10.03.2024, 19:44
Guten Abend liebe Community,
ich bin momentan dabei mein Lernsystem umzustellen und würde euch als erfahrene Absolventen gerne fragen, wie eure Lernstrategie während des Studiums aussah bzw. am optimalen Zeitpunkt.
Ich weiß, dass diese Frage nervig sein kann, da jeder Mensch einen eigenen ''Lerntypen'' (falls sowas überhaupt wissenschaftlich existent ist) hat und sowas nicht zu verallgemeinern ist.
Ich persönlich bin kein auditiver Lerntyp, zumindest lese ich mich vorher ein und höre mir nur ganz zum Schluss eine kurze Zusammenfassung von der Thematik an - z.B über JuraAcademy oder §31.
Mein Fehler liegt darin, dass ich Vorlesungsfolien zu Hause schriftlich zusammenfasse bzw. ergänze und im ersten Moment merke ich mir alles, doch sobald ich schon auf Seite 30+ mit Zusammenfassen bin, habe ich den Anfang schon nicht mehr im Kopf und alles scheint unübersichtlich.
Zudem geht es mächtig in die Zeit, sodass ich gar nicht dazu komme, Fälle zu lösen.
Mir ist es wichtig eine nachhaltige Lernstrategie aufzubauen, wo ich möglichst wenig Zeit in das Erstellen von Notizen investiere, doch mehr in die Praxis und auch langfristig bis zur Examensvorbereitung alles wiederholen kann. Diese 3 Punkte sind mir sehr wichtig.
Die Umsetzung fällt mir allerdings schwer, denn ich weiß nicht, wo ich anfangen soll.
Eine Überlegung war, dass ich zu jedem Rechtsgebiet bzw. neues Thema mir einfach ein Skript als PDF aus dem Internet ausdrucke oder bei uns am Lehrstuhl von den Professoren käuflich erwerbe und diese dann erstmal gründlich durchlese, um wirklich Informationsverständnis zu entwickeln und nicht bloß auswendiglernen. Anschließend in Verbindung mit den Vorlesungsfolien und einem Lehrbuch oder Hemmer Kurzlehrbuch gewisse Randnotizen/kleine Ergänzungen am Skript vornehme.
Somit hätte ich mir die gesamte vergeudetere Zeit an Zusammenfassung gespart, denn ich hätte schon alles ausgedruckt und mache dabei nur Randbemerkungen/Ergänzungen.
Sobald ich das durch habe, fange ich direkt mit Fällen an, um praktisch das gelernte Wissen anzuwenden.
Um dies nachhaltig zu stützen, würde ich zu jedem Gebiet noch zusätzlich die vorgefertigten Alpmann Schmidt Karteikarten kaufen und diese immer in der vorlesungsfreien Zeit nach den Prüfungen so 1 Woche durchgehen. Immer wieder mal. Mit Spaced Repetition.
Was haltet ihr davon? Habt ihr gute Vorschläge?
Liebe Grüße :)
ich bin momentan dabei mein Lernsystem umzustellen und würde euch als erfahrene Absolventen gerne fragen, wie eure Lernstrategie während des Studiums aussah bzw. am optimalen Zeitpunkt.
Ich weiß, dass diese Frage nervig sein kann, da jeder Mensch einen eigenen ''Lerntypen'' (falls sowas überhaupt wissenschaftlich existent ist) hat und sowas nicht zu verallgemeinern ist.
Ich persönlich bin kein auditiver Lerntyp, zumindest lese ich mich vorher ein und höre mir nur ganz zum Schluss eine kurze Zusammenfassung von der Thematik an - z.B über JuraAcademy oder §31.
Mein Fehler liegt darin, dass ich Vorlesungsfolien zu Hause schriftlich zusammenfasse bzw. ergänze und im ersten Moment merke ich mir alles, doch sobald ich schon auf Seite 30+ mit Zusammenfassen bin, habe ich den Anfang schon nicht mehr im Kopf und alles scheint unübersichtlich.
Zudem geht es mächtig in die Zeit, sodass ich gar nicht dazu komme, Fälle zu lösen.
Mir ist es wichtig eine nachhaltige Lernstrategie aufzubauen, wo ich möglichst wenig Zeit in das Erstellen von Notizen investiere, doch mehr in die Praxis und auch langfristig bis zur Examensvorbereitung alles wiederholen kann. Diese 3 Punkte sind mir sehr wichtig.
Die Umsetzung fällt mir allerdings schwer, denn ich weiß nicht, wo ich anfangen soll.
