05.08.2020, 21:39
Hallo zusammen,
ich habe das erste Examen absolviert und bin derzeit wiss. Mit. an der Uni. Leider komme ich mit meinem Chef nicht so gut klar, insbes. finde ich die Dissbetreuung sehr dürftig. Die Zweifel werden größer. Ich habe Angst, nach einigen Jahren ohne fertige Diss dazustehen. Mir ist natürlich klar, dass ich diese Leistung selbst erbringen muss, fühle mich aber doch sehr alleingelassen. Die Atmosphäre am Lst. ist auch schlecht, jeder (inkl. Prof.) versucht, die Arbeit zu reduzieren. Es fehlt vollständig an Leidenschaft... Jetzt frage ich mich, ob ich die Reißleine nicht lieber so schnell wie möglich ziehen sollte -- um das noch ausstehende zweite Examen hinter mich zu bringen, aber auch, weil mich die negative Einstellung am Lst zunehmend runterzieht. Und dann lieber nach dem Zweiten eine neue Stelle suchen? Problem: Ich habe jetzt eine volle Stelle (mit vertretbarer Arbeitsbelastung), was ja eine absolute Seltenheit darstellt. Andererseits stresst es mich sehr, dass das zweite Examen noch aussteht.
Ich schreibe hier, um einfach mal neuen Input zu bekommen. Mich treibt das alles schon seit Wochen um und ich komme nicht wirklich voran.
Freue mich über jede Meinung/Einschätzung!
Beste Grüße
ich habe das erste Examen absolviert und bin derzeit wiss. Mit. an der Uni. Leider komme ich mit meinem Chef nicht so gut klar, insbes. finde ich die Dissbetreuung sehr dürftig. Die Zweifel werden größer. Ich habe Angst, nach einigen Jahren ohne fertige Diss dazustehen. Mir ist natürlich klar, dass ich diese Leistung selbst erbringen muss, fühle mich aber doch sehr alleingelassen. Die Atmosphäre am Lst. ist auch schlecht, jeder (inkl. Prof.) versucht, die Arbeit zu reduzieren. Es fehlt vollständig an Leidenschaft... Jetzt frage ich mich, ob ich die Reißleine nicht lieber so schnell wie möglich ziehen sollte -- um das noch ausstehende zweite Examen hinter mich zu bringen, aber auch, weil mich die negative Einstellung am Lst zunehmend runterzieht. Und dann lieber nach dem Zweiten eine neue Stelle suchen? Problem: Ich habe jetzt eine volle Stelle (mit vertretbarer Arbeitsbelastung), was ja eine absolute Seltenheit darstellt. Andererseits stresst es mich sehr, dass das zweite Examen noch aussteht.
Ich schreibe hier, um einfach mal neuen Input zu bekommen. Mich treibt das alles schon seit Wochen um und ich komme nicht wirklich voran.
Freue mich über jede Meinung/Einschätzung!
Beste Grüße
05.08.2020, 21:43
Ergänzung: Bin jetzt seit ca. 6 Monaten an der Uni. Mit der Diss noch nicht weit gekommen...
06.08.2020, 10:02
Ohne Erfahrung mit einer Diss zu haben. Aber das hört sich für mich nicht nach einem Zustand an, in dem du eine für dich gute Leistung abliefern kannst. Ich würde wahrscheinlich versuchen, die Probleme mal klar anzusprechen. Wenn sich dann was ändert, neu evaluieren, wenn sich nichts ändert, würde ich wohl ins Ref gehen, einfach um voranzukommen. Hast ja mit sechs Monaten noch nicht sooo viel Zeit investiert.
Aber ohne es anzusprechen den Zustand einfach weiterlaufen lassen, würde ich nicht tun. Das hört sich nämlich so an, als würdest du dadurch den (unvermeidlichen) Abbruch nur hinauszögern. Falls du es natürlich schaffst, nochmal Motivation zu tanken und mit einer "leck mich! Dann zieh ich die Scheiße halt alleine durch" Attitüde reinzugehen, dann könntest du es eben durchziehen.
Aber vielleicht hast du dich auch in letzter Zeit ein bisschen in dieses Gefühl reingesteigert. Vielleicht mal eine Woche aufs Land, Kopf freikriegen und dann neu darüber nachdenken, was das beste ist?
Habe aber keine Ahnung, ob es nicht auch Möglichkeiten gibt, den Doktorvater zu wechseln oder sowas? Das wäre jedenfalls meine Einschätzung von außerhalb.
Aber ohne es anzusprechen den Zustand einfach weiterlaufen lassen, würde ich nicht tun. Das hört sich nämlich so an, als würdest du dadurch den (unvermeidlichen) Abbruch nur hinauszögern. Falls du es natürlich schaffst, nochmal Motivation zu tanken und mit einer "leck mich! Dann zieh ich die Scheiße halt alleine durch" Attitüde reinzugehen, dann könntest du es eben durchziehen.
Aber vielleicht hast du dich auch in letzter Zeit ein bisschen in dieses Gefühl reingesteigert. Vielleicht mal eine Woche aufs Land, Kopf freikriegen und dann neu darüber nachdenken, was das beste ist?
