15.06.2020, 16:57
Gerade 2 Minuten gescrollt für die Frage "Frage zum Tenor, warum hast du bei der VV nicht 711?"
Danke dafür.
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15.06.2020, 16:57
(15.06.2020, 16:49)Gast schrieb:(15.06.2020, 16:43)GastRLP[Flocki] schrieb: +++ sorry, hatte oben vergessen, was zum anderen B-Plan zu schreiben ++++
Urteil des VG Neustadt an der Weinstraße war zu entwerfen.
VG NW
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Verwaltungsrechsstreit,
der PW-Gmbh - Klägerin -
gegen
Stadt Landau in der Pfalz, vertreten durch OBM - Beklagte -
wegen: Erteilung einer Baugenehmigung
hat das VG NW durch den Berichterstatter Roland Kintz als Einzelrichter am 15.06.2020
für R e c h t erkannt:
I. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 30.01.2020 verpflichtet, der Klägerin die im Antrag vom 20.09.2018 begehrte Baugenehmigung für eine Werbeanlage am Grundstück Seberlinger Str. 12, Flurstück XY, Landau in der Pfalz zu erteilen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung der Beklagten (B) eine am 20.09.2018 beantragte aber erst am 30.01.2020 abschlägig beschiedene Baugenehmigung für eine freistehende, einbetonierte Werbefläche mit einer Höhe von 5 m und einer Fläche von rund 10 m² zu erteilen.
Die Klägerin (K) ist Eigentümerin der Grundstücks Seberlinger Str. 12, Flurstück XY, Landau in der Pfalz. Das Grundstück ist unbebaut und befindet sich an der nördlich verlaufenden Seberlinger Straße. In der näheren Umgebung befinden sich etwa hälftig Wohngebäude, aber auch zwei Büros, eine Tankstelle, ein Seniorenheim, eine Gaststätte mit Beherbergungsbetrieben, ein Gebäude der Kommunalverwaltung und ein Materiallagerplatz. Es existiert seit 1975 ein Bebauungsplan (B-Plan) BL75, der lediglich eine Baugrenze mit einer Tiefe von 15 Metern südlich der Seberlingerstraße festsetzt. In diesem Bereich befindet sich das Vorhaben der K, sie plant dort Werbung anderer Unternehmer zu zeigen, sog. Fremdwerbung. Etwa fünfzig Meter westlich befindet sich eine ähnliche Werbeanlage, die 2018 genehmigt worden war. (Bezugnahme auf Skizze K1, Bl. 6 d.A., die Werbeanlage aus 2018 ist mit W, die der Beklagten mit X gekennzeichnet.)
Der am 28.09.2020 eingegangene Antrag der K wurde indes nicht beschieden. Eine Rückfrage im Januar ergab, dass dies an der Arbeitsüberlastung der Behörde lag.
Unterdesen beschloss der Stadtrat der B unter dem 29.04. den mit einer örtlichen Bauvorschrift (ÖBV) kombinierten B-Plan "Vergnügungsstätten/Werbeanlagen an der Seberlingerstraße", der am 07.05.2020 ortsüblich bekannt gemacht wurde. Der B-Plan setzte lediglich ein Verbot bestimmter Vergnügungsstätten fest. Ziffer 2.2.2 der ÖBV verbietet Werbeanlagen, die 5 m² Fläche übersteigen und sog. Fremdwerbung zeigen. Eigenwerbung bleibt zulässig, nach Ziffer 2.2.3 ÖBV auch dann, wenn sie in einem untergeordneten Maßstab Fremdwerbung zulässt. Die Begründung hier lautet ausweislich der Satzung, dass eine weitere Verschlechterung der Umgebung verhindert werden soll, ein sog. "trading-down". Man wolle Städtebaulichen und funktionalen Mängeln begegnen. Die städtebauliche Qualität habe durch die Vielzahl an Werbung - etwa 50 Anlagen auf 4 km - abgenommen. Durch die Regelung wolle man niveauvolle und ansprechende Werbung erhalten. Außerdem könnte so verhindert werden, dass Verkehrsteilnehmer im Straßenraum die Orientierung verlören (näheres s. Bl 8 f. d.A.)
Am 31.01.2020 hat die B auf die Klage erwidert. Gleichzeitig hat sie einen Bescheid (Az....) erlassen, in dem unter Berufung auf die ÖBV und die Baulinie in BL75 der Antrag abgelehnt wird. Die späte Antwort sei einer Überlastung des Zuständigen Sachbearbeiters geschuldet. Die Werbeanlage W sei 2018 nurmehr genehemigt worden, weil der zuständige Sachbearbeiter sich mit dem andauernden Verstoß gegen die Baulinie abgefunden habe.
Die K verfolgt ihr Begehren weiter und ist der Ansicht,
dass der BL75 zwischenzeitlich seine Funktion verloren habe. Außerdem sei die ÖBV unbeachtlich, weil sie gegenstandslos geworden sei. Zudem sei ihr Konzept unzureichend um ihren Zweck zu erreichen. Der Antrag sei nur deshalb nicht beschieden worden, um sie hinzuhalten.
Sie beantragt,
die B zu verpflichten, Baugenehmigung für eine Werbeanlage am Grundstück Seberlinger Str. 12, Flurstück XY, Landau in der Pfalz zu erteilen.
Die B beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie macht sich ihr Vorbringen im Bescheid vom 31.01.2020 zu eigen und ist darüberhinaus der Auffassung,
dass die Klage sich erledigt habe.
Die Parteien hatten sich schriftsätzlich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung bereit erklärt.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte nach §§ 87a II, III, 101 II VwGO wegen des Einverständnisses der Parteien entscheiden.
Es ist auch keine Erledigung eingetreten. Das Gericht kann wegen § 75 VwGO entscheiden. Dahingehend hatte es auch den Antrag der K als Antrag auf Weiterverfolgung des ursprünglichen Begehrs unter Einbeziehung des Bescheides vom 30.01.2020 zu verstehen. Dies ergibt sich aus § 88 VwGO iVm §§ 133, 157 BGB analog, weil sich anders vor dem Hintergrund des Art. 19 IV GG nicht rechtfertigen liesse. Überlegungen zu einer Klageänderung bedurfte es daher nicht.
Die Klage ist so verstanden zulässig und begründet.
I.
