03.11.2023, 12:46
Hallo liebe Freunde der Rechtswissenschaften,
ich habe über die letzten Jahre eigentlich relativ viel "Freude" an der Juristerei gehabt, und das hat sich bis jetzt auch in der Vorbereitung auf das 1. Examen noch nicht geändert. So langsam nerven mich aber ein paar Sachen und zehren an der Motivation, weil man nie weiß, ob sie einem im Examen auch begegnen.
Dazu gehören
- scheinbar willkürliche Schwerpunktsetzungen in Klausuren bzw. bei Korrekturen (z. B. Mitberechtigung nach § 1357 I 2 in nahezu gleich gelagerten Sachverhalten [Anspruch kam nach entsprechender Auslegung jeweils aus VzD]: einmal nicht angesprochen --> "fehlt"; einmal angesprochen --> "unnötig" --> wtf?)
- Aufgabensteller, die "geschwätzig" sind und dabei anscheinend nicht merken, dass sie zusätzliche Probleme schaffen (z. B. offensichtliche Anhaltspunkte für Mitverschulden), was sich dann noch potenziert, wenn (bei universitären Leistungen) der Aufgabensteller selbst korrigiert und sich seine Fehler nicht eingestehen will, sondern pampig mit "Sachverhaltsquetsche" reagiert (komisch, dass alle, mit denen ich mich ausgetauscht hatte, den Sachverhalt auf die gleiche Weise gequetscht hatten). Im Zweifel fehlt dann die Zeit für andere Sachen, weil der Aufgabensteller das nicht einkalkuliert hat.
Ich will hier aber nicht ranten (deswegen bitte auch keine Antworten wie "ja, so ist Jura halt", "das weiß man doch vorher schon" oder "Sich an Willkür gewöhnen zu müssen, das ist Teil der deutschnationalen Juristenausbildung."), sondern evaluieren:
Wie geht man mit sowas auf dem Weg zum Examen um, ohne die Motivation zum Lernen zu verlieren?
Welche Bearbeitungstaktiken könnte man sich zurecht legen oder angewöhnen?
Wie bekommt man den Gedanken an solche Zufälligkeiten oder Unzulänglichkeiten wieder aus dem Hinterkopf heraus?
Oder ergibt man sich seinem Schicksal, schreibt einfach irgendwas und hofft, dass der Würfel bei der Notenvergabe nicht gar zu ungünstig fällt?
Vielen lieben Dank vorab!
ich habe über die letzten Jahre eigentlich relativ viel "Freude" an der Juristerei gehabt, und das hat sich bis jetzt auch in der Vorbereitung auf das 1. Examen noch nicht geändert. So langsam nerven mich aber ein paar Sachen und zehren an der Motivation, weil man nie weiß, ob sie einem im Examen auch begegnen.
Dazu gehören
- scheinbar willkürliche Schwerpunktsetzungen in Klausuren bzw. bei Korrekturen (z. B. Mitberechtigung nach § 1357 I 2 in nahezu gleich gelagerten Sachverhalten [Anspruch kam nach entsprechender Auslegung jeweils aus VzD]: einmal nicht angesprochen --> "fehlt"; einmal angesprochen --> "unnötig" --> wtf?)
- Aufgabensteller, die "geschwätzig" sind und dabei anscheinend nicht merken, dass sie zusätzliche Probleme schaffen (z. B. offensichtliche Anhaltspunkte für Mitverschulden), was sich dann noch potenziert, wenn (bei universitären Leistungen) der Aufgabensteller selbst korrigiert und sich seine Fehler nicht eingestehen will, sondern pampig mit "Sachverhaltsquetsche" reagiert (komisch, dass alle, mit denen ich mich ausgetauscht hatte, den Sachverhalt auf die gleiche Weise gequetscht hatten). Im Zweifel fehlt dann die Zeit für andere Sachen, weil der Aufgabensteller das nicht einkalkuliert hat.
