15.01.2021, 15:13
(15.01.2021, 14:39)Gast schrieb: Also meine bescheidene Meinung:
In "kleinen" Fällen mit überschaubarem Sachverhalt wird der Unterschied idR nicht so groß sein.
In "großen" Fällen kann er aber durchaus signifikant sein. Im Examen geht es u.a. darum, Wesentliches von Unwesentlichem zu trennen, einen Sachverhalt sauber zu gliedern und entsprechend der Problemschwerpunkte zu lösen. Bei einem Kandidaten mit hoher Punktzahl spricht der Beweis des erstens Anscheins dafür, dass er das grds. besser beherrscht als ein Kandidat mit wenigen Punkten.
Im Rechtsstreit werden dann genau diese Fähigkeiten (und andere) benötigt:
Es ist ja nun nicht so, dass der Richter sich am Dientagnachmittag gemütlich zurücklehnt und in einer mehrere 100 Seiten Akte schmökert, danach auf juris und beck-online recherchiert und sich später noch in die Gerichtsbibliothek begibt, um ein Fachbuch dazu zu studieren. Dafür besteht schlicht nicht die Zeit. Wenn er jetzt noch einen schlecht strukturierten Schriftsatz (ggf. garniert mit Falschvortrag, unsachlichen Anschuldigungen und seltsamen Rechtsauführungen) erhält, steigert das seine Lust natürlich nicht.
Wenn nun ein schöner Schriftsatz einer GK kommt, dann spricht ebenfalls viel dafür, dass der Sachverhalt gründlich recherchiert, aufgearbeitet und strukturiert wurde. Zudem macht man sich idR (das kann man sich aufgrund der Stundensatzabrechnung leisten) viel Mühe, den Schriftsatz optisch und auch von der Gliederung her sauber aufzubereiten. Der Schriftsatz nimmt den Richter "an die Hand", lässt sich leicht und verständlich lesen (Einleitung, Obersätze, Inhaltsverzeichnis, Zwischenzusammenfassungen, Überschriften usw.) und ist sachlich. Wenn dann noch am Ende einschlägige OLG-/BGH-Rspr. zitiert wird, die nicht abstrus ist, sondern (fast) genau auf den Sachverhalt zu passen scheint, dann kann der Richter ruhigen Gewissens einen Großteil des Schriftsatzes einfach abpinseln und hat so sehr wenig Arbeit für sein Urteil. (Diese Unterschiede können sich natürlich bis zu einem gewissen Grad wieder nivellieren, wenn auf der anderen Seite ebenfalls eine GK mandatiert ist.)
Natürlich ist es so, dass ein gut strukturierter Schriftsatz sowohl für den Richter, als auch für die Gegenseite angenehm sind. Meiner Meinung nach schaffen GK (und dort die Associates, welcher Partner schreibt seine Schriftsätze selbst) nicht immer zu differenzieren. Es gibt in jedem Fall Verfahren in denen lange Schriftsätze mit Inhaltsverzeichnis und umfangreicher Rechtsprechung notwendig und geboten sind, auf der anderen Seite gibt es aber auch Fälle wo derartige Schriftsätze völlig fehl am Platz sind. Ich habe häufiger in arbeitsrechtlichen Verfahren mit Kollegen einer deutschen GK zu tun. Da kommen teilweise in einfachen Kündigungsschutzverfahren mehrere Bände an Akten zusammen, nur weil die Kollegen meinen Schriftsätze von epischem Ausmaß rausfeuern zu müssen. In solchen Fällen ist das Gericht sicher nicht begeistert. Auf der anderen Seite verfehlen solche Schriftsätze ihre Wirkung beim Gegner (der den ganzen Kram ja lesen muss) selbstredend nicht.
15.01.2021, 15:26
(15.01.2021, 15:13)Gast schrieb:(15.01.2021, 14:39)Gast schrieb: Also meine bescheidene Meinung:
In "kleinen" Fällen mit überschaubarem Sachverhalt wird der Unterschied idR nicht so groß sein.