§ 40 I 1 VwGO (+), Streitentscheidende Norm § 70 LBO. [Kann man mE auch weglassen]
§ 42 I Alt 2 VwGO (+) iFd Verpflichtungsgegenklage
§ 42 I VwGO (+) wg. §§ 70 I 1, 66 I Nr. 9, IV LBO
Ein Vorverfahren nach § 68 II, I VwGO war hier ausnahmsweise entbehrlich. Nach § 75 1 VwGO ist nämlich in Abweichung von § 68 VwGO die Klage zulässig, wenn über einen Antrag auf Vornahme eines VAs in angemessener Frist ohne zureichenden Grund nicht beschieden wird. Damit wird auch gleichzeitig die Klagefrist des § 74 VwGO überwunden. Dies lag hier vor.
Im Antrag der K vom Herbst 2018 lag ein Vornahme-Antrag. Dieser wurde bis zum 30.01.2020, immerhin fast 16 Monate lang nicht beschieden. Die Überlastung und Erkrankung von Sachbearbeitern stellt auch keinen Grund für die Verzögerung dar, weil die Behörden gehalten sind, hiergegen organisatorische Vorkehrungen zu treffen - zumal hier ein Zeitraum von weit über einem Jahr in Rede steht.
Es war daher auch nicht nach § 75 3 4 VwGO das Verfahren auszusetzen und auf ein Vorverfahren hinzuwirken. Dies käme allenfalls in Betracht, wenn dies im Interesse der K lag, wofür nichts ersichtlich ist.
Klagegegner § 78 Nr. 1 VwGO § 1 II GemO
RSB (+), keine Erledigung, Rechtsschutzbegehren besteht vor.
II.
Die Klage ist zulässig. K hat gegen B einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Genehmigung, damit war der ablehnende Bescheid rechtswidrig und K in ihren Rechten verletzt, § 113 V 1 VwGO.
K hat einen Anspruch aus §§ 70 I 1, 66 I nr. 9, IV 1 LBO. Hiernach hat die Behörde eine Baugenehmigung zu erteilen (§ 70 I 1 LBO), wenn die Voraussetzungen des § 66 IV 1 LBO vorliegen. Das ist hier der Fall. Prüfprogramm war dasjenige des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens, weil die avisierte Werbeanlage eine bauliche Anlage iSd § 2 I 1 LBO mit einer Werbefläche von über 1 m² ist. Da kein qualifizierter B-Plan exisitert ist auch eine Freistellung nach § 67 LBO nicht einschlägig.
Nach § 66 IV 1 LBO beschränkt sich die Prüfung - bei einem hier nach § 63 LBO ordnungsgemäßen Bauantrag - hier auf die Zulässigkeit nach BauGB, örtlichen Bauvorschriften nach § 88 LBO, § 52 LBO und sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Diese stehen der Zulässigkeit im maßgeblichen Zeitpunkt nicht entgegen.
Maßgeblicher Zeitpunkt war hier die Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Der Zeitpunkt bestimmt sich stets nach dem materiellen Recht, hier also §§ 70 I 1, 66 IV 1 LBO. Hiernach müssen die Voraussetzungen im Genehmigungs- d.h. Entscheidungszeitspunkt vorliegen. Das ist hier die Entscheidung das VG, was mit der Wertung des § 113 V 1 VwGO ("spruchreif") übereinstimmt.
Überlegungen zur Frage, ob Gründe existieren auf einen anderen Zeitpunkt - bspw. den des Antrages - abzustellen, erübrigen sich, weil das BauGb und die ÖBV dem Vorhaben nicht entgegenstehen.
Im Einzelnen:
Bauplanungsrecht steht dem nicht entgegen.
Das Vorhaben fügt sich in die Eigenart der Umgebung ein, §§ 29 I, 30 III, 34 II BauGB iVm § 6 BauNVO.
Die Errichtung der Werbeanlage (§§ 52, 2 I LBO) ist ein Vorhaben iSd § 29 I und richtet sich der Art nach § 30 III BauGB nach § 34 II BauGB, weil sowohl BL75 als der B-Plan vom 07.05.2020 nur einfache B-Pläne waren. Die Werbeanlage stellt einen Gewerbebetrieb iSd BauNVO dar, weil die K mit der Vermietung von Werbeflächen ihr Einkommen erzielt. § 14 I BauNVO ist mangels Hauptanlage unanwendbar.
Als Gewerbebetrieb, der das Wohnen nicht wesentlich stört, fügt es das Vorhaben in das Mischgebiet § 6 BauNVO ein. Denn hier liegt ein faktisches Mischgebiet vor, weil die nähere Umgebung hinsichtlich jeder Nummer des § 6 II BauNVO wenigstens eine Nutzung beinhaltet.
Der B-Plan vom 07.05.2020 steht dieser Einordnung deswegen nicht entgegen, weil er außer der Unzulässigkeit der Vergnügungsstätten nach § 4a BauNVO regelt keine Festlegungen trifft und die Unzulässigkeitsregelung auch auf § 6 BauNVO anwendbar ist.
Dem Vorhaben steht nicht § 30 I BauGB iVm § 23 I BauNVO entgegen. Das grundsätzlich zu beachtende Bauverbot vor den Bebauungslinien ist hier nämlich unbeachtlich, denn der B-Plan ist insoweit funktionslos geworden. Die Unbeachtlichkeit folgt aus einem Verstoß gegen den Rechtsgedanken des § 1 III BauGB, wonach dieser immer erforderlich sein muss. Von einer solchen positiven Plankonzeption ist aber nicht mehr auszugehen, wenn er funktionslos geworden ist. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Realität die Planung derart überholt hat, dass nicht einmal mehr die zuständige Behörde den Plan beachtet. Dies eben hat die B zum Ausdruck gebracht, indem sie die "W" 2018 genehmigte, weil ohnehin jeder baute, wie er wollte.
Auch der B-Plan vom 07.05.2020 ändert hieran nichts, denn der Plangeber hat in diesem seine Konzeption aus 1975 hinsichtlich der Baulinie gerade nicht bestätigt oder auch nur aufgegriffen.
Ebensowenig stehen die Ziffern 2.2.2 und 2.2.3. ÖBV dem Vorhaben entgegen. Denn diese Ziffern sind schon dem Grunde nach von der Satzungsermächtigung des § 88 I Nr. 1 LBO gedeckt. Darüberhinaus ist auch das konkrete Planungskonzept unverhältnismäßig.
