08.10.2020, 22:02
(08.10.2020, 21:58)Gast schrieb:(08.10.2020, 21:57)Gast schrieb: Also das Richterschaft etc. nicht unbedingt moralisch ist, ist vermutlich klar. Nur hat man - in meinen Augen - als Richter beruflich die höhere Chance, seltener unmoralische Handlungen zu begehen, als man dies als DAX-Syndikus oder GK-Anwalt hat
Naja und als Mietrechts-Anwalt für Mieter auch im Gegensatz zum Mietrechtsanwalt für Vonovia.
Der Punkt ist: Das Geld ist bei den "Bösen"
Muss man dann, wenn man ein Stück vom Kuchen abhaben will, auch böse werden?
08.10.2020, 22:02
(08.10.2020, 21:41)Gast schrieb:(08.10.2020, 21:35)Gast schrieb: Ich finde Moral durchaus wichtig und wollte darauf gar nicht hinaus. Ich finde nur, dass der Richterjob weit weniger "moralisch" ist als man als Laie denkt. Die meisten Entscheidungen sind schlicht technisch, "Moral" ist da nicht groß gefragt. Darf die Hecke 2m oder 2,50m hoch sein? Gibt es 3000 Euro für den Unfall oder 4000?
Ich finde durchaus, dass sich in der Gesamtschau der gerichtlichen Entscheidungen im Rechtsstaat Moral daraus ergibt, dass man Rechtsfrieden durch eine Entscheidung einer neutralen Instanz erlangen kann, wobei das Gericht anhand des Gesetzes und nicht willkürlich entscheidet. Auch wenn die Frage, ob ich 3000 oder 4000 € bekomme an und für sich nicht so extrem moralisch aufgeladen ist, finde ich es moralisch gut, eine nach prozessualen Regeln ablaufende und materuellrechtlich nachvollziehbare Entscheidung über diese Fragen bekommen zu können.
Ich finde, dass auch die Idee eines “Organ der Rechtspflege”, eingebunden in den Rechtsstaat, moralischen Appel hat, so nach dem Motto: Ein funktionierender Rechtsstaat ist ein Wert an und für sich und dazu gehört eben jedwede Interessenvertretung. Jemand der so denkt und daher Heckler und Koch oder üble Verbrecher vertritt, denkt und handelt auch in einem moralischen System. Es gibt aber eben auch solche, die derartige Interessenvertretung ohne jede moralische Verankerung betreiben, fürs Geld oder weil sie einfach gut darin sind, who knows. Nach Außen hin das Gleiche, aber von der Motivation her komplett unterschiedlich.
09.10.2020, 01:09
Also um hier auch mal die andere Seiten zu vertreten: Ich hab mich mit Noten, die für wahrscheinlich jeden anderen Job (außer vielleicht Nur-Notariat) gereicht hätten, bewusst dazu entschieden, in einer kleinen Kanzlei zu arbeiten, die sich hauptsächlich mit so gewinnbringenden Thematiken wie Migrationsrecht, Sozialrecht und Strafrecht beschäftigt. Aber eigentlich sind wir FWW für finanziell schwache Mandanten. Ich hab angefangen Jura zu studieren, um etwas gegen Ungerechtigkeit zu tun und Menschen zu helfen, die ansonsten mit unserem Rechtssystem überfordert wären.
Der Job ist oft frustrierend, anstrengend und nicht besonders gut bezahlt (gerade im Vergleich zu dem was möglich gewesen wäre), aber er ist auch immer wieder unglaublich erfüllend. Einer 18-jährigen, die in ihrem Heimatland genitalverstümmelt wurde, ohne ihre Eltern monatelang durch die Welt gereist ist und seitdem in jeder Sekunde Angst hat, wieder ach Hause zu müssen, sagen zu können, dass sie als Flüchtling anerkannt wurde und hierbleiben darf, gibt mir persönlich so viel mehr als dass ich mir ein schönes Haus kaufen kann oder Urlaub im Luxushotel. Da ist mir der Bulli eh lieber.