In "großen" Fällen kann er aber durchaus signifikant sein. Im Examen geht es u.a. darum, Wesentliches von Unwesentlichem zu trennen, einen Sachverhalt sauber zu gliedern und entsprechend der Problemschwerpunkte zu lösen. Bei einem Kandidaten mit hoher Punktzahl spricht der Beweis des erstens Anscheins dafür, dass er das grds. besser beherrscht als ein Kandidat mit wenigen Punkten.
Im Rechtsstreit werden dann genau diese Fähigkeiten (und andere) benötigt:
Es ist ja nun nicht so, dass der Richter sich am Dientagnachmittag gemütlich zurücklehnt und in einer mehrere 100 Seiten Akte schmökert, danach auf juris und beck-online recherchiert und sich später noch in die Gerichtsbibliothek begibt, um ein Fachbuch dazu zu studieren. Dafür besteht schlicht nicht die Zeit. Wenn er jetzt noch einen schlecht strukturierten Schriftsatz (ggf. garniert mit Falschvortrag, unsachlichen Anschuldigungen und seltsamen Rechtsauführungen) erhält, steigert das seine Lust natürlich nicht.
Wenn nun ein schöner Schriftsatz einer GK kommt, dann spricht ebenfalls viel dafür, dass der Sachverhalt gründlich recherchiert, aufgearbeitet und strukturiert wurde. Zudem macht man sich idR (das kann man sich aufgrund der Stundensatzabrechnung leisten) viel Mühe, den Schriftsatz optisch und auch von der Gliederung her sauber aufzubereiten. Der Schriftsatz nimmt den Richter "an die Hand", lässt sich leicht und verständlich lesen (Einleitung, Obersätze, Inhaltsverzeichnis, Zwischenzusammenfassungen, Überschriften usw.) und ist sachlich. Wenn dann noch am Ende einschlägige OLG-/BGH-Rspr. zitiert wird, die nicht abstrus ist, sondern (fast) genau auf den Sachverhalt zu passen scheint, dann kann der Richter ruhigen Gewissens einen Großteil des Schriftsatzes einfach abpinseln und hat so sehr wenig Arbeit für sein Urteil. (Diese Unterschiede können sich natürlich bis zu einem gewissen Grad wieder nivellieren, wenn auf der anderen Seite ebenfalls eine GK mandatiert ist.)
Natürlich ist es so, dass ein gut strukturierter Schriftsatz sowohl für den Richter, als auch für die Gegenseite angenehm sind. Meiner Meinung nach schaffen GK (und dort die Associates, welcher Partner schreibt seine Schriftsätze selbst) nicht immer zu differenzieren. Es gibt in jedem Fall Verfahren in denen lange Schriftsätze mit Inhaltsverzeichnis und umfangreicher Rechtsprechung notwendig und geboten sind, auf der anderen Seite gibt es aber auch Fälle wo derartige Schriftsätze völlig fehl am Platz sind. Ich habe häufiger in arbeitsrechtlichen Verfahren mit Kollegen einer deutschen GK zu tun. Da kommen teilweise in einfachen Kündigungsschutzverfahren mehrere Bände an Akten zusammen, nur weil die Kollegen meinen Schriftsätze von epischem Ausmaß rausfeuern zu müssen. In solchen Fällen ist das Gericht sicher nicht begeistert. Auf der anderen Seite verfehlen solche Schriftsätze ihre Wirkung beim Gegner (der den ganzen Kram ja lesen muss) selbstredend nicht.
Das ja Taktik, in dem Fall nicht Salamitaktik sondern die Mülltaktik.
Einfach den Gegner überbordend vollmüllen...
funktioniert tatsächlich.
15.01.2021, 15:43
(15.01.2021, 14:21)Gast schrieb: Die Frage gab es doch vor paar Tagen schonmal.