Im Einzelnen:
§ 88 I Nr. 1 LBO ermächtigt unter Anderem die Gemeinde zum Erlass von Vorschriften über die äußere Gestaltung von Werbeanlagen zur Durchführung gestalterischer Absichten in bestimmten bebauten Gemeindegebieten wobei sich die Vorschriften auch über deren Art, Größe und Anbringungsort erstrecken können.
Im dem die Ziffern 2.2.2 und 2.2.3. ÖBV aber maßgeblich auf die Unterscheidung zwischen Fremd- und Eigenwerbung abstellen, steht nicht die äußere Gestaltung nach Art der Werbeanlage in Rede, sondern die Unterscheidung nach Inhalt. Dies darf der Satzungsgeber aber nicht regeln.
Art der Werbeanlage meint die verschiedenen Darbietungsformen wie in § 52 I 2 LBO aufgezählt. Inhalt meint dasjenige, für das geworben wird, wie sich aus § 52 III 3 und IV LBO ergibt, wenn hier zwischen zulässiger Außenbereichseigen- und unzulässiger Außenbereichsfremdwerbung unterschieden wird.
Darüberhinaus ergibt sich aber kein Grund zur Annahme, wie die B mit ihrer ÖBV ihrem - durchaus legitimen - Ziel, die Gegend opitsch aufzuwerten durch weniger Werbung nahekommen will, indem sie nur großflächige Fremdwerbung verbieten will. Das Planungskonzept ist insoweit auch undurchdacht und damit nicht geeignet den Zweck der Vorschrift überhaupt nennenswert zu fördern. Zumal auch der Differenzierung in § 52 IV LBO zu entnehmen ist, dass Fremdwerbung im Innenbereich grundsätzlich zulässig ist. Vor diesem Hintergrund sind erhöhte Anforderungen an das Konzept zu stellen. Für den einzelnen Bauwilligen stellt sich die Versagung seines Rechts aus § 70 I 1 LBO aufgrund eines verworrenen Konzepts aber dann auch als unverhältnismäßig dar.
Führt die B ins Feld, dass sie damit eine niveauvolle Werbung erreichen will, so ist das schon kein legitimer Zweck des § 88 I Nr. 1 LBO. gleiches gilt für die bessere Orientierung im Straßenraum.
Schließlich steht auch § 52 LBO dem Vorhaben nicht entgegen. Für eine störende Häufung iSv § 52 II 2 LBO ist nichts ersichtlich, da die Vorschrift ihrer Nähe zu § 52 II 1 LBO wegen ohnehin nur einem Ort konzentrierte Werbung meint, die aber im Einzelfall noch keine bauliche Anlage darstellt.
Da K einen Anspruch auf die Baugenehmigung hat, war deren Ablehnung durch B auch rechtswidrig, wodurch K in ihren Rechten aus §§ 70 I 1, 66 IV 1 LBO verletzt wird.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 154 II VwGO sowie § 167 II VwGO
[Unterschrift RiVG Kintz]
RM: Antrag auf Zulassung der Berufung § 124 a IV VwGO.
Leider mangelhaft - 3 Punkte.
„Eine Arbeit die den Anforderungen genügt - 4 Punkte“
15.06.2020, 16:58
(15.06.2020, 16:56)Gast schrieb:(15.06.2020, 16:53)Gast schrieb: Sag mal hast du keine Freunde? Wer postet denn hier sein Urteil?
Ohne Witz, kein Wunder das ein Großteil der Leute - die ich kenne - glaubt, dass wir Juristen so heftig ein an der Klatsche haben... und das es uns einfach so heftig in die Murmel gehagelt hat...
Er hat nicht sein Urteil gepostet.....er hat zwei mal sein Urteil gepostet. Das zweite war die überarbeitete Version.
Wer hätten ja denken können, er wäre dumm, weil er den zweiten Bplan nicht ausführlichst und dezidiert auseinandergenommen hat
15.06.2020, 16:58
(15.06.2020, 16:57)Gast schrieb:(15.06.2020, 16:49)Gast schrieb:(15.06.2020, 16:43)GastRLP[Flocki] schrieb: +++ sorry, hatte oben vergessen, was zum anderen B-Plan zu schreiben ++++
Urteil des VG Neustadt an der Weinstraße war zu entwerfen.
VG NW
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Verwaltungsrechsstreit,
der PW-Gmbh - Klägerin -
gegen
Stadt Landau in der Pfalz, vertreten durch OBM - Beklagte -
wegen: Erteilung einer Baugenehmigung
hat das VG NW durch den Berichterstatter Roland Kintz als Einzelrichter am 15.06.2020
für R e c h t erkannt:
I. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 30.01.2020 verpflichtet, der Klägerin die im Antrag vom 20.09.2018 begehrte Baugenehmigung für eine Werbeanlage am Grundstück Seberlinger Str. 12, Flurstück XY, Landau in der Pfalz zu erteilen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung der Beklagten (B) eine am 20.09.2018 beantragte aber erst am 30.01.2020 abschlägig beschiedene Baugenehmigung für eine freistehende, einbetonierte Werbefläche mit einer Höhe von 5 m und einer Fläche von rund 10 m² zu erteilen.
Die Klägerin (K) ist Eigentümerin der Grundstücks Seberlinger Str. 12, Flurstück XY, Landau in der Pfalz. Das Grundstück ist unbebaut und befindet sich an der nördlich verlaufenden Seberlinger Straße. In der näheren Umgebung befinden sich etwa hälftig Wohngebäude, aber auch zwei Büros, eine Tankstelle, ein Seniorenheim, eine Gaststätte mit Beherbergungsbetrieben, ein Gebäude der Kommunalverwaltung und ein Materiallagerplatz. Es existiert seit 1975 ein Bebauungsplan (B-Plan) BL75, der lediglich eine Baugrenze mit einer Tiefe von 15 Metern südlich der Seberlingerstraße festsetzt. In diesem Bereich befindet sich das Vorhaben der K, sie plant dort Werbung anderer Unternehmer zu zeigen, sog. Fremdwerbung. Etwa fünfzig Meter westlich befindet sich eine ähnliche Werbeanlage, die 2018 genehmigt worden war. (Bezugnahme auf Skizze K1, Bl. 6 d.A., die Werbeanlage aus 2018 ist mit W, die der Beklagten mit X gekennzeichnet.)
Der am 28.09.2020 eingegangene Antrag der K wurde indes nicht beschieden. Eine Rückfrage im Januar ergab, dass dies an der Arbeitsüberlastung der Behörde lag.