Ich will hier aber nicht ranten (deswegen bitte auch keine Antworten wie "ja, so ist Jura halt", "das weiß man doch vorher schon" oder "Sich an Willkür gewöhnen zu müssen, das ist Teil der deutschnationalen Juristenausbildung."), sondern evaluieren:
Wie geht man mit sowas auf dem Weg zum Examen um, ohne die Motivation zum Lernen zu verlieren?
Welche Bearbeitungstaktiken könnte man sich zurecht legen oder angewöhnen?
Wie bekommt man den Gedanken an solche Zufälligkeiten oder Unzulänglichkeiten wieder aus dem Hinterkopf heraus?
Oder ergibt man sich seinem Schicksal, schreibt einfach irgendwas und hofft, dass der Würfel bei der Notenvergabe nicht gar zu ungünstig fällt?
Vielen lieben Dank vorab!
03.11.2023, 13:17
Ich gehe davon aus, dass sich deine Ausführungen auf Übungsklausuren beziehen.
Am wichtigsten ist insoweit denke ich, die Korrektur allenfalls als grobe Richtung zu betrachten. Erstens wird sich oft nicht die Zeit genommen, vertieft Gedanken abseits der Lösungsskizze zu honorieren, zweitens konkurriert man regelmäßig mit Kommilitonen, die Dinge nachschlagen / googeln und so das Ergebnis verzerren.
Beides passiert im StEX aber nicht, deshalb würde ich mir da keine so großen Sorgen machen. Kontrolliere lieber selbst, ob du die Schwerpunkte der Klausur getroffen und vertretbar gelöst hast. Die Benotung ist dann eher ein Richtwert. Deshalb kann es sich auch lohnen, nach einer Weile Klausuren eher zu skizzieren und selbst mit der Lösung zu vergleichen als auszuschreiben.
Vor der Annahme „geschwätziger“ Klausurersteller kann ich i.Ü. nur warnen, m.E. ist es häufig problematisch, wenn man nicht (nahezu) jeden Satz des SV in seiner Lösung aufnehmen und verarbeiten kann. Die Annahme, Sätze stünden einfach so in der Aufgabenstellung, ist hingegen häufig falsch und birgt das Risiko, Argumente oder Themen auszulassen.
Am wichtigsten ist insoweit denke ich, die Korrektur allenfalls als grobe Richtung zu betrachten. Erstens wird sich oft nicht die Zeit genommen, vertieft Gedanken abseits der Lösungsskizze zu honorieren, zweitens konkurriert man regelmäßig mit Kommilitonen, die Dinge nachschlagen / googeln und so das Ergebnis verzerren.
Beides passiert im StEX aber nicht, deshalb würde ich mir da keine so großen Sorgen machen. Kontrolliere lieber selbst, ob du die Schwerpunkte der Klausur getroffen und vertretbar gelöst hast. Die Benotung ist dann eher ein Richtwert. Deshalb kann es sich auch lohnen, nach einer Weile Klausuren eher zu skizzieren und selbst mit der Lösung zu vergleichen als auszuschreiben.
Vor der Annahme „geschwätziger“ Klausurersteller kann ich i.Ü. nur warnen, m.E. ist es häufig problematisch, wenn man nicht (nahezu) jeden Satz des SV in seiner Lösung aufnehmen und verarbeiten kann. Die Annahme, Sätze stünden einfach so in der Aufgabenstellung, ist hingegen häufig falsch und birgt das Risiko, Argumente oder Themen auszulassen.
03.11.2023, 13:45
(03.11.2023, 13:17)Spitzbube schrieb: Ich gehe davon aus, dass sich deine Ausführungen auf Übungsklausuren beziehen.
Am wichtigsten ist insoweit denke ich, die Korrektur allenfalls als grobe Richtung zu betrachten. Erstens wird sich oft nicht die Zeit genommen, vertieft Gedanken abseits der Lösungsskizze zu honorieren, zweitens konkurriert man regelmäßig mit Kommilitonen, die Dinge nachschlagen / googeln und so das Ergebnis verzerren.