Ich frage mich echt langsam, was das für ein SV sein soll, wo entweder GK oder das komplette Gegenteil, nämlich FWW, eine Rolle spielen.
Ja dann lass die Gk da raus. Meinte eigentlich sowas wie renommierter Staranwalt mit Stundensatz von 390 Euro+ vs. kleine Klitsche Wohnungsanwalt mit Doppel ausreichend
15.01.2021, 15:55
(15.01.2021, 15:43)Gast schrieb:(15.01.2021, 14:21)Gast schrieb: Die Frage gab es doch vor paar Tagen schonmal.
Ich frage mich echt langsam, was das für ein SV sein soll, wo entweder GK oder das komplette Gegenteil, nämlich FWW, eine Rolle spielen.
Ja dann lass die Gk da raus. Meinte eigentlich sowas wie renommierter Staranwalt mit Stundensatz von 390 Euro+ vs. kleine Klitsche Wohnungsanwalt mit Doppel ausreichend
Naja, das gilt doch überall. Wo unterscheidet sich ein guter von einem schlechten Arzt? Ein guter von einem schlechten Friseur?
Die Fehlerquote ist eben geringer und in komplizierten Fällen ist es wahrscheinlich, dass es der gute Profi besser macht als der schlechte Profi.
15.01.2021, 20:04
Die Qualität des Anwalt macht schon dort einen Unterschied, wo ein Richter noch lange nicht beteiligt ist. Insbesondere bei der Frage, ob man es sich leisten kann, eine bestimmte Sache vor Gericht zu bringen.
Der schlechte Anwalt rät dem Mandanten auch bei aussichtlosen Angelegenheiten zur Klage oder rät von der Anerkennung ab. Bei eigentlich berechtigten Positionen des Mandanten spricht er dann von Aussichtslosigkeit oder reagiert auf gegnerische Schriftsätze dann noch panischer, als man es von Laien erwartet hätte. Für jede dieser vier Konstellationen kenne ich konkrete Beispiele.
Liegt die Sache dann bei Gericht, hat der Richter sich darüber noch lange keine Gedanken gemacht. Den ersten Eindruck verschaffen ihm die wechselseitigen Schriftsätze, das gilt sowohl für Tatsachen als auch Rechtsfragen. Von daher gibt es zunächst gar keine Meinung des Richters, von der ihn der Anwalt abbringen müsste. Und selbst wenn der Richter so eine Meinung hat, dann würde ich nicht vermuten (das ist aber eher eine psychologische Frage, dass der Richter stets stur auf dieser verharren würde. Unstreitige oder eindeutige Tatsachen kann der Richte nicht ausblenden. Von der ggf. einhelligen Rechtsprechung anderer Gerichte dürfte er auch nicht ganz unbeeindruckt bleiben.
Der schlechte Anwalt hat vor Gericht dann zwei Probleme: Er verkennt die für seinen Mandanten positiven Bedeutungen verschiedener Tatsachen, trägt diese Tatsachen also nicht vor; ähnlich diesem Problem klärt er den Sachverhalt gar nicht weiter auf. Der Richter wird den Sachverhalt aber auch nicht weiter aufklären (Zivilrecht) und hat dafür anders als der Anwalt vielleicht auch gar nicht die notwendigen Anhaltspunkte oder (Strafrecht) scheitert an einem Angeklagten, der anders als seinem Anwalt gegenüber schweigsam bleibt.
Zudem übersieht der schlechte Anwalt bei seiner schlampigen Recherche relevante Rechtsprechung oder Literatur. Ist diese schädlich für den Mandanten, kann dem Mandanten das spätestens jetzt das Genick brechen. Ist diese hilfreich für den Mandaten, kann der schlecht vertretene Mandant nur noch darauf hoffen, dass der Richter von sich aus auf diese kommt und ohne weiteres von ihr überzeugt ist. Erst recht gilt das für ganze Lösungswege oder Argumentationsmuster, auf die der schlechte Anwalt einfach nicht kommt.
