31.08.2020, 10:22
(31.08.2020, 10:09)Gast schrieb: [quote pid='62524' dateline='1598860549']
Strafrecht geht doch sowieso nur über RVG. Das ist im Osten doch genau so wie überall. Oder gibts zu wenige Kriminelle im Osten?
- Gast
Nicht, dass ich in letzter Zeit mitbekommen hätte. :D Allerdings doch recht viele Pflichtverteidigungen, das drückt das Gehalt evtl.
Aber letztlich sind auch die allgemeinen Zahlen nicht rosig.
Zitat: Laut Gehalt.de bezahlen Kanzleien in Mecklenburg-Vorpommern mit rund 2.865 Euro das niedrigste durchschnittliche Monatsgehalt.
Und da komme ich hochgerechnet ja auch 'nur' auf 34k. Und ich bin ja auch noch Berufseinsteiger und habe keine besonderen Qualifikationen/Noten.
Ich habe halt echt Sorge, dass ich da ausgelacht werde mit meinen Vorstellungen und das richtig schlecht rüber kommt. :s
[/quote]
Im Ernst? Hallo? Wie gesagt, das ist kaum über dem Refgehalt, was die bieten.
31.08.2020, 10:31
Vielleicht bietet es sich an eine Range zu nennen und wenn gefragt wird wie man denn die Range ausfüllt, dann sind neben dem Gehalt eben auch Urlaubstage, Überstundenvergütung, Versicherung, Robe, Zulassungskosten usw. durchaus ein Punkt... Generell sind aber 30k schon echt mau, auch wenn man in MV lebt und wahrscheinlich 1/4 der Ddf. Miete zahlt.
31.08.2020, 10:34
Handle 24k bei 25% Umsatzbeteiligung raus. Und dann baue nach und nach dein eigenes Business auf. Der Exit dann nach zwei Jahren und die Mandanten gehen aufgrund deiner zwischenzeitlich erworbenen Qualifikationen mit... Danach Meldung an die RAK
31.08.2020, 11:00
in MV leben ja nur Rentner. Die sind viel weniger Kriminell als junge Testosteron geladene Erwachsene
31.08.2020, 14:52
Wie beurteilt ihr einen Ausstieg aus der Juristerei? Habe zeitnah ein Vorstellungsgespräch als Abteilungsleiter bei einer großen Versicherung. Gehaltsvorstellung sind 60k. Laut Internetrecherche ist das so wohl noch in der Mitte. Falls mit der Job nicht zusagt, kann ich das dann im Lebenslauf als "Unternehmen" verkaufen?
31.08.2020, 15:01
(31.08.2020, 14:52)Gast schrieb: Wie beurteilt ihr einen Ausstieg aus der Juristerei? Habe zeitnah ein Vorstellungsgespräch als Abteilungsleiter bei einer großen Versicherung. Gehaltsvorstellung sind 60k. Laut Internetrecherche ist das so wohl noch in der Mitte. Falls mit der Job nicht zusagt, kann ich das dann im Lebenslauf als "Unternehmen" verkaufen?
Gibt man nicht den Namen des Unternehmens an, wo man gearbeitet hat?
31.08.2020, 15:11
und die Tätigkeit und man legt ein Arbeitszeugnis bei: „ xyz hat nur Kartons verpackt. „
31.08.2020, 16:16
(31.08.2020, 14:52)Gast schrieb: Wie beurteilt ihr einen Ausstieg aus der Juristerei? Habe zeitnah ein Vorstellungsgespräch als Abteilungsleiter bei einer großen Versicherung. Gehaltsvorstellung sind 60k. Laut Internetrecherche ist das so wohl noch in der Mitte. Falls mit der Job nicht zusagt, kann ich das dann im Lebenslauf als "Unternehmen" verkaufen?
Kommt drauf an, ist es die Position eines stellvertretenden Abteilungsleiters in der Schadensregulierung A-K? Wenn ja, würde ich genau schauen, wer der Chef ist. Wenn das so ein promovierter Studiosus namens Becker ist - der ist ne echte Nervensäge :D
31.08.2020, 21:46
Zur Situation in MV kann ich aus eigener (Anwältin für drei Jahre in FWW-Kanzlei in einer Kleinstadt im westlichen Teil MVs) und viel Erfahrung aus dem Kollegium folgendes berichten:
Die meisten Kanzleien in MV sind entweder Einzelkämpfer oder kleine Kanzleien mit bis zu vier Anwälten, dort ist also ohnehin weniger zu holen als bei größeren Sozeitäten im Westen.
Aufgrund des niedrigen Lohnniveaus in MV gibt es vergleichsweise wenige Mandanten, die in der Lage sind, hohe Stundensätze zu bezahlen. Viele Mandanten benötigen Beratungshilfe, sodass die teilweise sehr umfangreichen Verfahren nicht im Ansatz wirtschaftlich bearbeitet werden können. Mit etwas Glück sind die Mandanten rechtsschutzversichert oder man gerät an einige der wenigen wohlhabenderen Mandanten (Ärzte, Angestellte im öff. Dienst z. B.).
