13.06.2020, 12:22
(13.06.2020, 08:11)Nds schrieb: In der Wahlklausur in Niedersachsen wurde ein Wildschwein morgens auf einer Bundesstraße angefahren. Der Fahrer steigt aus, guckt kurz, ob das Tier noch lebt, versucht es von der Straße zu ziehen, gibt auf und fährt dann einfach weiter. Kurz darauf fährt ein Motorradfahrer dagegen und verstirbt noch an der Unfallstelle. Der Motorradfahrer konnte nicht mehr reagieren, als das Tier in Sichtweite war.
Das Wildschwein wurde insgesamt sicher drei mal angefahren, einmal von unserem Täter, einmal
von einem
unbekannten Fahrzeug, wobei es nur mehrere Meter nach vorne verschoben wurde und dann von dem Motorrad.
Dem Wildschwein selber konnte der Fahrer nicht ausweichen. Sicherungsmaßnahmen wären natürlich möglich gewesen für ihn.
Dazu noch eine kleine Diebstahl/ Unterschlagungsproblematik wegen einer mitgeführten Bohrmaschine des Arbeitgebers und Beweisverwertungsprobleme.
Lösungsvorschläge?
Ich hatte ehrlicherweise keinen Peil, was genau die da hören wollten.
Ich auch nicht. Habe ein unglaublich schlechtes Gefühl bei der Klausur.
Ich habe bzgl der Schlagbohrmaschine Diebstahl, Betrug, Untreue abgelehnt und eine veruntreuende Unterschlagung angenommen. Durchsuchung rechtswidrig und BVV (+). Aber Aussage verwertbar, da keine Fernwirkung. Ihm wurden die Durchsuchungsergebnisse auch nicht vorgehalten.
Bzgl. Motorradfahrer habe ich ausschließlich auf das Unterlassen abgestellt. Mord und Totschlag nein, weil ich den Vorsatz verneint habe. Fahrlässige Tötung bejaht. Bei Straßenverkehrsdelikten bin ich sehr durcheinander gekommen. Wusste nicht genau, ob das Liegenlassen ein Eingriff von außen oder innen war. Habe mich letztendlich für Eingriff von außen entschieden und 315b I Nr. 2 bejaht.
13.06.2020, 16:13
Wie schwer mag es wohl ins Gewicht fallen, wenn man 249, 250 II geprüft und abgelehnt hat, aber dann nicht 253, 255, 250 geprüft hat? Hab’s schlichtweg vergessen
Und war es falsch 25 II der Normenkette hinzuzufügen?
Und war es falsch 25 II der Normenkette hinzuzufügen?
13.06.2020, 16:14
13.06.2020, 16:57
SR 2, 12.06.2020, Rheinland-Pfalz.
Gutachten des Rechtsreferendars am OLG Koblenz über eine Sprungrevision des Beklagten gegen ein Urteil des AG Mainz - Schöffengericht.
Und Formulierung einer Entscheidungsformel des OLG. Kosten und anderes waren erlassen.
Bearbeitungszeitpunkt war der 12.06.2020.
Im wesentlichen Handelt es sich um folgenden SV:
Der B. Besch (B) wird zum Schöffengericht Mainz wegen vier Taten angeklagt:
1. Fahren unter Alkoholeinfluss, mindestens 1,3 Promille nach Gutachten des Klinikums Mainz. Geständige Einlassung des B.
2. Fahren ohne Führerschein bei gleicher Fahrt. Geständige Einlassung des B.
3. Beleidigung der Maren Trolitzsch (MT), die der Angeklagte Bernd Besch (B) am 30.10.2019 verlogene Schlampe genannt hat und die am 26.01.2020 gemeinsam mit Michi Mittler (M) verstarb und zuvor mit B verheiratet war, aber im Dez.19 geschieden wurde. Die Tochter Bettina Trolitzsch (BT) war nicht mit B verwandt. Sie ist das Beweismittel hier.
4.Der B arbeitete als Geschäftsführer im Baumarkt der B-GmbH. Dort verwahrte er in seinem Büro im Safe zwei Diamanten.
Am TT:MM:JJJJ betrat der M diesen in Absprache mit dem B, um den "Raub" der Diamanten vorzuspielen, und bedrohte den B und die Kassiererin Karin Kasse (K) mit einem Messer. B gab unter dem vorgeblichen Druck der Drohung die Diamanten heraus. K schritt nur nicht ein, weil sie um ihr und Bs leben fürchtete. M und B teilten die Beute hälftig.
B gab alsdann seinen Diamanten zurück und erstattete wegen des anderen 2500€, was laut Privatgutachten Dr. Wirt dem Wert der Edelsteine entspricht. Auch hier ist B geständig.