Einen aufgeweckten Anwalt braucht man etwa auch bei einer Zeugenvernehmung im Strafrecht. Hier müssen Lücken oder Widersprüche in den Darstellungen erkannt werden, die der schechte Anwalt aber ggf. genau wie der Richter übersieht. Weist der gute Anwalt darauf hin, wird auch der Richter aufmerksam.
Das Beispiel aus der strafrechtlichen Hauptverhandlung ist noch aus anderem Grunde gut. Hier gehen die Revisionsgerichte davon aus, dass der verteidigte Angeklagte bzw. dessen Verteidiger bei Bedarf noch während der Verhandlung Widerspruch erheben muss. Zu diesem Widerspruch (zB gegen die Verwertung einzelner Beweise) soll dann auch eine zumindest grobe rechtliche Begründung gehören. Bekommt der Verteidiger diese alleine nicht hin (das Gericht will ja offenbar den Beweis verwerten), dann sieht es shclecht aus fü den Angeklagten. Dieses Beispiel zeigt, dass es auf die juristische Leistung des Anwalts auch dann ankommen kann, wenn sich das Gericht davon nicht überzeugen lässt. Und es zeigt, dass offenbar auch Gesetzgeber und Gerichte davon ausgehen, dass der Anwalt manchmal schlauer sein muss als der Richter. Doof nur, wenn der Anwalt das nicht ist.
Ähnliche Konstellationen begegnen einem bei unrichtigen Rechtsmittelbelehrungen (Rechtsprechung meint auch hier, dass der Anwalt es besser hätte wissen müssen) oder in all den Fällen, in denen im Rechtsmittelverfahren die Präklusion greifen kann. Allgemein widerlegt die Möglichkeit eines Rechtsmittelverfahrens doch sowieso schon den Mythos von der fehlenden Bedeutung der anwaltlichen Qualität. Denn ein Richter hat hier doch schon entschieden. Man geht nur gerade davon aus, dass der Richter das eben nicht richtig gemacht hat und der Anwalt es besser wusste. Da in der Beschwerde/Berufung/Revision jetzt andere Richter entscheiden, greift auch noch weniger die Idee, dass der Richter sich seine Meinung doch schon gebildet hätte.
Ganz prominent geht das BVerfG davon aus, dass der Verfassungsbeschwerde schon unzulässig ist, wenn sie sich nicht erschöpfend mit sämtlichen irgendwie relevanten Rechtsfragen befasst. Das BVerfG sieht es garde nicht als seine Aufgabe, hier selber nachdenken zu müssen.
Noch krasser wird es natürlich, wenn der schlechte Anwalt die Verfahrenssituation überhaupt nicht überblickt und gebotene Anträge gar nicht stellt. Vor einiger Zeit gab es einen bekannten Fall vor dem VG Gelsenkirchen, bei dem es um die Abschiebung von Sami A(doubi) ging. Die offensichtlich nicht ganz so begabte Anwältin hat einen entscheidenden Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz erst gar nicht gestellt gehabt,, womit das ganze Schlamassel dann begann.
Am krassesten wirkt die Qualität der Anwälte sich wohl dann aus, wenn man eine rein außergerichtliche Angelegenheit hat. Alles, was mit dem Entwurf von Vertägen zu tun hat, mit Unternehmenskäufen, mit steuerrechtlicher Beratung, mit Patenten...
Der schlechte Anwalt rät dem Mandanten auch bei aussichtlosen Angelegenheiten zur Klage oder rät von der Anerkennung ab. Bei eigentlich berechtigten Positionen des Mandanten spricht er dann von Aussichtslosigkeit oder reagiert auf gegnerische Schriftsätze dann noch panischer, als man es von Laien erwartet hätte. Für jede dieser vier Konstellationen kenne ich konkrete Beispiele.
