02.11.2020, 11:46
(02.11.2020, 11:28)Gast schrieb:(02.11.2020, 11:23)Der echte Norden schrieb:(02.11.2020, 08:40)Gast schrieb:(01.11.2020, 22:43)Der echte Norden schrieb:(01.11.2020, 22:38)Gast schrieb: Öffentliche Arbeitgeber mal wieder, wollen einem alles verbieten.
Genau dieses Zerrbild wird hier verbreitet, gepaart mit dem Bild eines Proberichter der von der Justizverwaltung fertig gemacht wird...zum Glück musste ich das so nicht auch nur im Ansatz kennenlernen. Wer sich selbst als Proberichter wahrnimmt, dem ist schon nicht mehr zu helfen!
Lol, als ob sich ein Proberichter traut gegenüber der Justizverwaltung eine dicke Lippe zu riskieren.
Wer nicht seinen eigenen Standpunkt vertreten kann, ist in dem Beruf des Richters völlig falsch. Jede Entscheidung die man in diesem Beruf trifft, führt zu Gegenwind, immer ist mindestens eine Seite unzufrieden und häufig ist der Richter "schuld". Wer nicht mit Kritik und Gegenwind umgehen kann, wird viele schlaflose Nächte haben.
Zum Zerrbild des Proberichters, welches Du hier zeichnest: Anders als in der freien Wirtschaft, in der die sechsmonatige Probezeit eine "echte" Probezeit ist, gibt es etwas vergleichbares als Richter nicht. Ein Blick in die einschlägige Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zeigt, dass ein Assessor nach der ersten Beurteilung nahezu nicht mehr entlassen werden kann. Das nervige an der Assessorenzeit ist allein, dass man noch nicht auf einer Planstelle sitzt und auch mal verschoben werden kann. Die Fälle, in denen mal ein Proberichter nicht auf Lebenszeit ernannt wurde sind ungefähr so, wie die Fälle in denen ein GK Anwalt sich wegen der Arbeitsbelastung aus dem Fenster gestürzt hat. Das wird es sicher alles mal gegeben haben, ist aber die absolute Ausnahme und mehr in der Kategorie Horrorgeschichte!
Klar ist es nicht sonderlich karriereförderlich, wenn man ständig meckert und alles immer nur kritisiert. Das ist aber in jedem Beruf so. Wer nach oben will sollte nicht zu sehr anecken...anders als in jedem anderen Beruf ist es allerdings so, dass die meisten Richter gar nicht darauf erpicht sind aufzusteigen, da die Gehaltsunterschiede nicht so groß sind und man rein mit Zeitablauf aufsteigt. Daher ist die Zahl der kritischen Geister wohl deutlich höher als in jedem anderen Beruf!
"auch mal verschoben werden kann" ist eine wirklich nette Formulierung für die Umstände.
Und: Nein, die meisten Richter wollen keine "Karriere", sondern nur mit ihren Kiddies zuhause spielen und dafür gutes Geld kassieren.
Das wird dem Rechtsstaat aber nicht gerecht.
Niemand zwingt Dich den Job zu machen. Verächtlich über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu sprechen, sagt aber eine Menge über Dich aus. Genau aus diesem Grund fliehen viele Leute nach dem Berufsstart aus den GKs in den öffentlichen Dienst. Du wirst Dich wundern, man kann auch ehrgeizig sein, einen "guten Job" als Richter machen UND Zeit mit seiner Familie verbringen. Willkommen in der Modernen Arbeitswelt. Krass, dass dieses tradierte Denken heute noch von Endzwanzigern mit der Inbrunst der Überzeugung und dem Ton der Überheblichkeit vertreten wird.
