11.02.2024, 15:26
Da ich über einen Wechsel aus der Anwaltschaft in den öD nachdenke, aber keine vorschnellen Entscheidungen treffen möchte, intressiert mich die Frage der Unabhängigkeit und Selbstbestimmtheit im öD.
Mich stört als Anwalt zutiefst die Weisungsgebundenheit und dass kurz vor Feierabend ein cholerischer Partner ins Büro stürmt und mir Arbeit hinwirft, die alsbald erledigt werden muss. Auch herrscht permanenter Umsatz und Billable Druck, was mir echt zu schaffen machen. Von den Mandanten ganz zu schweigen. Ergo: Aus diesem Bereich möchte ich raus.
Nun stellt sich mir die Frage, wie das mit der Selbstbestimmtheit im öD ist. Wird mir hier auch oft einfach Arbeit hingeworfen mit der Bemerkung, dass alles eilig ist? Oder kann man grundsätzlich seine Arbeit frei einteilen? Ich habe in der freien Wirtschaft allzuoft das Gefühl, "kontrolliert" zu werden und nur für guten Umsatz da zu sein, das ist kein schönes Gefühl.
In der Justiz ist das klar, ja. Aber da möchte ich aufgrund des Erledigungsdrucks ungern hin.
Im Übrigen geht es mir hier eher nicht um Stellen mit viel Führungskram, sondern primär juristisch geprägte Stellen im öD.
LG
Mich stört als Anwalt zutiefst die Weisungsgebundenheit und dass kurz vor Feierabend ein cholerischer Partner ins Büro stürmt und mir Arbeit hinwirft, die alsbald erledigt werden muss. Auch herrscht permanenter Umsatz und Billable Druck, was mir echt zu schaffen machen. Von den Mandanten ganz zu schweigen. Ergo: Aus diesem Bereich möchte ich raus.
Nun stellt sich mir die Frage, wie das mit der Selbstbestimmtheit im öD ist. Wird mir hier auch oft einfach Arbeit hingeworfen mit der Bemerkung, dass alles eilig ist? Oder kann man grundsätzlich seine Arbeit frei einteilen? Ich habe in der freien Wirtschaft allzuoft das Gefühl, "kontrolliert" zu werden und nur für guten Umsatz da zu sein, das ist kein schönes Gefühl.
In der Justiz ist das klar, ja. Aber da möchte ich aufgrund des Erledigungsdrucks ungern hin.
Im Übrigen geht es mir hier eher nicht um Stellen mit viel Führungskram, sondern primär juristisch geprägte Stellen im öD.
LG
11.02.2024, 16:32
Wie so oft im Leben kommt es darauf an, wo im ÖD Du landest und auf den Vorgesetzten, den Du erwischst. Es gibt durchaus Stellen und Zeiten, in denen Du Dir die Zeit bzw. die Arbeit selbst einteilen kannst, aber eben auch solche, wo ein hoher Erledigungsdruck herrscht. Wenn Du beispielsweise in einem Ministerium arbeitest und der Minister, Staatssekretär oder Landtag will was, dann muss das in der Regel gestern erledigt sein. Da kann man sich dann auch nicht auf seine Wochenarbeitszeit berufen, zumindest, wenn man Ambitionen auf eine gewisse Entwicklung bzw. Karriere hat.
Die Horror-Arbeitszeiten in der GK, von denen man hier im Forum bisweilen liest, wirst Du in einer Behörde in aller Regel aber nicht haben, das wäre bei dem Unterschied in der Bezahlung auch noch schöner. Und auch im Vergleich zur Justiz, wo es von der Arbeitsbelastubg her gerade am Anfang "knüppeldick kommen kann", ist der Behördenalltag nach meiner Erfahrung zumeist wesentlich entspannter.
Die Horror-Arbeitszeiten in der GK, von denen man hier im Forum bisweilen liest, wirst Du in einer Behörde in aller Regel aber nicht haben, das wäre bei dem Unterschied in der Bezahlung auch noch schöner. Und auch im Vergleich zur Justiz, wo es von der Arbeitsbelastubg her gerade am Anfang "knüppeldick kommen kann", ist der Behördenalltag nach meiner Erfahrung zumeist wesentlich entspannter.
11.02.2024, 16:46
Das hängt in der Verwaltung massiv davon ab, wo Du bist und noch mehr wer vor Dir sitzt. Ich habe schon Stellen im Ministerium erlebt, wo es um nichts ging und trotzdem sinnloser Druck gemacht wurde - und hochpolitische Stellen, wo ich dank toller ALs mehr Freiheiten hatte als in manchen Kollegialgerichten. Es kommt wirklich sehr darauf an.
11.02.2024, 17:15
Absolut! Ein Freund von mir arbeitet seit Jahren in der Kommunalverwaltung (Rechtsamt) und kloppt fleissig Überstunden. An einem verschlafenen Amtsgericht hingegen kommen einige mit 30-35h aus.
11.02.2024, 21:20
Ich arbeite im Rechtsamt und bin dort der einzige Jurist. Zwar muss ich 41 Stunden die Woche arbeiten, allerdings bin ich so mit 30-35 echt gut fertig mit allem und kann den Rest der Zeit Zeitung lesen…
11.02.2024, 22:07
Ist sicher auch eine Frage der Arbeitsmoral. Kümmere ich mich um den fünften komischen Fall diese Woche auch noch selbst oder gebe ich das raus an eine externe Kanzlei?