Eine Überlegung war, dass ich zu jedem Rechtsgebiet bzw. neues Thema mir einfach ein Skript als PDF aus dem Internet ausdrucke oder bei uns am Lehrstuhl von den Professoren käuflich erwerbe und diese dann erstmal gründlich durchlese, um wirklich Informationsverständnis zu entwickeln und nicht bloß auswendiglernen. Anschließend in Verbindung mit den Vorlesungsfolien und einem Lehrbuch oder Hemmer Kurzlehrbuch gewisse Randnotizen/kleine Ergänzungen am Skript vornehme.
Somit hätte ich mir die gesamte vergeudetere Zeit an Zusammenfassung gespart, denn ich hätte schon alles ausgedruckt und mache dabei nur Randbemerkungen/Ergänzungen.
Sobald ich das durch habe, fange ich direkt mit Fällen an, um praktisch das gelernte Wissen anzuwenden.
Um dies nachhaltig zu stützen, würde ich zu jedem Gebiet noch zusätzlich die vorgefertigten Alpmann Schmidt Karteikarten kaufen und diese immer in der vorlesungsfreien Zeit nach den Prüfungen so 1 Woche durchgehen. Immer wieder mal. Mit Spaced Repetition.
Was haltet ihr davon? Habt ihr gute Vorschläge?
Liebe Grüße :)
11.03.2024, 00:21
(gelöscht)
16.03.2024, 20:27
Hallo,
Ich habe in deinem anderen Thread schon eine längere Antwort gegeben und schreibe jetzt hier auch nochmal etwas:
Da Lernstrategien sehr individuell sind, drehen wir doch den Spieß um und schauen einfach mal, was das Ziel ist. Was muss man können/wissen, um im Examen zu bestehen oder sogar gute Noten zu erhalten.
Jeder Mensch ist unterschiedlich und lernt deshalb anders, aber das Ziel ist ja das selbe.
Mein erstes Examen liegt schon etwas zurück, deshalb lasse ich mich gerne von Kollegeninnen korrigieren, aber ich würde sagen, dass das Ziel einer Examensklausur-Lösung die folgenden Punkte sein sollten:
- Fertig werden
- Struktur einhalten
Gutachtenstil; Rechtsgrundlage, Tatbestand, Rechtsfolge; Definition, Subsumption; Anspruchsentstehung, Anspruchsuntergang; Objektiver Tatbestand, subjektiver Tatbestand, Rechtswidrigkeit, Schuld; Formelle Rechtmäßigkeit, Materielle Rechtmäßigkeit
- Verständlichkeit/Nachvollziehbarkeit
Jedes juristische Dokument, egal ob Urteil, Klausur oder Klageschrift, ist dafür gemacht, von anderen Menschen gelesen und verstanden zu werden.
- Alle "Probleme" erkennen, an der richtigen Stelle in der Struktur verordnen (Tatbestand oder Rechtsfolge, Formell oder Matriell?) und zu einer vertretbaren Lösung kommen.
Insoweit unterscheidet sich die Klausur von der Praxis. Im ersten Examen ist fast jeder Satz des Sachverhalts an irgendeiner Stelle der Klausurlösung anzusprechen. Je nach Bundesland gibt es vielleicht auch mal Nebelkerzen, die in die Irre führen sollen, aber das ist die Ausnahme.
- Zu einer überzeugenden Lösung kommen
Jura ist keine Mathematik, deshalb heißt es "2 Juristen, 3 Meinungen". Für eine gute Note muss man nicht die BGH-Rechtsprechung treffen. Man muss die Gegenseite überzeugen, im Examen eben die Prüfer.
In der Klausur darf man sich nicht selbst widersprechen und an den 2-3 schwierigen/streitigen Schwerpunkten sollte man ein paar Argumente liefern. Ob man die Argumente auswendig gelernt hat oder ob sie einem spontan eingefallen sind, ist egal, solange sie gut sind.
- Schwerpunkte setzen
Manche Punkte dürfen auch im Ersten Examen im Urteilsstil abgehandelt werden, weil sie so offensichtlich sind. Andere Punkte müssen über 2 Seiten erläutert werden.
Man muss nicht 1zu1 die Musterlösung wiedergeben. Ich bin selbt in beiden Examen knapp ins VB gekommen, aber in meinen Klausuren war immernoch so viel falsch, das ich es selbst kaum fassen konnte.
Wie lernt man das? Ich habe selbst immer ein ganz gutes Rechtsverständnis gehalbt. Mein Problem war nur, dass ich zu faul war, auch nur irgendwas auswendig zu lernen. Ich habe mein ganzes Studium über in kein Lehrbuch geschaut (nur für Hausarbeiten), und in der Examensvorbereitung vor allem Prüfungsschemata und Definitionen auswendig gelernt.
