16.01.2021, 14:16
(16.01.2021, 12:27)Gast schrieb:Was mir so gerade zum Thema aus dem Hemdärmel fällt:
Freie Mitarbeit ->Scheinselbständigkeit?
Wenn es eine richtige Selbständigkeit wäre, dann musst Du mE immer noch auf § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI achtgeben. Wenn Du regelmäßig/überwiegend nur den einen Auftraggeber, nämlich die eine Kanzlei, hast, dann bist Du grundsätzlich Rentenversicherungspflichtig. Ohne Freistellung bist Du der Beitragsschuldner und zahlst die Beiträge, wenn Deine Konstruktion auffliegt selbst. Ob hier die Möglichkeit einer Freistellung nach § 6 SGB VI möglich ist, habe ich nicht geprüft.
Bei einer echten Selbständigkeit kannst Du wählen, ob Du Dich privat krankenversichern willst oder in freiwilliges Mitglied (sofern Du dort aktuell MItglied bist) in der gesetzlichen KK bleiben willst.
Als Selbständiger bist Du USt-pflichtig, es sei denn Du beantragst eine Befreiung nach der Kleinunternnehmerregelung.
Lohnsteuer zahlst du als Selbständiger nicht, must aber natürlich Einkommenssteuer zahlen.
Wenn Du als Selbständiger Gewinn erzielst will das FA irgendwann nicht nur am Ende des Jahres Steuern, sondern schon mittendrin Vorauszahlungen.
Der Steuerkram ist eigentlich machbar, wenn Du wirklich ein Selbständiger bist.
Als Selbständiger hast Du keinen Urlaubsanpruch (Ausnahme meine ich bei Arbeitnehmerähnlichen Personen), keine Entgeltfortzhalung bei Krankheit (wie es nach InfektionsschutzG wegen Corona aussieht,weiss ich nicht), die Privilegierung bei der AN-Haftung gilt nicht, die Arbeitszeiten sind nicht fest und es gibt keinen Chef, der Dir Weisungen erteilen kann.
War die Selbständigkeit doch keine Selbständigkeit, das kann arbeitsrechlich, steuerrechtlich und sozialversicherungsgrechtlich unterschiedlich bewertet werden, dann kommt es ggf. zur Rückabwicklung nach den jeweiligen Regeln des Rechtsgebietes, in dem Du doch AN bist.
Wenn Du tatsächlcih AN bist, und keine Befreiung nach § 6 SGB VI für die Tätigkeit als AN hast, gehen die Rentenversicherungsbeitäge dann an die Rentenversicherung anstatt ans Versorgungswerk. Bei den meisten RAen wären die dann komplett verloren, weil nicht genug Beitragszeiten in der RV angesammelt worden sind.
Zur Strafbarkeit des Auftraggebers im Hinblick auf nicht gezahlte Sozialversicherungsbeiträge habe ich jetzt nicht weiter nachgedacht.
Wenn Du alles richtig kalkulierst, musst Du für den ganzen Sozialkram (Krankheit, Urlaub, Rente...) , den AN einfach so kriegen, einen Aufschlag auf Deinen Lohn Stundensatz berechnen. Wenn das alles ordentlich berechnet ist, dann dürfte für die Kanzlei die sinnhaftigkeit der Selbständigkeit entfallen. Dann können die Dich auch gleich, evtl. befristet, einstellen.
Danke, dass du dir so viel Zeit genommen und dir Gedanken gemacht hast!