20.01.2024, 19:17
Hallo,
ich habe letztes Jahr mein 2. Staatsexamen gemacht und stehe jetzt vor dem Berufseinstieg, geplant ist ein Einstieg im Bereich Corporate/M&A in einer Großkanzlei. Notentechnisch bin ich sehr zufrieden (2xVB).
Aktuell bin ich auf der Suche nach der passenden Kanzlei für mich. Dabei ist für mich neben der Stimmung im Team und der Ausbildung auch die Arbeitsbelastung relevant.
Mir ist klar, dass gerade im M&A Bereich viel und lange gearbeitet wird, es insbesondere immer wieder zu Spitzen kommt. Dennoch würde ich ungern in einer Kanzlei starten, in der man quasi nie vor Mitternacht rauskommt.
Ich überlege daher, ob ich mich überhaupt bei den ganz großen Topadressen (Freshfields, Latham etc.) bewerben sollte.
Meine erste Frage bzgl. der Arbeitszeiten lautet daher:
Kann man davon ausgehen, dass in einer T1 Kanzlei grundsätzlich noch mehr und länger gearbeitet wird, als in T2 oder T3 Kanzleien? Gibt es anderweitige Indizien, die einen ganz groben Rückschluss auf die Arbeitszeit zulassen, ggf. ein Blick auf den UBT?
Wenn man diesen Grundsatz nicht aufstellen kann, dann sollte man doch eigentlich eher schauen, dass man möglichst in einer renommierten T1 Kanzlei anfängt oder (vorausgesetzt Stimmung und alle anderen wichtigen Punkte sind identisch)?
Das führt mich zu Frage Nummer 2:
Sind spätere Exitoptionen tatsächlich deutlich besser, wenn man bei den absoluten Topadressen anfängt oder macht das im Vergleich zu T2, T3 keinen nennenswerten Unterschied?
Bitte entschuldigt diese abstrakten und fast schon naiven Fragen, ich möchte zum Berufseinstieg nur möglichst viele Fehler vermeiden.
Ich freue mich über jede Antwort und Anmerkung
ich habe letztes Jahr mein 2. Staatsexamen gemacht und stehe jetzt vor dem Berufseinstieg, geplant ist ein Einstieg im Bereich Corporate/M&A in einer Großkanzlei. Notentechnisch bin ich sehr zufrieden (2xVB).
Aktuell bin ich auf der Suche nach der passenden Kanzlei für mich. Dabei ist für mich neben der Stimmung im Team und der Ausbildung auch die Arbeitsbelastung relevant.
Mir ist klar, dass gerade im M&A Bereich viel und lange gearbeitet wird, es insbesondere immer wieder zu Spitzen kommt. Dennoch würde ich ungern in einer Kanzlei starten, in der man quasi nie vor Mitternacht rauskommt.
Ich überlege daher, ob ich mich überhaupt bei den ganz großen Topadressen (Freshfields, Latham etc.) bewerben sollte.
Meine erste Frage bzgl. der Arbeitszeiten lautet daher:
Kann man davon ausgehen, dass in einer T1 Kanzlei grundsätzlich noch mehr und länger gearbeitet wird, als in T2 oder T3 Kanzleien? Gibt es anderweitige Indizien, die einen ganz groben Rückschluss auf die Arbeitszeit zulassen, ggf. ein Blick auf den UBT?
Wenn man diesen Grundsatz nicht aufstellen kann, dann sollte man doch eigentlich eher schauen, dass man möglichst in einer renommierten T1 Kanzlei anfängt oder (vorausgesetzt Stimmung und alle anderen wichtigen Punkte sind identisch)?
Das führt mich zu Frage Nummer 2:
Sind spätere Exitoptionen tatsächlich deutlich besser, wenn man bei den absoluten Topadressen anfängt oder macht das im Vergleich zu T2, T3 keinen nennenswerten Unterschied?
Bitte entschuldigt diese abstrakten und fast schon naiven Fragen, ich möchte zum Berufseinstieg nur möglichst viele Fehler vermeiden.
Ich freue mich über jede Antwort und Anmerkung

20.01.2024, 19:28
Hier nur ein kleiner Erfahrungsbericht:
Ich hab bei einer T2-3-GK angefangen und dachte mir das so ähnlich wie du: T1 könnte richtig krasse Arbeitszeiten haben, daher lieber etwas "gemütlicher" einsteigen, was - so dachte ich - auch im gegenüber Gleiss, Freshfields, etc. etwas niedrigeren Gehalt ausgedrückt ist. War dann nicht so, ich habe schon im ersten Jahr deutlich über 2000+ Stunden aufgeschrieben (und man schreibt ja nicht jede Minute auf, sondern eher weniger...). Andere Fachbereiche der Kanzlei waren selten so lange da und haben nicht so hart gebilled wie mein Team. Von außen konnte ich das nicht erkennen, obwohl ich mich nach konkreten Arbeitszeiten erkundigt hatte. Die waren im Bewerbungsgespräch eher schöngerechnet worden ("Durchschnittlich 9 bis 8." - ja lol, nee). Meine persönliche Erfahrung wäre also: Ob T1 wirklich hart schuftet, weiß ich nicht, aber bei dem Umkehrschluss, dass das in T2-x nicht so wäre, wäre ich vorsichtig.