Ich habe erst im 6.-7. Semester ernsthaft mit dem Studium angefangen und empfehle dringends, es anders zu machen. Mein Lernen, außerhalb des Repetitoriums ab dem 7. Semester sah so aus:
1. Erst Prüfungsschema anfertigen und lernen
Keine Defintionen usw.
Nur:
Anspruch aus §280 I BGB: Schuldverhältnis, Pflichtverletzung, Vertretenmüssen, Kausaler Schaden
Rechmäßgkeit eines VA: Rechtsgrundlage, Formelle Rechtmäßigkeit (Zuständigkeit, Verfahren, Form), Materielle Rechtmäßigkeit (Tatbestand, Rechtsfolge)
Ansprüche im Zivilrecht: Vertraglich, Quasi-Vertraglich, EBV (Sperrwirkung!), GoA, Delikt, Bereicherung
usw.
Wobei du es vertikal schreiben solltest. Dann prägt sich das besser ein. Das sind nämlich deine Zwischenüberschriften im Gutachten.
Diese Dinge müssen 100% sitzen, auch nachts um 3, auch bei 1,5 Promille.
2. Dann die wichtigsten Definitionen
Die wichtigsten Definitionen möglichst im Wortlaut, periphäre Definitionen dem Sinn gemäß. ggf. wird in der Definition ein Begriff verwendet, dessen Defintion man kennen sollte (Diebstahl, Wegnahme, Gewahrsamsbruch, Gewahrsam, Bruch, usw.)
3. Rechtstechnik
Gutachtenstil: Definition, Subsumption
Argumentationstechniken: Umkehrschluss, Erstrechtschluss, usw; Im Jura-Latein: argumentum e contrario, a maiore ad minus, ad absolutum/absurdum, usw., wobei man nicht das latainische Wort kennen muss, aber den jeweiligen Gedankengang, der dahinter steht.
Auslegungstechniken: Wortlaut, System, (Historisch), Sinn und Zweck(!!!)
Selbst wenn man die Klausur nicht kennt oder von dem Problem noch nicht gehört hat, kann man mit guter Technik und einem guten Argument einiges rausholen.
"Fraglich ob mit XY auch Z gemeint sein könnte. Der Wortlaut spricht dafür, weil [...]. Vom Sinn und Zweck her kann es aber nicht sein, dass [...], weil [...]. Im Ergebnis [...]."
5. Klausuren schreiben
Hab ich zu wenig gemacht. Kann ich nur empfehlen. Mir wurde es empfohlen, ich habe es nicht gemacht und dann bereut....
Wenigstens Lösungsskizzen anfertigen.
4. Meinungsstreitigkeiten
Im ersten Examen durchaus wichtig. Aber!! Meinungsstreite nicht im luftleeren Raum lernen, sondern im Hinterkopf haben, an welcher Stelle im der Struktur der Streit anzusprechen ist. Meistens geht es entweder um eine bestimmte Definition oder den Anwendungsbereich einer Norm.
Ich wünsche viel Erfolg!
Ich habe in deinem anderen Thread schon eine längere Antwort gegeben und schreibe jetzt hier auch nochmal etwas:
Da Lernstrategien sehr individuell sind, drehen wir doch den Spieß um und schauen einfach mal, was das Ziel ist. Was muss man können/wissen, um im Examen zu bestehen oder sogar gute Noten zu erhalten.
Jeder Mensch ist unterschiedlich und lernt deshalb anders, aber das Ziel ist ja das selbe.
Mein erstes Examen liegt schon etwas zurück, deshalb lasse ich mich gerne von Kollegeninnen korrigieren, aber ich würde sagen, dass das Ziel einer Examensklausur-Lösung die folgenden Punkte sein sollten:
- Fertig werden
- Struktur einhalten
Gutachtenstil; Rechtsgrundlage, Tatbestand, Rechtsfolge; Definition, Subsumption; Anspruchsentstehung, Anspruchsuntergang; Objektiver Tatbestand, subjektiver Tatbestand, Rechtswidrigkeit, Schuld; Formelle Rechtmäßigkeit, Materielle Rechtmäßigkeit
- Verständlichkeit/Nachvollziehbarkeit
Jedes juristische Dokument, egal ob Urteil, Klausur oder Klageschrift, ist dafür gemacht, von anderen Menschen gelesen und verstanden zu werden.
- Alle "Probleme" erkennen, an der richtigen Stelle in der Struktur verordnen (Tatbestand oder Rechtsfolge, Formell oder Matriell?) und zu einer vertretbaren Lösung kommen.