Beides passiert im StEX aber nicht, deshalb würde ich mir da keine so großen Sorgen machen. Kontrolliere lieber selbst, ob du die Schwerpunkte der Klausur getroffen und vertretbar gelöst hast. Die Benotung ist dann eher ein Richtwert. Deshalb kann es sich auch lohnen, nach einer Weile Klausuren eher zu skizzieren und selbst mit der Lösung zu vergleichen als auszuschreiben.
Vor der Annahme „geschwätziger“ Klausurersteller kann ich i.Ü. nur warnen, m.E. ist es häufig problematisch, wenn man nicht (nahezu) jeden Satz des SV in seiner Lösung aufnehmen und verarbeiten kann. Die Annahme, Sätze stünden einfach so in der Aufgabenstellung, ist hingegen häufig falsch und birgt das Risiko, Argumente oder Themen auszulassen.
Genau, es geht um Übungsklausuren (z. B. aus Examensklausurenkurs), aber auch um "Abschlussleistungen" (Klausuren/Hausarbeiten) zu einzelnen Kursen.
Vielen Dank auf jeden Fall für das Feedback, das ist hilfreich. Skizzieren statt Runterschreiben macht sicher jedenfalls dann Sinn, wenn man ungefähr den Flow hat, mit dem man in fünf Stunden auch fertig wird.
Die Verwertung aller Sachverhaltsangaben war auch immer meine Grundhaltung und ist ja auch das, was einem überall eingetrichtert wird. Mich hatte nur irritiert, dass es zwei mal innerhalb kurzer Zeit vorkam, dass (ansonsten unnötige) Angaben Probleme aufgemacht hatten, die in den Lösungsskizzen nirgendwo auftauchten. Sowas ist ärgerlich, aber nicht zu ändern.
03.11.2023, 17:58
Sich an Willkür gewöhnen zu müssen, das ist Teil der deutschnationalen Juristenausbildung.
Nein ernsthaft, die Anforderungen in beiden Examina sind völlig übertrieben und oftmals die Lösungen nicht zu 100% ausgereift. Im zweiten werden die Klausurlösungen sogar noch deutlich fehlerhafter, weil es einfach noch mehr Stoff ist.
Da muss man eine gewisse Frustrationstoleranz aufbauen, sein bestes geben und hoffen, dass es am Ende passt. So ist es aber zumeist auch, weil sich diese Ungenauigkeiten nach meiner Erfahrung im Mittel relativieren und Korrektoren auch oft (nicht immer) einfach merken, ob das eine gute oder schlechte Bearbeitung ist, unabhängig davon, was sie konkret an Fehlern angestrichen haben.
Nein ernsthaft, die Anforderungen in beiden Examina sind völlig übertrieben und oftmals die Lösungen nicht zu 100% ausgereift. Im zweiten werden die Klausurlösungen sogar noch deutlich fehlerhafter, weil es einfach noch mehr Stoff ist.
Da muss man eine gewisse Frustrationstoleranz aufbauen, sein bestes geben und hoffen, dass es am Ende passt. So ist es aber zumeist auch, weil sich diese Ungenauigkeiten nach meiner Erfahrung im Mittel relativieren und Korrektoren auch oft (nicht immer) einfach merken, ob das eine gute oder schlechte Bearbeitung ist, unabhängig davon, was sie konkret an Fehlern angestrichen haben.
03.11.2023, 18:15
(03.11.2023, 17:58)Paul Klee schrieb: Sich an Willkür gewöhnen zu müssen, das ist Teil der deutschnationalen Juristenausbildung.
Nein ernsthaft, die Anforderungen in beiden Examina sind völlig übertrieben und oftmals die Lösungen nicht zu 100% ausgereift. Im zweiten werden die Klausurlösungen sogar noch deutlich fehlerhafter, weil es einfach noch mehr Stoff ist.