Unterdesen beschloss der Stadtrat der B unter dem 29.04. den mit einer örtlichen Bauvorschrift (ÖBV) kombinierten B-Plan "Vergnügungsstätten/Werbeanlagen an der Seberlingerstraße", der am 07.05.2020 ortsüblich bekannt gemacht wurde. Der B-Plan setzte lediglich ein Verbot bestimmter Vergnügungsstätten fest. Ziffer 2.2.2 der ÖBV verbietet Werbeanlagen, die 5 m² Fläche übersteigen und sog. Fremdwerbung zeigen. Eigenwerbung bleibt zulässig, nach Ziffer 2.2.3 ÖBV auch dann, wenn sie in einem untergeordneten Maßstab Fremdwerbung zulässt. Die Begründung hier lautet ausweislich der Satzung, dass eine weitere Verschlechterung der Umgebung verhindert werden soll, ein sog. "trading-down". Man wolle Städtebaulichen und funktionalen Mängeln begegnen. Die städtebauliche Qualität habe durch die Vielzahl an Werbung - etwa 50 Anlagen auf 4 km - abgenommen. Durch die Regelung wolle man niveauvolle und ansprechende Werbung erhalten. Außerdem könnte so verhindert werden, dass Verkehrsteilnehmer im Straßenraum die Orientierung verlören (näheres s. Bl 8 f. d.A.)
Am 31.01.2020 hat die B auf die Klage erwidert. Gleichzeitig hat sie einen Bescheid (Az....) erlassen, in dem unter Berufung auf die ÖBV und die Baulinie in BL75 der Antrag abgelehnt wird. Die späte Antwort sei einer Überlastung des Zuständigen Sachbearbeiters geschuldet. Die Werbeanlage W sei 2018 nurmehr genehemigt worden, weil der zuständige Sachbearbeiter sich mit dem andauernden Verstoß gegen die Baulinie abgefunden habe.
Die K verfolgt ihr Begehren weiter und ist der Ansicht,
dass der BL75 zwischenzeitlich seine Funktion verloren habe. Außerdem sei die ÖBV unbeachtlich, weil sie gegenstandslos geworden sei. Zudem sei ihr Konzept unzureichend um ihren Zweck zu erreichen. Der Antrag sei nur deshalb nicht beschieden worden, um sie hinzuhalten.
Sie beantragt,
die B zu verpflichten, Baugenehmigung für eine Werbeanlage am Grundstück Seberlinger Str. 12, Flurstück XY, Landau in der Pfalz zu erteilen.
Die B beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie macht sich ihr Vorbringen im Bescheid vom 31.01.2020 zu eigen und ist darüberhinaus der Auffassung,
dass die Klage sich erledigt habe.
Die Parteien hatten sich schriftsätzlich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung bereit erklärt.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte nach §§ 87a II, III, 101 II VwGO wegen des Einverständnisses der Parteien entscheiden.
Es ist auch keine Erledigung eingetreten. Das Gericht kann wegen § 75 VwGO entscheiden. Dahingehend hatte es auch den Antrag der K als Antrag auf Weiterverfolgung des ursprünglichen Begehrs unter Einbeziehung des Bescheides vom 30.01.2020 zu verstehen. Dies ergibt sich aus § 88 VwGO iVm §§ 133, 157 BGB analog, weil sich anders vor dem Hintergrund des Art. 19 IV GG nicht rechtfertigen liesse. Überlegungen zu einer Klageänderung bedurfte es daher nicht.
Die Klage ist so verstanden zulässig und begründet.
I.
§ 40 I 1 VwGO (+), Streitentscheidende Norm § 70 LBO. [Kann man mE auch weglassen]
§ 42 I Alt 2 VwGO (+) iFd Verpflichtungsgegenklage
§ 42 I VwGO (+) wg. §§ 70 I 1, 66 I Nr. 9, IV LBO
Ein Vorverfahren nach § 68 II, I VwGO war hier ausnahmsweise entbehrlich. Nach § 75 1 VwGO ist nämlich in Abweichung von § 68 VwGO die Klage zulässig, wenn über einen Antrag auf Vornahme eines VAs in angemessener Frist ohne zureichenden Grund nicht beschieden wird. Damit wird auch gleichzeitig die Klagefrist des § 74 VwGO überwunden. Dies lag hier vor.
Im Antrag der K vom Herbst 2018 lag ein Vornahme-Antrag. Dieser wurde bis zum 30.01.2020, immerhin fast 16 Monate lang nicht beschieden. Die Überlastung und Erkrankung von Sachbearbeitern stellt auch keinen Grund für die Verzögerung dar, weil die Behörden gehalten sind, hiergegen organisatorische Vorkehrungen zu treffen - zumal hier ein Zeitraum von weit über einem Jahr in Rede steht.
Es war daher auch nicht nach § 75 3 4 VwGO das Verfahren auszusetzen und auf ein Vorverfahren hinzuwirken. Dies käme allenfalls in Betracht, wenn dies im Interesse der K lag, wofür nichts ersichtlich ist.
Klagegegner § 78 Nr. 1 VwGO § 1 II GemO
RSB (+), keine Erledigung, Rechtsschutzbegehren besteht vor.
II.
Die Klage ist zulässig. K hat gegen B einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Genehmigung, damit war der ablehnende Bescheid rechtswidrig und K in ihren Rechten verletzt, § 113 V 1 VwGO.
K hat einen Anspruch aus §§ 70 I 1, 66 I nr. 9, IV 1 LBO. Hiernach hat die Behörde eine Baugenehmigung zu erteilen (§ 70 I 1 LBO), wenn die Voraussetzungen des § 66 IV 1 LBO vorliegen. Das ist hier der Fall. Prüfprogramm war dasjenige des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens, weil die avisierte Werbeanlage eine bauliche Anlage iSd § 2 I 1 LBO mit einer Werbefläche von über 1 m² ist. Da kein qualifizierter B-Plan exisitert ist auch eine Freistellung nach § 67 LBO nicht einschlägig.
Nach § 66 IV 1 LBO beschränkt sich die Prüfung - bei einem hier nach § 63 LBO ordnungsgemäßen Bauantrag - hier auf die Zulässigkeit nach BauGB, örtlichen Bauvorschriften nach § 88 LBO, § 52 LBO und sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Diese stehen der Zulässigkeit im maßgeblichen Zeitpunkt nicht entgegen.
