Gestern, 10:59
Guten Morgen,
ich bin seit gut sechs Jahren Anwalt in einer, man würde sagen Feld-Wald-Wiesen, Kanzlei. Das heißt ich komme viel rum, habe viele Verfahren in erster Instanz zu betreuen, vornehmlich im Zivilrecht- und Verwaltungsrecht. Strafrecht fällt hinten drüber. Mir fällt zunehmends auf, dass ich frustiert bin, wenn ich Urteile "kassiere", die nach meinem (!) Rechtsempfinden falsch sind oder - noch schlimmer - Wesentliches übergangen haben. Na klar, jetzt könnte man sagen: Geh halt in die nächste Instanz. Aber so einfach ist es nicht. Das entscheide nicht ich, sondern der - selten nicht gerade erfreute und weitgehend mittellose - Mandant. Wie nehmt ihr diese Veränderung wahr? Ist das alles rein subjektiv geprägt, dass ich das nur denke, wenn ich verliere? Ich möchte allerdings dazu sagen, dass ich teilweise auch Verfahren gewinne, wo ich dem Mandanten vorher sinngemäß gesagt habe, dass das Verfahren in die Binsen geht. Ich frage dies deshalb, weil meine Kanzleikollegen mir zur "Beruhigung" immer sagen, dass die Qualität richterlicher Entscheidungen in den letzten Jahren abgenommen hat. Kein Bock, zu viel, zu schwer- keine Ahnung. Merkt ihr das auch?
ich bin seit gut sechs Jahren Anwalt in einer, man würde sagen Feld-Wald-Wiesen, Kanzlei. Das heißt ich komme viel rum, habe viele Verfahren in erster Instanz zu betreuen, vornehmlich im Zivilrecht- und Verwaltungsrecht. Strafrecht fällt hinten drüber. Mir fällt zunehmends auf, dass ich frustiert bin, wenn ich Urteile "kassiere", die nach meinem (!) Rechtsempfinden falsch sind oder - noch schlimmer - Wesentliches übergangen haben. Na klar, jetzt könnte man sagen: Geh halt in die nächste Instanz. Aber so einfach ist es nicht. Das entscheide nicht ich, sondern der - selten nicht gerade erfreute und weitgehend mittellose - Mandant. Wie nehmt ihr diese Veränderung wahr? Ist das alles rein subjektiv geprägt, dass ich das nur denke, wenn ich verliere? Ich möchte allerdings dazu sagen, dass ich teilweise auch Verfahren gewinne, wo ich dem Mandanten vorher sinngemäß gesagt habe, dass das Verfahren in die Binsen geht. Ich frage dies deshalb, weil meine Kanzleikollegen mir zur "Beruhigung" immer sagen, dass die Qualität richterlicher Entscheidungen in den letzten Jahren abgenommen hat. Kein Bock, zu viel, zu schwer- keine Ahnung. Merkt ihr das auch?
Gestern, 13:08
Das haben wir hier schon öfters diskutiert und ist sehr schwer zu objektivieren.
Zunächst ist es nie schön zu verlieren. Es geht aber bei Jura eigentlich um die Begründung, nicht das Ergebnis. Das siehst Du ja auch so, wenn Dir Fehler zu Deinen Gunsten auffallen. Aber das ist ja schon vergleichsweise differenziert: viele, gerade Laien (aber auch Juristen in eigener Sache) finden richtig, was ihnen Recht gibt, und Unrecht, was ihnen nicht hilft.
Im Grunde ist das wie hier die Diskussionen über Noten: das Forum kann halt aus der Ferne nicht wissen, ob die Prüfer schlecht oder die Geprüften schlecht waren. Also: Du könntest dauernd an schlechte Richter geraten oder ein ganz schlechtes Judiz haben. Keine Ahnung.
Wenn man das jetzt etwas stärker objektivieren will, müsste man z.B. die Aufhebungsquoten der obersten Gerichtshöfe über die Jahre vergleichen - immer vorausgesetzt, dass deren Urteile richtig sind...
Was mir am Landgericht in Berufungssachen und leider auch am OLG aufgefallen ist, ist die wahnsinnige Bandbreite an Qualität über alle Gerichte und Besoldungsgruppen hinweg. Da gibt es viel Gutes, einiges erschreckend Schlechtes und sehr viel dazwischen. Und nicht jeder Fehler wirkt sich wiederum auf das Ergebnis aus, mitunter ist es aus anderen Gründen doch wieder richtig.
Es gibt auch Standorte - Länder und bestimmte Bezirke bis hin zu einzelnen Spruchkörpern -, die im Schnitt besser als andere arbeiten, das hört man von Revisionsrichtern und merkt es auch bei der Verweisung von Verfahren, wenn man in die Akte schaut, oder bei Übernahme von Altverfahren bei Dezernatswechseln, Vertretung usw.
Es spielt aus meiner Sicht jedenfalls - in Gerichten wie Behörden - eine riesige Rolle, wie man als Berufseinsteiger sozialisiert wird. Insofern wird es teils auch als sehr kritisch gesehen, dass am LG das Kammerprinzip inzwischen so stark zurückgekommen ist, weil es das Lernen am Vorbild erschwert. Andererseits ist auch nicht jeder Vorsitzender ein gutes Vorbild...
Zunächst ist es nie schön zu verlieren. Es geht aber bei Jura eigentlich um die Begründung, nicht das Ergebnis. Das siehst Du ja auch so, wenn Dir Fehler zu Deinen Gunsten auffallen. Aber das ist ja schon vergleichsweise differenziert: viele, gerade Laien (aber auch Juristen in eigener Sache) finden richtig, was ihnen Recht gibt, und Unrecht, was ihnen nicht hilft.
Im Grunde ist das wie hier die Diskussionen über Noten: das Forum kann halt aus der Ferne nicht wissen, ob die Prüfer schlecht oder die Geprüften schlecht waren. Also: Du könntest dauernd an schlechte Richter geraten oder ein ganz schlechtes Judiz haben. Keine Ahnung.
Wenn man das jetzt etwas stärker objektivieren will, müsste man z.B. die Aufhebungsquoten der obersten Gerichtshöfe über die Jahre vergleichen - immer vorausgesetzt, dass deren Urteile richtig sind...
Was mir am Landgericht in Berufungssachen und leider auch am OLG aufgefallen ist, ist die wahnsinnige Bandbreite an Qualität über alle Gerichte und Besoldungsgruppen hinweg. Da gibt es viel Gutes, einiges erschreckend Schlechtes und sehr viel dazwischen. Und nicht jeder Fehler wirkt sich wiederum auf das Ergebnis aus, mitunter ist es aus anderen Gründen doch wieder richtig.
Es gibt auch Standorte - Länder und bestimmte Bezirke bis hin zu einzelnen Spruchkörpern -, die im Schnitt besser als andere arbeiten, das hört man von Revisionsrichtern und merkt es auch bei der Verweisung von Verfahren, wenn man in die Akte schaut, oder bei Übernahme von Altverfahren bei Dezernatswechseln, Vertretung usw.
Es spielt aus meiner Sicht jedenfalls - in Gerichten wie Behörden - eine riesige Rolle, wie man als Berufseinsteiger sozialisiert wird. Insofern wird es teils auch als sehr kritisch gesehen, dass am LG das Kammerprinzip inzwischen so stark zurückgekommen ist, weil es das Lernen am Vorbild erschwert. Andererseits ist auch nicht jeder Vorsitzender ein gutes Vorbild...


