29.07.2023, 03:38
Guten Abend! Ich werde demnächst als Verwaltungsjurist in Bayern anfangen. Nachdem ich es hier im Forum schon mehrfach so wahrgenommen habe... Wie sind eure Erfahrungen als Verwaltungsjuristen, was Arbeitszeiten und Stress in der Verwaltung angeht? Ist es wirklich wahr, dass man trotz Vollzeitstelle deutlich weniger zu tun hat und schon um 16 Uhr Feierabend macht?
29.07.2023, 16:56
(29.07.2023, 03:38)Teetrinkerin schrieb: Guten Abend! Ich werde demnächst als Verwaltungsjurist in Bayern anfangen. Nachdem ich es hier im Forum schon mehrfach so wahrgenommen habe... Wie sind eure Erfahrungen als Verwaltungsjuristen, was Arbeitszeiten und Stress in der Verwaltung angeht? Ist es wirklich wahr, dass man trotz Vollzeitstelle deutlich weniger zu tun hat und schon um 16 Uhr Feierabend macht?
Das kann man so generell sicher nicht beantworten und es hängt sehr von der einzelnen Behörde und dem jeweiligen Aufgabengebiet ab. Es gibt sicherlich Stellen, wo man keine überbordenden Arbeitszeiten hat, aber nach meiner Erfahrung steigt mit der Besoldungsgruppe und der Verantwortung auch die Arbeitszeit. Das Klischee vom "faulen Beamten " dürfte in Zeiten von Arbeitsverdichtung und Sparzwang aber ein Auslaufmodell sein.
29.07.2023, 17:44
Das würde ich begrüßen!
30.07.2023, 12:23
Verwaltung ist nicht gleich Verwaltung.
Wenn du in Bayern in einem Ministerium arbeitest, dann kann es sein, dass du Anwesenheitpflicht bis 18 Uhr oder länger hast, weil dein Referat/Sachgebiet besetzt sein muss.
Auch am Freitag übrigens. Freitag ist wegen des Ministerrats am Dienstag ohnehin kein “chilliger” Tag.
Ansonsten kommt es auch darauf an, in welchem Bereich du bist. Politisch brisantere Themen haben meist mehr zu tun als Randthemen.
Zudem haben bei uns die Sachbearbeiter mehr Freiheiten was das frühe gehen betrifft, als die Juristen. Sachbearbeiter müssen nicht Stellung halten und verfügbar sein, sondern können auch gern regelmäßig um 14 Uhr gehen. Aber das ist logisch, weil du als Jurist einfach mehr Verantwortung hast.
Wenn du in Bayern in einem Ministerium arbeitest, dann kann es sein, dass du Anwesenheitpflicht bis 18 Uhr oder länger hast, weil dein Referat/Sachgebiet besetzt sein muss.
Auch am Freitag übrigens. Freitag ist wegen des Ministerrats am Dienstag ohnehin kein “chilliger” Tag.
Ansonsten kommt es auch darauf an, in welchem Bereich du bist. Politisch brisantere Themen haben meist mehr zu tun als Randthemen.
Zudem haben bei uns die Sachbearbeiter mehr Freiheiten was das frühe gehen betrifft, als die Juristen. Sachbearbeiter müssen nicht Stellung halten und verfügbar sein, sondern können auch gern regelmäßig um 14 Uhr gehen. Aber das ist logisch, weil du als Jurist einfach mehr Verantwortung hast.
30.07.2023, 12:25
In welchem Bereich fängst du denn an?
Ich wünsche dir auf jeden Fall einen guten Start und erfüllende Aufgaben! :)
Ich wünsche dir auf jeden Fall einen guten Start und erfüllende Aufgaben! :)
18.09.2023, 09:19
Arbeite seit etwas mehr als 2 Jahren als Referent in einem bezirklichen Rechtsamt in einem Stadtstaat.
Ist eine E13-Stelle (TVL) in Vollzeit. Habe mir die Stelle ganz bewusst mit Blick auf möglichst viel Life bei möglichst entspannter Work ausgesucht. Kröte, die man schluckt, ist das Gehalt. Aber Stufe 2 sind mit umgelegter Jahressonderzahlung momentan immerhin ca 2850 netto/Monat. Ab nächstem Jahr, nach den Tarifverhandlungen, rechne ich mit 3k/Monat. Zusätzlich steige ich dann in die dritte Stufe auf, dann sind es etwa 3,15-3,2k netto/Monat.
Ich komm idR zwischen 7.50 – 8.10 Uhr ins Büro und bin in 95% um 16.15-16.30 raus. Freitags um 15.30, manchmal um 14.00, wenn ich früher los möchte. Zur Zeit ist nicht so viel los (Sommerloch bei Gerichten und den Ämtern, die wir beraten). Da ist es zur Zeit eher schwierig seine Arbeitszeit durchgehend mit Arbeit zu füllen.
Es gab auch schon andere Zeiten, etwa wenn ein politisch wichtiges Thema bewegt wird, das in deinen Zuständigkeitsbereich fällt. Dann kann es schonmal sein, dass du als beratender Jurist auch Überstunden machst. Aber wir reden dann von mal eine Stunde länger bleiben. Du wirst so gut wie nie einen Arbeitsauftrag erhalten, der heute noch fertig werden muss. Du merkst im öffentlichen Dienst, dass es keine Hierarchie gibt, die mit ökonomischen Druck funktioniert. Es steht niemand an der Spitze, um dessen eigenen Gewinn es geht. Das führt dazu, dass insgesamt weniger Druck im Kessel ist und maßgebend die Arbeitszeiten sind. Nicht die abrechenbaren Stunden – die es eben nicht gibt.