Maßgeblicher Zeitpunkt war hier die Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Der Zeitpunkt bestimmt sich stets nach dem materiellen Recht, hier also §§ 70 I 1, 66 IV 1 LBO. Hiernach müssen die Voraussetzungen im Genehmigungs- d.h. Entscheidungszeitspunkt vorliegen. Das ist hier die Entscheidung das VG, was mit der Wertung des § 113 V 1 VwGO ("spruchreif") übereinstimmt.
Überlegungen zur Frage, ob Gründe existieren auf einen anderen Zeitpunkt - bspw. den des Antrages - abzustellen, erübrigen sich, weil das BauGb und die ÖBV dem Vorhaben nicht entgegenstehen.
Im Einzelnen:
Bauplanungsrecht steht dem nicht entgegen.
Das Vorhaben fügt sich in die Eigenart der Umgebung ein, §§ 29 I, 30 III, 34 II BauGB iVm § 6 BauNVO.
Die Errichtung der Werbeanlage (§§ 52, 2 I LBO) ist ein Vorhaben iSd § 29 I und richtet sich der Art nach § 30 III BauGB nach § 34 II BauGB, weil sowohl BL75 als der B-Plan vom 07.05.2020 nur einfache B-Pläne waren. Die Werbeanlage stellt einen Gewerbebetrieb iSd BauNVO dar, weil die K mit der Vermietung von Werbeflächen ihr Einkommen erzielt. § 14 I BauNVO ist mangels Hauptanlage unanwendbar.
Als Gewerbebetrieb, der das Wohnen nicht wesentlich stört, fügt es das Vorhaben in das Mischgebiet § 6 BauNVO ein. Denn hier liegt ein faktisches Mischgebiet vor, weil die nähere Umgebung hinsichtlich jeder Nummer des § 6 II BauNVO wenigstens eine Nutzung beinhaltet.
Der B-Plan vom 07.05.2020 steht dieser Einordnung deswegen nicht entgegen, weil er außer der Unzulässigkeit der Vergnügungsstätten nach § 4a BauNVO regelt keine Festlegungen trifft und die Unzulässigkeitsregelung auch auf § 6 BauNVO anwendbar ist.
Dem Vorhaben steht nicht § 30 I BauGB iVm § 23 I BauNVO entgegen. Das grundsätzlich zu beachtende Bauverbot vor den Bebauungslinien ist hier nämlich unbeachtlich, denn der B-Plan ist insoweit funktionslos geworden. Die Unbeachtlichkeit folgt aus einem Verstoß gegen den Rechtsgedanken des § 1 III BauGB, wonach dieser immer erforderlich sein muss. Von einer solchen positiven Plankonzeption ist aber nicht mehr auszugehen, wenn er funktionslos geworden ist. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Realität die Planung derart überholt hat, dass nicht einmal mehr die zuständige Behörde den Plan beachtet. Dies eben hat die B zum Ausdruck gebracht, indem sie die "W" 2018 genehmigte, weil ohnehin jeder baute, wie er wollte.
Auch der B-Plan vom 07.05.2020 ändert hieran nichts, denn der Plangeber hat in diesem seine Konzeption aus 1975 hinsichtlich der Baulinie gerade nicht bestätigt oder auch nur aufgegriffen.
Ebensowenig stehen die Ziffern 2.2.2 und 2.2.3. ÖBV dem Vorhaben entgegen. Denn diese Ziffern sind schon dem Grunde nach von der Satzungsermächtigung des § 88 I Nr. 1 LBO gedeckt. Darüberhinaus ist auch das konkrete Planungskonzept unverhältnismäßig.
Im Einzelnen:
§ 88 I Nr. 1 LBO ermächtigt unter Anderem die Gemeinde zum Erlass von Vorschriften über die äußere Gestaltung von Werbeanlagen zur Durchführung gestalterischer Absichten in bestimmten bebauten Gemeindegebieten wobei sich die Vorschriften auch über deren Art, Größe und Anbringungsort erstrecken können.
Im dem die Ziffern 2.2.2 und 2.2.3. ÖBV aber maßgeblich auf die Unterscheidung zwischen Fremd- und Eigenwerbung abstellen, steht nicht die äußere Gestaltung nach Art der Werbeanlage in Rede, sondern die Unterscheidung nach Inhalt. Dies darf der Satzungsgeber aber nicht regeln.
Art der Werbeanlage meint die verschiedenen Darbietungsformen wie in § 52 I 2 LBO aufgezählt. Inhalt meint dasjenige, für das geworben wird, wie sich aus § 52 III 3 und IV LBO ergibt, wenn hier zwischen zulässiger Außenbereichseigen- und unzulässiger Außenbereichsfremdwerbung unterschieden wird.
Darüberhinaus ergibt sich aber kein Grund zur Annahme, wie die B mit ihrer ÖBV ihrem - durchaus legitimen - Ziel, die Gegend opitsch aufzuwerten durch weniger Werbung nahekommen will, indem sie nur großflächige Fremdwerbung verbieten will. Das Planungskonzept ist insoweit auch undurchdacht und damit nicht geeignet den Zweck der Vorschrift überhaupt nennenswert zu fördern. Zumal auch der Differenzierung in § 52 IV LBO zu entnehmen ist, dass Fremdwerbung im Innenbereich grundsätzlich zulässig ist. Vor diesem Hintergrund sind erhöhte Anforderungen an das Konzept zu stellen. Für den einzelnen Bauwilligen stellt sich die Versagung seines Rechts aus § 70 I 1 LBO aufgrund eines verworrenen Konzepts aber dann auch als unverhältnismäßig dar.
Führt die B ins Feld, dass sie damit eine niveauvolle Werbung erreichen will, so ist das schon kein legitimer Zweck des § 88 I Nr. 1 LBO. gleiches gilt für die bessere Orientierung im Straßenraum.
Schließlich steht auch § 52 LBO dem Vorhaben nicht entgegen. Für eine störende Häufung iSv § 52 II 2 LBO ist nichts ersichtlich, da die Vorschrift ihrer Nähe zu § 52 II 1 LBO wegen ohnehin nur einem Ort konzentrierte Werbung meint, die aber im Einzelfall noch keine bauliche Anlage darstellt.
Da K einen Anspruch auf die Baugenehmigung hat, war deren Ablehnung durch B auch rechtswidrig, wodurch K in ihren Rechten aus §§ 70 I 1, 66 IV 1 LBO verletzt wird.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 154 II VwGO sowie § 167 II VwGO
[Unterschrift RiVG Kintz]
RM: Antrag auf Zulassung der Berufung § 124 a IV VwGO.