Liegt die Sache dann bei Gericht, hat der Richter sich darüber noch lange keine Gedanken gemacht. Den ersten Eindruck verschaffen ihm die wechselseitigen Schriftsätze, das gilt sowohl für Tatsachen als auch Rechtsfragen. Von daher gibt es zunächst gar keine Meinung des Richters, von der ihn der Anwalt abbringen müsste. Und selbst wenn der Richter so eine Meinung hat, dann würde ich nicht vermuten (das ist aber eher eine psychologische Frage, dass der Richter stets stur auf dieser verharren würde. Unstreitige oder eindeutige Tatsachen kann der Richte nicht ausblenden. Von der ggf. einhelligen Rechtsprechung anderer Gerichte dürfte er auch nicht ganz unbeeindruckt bleiben.
Der schlechte Anwalt hat vor Gericht dann zwei Probleme: Er verkennt die für seinen Mandanten positiven Bedeutungen verschiedener Tatsachen, trägt diese Tatsachen also nicht vor; ähnlich diesem Problem klärt er den Sachverhalt gar nicht weiter auf. Der Richter wird den Sachverhalt aber auch nicht weiter aufklären (Zivilrecht) und hat dafür anders als der Anwalt vielleicht auch gar nicht die notwendigen Anhaltspunkte oder (Strafrecht) scheitert an einem Angeklagten, der anders als seinem Anwalt gegenüber schweigsam bleibt.
Zudem übersieht der schlechte Anwalt bei seiner schlampigen Recherche relevante Rechtsprechung oder Literatur. Ist diese schädlich für den Mandanten, kann dem Mandanten das spätestens jetzt das Genick brechen. Ist diese hilfreich für den Mandaten, kann der schlecht vertretene Mandant nur noch darauf hoffen, dass der Richter von sich aus auf diese kommt und ohne weiteres von ihr überzeugt ist. Erst recht gilt das für ganze Lösungswege oder Argumentationsmuster, auf die der schlechte Anwalt einfach nicht kommt.
Einen aufgeweckten Anwalt braucht man etwa auch bei einer Zeugenvernehmung im Strafrecht. Hier müssen Lücken oder Widersprüche in den Darstellungen erkannt werden, die der schechte Anwalt aber ggf. genau wie der Richter übersieht. Weist der gute Anwalt darauf hin, wird auch der Richter aufmerksam.
Das Beispiel aus der strafrechtlichen Hauptverhandlung ist noch aus anderem Grunde gut. Hier gehen die Revisionsgerichte davon aus, dass der verteidigte Angeklagte bzw. dessen Verteidiger bei Bedarf noch während der Verhandlung Widerspruch erheben muss. Zu diesem Widerspruch (zB gegen die Verwertung einzelner Beweise) soll dann auch eine zumindest grobe rechtliche Begründung gehören. Bekommt der Verteidiger diese alleine nicht hin (das Gericht will ja offenbar den Beweis verwerten), dann sieht es shclecht aus fü den Angeklagten. Dieses Beispiel zeigt, dass es auf die juristische Leistung des Anwalts auch dann ankommen kann, wenn sich das Gericht davon nicht überzeugen lässt. Und es zeigt, dass offenbar auch Gesetzgeber und Gerichte davon ausgehen, dass der Anwalt manchmal schlauer sein muss als der Richter. Doof nur, wenn der Anwalt das nicht ist.