Wir sprechen uns wieder, wenn Du Kinder hast, dann singst Du ein anderes Lied :rolleyes:
02.11.2020, 13:53
TE hier: Danke für die Rückmeldungen. Hätte nicht gedacht, dass ich damit schon wieder so eine Grundsatzdebatte über das Richterbild triggere, aber das scheint in diesem Forum unvermeidbar. Finde es problematisch, dass manche anscheinend schon den Erfahrungsaustausch unter Kolleg*innen als Zeichen fehlender innerer Unabhängigkeit von Richter*innen deuten. Insbesondere dem Kollegen, der auf "fehlende Eier" hinwies, möchte ich doch freundlich nahelegen, nicht nur sein Richter- sondern auch sein Männlichkeitsverständnis einmal zu hinterfragen.
02.11.2020, 14:38
(02.11.2020, 13:53)Gast schrieb: TE hier: Danke für die Rückmeldungen. Hätte nicht gedacht, dass ich damit schon wieder so eine Grundsatzdebatte über das Richterbild triggere, aber das scheint in diesem Forum unvermeidbar. Finde es problematisch, dass manche anscheinend schon den Erfahrungsaustausch unter Kolleg*innen als Zeichen fehlender innerer Unabhängigkeit von Richter*innen deuten. Insbesondere dem Kollegen, der auf "fehlende Eier" hinwies, möchte ich doch freundlich nahelegen, nicht nur sein Richter- sondern auch sein Männlichkeitsverständnis einmal zu hinterfragen.
+1
Ich hatte vom ersten Tag an eine wissenschaftliche Nebentätigkeit, das wurde aber deutlich hinterfragt. Ich hatte alle Zweifler mit meinen Zahlen zunächst zum Schweigen gebracht, aber das Präsidium betrachtete mich deswegen als High Performer und sorgte mit regelmäßigen Wechseln dafür, dass mein Berufsleben nicht zu eintönig wird. Ich bin daran gereift, aber es waren unendlich viele 6-7-Tage-Wochen, und da muss man Bock drauf haben!
Mit Eiern hat das nichts zu tun, eher mit der Bereitschaft, die Konsequenzen zu erdulden.
10.01.2021, 17:49
Ich komme selbst aus dem OLG Hamm-Bezirk, bin Proberichter (nicht mehr im ersten Jahr) und eine Nebentätigkeit an der Uni als AG-Leiter war nie ein Problem.
10.01.2021, 20:34
An die Richter hier: Habt ihr überhaupt noch einen Überblick, inwiefern ein gewachsenes Dezernat durch euch verursacht wurde? Durch die erste Corona-Phase habe ich komplett den Überblick verloren und auch jetzt komme ich nicht in einen richtigen Erledigungsrhythmus, weil ständig irgendeine Partei Bedenken wegen Corona hat, die ich natürlich ernst nehme. Ansonsten habe ich viel Zeit auch mal einen schriftlichen Vergleichsvorschlag zu machen, aber das klappt ja bekanntermaßen auch nicht immer.
Bezweifle daher auch, dass der Präsident das irgendwie nachvollziehen kann.
Bezweifle daher auch, dass der Präsident das irgendwie nachvollziehen kann.
10.01.2021, 21:53
(10.01.2021, 20:34)RiSH schrieb: An die Richter hier: Habt ihr überhaupt noch einen Überblick, inwiefern ein gewachsenes Dezernat durch euch verursacht wurde? Durch die erste Corona-Phase habe ich komplett den Überblick verloren und auch jetzt komme ich nicht in einen richtigen Erledigungsrhythmus, weil ständig irgendeine Partei Bedenken wegen Corona hat, die ich natürlich ernst nehme. Ansonsten habe ich viel Zeit auch mal einen schriftlichen Vergleichsvorschlag zu machen, aber das klappt ja bekanntermaßen auch nicht immer.
Bezweifle daher auch, dass der Präsident das irgendwie nachvollziehen kann.
Corona ist für alle eine absolute Ausnahmesituation - insbesondere wenn man sich nicht ins schriftliche Verfahren flüchten kann, z.B. Kolleg*innen im Strafrecht, können Dezernate schnell anwachsen. Das betrifft Proberichter*innen und erfahrene Dezernent*innen gleichermaßen.
Ich glaube nicht, dass Dir daraus Nachteile erwachsen, solange Du verbleibende Möglichkeiten zur Verfahrensbeschleunigung (weiter) effektiv nutzt.
