08.10.2020, 14:21
Bei Durchsicht der Threads entsteht mE der vielleicht oberflächliche Eindruck, die Jobwahl hänge in erster Linie vom Gehalt, der Arbeitsbelastung und der ggf. der Jobsicherheit ab. Das sind ohne jeden Zweifel ganz entscheidende Faktoren, die sich überdies aufgrund der verhältnismäßig klaren Vergleichbarkeit auch besonders gut für Forumsdiskussionen eignen.
Was meinem Eindruck nach weniger Beachtung findet, ist die Frage nach dem „moralischen Appel“ einer Tätigkeit.
Daher meine Frage an Euch: Spielen derartige Erwägungen („Gemeinwohlbezug“, „Einsatz für freiheitlich-demokratische Grundordnung“, „Gerechtigkeit“) für Euch eine Rolle? Und wenn ja, welchen Stellenwert räumt ihr diesen ein? Wie priorisiert Ihr?
Mir ist klar, dass da irgendwo auch ein Luxus impliziert wird. So haben die wenigsten von uns die Noten, um wirklich frei wählen zu können, sondern richten sich nach dem praktisch Möglichen, nach Nachfrage und Notwendigkeit...
Was meinem Eindruck nach weniger Beachtung findet, ist die Frage nach dem „moralischen Appel“ einer Tätigkeit.
Daher meine Frage an Euch: Spielen derartige Erwägungen („Gemeinwohlbezug“, „Einsatz für freiheitlich-demokratische Grundordnung“, „Gerechtigkeit“) für Euch eine Rolle? Und wenn ja, welchen Stellenwert räumt ihr diesen ein? Wie priorisiert Ihr?
Mir ist klar, dass da irgendwo auch ein Luxus impliziert wird. So haben die wenigsten von uns die Noten, um wirklich frei wählen zu können, sondern richten sich nach dem praktisch Möglichen, nach Nachfrage und Notwendigkeit...
08.10.2020, 14:32
Zu Studienzeiten hat mich das sehr beeinflusst, inzwischen nur noch wenig. In der Justiz hat man sowieso kaum Einfluss auf das zu bearbeitende Rechtsgebiet und im Zivilrecht entscheidet man doch nur drüber, wer wieviel Geld schuldet. Großen moralischen Anspruch (der über dem eines Rechtsanwalts liegt) kann ich da nicht erkennen. Am VG sogar noch weniger.
Im Strafrecht wirkt sich das m.E. noch am ehesten aus. Da holt einen aber auch die Realität ein: viel zu wenig Zeit, alles angemessen zu bearbeiten, ein ganzes (Strafen-)System, das keinen empirischen Nutzen hat.
Letztlich sind Richter und StAe auch nur Anwender von Gesetzen. Diese Gesetze werden von Politikern, je nach dem wie grade der Wind weht, verabschiedet und haben oft keinen oder unzureichenden empirischen Hintergrund. Beispiel: Strafrahmenänderungen. 99,9% der Richtertätigkeit ist doch eine pure Sachbearbeitertätigkeit, so traurig es auch ist. Der BGH oder das OLG geben vor und macht es dann eben so.
Im Strafrecht wirkt sich das m.E. noch am ehesten aus. Da holt einen aber auch die Realität ein: viel zu wenig Zeit, alles angemessen zu bearbeiten, ein ganzes (Strafen-)System, das keinen empirischen Nutzen hat.
Letztlich sind Richter und StAe auch nur Anwender von Gesetzen. Diese Gesetze werden von Politikern, je nach dem wie grade der Wind weht, verabschiedet und haben oft keinen oder unzureichenden empirischen Hintergrund. Beispiel: Strafrahmenänderungen. 99,9% der Richtertätigkeit ist doch eine pure Sachbearbeitertätigkeit, so traurig es auch ist. Der BGH oder das OLG geben vor und macht es dann eben so.
08.10.2020, 14:36
Tatsächlich bewegt mich die Frage nach meinem Beitrag zum Gemeinwohl nicht wirklich, aber ich habe auch nicht Jura studiert, um die Welt zu verbessern.