Ähnliche Konstellationen begegnen einem bei unrichtigen Rechtsmittelbelehrungen (Rechtsprechung meint auch hier, dass der Anwalt es besser hätte wissen müssen) oder in all den Fällen, in denen im Rechtsmittelverfahren die Präklusion greifen kann. Allgemein widerlegt die Möglichkeit eines Rechtsmittelverfahrens doch sowieso schon den Mythos von der fehlenden Bedeutung der anwaltlichen Qualität. Denn ein Richter hat hier doch schon entschieden. Man geht nur gerade davon aus, dass der Richter das eben nicht richtig gemacht hat und der Anwalt es besser wusste. Da in der Beschwerde/Berufung/Revision jetzt andere Richter entscheiden, greift auch noch weniger die Idee, dass der Richter sich seine Meinung doch schon gebildet hätte.
Ganz prominent geht das BVerfG davon aus, dass der Verfassungsbeschwerde schon unzulässig ist, wenn sie sich nicht erschöpfend mit sämtlichen irgendwie relevanten Rechtsfragen befasst. Das BVerfG sieht es garde nicht als seine Aufgabe, hier selber nachdenken zu müssen.
Noch krasser wird es natürlich, wenn der schlechte Anwalt die Verfahrenssituation überhaupt nicht überblickt und gebotene Anträge gar nicht stellt. Vor einiger Zeit gab es einen bekannten Fall vor dem VG Gelsenkirchen, bei dem es um die Abschiebung von Sami A(doubi) ging. Die offensichtlich nicht ganz so begabte Anwältin hat einen entscheidenden Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz erst gar nicht gestellt gehabt,, womit das ganze Schlamassel dann begann.
Am krassesten wirkt die Qualität der Anwälte sich wohl dann aus, wenn man eine rein außergerichtliche Angelegenheit hat. Alles, was mit dem Entwurf von Vertägen zu tun hat, mit Unternehmenskäufen, mit steuerrechtlicher Beratung, mit Patenten...
15.01.2021, 20:11
Ein Anwalt, der keinen Plan hat (davon gibt es genug), ist abgesehen von der Erfüllung eines eventuellen Anwaltszwangs genau so hilfreich wie gar kein Anwalt. Der Mandant ist dann quasi ohne rechtlichen Beistand. Manchmal ist der Mandant ganz ohne Anwalt vielleicht wirklich besser gestellt. Dann lässt er sich nicht von einem gebührengeilen Anwalt ist schwachsinnige Verfahren und das immer weiter treiben.
Da ein schlechter Anwalt maximal so viel Wert ist wie gar kein Anwalt, kann man die Frage auch umstellen: "Macht ein guter Anwalt so viel aus?"
Natürlich ist nicht gesagt, dass der GK-Anwalt und 2xvb-Anwalt jetzt besser ist als der FWW-Anwalt und 2xa-Anwalt. Das war ja aber auch gar nicht die ursprüngliche Frage, sondern wurde hier erst später so eingestreut.
Da ein schlechter Anwalt maximal so viel Wert ist wie gar kein Anwalt, kann man die Frage auch umstellen: "Macht ein guter Anwalt so viel aus?"
Natürlich ist nicht gesagt, dass der GK-Anwalt und 2xvb-Anwalt jetzt besser ist als der FWW-Anwalt und 2xa-Anwalt. Das war ja aber auch gar nicht die ursprüngliche Frage, sondern wurde hier erst später so eingestreut.
15.01.2021, 20:28
Ein guter Anwalt weiß genau, auf welche Fragen es ankommt, und trägt entsprechend vor - und zwar gut strukturiert und ggf. unter Hinweis auf einschlägige, für seinen Mandanten günstige Rechtsprechung. Gleichzeitig ist er in der Lage, auch spontan auf Gegenargumente zu reagieren und ggf. sein weiteres prozessuales Verhalten hieran ausrichten. Der Richter freut sich natürlich, wenn zumindest eine Seite in der Lage ist, vernünftig vorzutragen, und denkt über die rechtlichen Argumente der Parteien kurz nach - wobei es wahrscheinlicher ist, dass er einem guten Argument folgt. Ein schlechter Anwalt weiß hingegen gar nicht, worauf es ankommt, trägt dementsprechend auch nicht richtig vor, stellt ggf falsche Anträge und verärgert ggf. den Richter durch ersichtlich unsinnige, falsche Rechtsausführungen.