Leider mangelhaft - 3 Punkte.
„Eine Arbeit die den Anforderungen genügt - 4 Punkte“
Ok du als Zweitkorrektor hast eine andere Meinung. Lass uns doch auf 2 Punkte einigen
15.06.2020, 17:01
(15.06.2020, 16:58)Gast schrieb:(15.06.2020, 16:57)Gast schrieb:(15.06.2020, 16:49)Gast schrieb:(15.06.2020, 16:43)GastRLP[Flocki] schrieb: +++ sorry, hatte oben vergessen, was zum anderen B-Plan zu schreiben ++++
Urteil des VG Neustadt an der Weinstraße war zu entwerfen.
VG NW
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Verwaltungsrechsstreit,
der PW-Gmbh - Klägerin -
gegen
Stadt Landau in der Pfalz, vertreten durch OBM - Beklagte -
wegen: Erteilung einer Baugenehmigung
hat das VG NW durch den Berichterstatter Roland Kintz als Einzelrichter am 15.06.2020
für R e c h t erkannt:
I. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 30.01.2020 verpflichtet, der Klägerin die im Antrag vom 20.09.2018 begehrte Baugenehmigung für eine Werbeanlage am Grundstück Seberlinger Str. 12, Flurstück XY, Landau in der Pfalz zu erteilen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung der Beklagten (B) eine am 20.09.2018 beantragte aber erst am 30.01.2020 abschlägig beschiedene Baugenehmigung für eine freistehende, einbetonierte Werbefläche mit einer Höhe von 5 m und einer Fläche von rund 10 m² zu erteilen.
Die Klägerin (K) ist Eigentümerin der Grundstücks Seberlinger Str. 12, Flurstück XY, Landau in der Pfalz. Das Grundstück ist unbebaut und befindet sich an der nördlich verlaufenden Seberlinger Straße. In der näheren Umgebung befinden sich etwa hälftig Wohngebäude, aber auch zwei Büros, eine Tankstelle, ein Seniorenheim, eine Gaststätte mit Beherbergungsbetrieben, ein Gebäude der Kommunalverwaltung und ein Materiallagerplatz. Es existiert seit 1975 ein Bebauungsplan (B-Plan) BL75, der lediglich eine Baugrenze mit einer Tiefe von 15 Metern südlich der Seberlingerstraße festsetzt. In diesem Bereich befindet sich das Vorhaben der K, sie plant dort Werbung anderer Unternehmer zu zeigen, sog. Fremdwerbung. Etwa fünfzig Meter westlich befindet sich eine ähnliche Werbeanlage, die 2018 genehmigt worden war. (Bezugnahme auf Skizze K1, Bl. 6 d.A., die Werbeanlage aus 2018 ist mit W, die der Beklagten mit X gekennzeichnet.)
Der am 28.09.2020 eingegangene Antrag der K wurde indes nicht beschieden. Eine Rückfrage im Januar ergab, dass dies an der Arbeitsüberlastung der Behörde lag.
Unterdesen beschloss der Stadtrat der B unter dem 29.04. den mit einer örtlichen Bauvorschrift (ÖBV) kombinierten B-Plan "Vergnügungsstätten/Werbeanlagen an der Seberlingerstraße", der am 07.05.2020 ortsüblich bekannt gemacht wurde. Der B-Plan setzte lediglich ein Verbot bestimmter Vergnügungsstätten fest. Ziffer 2.2.2 der ÖBV verbietet Werbeanlagen, die 5 m² Fläche übersteigen und sog. Fremdwerbung zeigen. Eigenwerbung bleibt zulässig, nach Ziffer 2.2.3 ÖBV auch dann, wenn sie in einem untergeordneten Maßstab Fremdwerbung zulässt. Die Begründung hier lautet ausweislich der Satzung, dass eine weitere Verschlechterung der Umgebung verhindert werden soll, ein sog. "trading-down". Man wolle Städtebaulichen und funktionalen Mängeln begegnen. Die städtebauliche Qualität habe durch die Vielzahl an Werbung - etwa 50 Anlagen auf 4 km - abgenommen. Durch die Regelung wolle man niveauvolle und ansprechende Werbung erhalten. Außerdem könnte so verhindert werden, dass Verkehrsteilnehmer im Straßenraum die Orientierung verlören (näheres s. Bl 8 f. d.A.)
Am 31.01.2020 hat die B auf die Klage erwidert. Gleichzeitig hat sie einen Bescheid (Az....) erlassen, in dem unter Berufung auf die ÖBV und die Baulinie in BL75 der Antrag abgelehnt wird. Die späte Antwort sei einer Überlastung des Zuständigen Sachbearbeiters geschuldet. Die Werbeanlage W sei 2018 nurmehr genehemigt worden, weil der zuständige Sachbearbeiter sich mit dem andauernden Verstoß gegen die Baulinie abgefunden habe.
Die K verfolgt ihr Begehren weiter und ist der Ansicht,
dass der BL75 zwischenzeitlich seine Funktion verloren habe. Außerdem sei die ÖBV unbeachtlich, weil sie gegenstandslos geworden sei. Zudem sei ihr Konzept unzureichend um ihren Zweck zu erreichen. Der Antrag sei nur deshalb nicht beschieden worden, um sie hinzuhalten.
Sie beantragt,
die B zu verpflichten, Baugenehmigung für eine Werbeanlage am Grundstück Seberlinger Str. 12, Flurstück XY, Landau in der Pfalz zu erteilen.
Die B beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie macht sich ihr Vorbringen im Bescheid vom 31.01.2020 zu eigen und ist darüberhinaus der Auffassung,
dass die Klage sich erledigt habe.
Die Parteien hatten sich schriftsätzlich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung bereit erklärt.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte nach §§ 87a II, III, 101 II VwGO wegen des Einverständnisses der Parteien entscheiden.
Es ist auch keine Erledigung eingetreten. Das Gericht kann wegen § 75 VwGO entscheiden. Dahingehend hatte es auch den Antrag der K als Antrag auf Weiterverfolgung des ursprünglichen Begehrs unter Einbeziehung des Bescheides vom 30.01.2020 zu verstehen. Dies ergibt sich aus § 88 VwGO iVm §§ 133, 157 BGB analog, weil sich anders vor dem Hintergrund des Art. 19 IV GG nicht rechtfertigen liesse. Überlegungen zu einer Klageänderung bedurfte es daher nicht.