Habe aber keine Ahnung, ob es nicht auch Möglichkeiten gibt, den Doktorvater zu wechseln oder sowas? Das wäre jedenfalls meine Einschätzung von außerhalb.
06.08.2020, 10:06
Nicht weit gekommen in Bezug auf produzierten Text oder in Bezug auf Gliederung in maßgebliche Thesen der Arbeit? Ersteres fände ich nach 6 Monaten überhaupt nicht schlimm. Bei Letzterem sollte nach 6 Monaten vielleicht zumindest mal ne Idee stehen, was man eigentlich warum und vertreten will.
Du beschreibst natürlich keine angenehme Situation. Ich glaube, du solltest beachten, dass du nicht Diss und Ref parallel halbherzig machst. Also entweder lässt du das Ref jetzt erst noch sein und konzentrierst dich voll auf die Diss. Oder du gehst ins Ref. Aber dann mit dem Gedanken, dass die Diss für die kommenden zwei Jahre wirklich gestorben ist. Du kannst sie ja danach ggfs wieder aufnehmen. Aber man sollte sich nichts vormachen, dass man parallel beides gut machen kann.
Andernfalls wird der Druck, den man hat, wenn man gleichzeitig mit beidem voran kommen will, zu groß.
Ich jedenfalls bin sehr froh, dass ich meine Diss geduldig wirklich komplett fertig gemacht habe, bevor das Ref losging. War für die Diss drei Jahre am Lehrstuhl. Sicherlich nicht besonders schnell, aber auch nicht skandalös langsam.
Egal, wie du dich entscheidest. Das wichtigste ist, dass es eine klare Entscheidung ist.
Du beschreibst natürlich keine angenehme Situation. Ich glaube, du solltest beachten, dass du nicht Diss und Ref parallel halbherzig machst. Also entweder lässt du das Ref jetzt erst noch sein und konzentrierst dich voll auf die Diss. Oder du gehst ins Ref. Aber dann mit dem Gedanken, dass die Diss für die kommenden zwei Jahre wirklich gestorben ist. Du kannst sie ja danach ggfs wieder aufnehmen. Aber man sollte sich nichts vormachen, dass man parallel beides gut machen kann.
Andernfalls wird der Druck, den man hat, wenn man gleichzeitig mit beidem voran kommen will, zu groß.
Ich jedenfalls bin sehr froh, dass ich meine Diss geduldig wirklich komplett fertig gemacht habe, bevor das Ref losging. War für die Diss drei Jahre am Lehrstuhl. Sicherlich nicht besonders schnell, aber auch nicht skandalös langsam.
Egal, wie du dich entscheidest. Das wichtigste ist, dass es eine klare Entscheidung ist.
06.08.2020, 12:11
Erstmal vielen Dank für die Einschätzungen!
Ich würde sagen, dass ich mich definitiv reingesteigert habe; schon dadurch, dass meine Gedanken dauernd um diese Entscheidung kreisen. Andererseits werde ich auch arbeitsbedingt täglich mit der Situation konfrontiert... :D Eine Pause wäre gut, und die nehme ich mir auch bald!
Ein Wechsel wäre grds. möglich, aber mit dem Risiko verbunden, dass der Chef die Sache als persönlichen Affront auffasst. Das könnte wiederum Folgen für die Arbeitsbelastung und das Klima am Lst haben. Trotzdem ziehe ich das in Betracht. Ich habe auch noch einen anderen Prof "in der Hinterhand", der mir grds. die Betreuung schon zugesagt hatte, bevor ich die jetzige Stelle angenommen habe.
Zur Diss: Ich habe schon einiges gelesen, allerdings noch kein Thema iSe konkretes Arbeitstitels. Von Gliederung ganz zu schweigen. Ich hatte mir die Grenze von 6 Monaten für die endgültige Themenfindung gesetzt; noch habe ich ein paar Wochen...
Wie war es denn bei Dir mit der Betreuung? Hat dein Doktorvater sich regelmäßig Zeit für Gespräche genommen und insbes. auch bei der Themenfindung unterstützt?
Gruß
Ich würde sagen, dass ich mich definitiv reingesteigert habe; schon dadurch, dass meine Gedanken dauernd um diese Entscheidung kreisen. Andererseits werde ich auch arbeitsbedingt täglich mit der Situation konfrontiert... :D Eine Pause wäre gut, und die nehme ich mir auch bald!
Ein Wechsel wäre grds. möglich, aber mit dem Risiko verbunden, dass der Chef die Sache als persönlichen Affront auffasst. Das könnte wiederum Folgen für die Arbeitsbelastung und das Klima am Lst haben. Trotzdem ziehe ich das in Betracht. Ich habe auch noch einen anderen Prof "in der Hinterhand", der mir grds. die Betreuung schon zugesagt hatte, bevor ich die jetzige Stelle angenommen habe.
Zur Diss: Ich habe schon einiges gelesen, allerdings noch kein Thema iSe konkretes Arbeitstitels. Von Gliederung ganz zu schweigen. Ich hatte mir die Grenze von 6 Monaten für die endgültige Themenfindung gesetzt; noch habe ich ein paar Wochen...