15.01.2021, 20:31
(15.01.2021, 20:28)Gast1212 schrieb: Ein guter Anwalt weiß genau, auf welche Fragen es ankommt, und trägt entsprechend vor - und zwar gut strukturiert und ggf. unter Hinweis auf einschlägige, für seinen Mandanten günstige Rechtsprechung. Gleichzeitig ist er in der Lage, auch spontan auf Gegenargumente zu reagieren und ggf. sein weiteres prozessuales Verhalten hieran ausrichten. Der Richter freut sich natürlich, wenn zumindest eine Seite in der Lage ist, vernünftig vorzutragen, und denkt über die rechtlichen Argumente der Parteien kurz nach - wobei es wahrscheinlicher ist, dass er einem guten Argument folgt. Ein schlechter Anwalt weiß hingegen gar nicht, worauf es ankommt, trägt dementsprechend auch nicht richtig vor, stellt ggf falsche Anträge und verärgert ggf. den Richter durch ersichtlich unsinnige, falsche Rechtsausführungen.
Genau das. Plus, dass gute anwaltliche Beratung im Idealfall unnötige gerichtliche Verfahren/Befassung überhaupt verhindert, und seiner Mandantschaft so unnötige Kosten erspart
15.01.2021, 20:37
der schlechte Anwalt bricht einem das Genick, indem er wichtigen Vortrag weglässt oder gefährlichen Vortrag vorträgt.
15.01.2021, 22:57
(15.01.2021, 20:04)Gast schrieb: Die Qualität des Anwalt macht schon dort einen Unterschied, wo ein Richter noch lange nicht beteiligt ist. Insbesondere bei der Frage, ob man es sich leisten kann, eine bestimmte Sache vor Gericht zu bringen.
Der schlechte Anwalt rät dem Mandanten auch bei aussichtlosen Angelegenheiten zur Klage oder rät von der Anerkennung ab. Bei eigentlich berechtigten Positionen des Mandanten spricht er dann von Aussichtslosigkeit oder reagiert auf gegnerische Schriftsätze dann noch panischer, als man es von Laien erwartet hätte. Für jede dieser vier Konstellationen kenne ich konkrete Beispiele.
Liegt die Sache dann bei Gericht, hat der Richter sich darüber noch lange keine Gedanken gemacht. Den ersten Eindruck verschaffen ihm die wechselseitigen Schriftsätze, das gilt sowohl für Tatsachen als auch Rechtsfragen. Von daher gibt es zunächst gar keine Meinung des Richters, von der ihn der Anwalt abbringen müsste. Und selbst wenn der Richter so eine Meinung hat, dann würde ich nicht vermuten (das ist aber eher eine psychologische Frage, dass der Richter stets stur auf dieser verharren würde. Unstreitige oder eindeutige Tatsachen kann der Richte nicht ausblenden. Von der ggf. einhelligen Rechtsprechung anderer Gerichte dürfte er auch nicht ganz unbeeindruckt bleiben.
Der schlechte Anwalt hat vor Gericht dann zwei Probleme: Er verkennt die für seinen Mandanten positiven Bedeutungen verschiedener Tatsachen, trägt diese Tatsachen also nicht vor; ähnlich diesem Problem klärt er den Sachverhalt gar nicht weiter auf. Der Richter wird den Sachverhalt aber auch nicht weiter aufklären (Zivilrecht) und hat dafür anders als der Anwalt vielleicht auch gar nicht die notwendigen Anhaltspunkte oder (Strafrecht) scheitert an einem Angeklagten, der anders als seinem Anwalt gegenüber schweigsam bleibt.
