet zu finden, was einem liegt und wirtschaftlich nicht absolut unattraktiv ist sowie den Mut zu unternehmerischem Handeln zu haben.
Wenn man als Einsteiger keine guten Noten hat und sich deswegen mit 40k zufriedengeben muss, sagt nichts darüber aus, wo man in 10-20 Jahren stehen kann.
Kenne einige Leute, die sich auch mit schlechten Noten etwas eigenes aufgebaut haben und jetzt über GK-Associates und deren Gehälter nur müde lächeln können.
Wichtig ist, ein Rechtsgebiet zu finden, was einem liegt und wirtschaftlich nicht absolut unattraktiv ist sowie den Mut zu unternehmerischem Handeln zu haben.
02.05.2021, 16:20
Ich muss sagen, für mich hat es sich bislang gelohnt. Die ersten vier Semester habe ich wenig gemacht, dafür viel im Urlaub oder mit Freunden unterwegs gewesen. Die Examensvorbereitung ein Jahr lang war zwar viel Lernen, aber am Wochenende habe ich immer frei gemacht und ebenfalls viel unternommen.
Im Ref fand ich die einzelnen Stationen sehr interessant und die unmittelbare Vorbereitung war am Ende auch nur 4 Monate Stress.
Letztendlich habe ich seit dem 1. Examen auch immer gut gearbeitet und ordentlich verdient, sodass man auch was sparen konnte. Jetzt stehe ich unmittelbar vor dem Berufseinstieg und kann mir viele Sachen aussuchen. Zumindest auch nicht verkehrt!
Im Ref fand ich die einzelnen Stationen sehr interessant und die unmittelbare Vorbereitung war am Ende auch nur 4 Monate Stress.
Letztendlich habe ich seit dem 1. Examen auch immer gut gearbeitet und ordentlich verdient, sodass man auch was sparen konnte. Jetzt stehe ich unmittelbar vor dem Berufseinstieg und kann mir viele Sachen aussuchen. Zumindest auch nicht verkehrt!
02.05.2021, 16:22
Wurde im Ref Schlaftabletten abhängig, seit ich vor der mündlichen Prüfung im 1. null geschlafen habe. Habe dann alle Klausuren mit Zopiclon geschrieben und in der Wahlstation eine getroffen, die das auch vor den Klausuren genommen hat. Habe es dann noch ein paar Mal vor einem Vorstellungsgespräch genommen und mich danach übergeben. Nebenwirkung Übelkeit.
02.05.2021, 16:41
Habe gut im ersten und VB im zweiten. Werde im Juli mit 140.000 € einsteigen in ner US Bude. Ob es sich gelohnt hat. Nein. Die letzten 4 Jahre waren hart, deprimierend und haben an meinen Nerven gefressen. Viel zu viel Zeit habe ich mit dem Lernen belangloser Dinge beschäftigt, statt mit meinen Freunden was zu unternehmen. Zu oft hat das schlechte Gewissen gesiegt.
Nach all den Jahren kann ich sagen: Ich liebe die Materie, ich hasse dieses Ausbildungssystem. Letzteres überwiegt leider
Nach all den Jahren kann ich sagen: Ich liebe die Materie, ich hasse dieses Ausbildungssystem. Letzteres überwiegt leider
02.05.2021, 16:47
(02.05.2021, 16:41)FFM schrieb: Habe gut im ersten und VB im zweiten. Werde im Juli mit 140.000 € einsteigen in ner US Bude. Ob es sich gelohnt hat. Nein. Die letzten 4 Jahre waren hart, deprimierend und haben an meinen Nerven gefressen. Viel zu viel Zeit habe ich mit dem Lernen belangloser Dinge beschäftigt, statt mit meinen Freunden was zu unternehmen. Zu oft hat das schlechte Gewissen gesiegt.
Nach all den Jahren kann ich sagen: Ich liebe die Materie, ich hasse dieses Ausbildungssystem. Letzteres überwiegt leider
Aber das hätte man ja auch anderes handhaben können. Mit Disziplin und einem guten Zeitmanagement kann man auch die Privatleben (Hobbies, Freunde...) führen
02.05.2021, 17:12
(02.05.2021, 16:47)Gast schrieb:(02.05.2021, 16:41)FFM schrieb: Habe gut im ersten und VB im zweiten. Werde im Juli mit 140.000 € einsteigen in ner US Bude. Ob es sich gelohnt hat. Nein. Die letzten 4 Jahre waren hart, deprimierend und haben an meinen Nerven gefressen. Viel zu viel Zeit habe ich mit dem Lernen belangloser Dinge beschäftigt, statt mit meinen Freunden was zu unternehmen. Zu oft hat das schlechte Gewissen gesiegt.
Nach all den Jahren kann ich sagen: Ich liebe die Materie, ich hasse dieses Ausbildungssystem. Letzteres überwiegt leider
Aber das hätte man ja auch anderes handhaben können. Mit Disziplin und einem guten Zeitmanagement kann man auch die Privatleben (Hobbies, Freunde...) führen
Vier Jahre sind rum, 30-40 Jahre kommen noch. Also warte mal ab mit deiner Bilanz.
02.05.2021, 17:14
Finanziell hat es sich für mich gelohnt und wird sich in Zukunft noch viel mehr lohnen. Ich habe aber nicht 2x a, sondern 2x VB...