10.01.2021, 22:08
Bei uns im Bezirk gab es auch das Gerücht, dass es nicht gern gesehen sei. Eine Freundin an einem anderen Gericht als ich hat nicht viel auf Gerüchte gegeben. Man hat ihr das auch genehmigt, nachdem man sie gefragt hat, ob sie denn meint, dass das nicht zu viel wird.
Kurze Zeit später gab es - für sie überraschend- einen Dezernatswechsel und sie hatte deutlich mehr zu tun, so dass sie das
Semester zu Ende gemacht und dann aufgehört hat. Ob das jetzt wirklich was mit der Nebentätigkeit zu tun hatte? Who knows.
Ich habe es nach der recht lebhaften Erfahrung aber lieber nicht drauf ankommen lassen.
An Deiner Stelle würde ich es zumindest im ersten Jahr eher nicht versuchen.
Kurze Zeit später gab es - für sie überraschend- einen Dezernatswechsel und sie hatte deutlich mehr zu tun, so dass sie das
Semester zu Ende gemacht und dann aufgehört hat. Ob das jetzt wirklich was mit der Nebentätigkeit zu tun hatte? Who knows.
Ich habe es nach der recht lebhaften Erfahrung aber lieber nicht drauf ankommen lassen.
An Deiner Stelle würde ich es zumindest im ersten Jahr eher nicht versuchen.
11.01.2021, 19:33
Proberichter:
“Vielleicht verdient man als Richter weniger, aber dafür arbeitet man selbstständig und wird ernstgenommen. Wir sind keine billigen Dienstleister. Die richterliche Unabhängigkeit ist ein großer Vorteil. Von den Besten die Unabhängigen!”
Auch Proberichter:
“Verehrte Justizverwaltung, entschuldigen Sie bitte die Störung, aber dürfte ich ggf. vielleicht fragen, ob ich die Erlaubnis bekomme, in meiner Freizeit ein paar Klausuren zu korrigieren, bitte?”
“Vielleicht verdient man als Richter weniger, aber dafür arbeitet man selbstständig und wird ernstgenommen. Wir sind keine billigen Dienstleister. Die richterliche Unabhängigkeit ist ein großer Vorteil. Von den Besten die Unabhängigen!”
Auch Proberichter:
“Verehrte Justizverwaltung, entschuldigen Sie bitte die Störung, aber dürfte ich ggf. vielleicht fragen, ob ich die Erlaubnis bekomme, in meiner Freizeit ein paar Klausuren zu korrigieren, bitte?”
11.01.2021, 19:50
(11.01.2021, 19:33)Gast schrieb: Proberichter:
“Vielleicht verdient man als Richter weniger, aber dafür arbeitet man selbstständig und wird ernstgenommen. Wir sind keine billigen Dienstleister. Die richterliche Unabhängigkeit ist ein großer Vorteil. Von den Besten die Unabhängigen!”
Auch Proberichter:
“Verehrte Justizverwaltung, entschuldigen Sie bitte die Störung, aber dürfte ich ggf. vielleicht fragen, ob ich die Erlaubnis bekomme, in meiner Freizeit ein paar Klausuren zu korrigieren, bitte?”
:D :D :D aber die abhängigen Anwälte sind doch voll abhängig und dürfen nichts entscheiden... aber..aber..aber
11.01.2021, 20:38
(11.01.2021, 19:33)Gast schrieb: Proberichter:
“Vielleicht verdient man als Richter weniger, aber dafür arbeitet man selbstständig und wird ernstgenommen. Wir sind keine billigen Dienstleister. Die richterliche Unabhängigkeit ist ein großer Vorteil. Von den Besten die Unabhängigen!”
Auch Proberichter:
“Verehrte Justizverwaltung, entschuldigen Sie bitte die Störung, aber dürfte ich ggf. vielleicht fragen, ob ich die Erlaubnis bekomme, in meiner Freizeit ein paar Klausuren zu korrigieren, bitte?”
Du bittest nicht, sondern meldest es an.