Im Strafrecht besteht außerdem das Problem, dass die typische Klientel leider, man muss es so sagen, aus Arbeitslosen oder ebenfalls aus sehr finanzschwachen Menschen besteht, die meistens auch einfach ihr Leben nicht im Griff haben. Diese können die Kosten für eine Strafverteidigung auch nach RVG schlicht nicht aufbringen. Einen Vorschuss zu nehmen, kannst du da i. d. R. vergessen. Viele vertrösten dich darauf, dass sie später Geld bekommen (von Bekannten, Eltern, Großeltern oder "von einem Kumpel") und es dir dann geben, aber darauf kann man sich nicht verlassen, meistens wird man belogen. Du hast also als Anwalt oftmals die Wahl, ob du das Mandat nicht annimmst, dir dann keine Arbeit machst, aber eben auch garantiert nichts bekommst, oder ob du das Mandat annimmst und ggf. von deinem Mandanten geprellt wirst. Pfänden kannst du da ohnehin nichts. Zu Anfang freut man sich vielleicht noch über die Erfahrung, die man sammelt, nach dem fünften Mal fühlt man sich aber einfach nur noch ausgenutzt.
Zusätzlich zu der schlechten Zahlungsmoral hatten meine Mandanten in allen Rechtsgebieten zu 90% ihre Unterlagen nicht vernünftig sortiert oder auch nur vollständig abgegeben. Ich habe also sehr viel Zeit damit verbracht, den Mandanten hinterherzulaufen, Unterlagen zu erbitten, ihre Sachen zu heften, zu tackern, zu lochen und zu sortieren. Da sie meistens nicht selbt die Kosten für die Beratung aufbringen mussten bzw. nur Pauschalen nach RVG zu zahlen haben, war ihnen der Zeitaufwand, den ich hatte, völlig egal. Wenn du eine 200-seitige Beratungshilfesache bearbeitest und dafür 85 € erhältst, weißt du, was Frust ist. Eine Abrechnung nach Stunden erzieht üblicherweise ja auch die Mandanten dazu, sich kurz zu fassen und die Sachen gut vorzusortieren. Sonst rechnet man halt einfach 200 € pro Stunde für's Heften ab. Das kannst du aber in MV vergessen. Ach ja, habe ich schon erwähnt, dass viele Mandanten dich mit unverständlichen Nachrichten geradezu bombardieren? Die Rechtschreibung und Zeichensetzung macht es unmöglich, zu verstehen, was sie wollen.
Halbwegs Geld (über 2.500,- €) kann man daher meistens nur dann verdienen, wenn man unverhältnismäßig viel arbeitet, um dadurch so viele Billigmandate wie möglich abzuarbeiten.
Wegen dieser Situation zahlen eben auch viele Kanzleien sogut wie nichts an junge Bewerber. Dass die Anwälte also so schlechte Gehälter zahlen, liegt daran, dass sie es ebenfalls nicht können. Ein Freund von mir wurde von seinem potenziellen Arbeitgeber aufgefordert, H4 und einen Gründerzuschuss zu beantragen, um sein eigenes Gehalt zu decken, eine andere wurde zum Mindestlohn eingestellt mit Gewinnbeteiligung. Meistens läuft es über sehr geringe Grundgehälter und dann über eine kleine Gewinnbeteiligung. Gut gehende Kanzleien sind meistens diejenigen, deren Inhaber kurz nach der Wende gekommen sind und sich einen guten Ruf und einen halbwegs finanzstarken Mandantenstamm aufgebaut haben.
Die wirtschaftliche Not bei vielen Anwälten ist wohl so groß, dass sie sich Fachliteratur bestellen, diese dann in der Nacht einscannen und dann von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen. Ein Kollege hat sogar die Schriftsätze an die Mandanten selbst bei ihnen eingeworfen, damit er sich die Briefmarken spart.
Ich bin mittlerweile bei einem Landkreis mit einer E10-Vergütung gelandet und verdiene dort jetzt weitaus mehr als in der Kanzlei, habe bessere Arbeitszeiten und muss mir diese Mandanten nicht mehr antun.
Auf MV rollt allerdings eine Pensionierungswelle im öffentlichen Dienst und in der Anwaltschaft zu. Der Kuchen wird also bald neu verteilt. Zur Zeit kann ich mir nur vorstellen, dass man in gut laufenden Sozietäten mit überregionalem Bezug und mehreren Anwälten etwas findet. Die dürfte es aber wohl nur in Rostock oder Schwerin geben.
Wer in MV als Jurist arbeiten will, sollte in den öffentlichen Dienst gehen.
Die meisten Kanzleien in MV sind entweder Einzelkämpfer oder kleine Kanzleien mit bis zu vier Anwälten, dort ist also ohnehin weniger zu holen als bei größeren Sozeitäten im Westen.