Ich bin aus der GK in ein großes Unternehmen gewechselt. Dazu brauchte es bei mir also keine absolute Topadresse. Ich bin da zufrieden.
Ich hab bei einer T2-3-GK angefangen und dachte mir das so ähnlich wie du: T1 könnte richtig krasse Arbeitszeiten haben, daher lieber etwas "gemütlicher" einsteigen, was - so dachte ich - auch im gegenüber Gleiss, Freshfields, etc. etwas niedrigeren Gehalt ausgedrückt ist. War dann nicht so, ich habe schon im ersten Jahr deutlich über 2000+ Stunden aufgeschrieben (und man schreibt ja nicht jede Minute auf, sondern eher weniger...). Andere Fachbereiche der Kanzlei waren selten so lange da und haben nicht so hart gebilled wie mein Team. Von außen konnte ich das nicht erkennen, obwohl ich mich nach konkreten Arbeitszeiten erkundigt hatte. Die waren im Bewerbungsgespräch eher schöngerechnet worden ("Durchschnittlich 9 bis 8." - ja lol, nee). Meine persönliche Erfahrung wäre also: Ob T1 wirklich hart schuftet, weiß ich nicht, aber bei dem Umkehrschluss, dass das in T2-x nicht so wäre, wäre ich vorsichtig.
Ich bin aus der GK in ein großes Unternehmen gewechselt. Dazu brauchte es bei mir also keine absolute Topadresse. Ich bin da zufrieden.
20.01.2024, 20:01
Vielen lieben Dank für deine Antwort.
Das hört sich natürlich suboptimal an, freut mich allerdings, dass du jetzt happy im Unternehmen bist :)
Man könnte das ganze natürlich auch so sehen, dass die Arbeitszeiten unbekannt sind, Gehalt und Renomee wenigstens feststehen, und man daher sicherheitshalber einfach versuchen sollte, möglichst in T1 reinzukommen
Das hört sich natürlich suboptimal an, freut mich allerdings, dass du jetzt happy im Unternehmen bist :)
Man könnte das ganze natürlich auch so sehen, dass die Arbeitszeiten unbekannt sind, Gehalt und Renomee wenigstens feststehen, und man daher sicherheitshalber einfach versuchen sollte, möglichst in T1 reinzukommen

20.01.2024, 23:04
Kommt generell eher auf das Team an als die Kanzlei. Bin in einer der genannten Kanzleien, 12 Uhr ist da schon sehr lang und nicht die Regel. Kommt aber vor.
20.01.2024, 23:43
Danke für die Antwort :)
Du machst Corporate/ M&A oder?
Jetzt wärs natürlich super spannend zu wissen, bei welcher der genannten du bist und welcher Standort.
Verstehe es natürlich aber auch, wenn du dazu nix sagen willst.
Wie lang geht denn dann bei euch ein Durchschnittstag ca? Bleiben bei diesen Kanzleien die Wochenenden grundsätzlich frei oder sollte man damit eher nicht rechnen?
Du machst Corporate/ M&A oder?
Jetzt wärs natürlich super spannend zu wissen, bei welcher der genannten du bist und welcher Standort.
Verstehe es natürlich aber auch, wenn du dazu nix sagen willst.
Wie lang geht denn dann bei euch ein Durchschnittstag ca? Bleiben bei diesen Kanzleien die Wochenenden grundsätzlich frei oder sollte man damit eher nicht rechnen?
22.01.2024, 01:11
Würde zu der Thematik auch gerne mehr Meinungen hören #push
Wie schon anderswo gesagt, mein Eindruck ist, dass die Praxisgruppe einen größeren Einfluss auf die Länge und Planbarkeit der Arbeitszeiten hat als das Renommee der Kanzlei.
Wie schon anderswo gesagt, mein Eindruck ist, dass die Praxisgruppe einen größeren Einfluss auf die Länge und Planbarkeit der Arbeitszeiten hat als das Renommee der Kanzlei.
22.01.2024, 10:35
Das Problem ist doch, dass es selbst in einer Kanzlei an einem Standort in verschiedenen Teams völlig unterschiedlich sein kann. Ich hatte das selbst jahrelang. Während ich fast regelmäßig um 20:00 Uhr gehen konnte, gab es einen Kollegen ein Büro weiter, der arbeitete für ein anderes Team und hat jeden Abend lange gesessen. Der musste auch oft am Wochenende reinkommen, ich nie. Das hängt halt alles vom Partner und dessen Auslastung ab und ist vorher kaum vorherzusehen. Am Besten wäre es deshalb wenn Du jemanden aus der Kanzlei kennst und direkt Erkundigungen zum jeweiligen Team einholen könntest.
22.01.2024, 11:04
Vielen Dank bis hier her :)
Dass die Arbeitszeiten maßgeblich von der Praxisgruppe und vom jeweiligen Partner abhängen, scheint also ziemlich gesichert zu sein.