Ich finde, wenn man wie wir den Luxus genossen hat, sehr lange auf Kosten der Allgemeinheit ausgebildet zu werden, dafür teilweise sogar bezahlt zu werden, sollte man dafür auch irgendwas zurück geben. Steuern sind da natürlich ein Weg, aber auch eine Selbstverständlichkeit und nicht wirklich ausreichend. Man sollte den Anspruch haben, die Gesellschaft oder auch nur das Leben Einzelner, die es alleine nicht schaffen, besser zu machen. Und man sollte die Verantwortung für sein Handeln übernehmen, was bedeutet, dass man sich durch die Mitarbeit an bestimmten Mandaten eben auch mit der jeweiligen Sache gemein macht...ob man will oder nicht.
Der Job ist oft frustrierend, anstrengend und nicht besonders gut bezahlt (gerade im Vergleich zu dem was möglich gewesen wäre), aber er ist auch immer wieder unglaublich erfüllend. Einer 18-jährigen, die in ihrem Heimatland genitalverstümmelt wurde, ohne ihre Eltern monatelang durch die Welt gereist ist und seitdem in jeder Sekunde Angst hat, wieder ach Hause zu müssen, sagen zu können, dass sie als Flüchtling anerkannt wurde und hierbleiben darf, gibt mir persönlich so viel mehr als dass ich mir ein schönes Haus kaufen kann oder Urlaub im Luxushotel. Da ist mir der Bulli eh lieber.
Ich finde, wenn man wie wir den Luxus genossen hat, sehr lange auf Kosten der Allgemeinheit ausgebildet zu werden, dafür teilweise sogar bezahlt zu werden, sollte man dafür auch irgendwas zurück geben. Steuern sind da natürlich ein Weg, aber auch eine Selbstverständlichkeit und nicht wirklich ausreichend. Man sollte den Anspruch haben, die Gesellschaft oder auch nur das Leben Einzelner, die es alleine nicht schaffen, besser zu machen. Und man sollte die Verantwortung für sein Handeln übernehmen, was bedeutet, dass man sich durch die Mitarbeit an bestimmten Mandaten eben auch mit der jeweiligen Sache gemein macht...ob man will oder nicht.
09.10.2020, 07:42
(09.10.2020, 01:09)Gast schrieb: Ich finde, wenn man wie wir den Luxus genossen hat, sehr lange auf Kosten der Allgemeinheit ausgebildet zu werden, dafür teilweise sogar bezahlt zu werden, sollte man dafür auch irgendwas zurück geben. Steuern sind da natürlich ein Weg, aber auch eine Selbstverständlichkeit und nicht wirklich ausreichend. Man sollte den Anspruch haben, die Gesellschaft oder auch nur das Leben Einzelner, die es alleine nicht schaffen, besser zu machen. Und man sollte die Verantwortung für sein Handeln übernehmen, was bedeutet, dass man sich durch die Mitarbeit an bestimmten Mandaten eben auch mit der jeweiligen Sache gemein macht...ob man will oder nicht.
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09.10.2020, 08:49
(09.10.2020, 07:42)Gast schrieb:(09.10.2020, 01:09)Gast schrieb: Ich finde, wenn man wie wir den Luxus genossen hat, sehr lange auf Kosten der Allgemeinheit ausgebildet zu werden, dafür teilweise sogar bezahlt zu werden, sollte man dafür auch irgendwas zurück geben. Steuern sind da natürlich ein Weg, aber auch eine Selbstverständlichkeit und nicht wirklich ausreichend. Man sollte den Anspruch haben, die Gesellschaft oder auch nur das Leben Einzelner, die es alleine nicht schaffen, besser zu machen. Und man sollte die Verantwortung für sein Handeln übernehmen, was bedeutet, dass man sich durch die Mitarbeit an bestimmten Mandaten eben auch mit der jeweiligen Sache gemein macht...ob man will oder nicht.