Hinsichtlich der Anklage wurde die Verfolgen nach § 154 I StPO hinsichtlich ein Delikt aus 4. beschränkt. Die Anklage nahm Nötigung in Tateinheit mit Untreue und Unterschlagung an. [Hier bin ich mir unsicher, hinsichtlich welchen Deliktes aus 4. genau beschränkt wurde]
In der HV am 03.04.2020 erteilt das Gericht zuerst einen Hinweis und erklärt, es sähe hier eher einen schweren Raub oder eine schwere räuberische Erpressung erfüllt an, wobei sich aber hier der minderschwere Fall nach § 250 III StGB aufdränge, weswegen auch vor dem Schöffengericht verhandelt werden könne. Der verteidigte B verzichtet auf Vertagung.
Sodann wird durch Beschluss die Verfolgung hinsichtlich der Tat 3, § 21 STVO oder so, nach § 154a StPO beschränkt.
Beweisaufnahme (soweit relevant):
Tat 3: BT stellt Strafantrag wegen der Beleidigung ihrer Mutter. "ich verachte den B für diese Worte und stelle Strafantrag".
Tat 4: Einvernahme der K, unspannend, bestätigt, was in der Anklage steht. Rüge der RA Schwarz im Anschluss.
Tat 4: Verlesung des Privatgutachtens der Dr. Wirt zum Wert der Diamanten aufgrund Verfügung des Vorsitzenden nach allseiteigem Einverständnis mit Verlesung. Dennoch rüge der RA Schwarz im Anschluss.
Verurteilung: Der Angeklagte ist schuldig des fahrlässigen Fahren im fahruntüchtigen Zustandes, der Beleidigung sowie des schweren Raubes im minderschweren Fall in Tateinheit zur Untreue.
Er wird deshalb zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten verurteilt.
[Auf die Darstellung der Urteilsgründe wird verzichtet, diese ergeben sich aus dem Gutachten]
Die RA Schwarz legt sodenn am 14.04.2020 mit Brief ans AG Mainz Revision ein.
Das Urteil wird der RA Schwarz und dem B am 18.04.2020 zugestellt.
In der Revisionsbegründungsschrift vom 18.05.2020 (Eingang am 18.05.2020 am AG Mainz) wurden erhoben
1. Sachrüge.
2. Verfahrensrüge
a) Gegen Verwertung der Aussage der Bettina Trolitzsch (BT), der Tochter der Maren Trolitzsch (MT), die der Angeklagte Bernd Besch (B) am 30.10.2019 verlogene Schlampe genannt hatte und die am 26.01.2020 gemeinsam mit Michi Mittler verstarb und zuvor mit B verheiratet war, aber im Dez.19 geschieden wurde. Die Tochter war nicht mit B verwandt. Der Verwertung der Aussage der nicht nach § 52 III StPO belehrten BT wurde in der HV widersprochen.
b) Die Verlesung des Privatgutachtens Dr. Hirt, der Seitens der RA Schwarz zuerst zugestimmt aber dann im nachhinein in der HV widersprochen wird, wird gerügt. Man hätte den Gutachter nämlich durchaus noch Sachen fragen können. Insbesondere sei ein Beschluss notwendig gewesen.
3. § 316 StGB dürfe wohl nicht mehr verfolgt werden.
§ 344 II STPO laut Bearbeiterhinweis Nr. 2 eingehalten.
Sie beantragt,
den Angeklagten im Wege der Revision freizusprechen,
hilfsweise das Urteil des AG Mainz Az. XY mitsamt den Feststellungen aufzuheben und einer anderen Abteilung des AG Mainz zur neuen Entscheidung zuzuweisen.
Gutachten des Rechtsreferendars
Die (Sprung-)Revision des B zum OLG hat Aussicht auf Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist.
A. Zulässigkeit
I. Statthaftigkeit §§ 335 I, II 312 StPO (+)
II. Rechtsmittelbefugnis und Beschwer (+)
III. Ordnungsgem. Einlegung, §§ 341 I, 43 I, II StPO (+) da die Wochenfrist am 10.04.2020, dem Karfreitag endet, endet sie mithin dem auf den Ostermontag folgenden Osterdienstag, dem 14.04.2020.
IV. Ordnungsgem. Begründung §§ 345 I 2, II, 344 StPO (+) 18.04. Zustellung Urteil 18.05 Eingang AG Mz
V. Ergebnis -> Revision zulässig. Im Übrigens wurde auch das sonstige Verfahren seitens der StA eingehalten, sodass das OLG auch entscheiden kann. Insbesondere wurde seitens der GenStA Verwerfung beantragt. Die in der echte Hilfs-Antragshäufung ist ähnlich wie im Zivilprozess ohne weiteres zulässig.