Dass wir uns nicht missverstehen. Ich halte es für gesünder, rauszugeben und dafür auch mal eine Zeitung lesen zu können. Oder meinetwegen was Juristisches. Diese ganze Aktenklopperei, was man immer wieder hört, nope, würde ich nicht einsehen, zumindest prinzipiell. Überhaupt keine Frage, dass es auch stressige Phasen geben darf. Aber Kloppen zur Norm? Das muss wirklich aufhören, und notwendigenfalls muss man auch aktiv dagegen vorgehen, soweit möglich.
Dass wir uns nicht missverstehen. Ich halte es für gesünder, rauszugeben und dafür auch mal eine Zeitung lesen zu können. Oder meinetwegen was Juristisches. Diese ganze Aktenklopperei, was man immer wieder hört, nope, würde ich nicht einsehen, zumindest prinzipiell. Überhaupt keine Frage, dass es auch stressige Phasen geben darf. Aber Kloppen zur Norm? Das muss wirklich aufhören, und notwendigenfalls muss man auch aktiv dagegen vorgehen, soweit möglich.
12.02.2024, 09:33
(11.02.2024, 16:32)juraistschön schrieb: Wie so oft im Leben kommt es darauf an, wo im ÖD Du landest und auf den Vorgesetzten, den Du erwischst. Es gibt durchaus Stellen und Zeiten, in denen Du Dir die Zeit bzw. die Arbeit selbst einteilen kannst, aber eben auch solche, wo ein hoher Erledigungsdruck herrscht. Wenn Du beispielsweise in einem Ministerium arbeitest und der Minister, Staatssekretär oder Landtag will was, dann muss das in der Regel gestern erledigt sein. Da kann man sich dann auch nicht auf seine Wochenarbeitszeit berufen, zumindest, wenn man Ambitionen auf eine gewisse Entwicklung bzw. Karriere hat.
Die Horror-Arbeitszeiten in der GK, von denen man hier im Forum bisweilen liest, wirst Du in einer Behörde in aller Regel aber nicht haben, das wäre bei dem Unterschied in der Bezahlung auch noch schöner. Und auch im Vergleich zur Justiz, wo es von der Arbeitsbelastubg her gerade am Anfang "knüppeldick kommen kann", ist der Behördenalltag nach meiner Erfahrung zumeist wesentlich entspannter.
Das würde ich so unterschreiben. Arbeite in einem BM. Der Vorteil hier ist mE aber, dass die eiligen Sachen von „oben“ meist genau in dein Arbeitsbereich fallen und du relativ problemlos kurzfristig zuarbeiten kannst einfach weil du dich damit sehr gut auskennst. Solltest Du direkt im Leitungsbereich arbeiten, mag das anders aussehen. Aber da landet man auch nicht „einfach so“. Auf Bundesebene ist der Koalitionsvertrag die Grundlage, auf der du arbeitest - da bist du nicht unabhängig.
Der große Vorteil ist hier aus meiner Sicht, dass jede Überstunde aufgeschrieben wird und man die ganz überwiegend auch abbauen kann. Das ist in einer GK nicht so.
Klar, kann es hier auch mal hektisch werden, aber wer seine Vorgänge gut priorisieren kann, der kommt in einem Ministerium gut zurecht.
Aber die Hierarchie sind natürlich sehr sehr streng. Von Unabhängigkeit kann kaum die Rede sein.
Wäre nicht der Richterjob was für dich? Oder Anwalt in einer kleineren Kanzlei? Da bist du ja schon ziemlich frei.
12.02.2024, 11:27
Dein Post liest sich ja wirklich so, dass es dir ganz besonders auf Unabhängigkeit im öD ankommt. Da drängt sich in meinen Augen natürlich das Richteramt auf. Das ist übrigens auch der Grund, warum ich nach einigen Wechseln (Führungskraft in der Verwaltung, Referent in einer Bundesbehörde und heute Richter) dort gelandet und auch geblieben bin. Selbst als Einzelanwalt hast du nicht diese Unabhängigkeit, da du dir idR gerade am Anfang deine Mandate nicht aussuchen kannst. Da musst du dann schon mal den grössten Blödsinn einklagen und dir vom Gericht um die Ohren schlagen lassen.
Das mit dem Erledigungsdruck in der Justiz ist auch sehr einzelfallabhängig. Schau dich nur mal hier im Forum um. Tendenziell scheint mir die Belastung in den Fachgerichtsbarkeiten niedriger und bei der StA und an LGs höher zu sein, aber es kommt natürlich immer auch auf die Materie, die Kollegen, das konkrete Gericht, das Bundesland, deine Arbeitsweise usw an.
Warum versuchst du es nicht erstmal mit der Justiz? Wenn es dir dort nicht gefällt, bleibt dir immer noch der Laufbahnwechsel in die Verwaltung. Kenne einige, die das gemacht haben. Auch die Justiz hat kein Interesse daran, Wechselwillige festzuhalten. Und ehemalige Richter sind in der Verwaltung grundsätzlich gerne gesehen.
Das mit dem Erledigungsdruck in der Justiz ist auch sehr einzelfallabhängig. Schau dich nur mal hier im Forum um. Tendenziell scheint mir die Belastung in den Fachgerichtsbarkeiten niedriger und bei der StA und an LGs höher zu sein, aber es kommt natürlich immer auch auf die Materie, die Kollegen, das konkrete Gericht, das Bundesland, deine Arbeitsweise usw an.
Warum versuchst du es nicht erstmal mit der Justiz? Wenn es dir dort nicht gefällt, bleibt dir immer noch der Laufbahnwechsel in die Verwaltung. Kenne einige, die das gemacht haben. Auch die Justiz hat kein Interesse daran, Wechselwillige festzuhalten. Und ehemalige Richter sind in der Verwaltung grundsätzlich gerne gesehen.