Aufgrund des niedrigen Lohnniveaus in MV gibt es vergleichsweise wenige Mandanten, die in der Lage sind, hohe Stundensätze zu bezahlen. Viele Mandanten benötigen Beratungshilfe, sodass die teilweise sehr umfangreichen Verfahren nicht im Ansatz wirtschaftlich bearbeitet werden können. Mit etwas Glück sind die Mandanten rechtsschutzversichert oder man gerät an einige der wenigen wohlhabenderen Mandanten (Ärzte, Angestellte im öff. Dienst z. B.).
Im Strafrecht besteht außerdem das Problem, dass die typische Klientel leider, man muss es so sagen, aus Arbeitslosen oder ebenfalls aus sehr finanzschwachen Menschen besteht, die meistens auch einfach ihr Leben nicht im Griff haben. Diese können die Kosten für eine Strafverteidigung auch nach RVG schlicht nicht aufbringen. Einen Vorschuss zu nehmen, kannst du da i. d. R. vergessen. Viele vertrösten dich darauf, dass sie später Geld bekommen (von Bekannten, Eltern, Großeltern oder "von einem Kumpel") und es dir dann geben, aber darauf kann man sich nicht verlassen, meistens wird man belogen. Du hast also als Anwalt oftmals die Wahl, ob du das Mandat nicht annimmst, dir dann keine Arbeit machst, aber eben auch garantiert nichts bekommst, oder ob du das Mandat annimmst und ggf. von deinem Mandanten geprellt wirst. Pfänden kannst du da ohnehin nichts. Zu Anfang freut man sich vielleicht noch über die Erfahrung, die man sammelt, nach dem fünften Mal fühlt man sich aber einfach nur noch ausgenutzt.
Zusätzlich zu der schlechten Zahlungsmoral hatten meine Mandanten in allen Rechtsgebieten zu 90% ihre Unterlagen nicht vernünftig sortiert oder auch nur vollständig abgegeben. Ich habe also sehr viel Zeit damit verbracht, den Mandanten hinterherzulaufen, Unterlagen zu erbitten, ihre Sachen zu heften, zu tackern, zu lochen und zu sortieren. Da sie meistens nicht selbt die Kosten für die Beratung aufbringen mussten bzw. nur Pauschalen nach RVG zu zahlen haben, war ihnen der Zeitaufwand, den ich hatte, völlig egal. Wenn du eine 200-seitige Beratungshilfesache bearbeitest und dafür 85 € erhältst, weißt du, was Frust ist. Eine Abrechnung nach Stunden erzieht üblicherweise ja auch die Mandanten dazu, sich kurz zu fassen und die Sachen gut vorzusortieren. Sonst rechnet man halt einfach 200 € pro Stunde für's Heften ab. Das kannst du aber in MV vergessen. Ach ja, habe ich schon erwähnt, dass viele Mandanten dich mit unverständlichen Nachrichten geradezu bombardieren? Die Rechtschreibung und Zeichensetzung macht es unmöglich, zu verstehen, was sie wollen.
Halbwegs Geld (über 2.500,- €) kann man daher meistens nur dann verdienen, wenn man unverhältnismäßig viel arbeitet, um dadurch so viele Billigmandate wie möglich abzuarbeiten.
Wegen dieser Situation zahlen eben auch viele Kanzleien sogut wie nichts an junge Bewerber. Dass die Anwälte also so schlechte Gehälter zahlen, liegt daran, dass sie es ebenfalls nicht können. Ein Freund von mir wurde von seinem potenziellen Arbeitgeber aufgefordert, H4 und einen Gründerzuschuss zu beantragen, um sein eigenes Gehalt zu decken, eine andere wurde zum Mindestlohn eingestellt mit Gewinnbeteiligung. Meistens läuft es über sehr geringe Grundgehälter und dann über eine kleine Gewinnbeteiligung. Gut gehende Kanzleien sind meistens diejenigen, deren Inhaber kurz nach der Wende gekommen sind und sich einen guten Ruf und einen halbwegs finanzstarken Mandantenstamm aufgebaut haben.
Die wirtschaftliche Not bei vielen Anwälten ist wohl so groß, dass sie sich Fachliteratur bestellen, diese dann in der Nacht einscannen und dann von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen. Ein Kollege hat sogar die Schriftsätze an die Mandanten selbst bei ihnen eingeworfen, damit er sich die Briefmarken spart.
Ich bin mittlerweile bei einem Landkreis mit einer E10-Vergütung gelandet und verdiene dort jetzt weitaus mehr als in der Kanzlei, habe bessere Arbeitszeiten und muss mir diese Mandanten nicht mehr antun.
Auf MV rollt allerdings eine Pensionierungswelle im öffentlichen Dienst und in der Anwaltschaft zu. Der Kuchen wird also bald neu verteilt. Zur Zeit kann ich mir nur vorstellen, dass man in gut laufenden Sozietäten mit überregionalem Bezug und mehreren Anwälten etwas findet. Die dürfte es aber wohl nur in Rostock oder Schwerin geben.
Wer in MV als Jurist arbeiten will, sollte in den öffentlichen Dienst gehen.
31.08.2020, 22:02
da klingt R1 in MV doch ganz gut