Die Klage ist so verstanden zulässig und begründet.
I.
§ 40 I 1 VwGO (+), Streitentscheidende Norm § 70 LBO. [Kann man mE auch weglassen]
§ 42 I Alt 2 VwGO (+) iFd Verpflichtungsgegenklage
§ 42 I VwGO (+) wg. §§ 70 I 1, 66 I Nr. 9, IV LBO
Ein Vorverfahren nach § 68 II, I VwGO war hier ausnahmsweise entbehrlich. Nach § 75 1 VwGO ist nämlich in Abweichung von § 68 VwGO die Klage zulässig, wenn über einen Antrag auf Vornahme eines VAs in angemessener Frist ohne zureichenden Grund nicht beschieden wird. Damit wird auch gleichzeitig die Klagefrist des § 74 VwGO überwunden. Dies lag hier vor.
Im Antrag der K vom Herbst 2018 lag ein Vornahme-Antrag. Dieser wurde bis zum 30.01.2020, immerhin fast 16 Monate lang nicht beschieden. Die Überlastung und Erkrankung von Sachbearbeitern stellt auch keinen Grund für die Verzögerung dar, weil die Behörden gehalten sind, hiergegen organisatorische Vorkehrungen zu treffen - zumal hier ein Zeitraum von weit über einem Jahr in Rede steht.
Es war daher auch nicht nach § 75 3 4 VwGO das Verfahren auszusetzen und auf ein Vorverfahren hinzuwirken. Dies käme allenfalls in Betracht, wenn dies im Interesse der K lag, wofür nichts ersichtlich ist.
Klagegegner § 78 Nr. 1 VwGO § 1 II GemO
RSB (+), keine Erledigung, Rechtsschutzbegehren besteht vor.
II.
Die Klage ist zulässig. K hat gegen B einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Genehmigung, damit war der ablehnende Bescheid rechtswidrig und K in ihren Rechten verletzt, § 113 V 1 VwGO.
K hat einen Anspruch aus §§ 70 I 1, 66 I nr. 9, IV 1 LBO. Hiernach hat die Behörde eine Baugenehmigung zu erteilen (§ 70 I 1 LBO), wenn die Voraussetzungen des § 66 IV 1 LBO vorliegen. Das ist hier der Fall. Prüfprogramm war dasjenige des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens, weil die avisierte Werbeanlage eine bauliche Anlage iSd § 2 I 1 LBO mit einer Werbefläche von über 1 m² ist. Da kein qualifizierter B-Plan exisitert ist auch eine Freistellung nach § 67 LBO nicht einschlägig.
Nach § 66 IV 1 LBO beschränkt sich die Prüfung - bei einem hier nach § 63 LBO ordnungsgemäßen Bauantrag - hier auf die Zulässigkeit nach BauGB, örtlichen Bauvorschriften nach § 88 LBO, § 52 LBO und sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Diese stehen der Zulässigkeit im maßgeblichen Zeitpunkt nicht entgegen.
Maßgeblicher Zeitpunkt war hier die Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Der Zeitpunkt bestimmt sich stets nach dem materiellen Recht, hier also §§ 70 I 1, 66 IV 1 LBO. Hiernach müssen die Voraussetzungen im Genehmigungs- d.h. Entscheidungszeitspunkt vorliegen. Das ist hier die Entscheidung das VG, was mit der Wertung des § 113 V 1 VwGO ("spruchreif") übereinstimmt.
Überlegungen zur Frage, ob Gründe existieren auf einen anderen Zeitpunkt - bspw. den des Antrages - abzustellen, erübrigen sich, weil das BauGb und die ÖBV dem Vorhaben nicht entgegenstehen.
Im Einzelnen:
Bauplanungsrecht steht dem nicht entgegen.
Das Vorhaben fügt sich in die Eigenart der Umgebung ein, §§ 29 I, 30 III, 34 II BauGB iVm § 6 BauNVO.
Die Errichtung der Werbeanlage (§§ 52, 2 I LBO) ist ein Vorhaben iSd § 29 I und richtet sich der Art nach § 30 III BauGB nach § 34 II BauGB, weil sowohl BL75 als der B-Plan vom 07.05.2020 nur einfache B-Pläne waren. Die Werbeanlage stellt einen Gewerbebetrieb iSd BauNVO dar, weil die K mit der Vermietung von Werbeflächen ihr Einkommen erzielt. § 14 I BauNVO ist mangels Hauptanlage unanwendbar.
Als Gewerbebetrieb, der das Wohnen nicht wesentlich stört, fügt es das Vorhaben in das Mischgebiet § 6 BauNVO ein. Denn hier liegt ein faktisches Mischgebiet vor, weil die nähere Umgebung hinsichtlich jeder Nummer des § 6 II BauNVO wenigstens eine Nutzung beinhaltet.
Der B-Plan vom 07.05.2020 steht dieser Einordnung deswegen nicht entgegen, weil er außer der Unzulässigkeit der Vergnügungsstätten nach § 4a BauNVO regelt keine Festlegungen trifft und die Unzulässigkeitsregelung auch auf § 6 BauNVO anwendbar ist.
Dem Vorhaben steht nicht § 30 I BauGB iVm § 23 I BauNVO entgegen. Das grundsätzlich zu beachtende Bauverbot vor den Bebauungslinien ist hier nämlich unbeachtlich, denn der B-Plan ist insoweit funktionslos geworden. Die Unbeachtlichkeit folgt aus einem Verstoß gegen den Rechtsgedanken des § 1 III BauGB, wonach dieser immer erforderlich sein muss. Von einer solchen positiven Plankonzeption ist aber nicht mehr auszugehen, wenn er funktionslos geworden ist. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Realität die Planung derart überholt hat, dass nicht einmal mehr die zuständige Behörde den Plan beachtet. Dies eben hat die B zum Ausdruck gebracht, indem sie die "W" 2018 genehmigte, weil ohnehin jeder baute, wie er wollte.
Auch der B-Plan vom 07.05.2020 ändert hieran nichts, denn der Plangeber hat in diesem seine Konzeption aus 1975 hinsichtlich der Baulinie gerade nicht bestätigt oder auch nur aufgegriffen.
Ebensowenig stehen die Ziffern 2.2.2 und 2.2.3. ÖBV dem Vorhaben entgegen. Denn diese Ziffern sind schon dem Grunde nach von der Satzungsermächtigung des § 88 I Nr. 1 LBO gedeckt. Darüberhinaus ist auch das konkrete Planungskonzept unverhältnismäßig.