Was in deiner Aufzählung allerdings fehlt, ist die Frage nach dem, was einem (wenigstens ein bisschen) Spaß macht! ;)
Was in deiner Aufzählung allerdings fehlt, ist die Frage nach dem, was einem (wenigstens ein bisschen) Spaß macht! ;)
08.10.2020, 14:39
(08.10.2020, 14:36)Gast schrieb: Tatsächlich bewegt mich die Frage nach meinem Beitrag zum Gemeinwohl nicht wirklich, aber ich habe auch nicht Jura studiert, um die Welt zu verbessern.
Was in deiner Aufzählung allerdings fehlt, ist die Frage nach dem, was einem (wenigstens ein bisschen) Spaß macht! ;)
Korrekt! Ich bin froh, dass ich (wenn auch durch Zufall) nen Nische gefunden habe, die ich sehr interessant finde. Das ist mir bei meiner beruflichen Tätigkeit schon sehr wichtig.
Wenn "Gerechtigkeit" für mich sonderlich interessant wäre, müsste man sich halt was entsprechendes suchen, aber so allgemeine moralische Wertungen haben bei mir zu keinem Zeitpunkt eine besondere Rolle gespielt, vllt wäre ich tatsächlich in Anbetracht der Realität dann auch eher frustriert...
08.10.2020, 14:41
Ich zahle einen Haufen Steuern, das ist mein Beitrag zum Gemeinwohl.
Nachdem ich dank Zivildienst und Ref lange genug in unterbezahlten staatlichen Anstellungsverhältnissen tätig war, muss ich mich jetzt darum kümmern, dass meine Frau und ich uns ein schönes Haus kaufen können. Die Moral kommt danach dann wieder.
Nachdem ich dank Zivildienst und Ref lange genug in unterbezahlten staatlichen Anstellungsverhältnissen tätig war, muss ich mich jetzt darum kümmern, dass meine Frau und ich uns ein schönes Haus kaufen können. Die Moral kommt danach dann wieder.
08.10.2020, 14:44
nein.
08.10.2020, 14:57
(08.10.2020, 14:21)Gast schrieb: Bei Durchsicht der Threads entsteht mE der vielleicht oberflächliche Eindruck, die Jobwahl hänge in erster Linie vom Gehalt, der Arbeitsbelastung und der ggf. der Jobsicherheit ab. Das sind ohne jeden Zweifel ganz entscheidende Faktoren, die sich überdies aufgrund der verhältnismäßig klaren Vergleichbarkeit auch besonders gut für Forumsdiskussionen eignen.Keinen großen Stellenwert... Arbeit ist, bzw. wird (bin noch im Ref) für mich hauptsächlich die Quelle zur Finanzierung meines Lebens sein (und evtl zukünftig meiner Familie halt noch) . Mag für viele ne fürchterliche Vorstellung sein, aber ich werde definitiv meinen beruflichen Werdegang strikt nach danach richten die bestmögliche Kombination aus hohem Verdienst und verhältnismäßig akzeptabler Arbeitszeit zu erreichen,weswegen zumindest mein Plan paar Jahre GK und dann letztendlich Rechtsabteilung in einem Großunternehmen sind.
Was meinem Eindruck nach weniger Beachtung findet, ist die Frage nach dem „moralischen Appel“ einer Tätigkeit.
Daher meine Frage an Euch: Spielen derartige Erwägungen („Gemeinwohlbezug“, „Einsatz für freiheitlich-demokratische Grundordnung“, „Gerechtigkeit“) für Euch eine Rolle? Und wenn ja, welchen Stellenwert räumt ihr diesen ein? Wie priorisiert Ihr?
Mir ist klar, dass da irgendwo auch ein Luxus impliziert wird. So haben die wenigsten von uns die Noten, um wirklich frei wählen zu können, sondern richten sich nach dem praktisch Möglichen, nach Nachfrage und Notwendigkeit...
Ich kann ja auch in meinen privaten Leben gemeinnützig tätig sein,spenden und versuchen einfach jedem andern Menschen gegenüber so fair wie möglich zu sein, aber hier erlaube ich mir einfach diesen Grad an Egoismus
08.10.2020, 15:06
Zitat:Bei Durchsicht der Threads entsteht mE der vielleicht oberflächliche Eindruck, die Jobwahl hänge in erster Linie vom Gehalt, der Arbeitsbelastung und der ggf. der Jobsicherheit ab.
Nein, Doch, Oh!