Deine Arbeit wird eine andere sein, wenn du Verwaltungsjurist auf ministerieller Ebene bist. Hier bist du vielmehr in das politische Geschehen involviert. Du bereitest die Themen deiner Behördenleitung (Staatsrat/Senator im hier Stadtstaat) so auf, dass es nach außen getragen werden kann. Du stimmst im politischen Sinne deiner Behörde paralementarische Anfragen ab und beantwortest sie mit Zulieferung aus anderen Bereichen. Genauso votierst du in Bundesratsverfahren zu Gesetzesvorhaben, die deine Behörde tangieren. Auch hier im politischen Sinne deiner Behörde (etwa, wenn du zB aus wirtschaftsministerieller Sicht argumentieren musst). Hier laufen Fristen, die sind fix und häufig eng getacktet. Du bist auf Zulieferung aus anderen Ämtern angewiesen. Hier ist also vielmehr Druck drauf, als auf kommunaler/bezirklicher Ebene.
Unterm Strich kann man sagen, dass du als Verwaltungsjurist auf kommunaler/bezirklicher Ebene wie ein angestellter Rechtsanwalt in einer Rechtsabteilung agierst ohne aber einem wirtschaftlichen Druck ausgesetzt zu sein. Du hast bestimmte Zuständigkeiten, die du eigenverantwortlich bearbeitest. Auch was deine Zeiteinteilung angeht.
Wenn deine Prioritäten auf Life und weniger auf Work unter der Prämisse, dass du nicht sechsstellige Gehälter verdienst, liegen, dann ist der Job im ÖD nach wie vor unschlagbar. Und ganz ehrlich, so schlecht ist das Gehalt hier auch nicht. + du hast gute Aufstiegschancen im Stadtstaat.
Viel Erfolg!
Ist eine E13-Stelle (TVL) in Vollzeit. Habe mir die Stelle ganz bewusst mit Blick auf möglichst viel Life bei möglichst entspannter Work ausgesucht. Kröte, die man schluckt, ist das Gehalt. Aber Stufe 2 sind mit umgelegter Jahressonderzahlung momentan immerhin ca 2850 netto/Monat. Ab nächstem Jahr, nach den Tarifverhandlungen, rechne ich mit 3k/Monat. Zusätzlich steige ich dann in die dritte Stufe auf, dann sind es etwa 3,15-3,2k netto/Monat.
Ich komm idR zwischen 7.50 – 8.10 Uhr ins Büro und bin in 95% um 16.15-16.30 raus. Freitags um 15.30, manchmal um 14.00, wenn ich früher los möchte. Zur Zeit ist nicht so viel los (Sommerloch bei Gerichten und den Ämtern, die wir beraten). Da ist es zur Zeit eher schwierig seine Arbeitszeit durchgehend mit Arbeit zu füllen.
Es gab auch schon andere Zeiten, etwa wenn ein politisch wichtiges Thema bewegt wird, das in deinen Zuständigkeitsbereich fällt. Dann kann es schonmal sein, dass du als beratender Jurist auch Überstunden machst. Aber wir reden dann von mal eine Stunde länger bleiben. Du wirst so gut wie nie einen Arbeitsauftrag erhalten, der heute noch fertig werden muss. Du merkst im öffentlichen Dienst, dass es keine Hierarchie gibt, die mit ökonomischen Druck funktioniert. Es steht niemand an der Spitze, um dessen eigenen Gewinn es geht. Das führt dazu, dass insgesamt weniger Druck im Kessel ist und maßgebend die Arbeitszeiten sind. Nicht die abrechenbaren Stunden – die es eben nicht gibt.
Deine Arbeit wird eine andere sein, wenn du Verwaltungsjurist auf ministerieller Ebene bist. Hier bist du vielmehr in das politische Geschehen involviert. Du bereitest die Themen deiner Behördenleitung (Staatsrat/Senator im hier Stadtstaat) so auf, dass es nach außen getragen werden kann. Du stimmst im politischen Sinne deiner Behörde paralementarische Anfragen ab und beantwortest sie mit Zulieferung aus anderen Bereichen. Genauso votierst du in Bundesratsverfahren zu Gesetzesvorhaben, die deine Behörde tangieren. Auch hier im politischen Sinne deiner Behörde (etwa, wenn du zB aus wirtschaftsministerieller Sicht argumentieren musst). Hier laufen Fristen, die sind fix und häufig eng getacktet. Du bist auf Zulieferung aus anderen Ämtern angewiesen. Hier ist also vielmehr Druck drauf, als auf kommunaler/bezirklicher Ebene.
Unterm Strich kann man sagen, dass du als Verwaltungsjurist auf kommunaler/bezirklicher Ebene wie ein angestellter Rechtsanwalt in einer Rechtsabteilung agierst ohne aber einem wirtschaftlichen Druck ausgesetzt zu sein. Du hast bestimmte Zuständigkeiten, die du eigenverantwortlich bearbeitest. Auch was deine Zeiteinteilung angeht.
Wenn deine Prioritäten auf Life und weniger auf Work unter der Prämisse, dass du nicht sechsstellige Gehälter verdienst, liegen, dann ist der Job im ÖD nach wie vor unschlagbar. Und ganz ehrlich, so schlecht ist das Gehalt hier auch nicht. + du hast gute Aufstiegschancen im Stadtstaat.
Viel Erfolg!
18.09.2023, 09:25
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