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So ein Unfug. Vor allem, wo wurden wir denn ausgebildet? Wie mussten uns doch alles selbst beibringen. Für einige hat die Ausbildung sogar ein ernüchterndes oder sehr trauriges Ende genommen. Im Grunde genommen dürfte man dann eigentlich nicht mehr Anwalt sein. Oder vertritt man dann nur Menschen, die „Recht haben“ oder billigenswerte Motive verfolgen. Bei dem Erledigungsdruck dürfte man dann auch nicht Richter werden. Eigentlich kann man dann nur legal counsel beim WWF, Peta und Co. sein...Viel Spaß bei der Jobwahl. Ich habe auch meine Werte, die ich verfolge, aber ich verzichte nicht freiwillig auf Geld, nur um mich einer Illusion moralischer Überlegenheit hinzugeben...
09.10.2020, 09:00
(09.10.2020, 08:49)Gast schrieb:(09.10.2020, 07:42)Gast schrieb:(09.10.2020, 01:09)Gast schrieb: Ich finde, wenn man wie wir den Luxus genossen hat, sehr lange auf Kosten der Allgemeinheit ausgebildet zu werden, dafür teilweise sogar bezahlt zu werden, sollte man dafür auch irgendwas zurück geben. Steuern sind da natürlich ein Weg, aber auch eine Selbstverständlichkeit und nicht wirklich ausreichend. Man sollte den Anspruch haben, die Gesellschaft oder auch nur das Leben Einzelner, die es alleine nicht schaffen, besser zu machen. Und man sollte die Verantwortung für sein Handeln übernehmen, was bedeutet, dass man sich durch die Mitarbeit an bestimmten Mandaten eben auch mit der jeweiligen Sache gemein macht...ob man will oder nicht.
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So ein Unfug. Vor allem, wo wurden wir denn ausgebildet? Wie mussten uns doch alles selbst beibringen. Für einige hat die Ausbildung sogar ein ernüchterndes oder sehr trauriges Ende genommen. Im Grunde genommen dürfte man dann eigentlich nicht mehr Anwalt sein. Oder vertritt man dann nur Menschen, die „Recht haben“ oder billigenswerte Motive verfolgen. Bei dem Erledigungsdruck dürfte man dann auch nicht Richter werden. Eigentlich kann man dann nur legal counsel beim WWF, Peta und Co. sein...Viel Spaß bei der Jobwahl. Ich habe auch meine Werte, die ich verfolge, aber ich verzichte nicht freiwillig auf Geld, nur um mich einer Illusion moralischer Überlegenheit hinzugeben...
Klar, das sau teure Jurastudium. Bin in ungefähr 10 Vorlesungen gewesen und hab ein paar Klausuren mitgeschrieben.
09.10.2020, 09:12
Ich finde es traurig, wie herzlos viele hier sind :-(
09.10.2020, 09:42
(09.10.2020, 09:12)Gast100 schrieb: Ich finde es traurig, wie herzlos viele hier sind :-(
Ich habe den ersten Post ehrlich gesagt nicht gelesen, trotzdem bleibe ich dabei. Für denjenigen, den keine Lust auf Migrationsrecht hat, bleibt halt nicht soo viel, um „moralisch hochwertige Ziele“ zu verfolgen, was auch immer man darunter verstehen will. Und dass die Ausbildung teuer ist, habe ich doch gar nicht geschrieben. Aber man wurde tatsächlich 7-9 Jahre ordentlich geknechtet. Da ist es doch nichts
Verwerfliches, wenn man sich den Job in erster Linie danach aussucht, was Spaß macht und Geld einspielt. Ich glaube das versteht man auch besser, wenn man aus keinem reichen Elternhaus mit eigener Immobilie kommt. Womit ich nicht sagen will, dass ich davon ausgehe, dass das beim Vorposter der Fall wäre.
09.10.2020, 09:52
Nein, aber der über dir
09.10.2020, 10:05
Als Anwalt in einer kleinen Kanzlei ist dem Gemeinwohl zu dienen immer gleichbedeutend mit finanziellem Verlust. Ich nehme immer seltener Mandate an, weil ich den Leuten helfen will, einfach weil sie einem ohnehin nicht danken und zum andern, weil es wirtschaftlich desaströs ist jemanden bei kleinen Streitwerten zu vertreten.