Wovon denn sonst? Mir ist vollkommen und allumfassend egal, was genau der Betrieb macht oder welche Unternehmen man als Kanzlei berät. Es gibt in einem Rechtsstaat keine moralisch falschen Tätigkeiten, die legal sind. Ich hätte auch 0,0000 Probleme bei Heckler&Koch oder American Tobacco zu arbeiten. Waffen sind ein notwendiges Übel und Rauchen die Entscheidung jedes einzelnen Menschen, in die sich niemand einzumischen hat.
kA warum sich manche Menschen ihr Leben unnötig schwer mit solchen Quatschgedanken machen.
08.10.2020, 15:07
(08.10.2020, 14:57)Gast schrieb:(08.10.2020, 14:21)Gast schrieb: Bei Durchsicht der Threads entsteht mE der vielleicht oberflächliche Eindruck, die Jobwahl hänge in erster Linie vom Gehalt, der Arbeitsbelastung und der ggf. der Jobsicherheit ab. Das sind ohne jeden Zweifel ganz entscheidende Faktoren, die sich überdies aufgrund der verhältnismäßig klaren Vergleichbarkeit auch besonders gut für Forumsdiskussionen eignen.Keinen großen Stellenwert... Arbeit ist, bzw. wird (bin noch im Ref) für mich hauptsächlich die Quelle zur Finanzierung meines Lebens sein (und evtl zukünftig meiner Familie halt noch) . Mag für viele ne fürchterliche Vorstellung sein, aber ich werde definitiv meinen beruflichen Werdegang strikt nach danach richten die bestmögliche Kombination aus hohem Verdienst und verhältnismäßig akzeptabler Arbeitszeit zu erreichen,weswegen zumindest mein Plan paar Jahre GK und dann letztendlich Rechtsabteilung in einem Großunternehmen sind.
Was meinem Eindruck nach weniger Beachtung findet, ist die Frage nach dem „moralischen Appel“ einer Tätigkeit.
Daher meine Frage an Euch: Spielen derartige Erwägungen („Gemeinwohlbezug“, „Einsatz für freiheitlich-demokratische Grundordnung“, „Gerechtigkeit“) für Euch eine Rolle? Und wenn ja, welchen Stellenwert räumt ihr diesen ein? Wie priorisiert Ihr?
Mir ist klar, dass da irgendwo auch ein Luxus impliziert wird. So haben die wenigsten von uns die Noten, um wirklich frei wählen zu können, sondern richten sich nach dem praktisch Möglichen, nach Nachfrage und Notwendigkeit...
Ich kann ja auch in meinen privaten Leben gemeinnützig tätig sein,spenden und versuchen einfach jedem andern Menschen gegenüber so fair wie möglich zu sein, aber hier erlaube ich mir einfach diesen Grad an Egoismus
Finde das ganz und gar nicht fürchterlich, ein möglichst angenehmes, dh finanziell abgesichertes Leben führen zu wollen. Hängt ja auch vieles davon ab, was man sich von der Arbeit verspricht und wie man sie definiert, ob man lebt, um zu arbeiten oder arbeitet, um zu leben. Je mehr man von der Arbeit erwartet, je größer die Gefahr der Frustration und Enttäuschung.
08.10.2020, 15:07
Natürlich sind die genannten Faktoren (Moral, Förderung des Gemeinwohls etc.) relevant. Das Referendariat hat mir aber eindrucksvoll bewiesen, dass diese Aspekte im öffentlichen Dienst keine Rolle spielen. In der Justiz geht es nicht um gerechte Ergebnisse, sondern darum, Verfahren mit vertretbarem Ergebnis und möglichst geringem Zeitaufwand abschließen zu können. In der Verwaltung geht es nicht um eine Förderung des Gemeinwohls, sondern darum, verwaltungsintern sich selbst und extern die politische Führung in einem möglichst guten Licht zu präsentieren.
Das ist vielleicht nicht ganz so zynisch gemeint, wie es klingen mag. Auch im öffentlichen Dienst mag der Dienst an der Gesellschaft irgendwo eine Rolle spielen... aber nicht mehr als in der freien Wirtschaft auch :s
Das ist vielleicht nicht ganz so zynisch gemeint, wie es klingen mag. Auch im öffentlichen Dienst mag der Dienst an der Gesellschaft irgendwo eine Rolle spielen... aber nicht mehr als in der freien Wirtschaft auch :s