Was mich nur interessieren würde ist, ob man die Arbeitszeiten und den Druck im Vorhinein etwas minimieren kann, indem man bewusst eine T2/T3 Kanzlei wählt, anstatt eine T1 Marktführerkanzlei.
Wenn man sich den UBT von T1 Kanzleien anschaut, ist dieser zumeist deutlich über dem von T2 etc. Irgendwie muss dieser ja verdient werden, weshalb ich mich derzeit etwas davor drücke, mich bei den großen T1 zu bewerben
Die vorherigen Kommentare wirken aber eher so, als ob man den Grundsatz: ,,In T1 wird generell mehr gearbeitet“, gar nicht aufstellen kann.
Wäre natürlich ärgerlich, wenn man in der Hoffnung auf bessere Work Life Balance eine super Chance beim Marktführer auslässt.
Dass die Arbeitszeiten maßgeblich von der Praxisgruppe und vom jeweiligen Partner abhängen, scheint also ziemlich gesichert zu sein.
Was mich nur interessieren würde ist, ob man die Arbeitszeiten und den Druck im Vorhinein etwas minimieren kann, indem man bewusst eine T2/T3 Kanzlei wählt, anstatt eine T1 Marktführerkanzlei.
Wenn man sich den UBT von T1 Kanzleien anschaut, ist dieser zumeist deutlich über dem von T2 etc. Irgendwie muss dieser ja verdient werden, weshalb ich mich derzeit etwas davor drücke, mich bei den großen T1 zu bewerben

Die vorherigen Kommentare wirken aber eher so, als ob man den Grundsatz: ,,In T1 wird generell mehr gearbeitet“, gar nicht aufstellen kann.
Wäre natürlich ärgerlich, wenn man in der Hoffnung auf bessere Work Life Balance eine super Chance beim Marktführer auslässt.
22.01.2024, 11:23
Ich kann ALTER MANN nur beipflichten, habe selbst ähnliche Beobachtungen gemacht.
Mein Partner hatte seine Schäfchen im Trockenen, einen Mandantenstamm, der ihm einen konstanten, in der (US-)Kanzlei überdurchschnittlichen Arbeitsfluss besorgt hat und deshalb relativ wenig Stress mit Business Development. Dadurch war es auch mir möglich, meine Arbeitszeit im Wesentlichen mit billable work zu verbringen und relativ wenig Zeit in andere Tätigkeiten zu investieren. Ich hatte regelmäßig gegen 19:00-19:30 Uhr Feierabend.
Ein benachbartes Team hatte einen Partner, der noch relativ jung und einen Schritt von der Equity Partner-Position war. Der war natürlich bemüht, seine Visibilität nach außen zu erhöhen, und hat deshalb viel Zeit in Business Development investiert. Die Associates dieses Teams waren immer bis 22 Uhr da und hatten auf dem Papier eine schlechtere Auslastung als ich.
Mein Partner hatte seine Schäfchen im Trockenen, einen Mandantenstamm, der ihm einen konstanten, in der (US-)Kanzlei überdurchschnittlichen Arbeitsfluss besorgt hat und deshalb relativ wenig Stress mit Business Development. Dadurch war es auch mir möglich, meine Arbeitszeit im Wesentlichen mit billable work zu verbringen und relativ wenig Zeit in andere Tätigkeiten zu investieren. Ich hatte regelmäßig gegen 19:00-19:30 Uhr Feierabend.
Ein benachbartes Team hatte einen Partner, der noch relativ jung und einen Schritt von der Equity Partner-Position war. Der war natürlich bemüht, seine Visibilität nach außen zu erhöhen, und hat deshalb viel Zeit in Business Development investiert. Die Associates dieses Teams waren immer bis 22 Uhr da und hatten auf dem Papier eine schlechtere Auslastung als ich.
22.01.2024, 11:27
UBT ist ein relevanter Faktor, darauf kann man meiner Meinung nach schon schauen. Wird nur verfälscht durch 1. sehr unterschiedliche Rates (gerade US-Firms ziehen ihren Mandanten z.T. Mondraten aus der Tasche) und 2. intern sehr unterschiedliche Auslastungen. Aber das ist ein Tool, das ich auch gerne heranziehe.
Und natürlich gilt die Faustregel, dass in T1 mehr gearbeitet wird als in T2/3. Aber eben nur mit erheblichen Einschränkungen, sodass eine allgemeine Zusicherung nicht möglich ist. Insiderinformationen sind deshalb der Schlüssel zur Klarheit in dieser Hinsicht, ansonsten ist nun mal alles auf dem Belastungsspektrum möglich.
Und natürlich gilt die Faustregel, dass in T1 mehr gearbeitet wird als in T2/3. Aber eben nur mit erheblichen Einschränkungen, sodass eine allgemeine Zusicherung nicht möglich ist. Insiderinformationen sind deshalb der Schlüssel zur Klarheit in dieser Hinsicht, ansonsten ist nun mal alles auf dem Belastungsspektrum möglich.