Im Einzelnen:
§ 88 I Nr. 1 LBO ermächtigt unter Anderem die Gemeinde zum Erlass von Vorschriften über die äußere Gestaltung von Werbeanlagen zur Durchführung gestalterischer Absichten in bestimmten bebauten Gemeindegebieten wobei sich die Vorschriften auch über deren Art, Größe und Anbringungsort erstrecken können.
Im dem die Ziffern 2.2.2 und 2.2.3. ÖBV aber maßgeblich auf die Unterscheidung zwischen Fremd- und Eigenwerbung abstellen, steht nicht die äußere Gestaltung nach Art der Werbeanlage in Rede, sondern die Unterscheidung nach Inhalt. Dies darf der Satzungsgeber aber nicht regeln.
Art der Werbeanlage meint die verschiedenen Darbietungsformen wie in § 52 I 2 LBO aufgezählt. Inhalt meint dasjenige, für das geworben wird, wie sich aus § 52 III 3 und IV LBO ergibt, wenn hier zwischen zulässiger Außenbereichseigen- und unzulässiger Außenbereichsfremdwerbung unterschieden wird.
Darüberhinaus ergibt sich aber kein Grund zur Annahme, wie die B mit ihrer ÖBV ihrem - durchaus legitimen - Ziel, die Gegend opitsch aufzuwerten durch weniger Werbung nahekommen will, indem sie nur großflächige Fremdwerbung verbieten will. Das Planungskonzept ist insoweit auch undurchdacht und damit nicht geeignet den Zweck der Vorschrift überhaupt nennenswert zu fördern. Zumal auch der Differenzierung in § 52 IV LBO zu entnehmen ist, dass Fremdwerbung im Innenbereich grundsätzlich zulässig ist. Vor diesem Hintergrund sind erhöhte Anforderungen an das Konzept zu stellen. Für den einzelnen Bauwilligen stellt sich die Versagung seines Rechts aus § 70 I 1 LBO aufgrund eines verworrenen Konzepts aber dann auch als unverhältnismäßig dar.
Führt die B ins Feld, dass sie damit eine niveauvolle Werbung erreichen will, so ist das schon kein legitimer Zweck des § 88 I Nr. 1 LBO. gleiches gilt für die bessere Orientierung im Straßenraum.
Schließlich steht auch § 52 LBO dem Vorhaben nicht entgegen. Für eine störende Häufung iSv § 52 II 2 LBO ist nichts ersichtlich, da die Vorschrift ihrer Nähe zu § 52 II 1 LBO wegen ohnehin nur einem Ort konzentrierte Werbung meint, die aber im Einzelfall noch keine bauliche Anlage darstellt.
Da K einen Anspruch auf die Baugenehmigung hat, war deren Ablehnung durch B auch rechtswidrig, wodurch K in ihren Rechten aus §§ 70 I 1, 66 IV 1 LBO verletzt wird.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 154 II VwGO sowie § 167 II VwGO
[Unterschrift RiVG Kintz]
RM: Antrag auf Zulassung der Berufung § 124 a IV VwGO.
Leider mangelhaft - 3 Punkte.
„Eine Arbeit die den Anforderungen genügt - 4 Punkte“
Ok du als Zweitkorrektor hast eine andere Meinung. Lass uns doch auf 2 Punkte einigen
Er hat nicht dargetan, warum er die Berufung nicht zugelassen hat, selbst bei großzügiger Bewertung gerade noch
1 Punkt
15.06.2020, 17:02
Danke du Pfälzer, du hast das Forum zerstört
15.06.2020, 17:02
Hallo Kollegen aus Niedersachsen: habt ihr auch den Abstand zum angrenzenden Grundstück angesprochen? Und wenn ja, wie habt ihr es gelöst? Ich war bei dem Punkt total durcheinander. Grundsätzlich muss ja Abstand gehalten werden. Aber der Nachbar hat auch an der Grenze gebaut und die Grenzbauten stehen da wahrscheinlich seit ewig. Jetzt fällt mir auf, dass ich vielleicht Abriss prüfen müsste mit Rücksicht auf evtl. Bestandschutz.
15.06.2020, 17:03
(15.06.2020, 16:58)Gast schrieb:(15.06.2020, 16:57)Gast schrieb:(15.06.2020, 16:49)Gast schrieb: (...)
[Unterschrift RiVG Kintz]
RM: Antrag auf Zulassung der Berufung § 124 a IV VwGO.
Leider mangelhaft - 3 Punkte.
„Eine Arbeit die den Anforderungen genügt - 4 Punkte“
Ok du als Zweitkorrektor hast eine andere Meinung. Lass uns doch auf 2 Punkte einigen
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...ob ihr behindert seid hab ich gefragt.
Ne mal im ernst, hört bitte auf so lange Posts komplett zu zitieren. Das ist reichlich nervig.
In TH lief übrigens VG Urteil Beamtenrecht, Anspruch aus 75 I Bundesbeamtengesetz - Aufrechnung mit Gegenforderung. (so in aller Kürze)
15.06.2020, 17:04
(15.06.2020, 17:02)Nds2020 schrieb: Hallo Kollegen aus Niedersachsen: habt ihr auch den Abstand zum angrenzenden Grundstück angesprochen? Und wenn ja, wie habt ihr es gelöst? Ich war bei dem Punkt total durcheinander. Grundsätzlich muss ja Abstand gehalten werden. Aber der Nachbar hat auch an der Grenze gebaut und die Grenzbauten stehen da wahrscheinlich seit ewig. Jetzt fällt mir auf, dass ich vielleicht Abriss prüfen müsste mit Rücksicht auf evtl. Bestandschutz.
Ohne ausführlichster Darlegung deines Urteils im Wortlaut (!), siehe Flocki, können wir dir leider nicht weiterhelfen
15.06.2020, 17:04
Der Bearbeiter hat die Unterschrift in Klammer gesetzt. Dies ist misslich. Da eine in Klammer gesetzte Unterschrift keine ist. Es liegt so ein non-unterschriebenes Urteil vorm Damit hat sich der Bearbeiter seiner praktischen Verwertbarkeit geraubt.
Bedauerlicherweise 0,5 Punkte. In Worten: ungenügend plus
Bedauerlicherweise 0,5 Punkte. In Worten: ungenügend plus