Wie war es denn bei Dir mit der Betreuung? Hat dein Doktorvater sich regelmäßig Zeit für Gespräche genommen und insbes. auch bei der Themenfindung unterstützt?
Gruß
11.08.2020, 12:51
Ich schreibe auch gerade an meiner Diss und würde wohl unter "skandalös langsam" (seit knapp 4 Jahren dabei) fallen. :D Mir macht die Arbeit am Lehrstuhl unglaublichen Spaß und Forschung finde ich interessanter als das Recht konkret anwenden zu müssen. Ich werde auch noch das Ref. machen müssen, wovor es mir einigermaßen graut, weil das Wissen aus dem Studium zu einem Großteil weg ist.
Meine Betreuung ist ebenfalls dürftig. Mein Chef/Doktorvater hat sich anfangs einmal Zeit genommen, mein Exposé durchzusprechen und danach konnte ich mit Fragen immer zu ihm kommen, aber die Antworten waren oft oberflächig. Einige gute Ideen hat er mir aber mitgegeben ("Schauen Sie doch nochmal, was xy in seiner Theorie sagt und ob das verwertbar wäre"). Auf der anderen Seite war es gut, dass ich relativ freie Hand hatte und meine Diss wirklich "meine" Diss ist. Meine Rettung war übrigens die Einbindung in ein joint PhD/Cotutelle-Programm mit einer ausländischen Universität. Dadurch war ich ein Jahr im Ausland und habe dort hervorragende Betreuung durch meine Doktormutter genossen, aber fast noch wichtiger war die Entbindung von der Lehrstuhlarbeit. Bei mir ist es nur eine halbe Stelle und die raubt mir gefühlt schon wichtige Diss-Zeit, weil es ja oft nicht bei der vereinbarten Wochenzeit bleibt.
Meine Ideen also:
- Arbeitszeitreduzierung auf 50%? - du hättest immer noch Anschluss an den LS, aber weniger Arbeit und weniger der schlechten Stimmung und wenn du nicht auf großem Fuss lebst, dann reicht das Geld auch gut zum Leben
- Schauen, ob es Joint PhD oder Cotutelle-Programme an deiner Uni gibt und du damit automatisch in den Genuss von Doppelbetreuung und ggf. Auslandsaufenthalt kämst
- Doktorvaterwechsel, wie angesprochen. Notfalls machst du halt Dienst nach Vorschrift bei deinem jetzigen Prof.
- Einen Zweit-Doktorvater? Ich weiß nicht, wie üblich das in Deutschland ist, aber im Ausland eigentlich gang und gäbe.
Ich hatte nach 6 Monaten übrigens auch noch nicht so viel geschafft, erste Ideen, erste Entwürfe, aber wirklich angefangen habe ich erst viel später und ich sehe das bei einem Großteil unserer Doktorand:innen an der Fakultät auch so. Das ist also wohl nicht so ungewöhnlich.
Meine Betreuung ist ebenfalls dürftig. Mein Chef/Doktorvater hat sich anfangs einmal Zeit genommen, mein Exposé durchzusprechen und danach konnte ich mit Fragen immer zu ihm kommen, aber die Antworten waren oft oberflächig. Einige gute Ideen hat er mir aber mitgegeben ("Schauen Sie doch nochmal, was xy in seiner Theorie sagt und ob das verwertbar wäre"). Auf der anderen Seite war es gut, dass ich relativ freie Hand hatte und meine Diss wirklich "meine" Diss ist. Meine Rettung war übrigens die Einbindung in ein joint PhD/Cotutelle-Programm mit einer ausländischen Universität. Dadurch war ich ein Jahr im Ausland und habe dort hervorragende Betreuung durch meine Doktormutter genossen, aber fast noch wichtiger war die Entbindung von der Lehrstuhlarbeit. Bei mir ist es nur eine halbe Stelle und die raubt mir gefühlt schon wichtige Diss-Zeit, weil es ja oft nicht bei der vereinbarten Wochenzeit bleibt.
Meine Ideen also:
- Arbeitszeitreduzierung auf 50%? - du hättest immer noch Anschluss an den LS, aber weniger Arbeit und weniger der schlechten Stimmung und wenn du nicht auf großem Fuss lebst, dann reicht das Geld auch gut zum Leben
- Schauen, ob es Joint PhD oder Cotutelle-Programme an deiner Uni gibt und du damit automatisch in den Genuss von Doppelbetreuung und ggf. Auslandsaufenthalt kämst
- Doktorvaterwechsel, wie angesprochen. Notfalls machst du halt Dienst nach Vorschrift bei deinem jetzigen Prof.
- Einen Zweit-Doktorvater? Ich weiß nicht, wie üblich das in Deutschland ist, aber im Ausland eigentlich gang und gäbe.
Ich hatte nach 6 Monaten übrigens auch noch nicht so viel geschafft, erste Ideen, erste Entwürfe, aber wirklich angefangen habe ich erst viel später und ich sehe das bei einem Großteil unserer Doktorand:innen an der Fakultät auch so. Das ist also wohl nicht so ungewöhnlich.