Da muss man eine gewisse Frustrationstoleranz aufbauen, sein bestes geben und hoffen, dass es am Ende passt. So ist es aber zumeist auch, weil sich diese Ungenauigkeiten nach meiner Erfahrung im Mittel relativieren und Korrektoren auch oft (nicht immer) einfach merken, ob das eine gute oder schlechte Bearbeitung ist, unabhängig davon, was sie konkret an Fehlern angestrichen haben.
so sehe ich das im Ergebnis auch. Jura ist keine exakte Wissenschaft und jeder Korrektor hat andere Schwerpunkte etc. Ich korrigiere selbst Klausuren und manchmal streicht man was an, manchmal das Gleiche nicht. Bei mir ist das aber immer das Ergebnis einer Gesamtabwägung. Also ggf. war man an zwei Stellen vorher großzügig und ist dann an der einen Stelle streng, ohne, dass es jetzt genau an der Stelle auf "§1357 BGB" ankommt. Also zweimal macht man hinter 75 % Antworten den Haken und beim dritten Mal dann nicht.
Das Wichtigste ist mE aber, alle guten Juristen die ich kenne, hatten am Ende auch ein gutes Examen. Also am Ende ist es - im Zweifel unter Nutzung des Verbesserungsversuchs - irgendwie doch (leistungs-)gerecht.
04.11.2023, 09:56
Auch später in der Praxis ist es nicht viel anders, gerade als Anwalt. Gerichtliche Entscheidungen sind oft ebenso wenig prognostiziert wie die Korrektur einer Klausur. "Vor Gericht und auf hoher See" ist auch auf Prüfungen anwendbar.
08.11.2023, 12:23
Mich hat das auch immer gestört. Ich finde, man muss sich ein Stück weit vom Urteil der Korrektoren lösen und einen eigenen Weg finden. Sich also fragen: Was halte ich für die beste Lösung? Kassiert man dafür Kritik, dann muss man hinterfragen: Ist die Kritik berechtigt? Muss ich meine Weg überdenken oder behalte ich ihn bei? Wiederholt sich die Kritik bei anderen Korrektoren?
Ab einem gewissen fortgeschrittenen Erfahrungslevel konnte ich fast gar nichts mehr aus den Korrekturanmerkungen ziehen. Ich habe dann aufgehört, die Übungsklausuren abzugeben und meine Fehler mit der Lösungsskizze aufgearbeitet. Hat funktioniert.
Genauso sind Lösungsskizzen natürlich hin und wieder zu hinterfragen...Sachverhalte schlecht geschrieben... Die Antizipation, was die Lösungsskizze wohl vorsieht, wird mit der Erfahrung besser.
Ab einem gewissen fortgeschrittenen Erfahrungslevel konnte ich fast gar nichts mehr aus den Korrekturanmerkungen ziehen. Ich habe dann aufgehört, die Übungsklausuren abzugeben und meine Fehler mit der Lösungsskizze aufgearbeitet. Hat funktioniert.
Genauso sind Lösungsskizzen natürlich hin und wieder zu hinterfragen...Sachverhalte schlecht geschrieben... Die Antizipation, was die Lösungsskizze wohl vorsieht, wird mit der Erfahrung besser.
10.11.2023, 22:50
Die Qualität der Aufgabenstellung und der Korrektur im Examen ist deutlich höher als an der Uni. Klausurenstellen und -korrigieren ist richtig, richtig viel Arbeit. Das zahlt einem zwar auch im Examen niemand, aber da sind viele Idealisten unterwegs. Insofern kann man zuversichtlich sein. Ich habe mir damals ein Koordinatensystem gemacht und alle Probeexamensnoten eingetragen - die wurden mit der Zeit immer schlechter... dann kam das echte Examen und die Kurve machte einen Sprung nach oben ;)
11.11.2023, 00:07
Die StEx-Klausuren werden durchaus mit mehr Engagement erstellt als an der Uni. Was auch daran liegt, dass - jedenfalls in nrw - Menschen das mit einem großen Stellenanteil machen und die Klausuren gegengeprüft werden. An der Uni ist es doch (teilweise) so, dass ein WissMit die erstellt und zweimal drüberliest