Insoweit unterscheidet sich die Klausur von der Praxis. Im ersten Examen ist fast jeder Satz des Sachverhalts an irgendeiner Stelle der Klausurlösung anzusprechen. Je nach Bundesland gibt es vielleicht auch mal Nebelkerzen, die in die Irre führen sollen, aber das ist die Ausnahme.
- Zu einer überzeugenden Lösung kommen
Jura ist keine Mathematik, deshalb heißt es "2 Juristen, 3 Meinungen". Für eine gute Note muss man nicht die BGH-Rechtsprechung treffen. Man muss die Gegenseite überzeugen, im Examen eben die Prüfer.
In der Klausur darf man sich nicht selbst widersprechen und an den 2-3 schwierigen/streitigen Schwerpunkten sollte man ein paar Argumente liefern. Ob man die Argumente auswendig gelernt hat oder ob sie einem spontan eingefallen sind, ist egal, solange sie gut sind.
- Schwerpunkte setzen
Manche Punkte dürfen auch im Ersten Examen im Urteilsstil abgehandelt werden, weil sie so offensichtlich sind. Andere Punkte müssen über 2 Seiten erläutert werden.
Man muss nicht 1zu1 die Musterlösung wiedergeben. Ich bin selbt in beiden Examen knapp ins VB gekommen, aber in meinen Klausuren war immernoch so viel falsch, das ich es selbst kaum fassen konnte.
Wie lernt man das? Ich habe selbst immer ein ganz gutes Rechtsverständnis gehalbt. Mein Problem war nur, dass ich zu faul war, auch nur irgendwas auswendig zu lernen. Ich habe mein ganzes Studium über in kein Lehrbuch geschaut (nur für Hausarbeiten), und in der Examensvorbereitung vor allem Prüfungsschemata und Definitionen auswendig gelernt.
Ich habe erst im 6.-7. Semester ernsthaft mit dem Studium angefangen und empfehle dringends, es anders zu machen. Mein Lernen, außerhalb des Repetitoriums ab dem 7. Semester sah so aus:
1. Erst Prüfungsschema anfertigen und lernen
Keine Defintionen usw.
Nur:
Anspruch aus §280 I BGB: Schuldverhältnis, Pflichtverletzung, Vertretenmüssen, Kausaler Schaden
Rechmäßgkeit eines VA: Rechtsgrundlage, Formelle Rechtmäßigkeit (Zuständigkeit, Verfahren, Form), Materielle Rechtmäßigkeit (Tatbestand, Rechtsfolge)
Ansprüche im Zivilrecht: Vertraglich, Quasi-Vertraglich, EBV (Sperrwirkung!), GoA, Delikt, Bereicherung
usw.
Wobei du es vertikal schreiben solltest. Dann prägt sich das besser ein. Das sind nämlich deine Zwischenüberschriften im Gutachten.
Diese Dinge müssen 100% sitzen, auch nachts um 3, auch bei 1,5 Promille.
2. Dann die wichtigsten Definitionen
Die wichtigsten Definitionen möglichst im Wortlaut, periphäre Definitionen dem Sinn gemäß. ggf. wird in der Definition ein Begriff verwendet, dessen Defintion man kennen sollte (Diebstahl, Wegnahme, Gewahrsamsbruch, Gewahrsam, Bruch, usw.)
3. Rechtstechnik
Gutachtenstil: Definition, Subsumption
Argumentationstechniken: Umkehrschluss, Erstrechtschluss, usw; Im Jura-Latein: argumentum e contrario, a maiore ad minus, ad absolutum/absurdum, usw., wobei man nicht das latainische Wort kennen muss, aber den jeweiligen Gedankengang, der dahinter steht.
Auslegungstechniken: Wortlaut, System, (Historisch), Sinn und Zweck(!!!)
Selbst wenn man die Klausur nicht kennt oder von dem Problem noch nicht gehört hat, kann man mit guter Technik und einem guten Argument einiges rausholen.
"Fraglich ob mit XY auch Z gemeint sein könnte. Der Wortlaut spricht dafür, weil [...]. Vom Sinn und Zweck her kann es aber nicht sein, dass [...], weil [...]. Im Ergebnis [...]."
5. Klausuren schreiben
Hab ich zu wenig gemacht. Kann ich nur empfehlen. Mir wurde es empfohlen, ich habe es nicht gemacht und dann bereut....
Wenigstens Lösungsskizzen anfertigen.
4. Meinungsstreitigkeiten
Im ersten Examen durchaus wichtig. Aber!! Meinungsstreite nicht im luftleeren Raum lernen, sondern im Hinterkopf haben, an welcher Stelle im der Struktur der Streit anzusprechen ist. Meistens geht es entweder um eine bestimmte Definition oder den Anwendungsbereich einer Norm.
Ich wünsche viel Erfolg!