Zudem übersieht der schlechte Anwalt bei seiner schlampigen Recherche relevante Rechtsprechung oder Literatur. Ist diese schädlich für den Mandanten, kann dem Mandanten das spätestens jetzt das Genick brechen. Ist diese hilfreich für den Mandaten, kann der schlecht vertretene Mandant nur noch darauf hoffen, dass der Richter von sich aus auf diese kommt und ohne weiteres von ihr überzeugt ist. Erst recht gilt das für ganze Lösungswege oder Argumentationsmuster, auf die der schlechte Anwalt einfach nicht kommt.
Einen aufgeweckten Anwalt braucht man etwa auch bei einer Zeugenvernehmung im Strafrecht. Hier müssen Lücken oder Widersprüche in den Darstellungen erkannt werden, die der schechte Anwalt aber ggf. genau wie der Richter übersieht. Weist der gute Anwalt darauf hin, wird auch der Richter aufmerksam.
Das Beispiel aus der strafrechtlichen Hauptverhandlung ist noch aus anderem Grunde gut. Hier gehen die Revisionsgerichte davon aus, dass der verteidigte Angeklagte bzw. dessen Verteidiger bei Bedarf noch während der Verhandlung Widerspruch erheben muss. Zu diesem Widerspruch (zB gegen die Verwertung einzelner Beweise) soll dann auch eine zumindest grobe rechtliche Begründung gehören. Bekommt der Verteidiger diese alleine nicht hin (das Gericht will ja offenbar den Beweis verwerten), dann sieht es shclecht aus fü den Angeklagten. Dieses Beispiel zeigt, dass es auf die juristische Leistung des Anwalts auch dann ankommen kann, wenn sich das Gericht davon nicht überzeugen lässt. Und es zeigt, dass offenbar auch Gesetzgeber und Gerichte davon ausgehen, dass der Anwalt manchmal schlauer sein muss als der Richter. Doof nur, wenn der Anwalt das nicht ist.
Ähnliche Konstellationen begegnen einem bei unrichtigen Rechtsmittelbelehrungen (Rechtsprechung meint auch hier, dass der Anwalt es besser hätte wissen müssen) oder in all den Fällen, in denen im Rechtsmittelverfahren die Präklusion greifen kann. Allgemein widerlegt die Möglichkeit eines Rechtsmittelverfahrens doch sowieso schon den Mythos von der fehlenden Bedeutung der anwaltlichen Qualität. Denn ein Richter hat hier doch schon entschieden. Man geht nur gerade davon aus, dass der Richter das eben nicht richtig gemacht hat und der Anwalt es besser wusste. Da in der Beschwerde/Berufung/Revision jetzt andere Richter entscheiden, greift auch noch weniger die Idee, dass der Richter sich seine Meinung doch schon gebildet hätte.
Ganz prominent geht das BVerfG davon aus, dass der Verfassungsbeschwerde schon unzulässig ist, wenn sie sich nicht erschöpfend mit sämtlichen irgendwie relevanten Rechtsfragen befasst. Das BVerfG sieht es garde nicht als seine Aufgabe, hier selber nachdenken zu müssen.
Noch krasser wird es natürlich, wenn der schlechte Anwalt die Verfahrenssituation überhaupt nicht überblickt und gebotene Anträge gar nicht stellt. Vor einiger Zeit gab es einen bekannten Fall vor dem VG Gelsenkirchen, bei dem es um die Abschiebung von Sami A(doubi) ging. Die offensichtlich nicht ganz so begabte Anwältin hat einen entscheidenden Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz erst gar nicht gestellt gehabt,, womit das ganze Schlamassel dann begann.
Am krassesten wirkt die Qualität der Anwälte sich wohl dann aus, wenn man eine rein außergerichtliche Angelegenheit hat. Alles, was mit dem Entwurf von Vertägen zu tun hat, mit Unternehmenskäufen, mit steuerrechtlicher Beratung, mit Patenten...
Sehr überzeugende Ausführungen.
Dich würde ich mandatieren!