B. Begründetheit
Die Revision ist begründet, wenn sie dem Urteil ein von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis besteht, oder das Urtei auf einer Fehlanwendung des Rechts beruht.
I. VAW zu beachtende Verfahrenshindernisse
1. § 6 StPO iVm § 28 bzw. § 74 GVG. Verweisung an zu hohes Gericht nur ausnahmsweise hinderlich, arg. § 269 StPO. Ansonsten Willkürmaßstab Hier Eröffnung an "niedrigem" Schöffengericht. Dies war aber wegen des - klar vorliegenden - minderschweren Falls offenkundig.
2. Fehlender Strafantrag § 185, 194 I 1, 5 77 II, IV, 77b IV StGB. Unproblematisch konnte die BT als Angehörige der MT noch Strafantrag schreiben.
3. Strafklageverbrauch hins. § 316 StGb wegen § 154a I StPO hinsichtlich des Fahrens ohne Lappen (-). Denn es wird nur die Verfolgung hinsichtlich dieser abtrennbaren Gesetzesverletzung der selben Tat - der Trunkenheitsfahrt - beschränkt.
Darüberhinaus wäre dies kein dauerhaftes Verfahrenshindernis.
II. Verfahrensrügen
In Betracht kommen wegen § 352 I aE StPO nur die in der Rev-Begründung unter 2. genannten Rügen. Diese müssen zutreffen und das Urteil auf ihnen beruhen, § 337 I StPO.
1. Verwertung der Aussage der BT § 52 III StPO (-) § 337 I (-)
a) § 52 I nr. 3 StPO iVm §§ 1590, 1589 BGB. Weil ich die Kommentierung im MeyerGoßner für völlig unverständlich hielt, führte ich an, dass auch das Kind des (ex-)Ehepartners hierzu zählen muss, weil damit die Familie im weiteren Sinne geschützt wird, wofür auch Art. 6 I GG streitet. Angelegentliche anderslautende Rspr. reflektiere nur veraltete gesellschaftliche Vorstellungen, die die Patchwork-Familie nicht kannte und sind nicht mehr zeitgemäß.
b) Aus dem Verstoß gegen § 52 III StPO folgt des Schutzzwecks wegen auch ein Verwertungsverbot. Jedoch beruht das Urteil hierauf nicht, weil ausgeschlossen ist, dass BT nach erfolgter Belehrung die Aussage verweigert hätte: "Sie verachte den B" und außerdem stellte sie Strafantrag.
2. Verlesung des Privatgutachtens Dr. Wirt. § 251 IV 1 (+), § 337 I (-)
Verstoß gegen § 251 IV 1 StPO weil kein Gerichtsbeschluss. Dies kann die Revision auch begründen.
Hier beruht das Urteil aber hierauf ebenfalls nicht. Denn dieses ist auszuschließen, wenn alle Parteien wissen, weswegen verlesen wurde. Dies war hier der Fall des § 251 I Nr. 4 StPO. In Kenntnis dessen haben alle auch die Zustimmung nach § 251 I Nr. 1 StPO erteilt. Deswegen ist auch ausgeschlossen, dass die Beteiligten anders gehandelt hätten, wären ihnen die Gründe genannt worden.
III. Sachrüge
Da die Sachrüge idF des § 344 StPO erhoben wurde, ist hier die Fehlanwendung des materiellen Strafrechts zu prüfen, wobei dem Revisionsgericht eigene tatrichterliche Wertungen oder eine en detail Überprüfung der tatrichterlichen Wertungen und Würdigungen zu unterbleiben haben, da die Revision eine reine Rechtsüberprüfungsinstanz ist.
1. Schuldausspruch
a) Trunkenheit im Verkehr
Der Verurteilung wegen § 316 I, II StGB begegnen keine Bedenken. Darstellungsfehler, wie eine unlogische, erkennbar unvollständige oder widersinnige Tatfestellung oder Beweiswürdigung sind nicht ersichtlich. Insbesondere war das Gericht ob der geständigen Einlassung des B und des eindeutigen BAk-Gutachtens nicht gehalten, erschöpfende Ausführungen hinsichtllich der Beweiswürdigung, der Feststellungen und der Subsumtionen anzustellen.
b) Beleidigungen
Der Verurteilung wegen § 185 StGB begegnen ebenfalls keine Bedenken. Das Tatgericht setzt sich insbesondere ausreichend detailiert mit der Glaubwürdigkeit der BT und der Glaubhaftigkeit ihrer Aussage auseinander. Als sog. Formalbeleidigung unterfällt "verlogene Schlampe" von vornherein nicht Art. 5 I 1 GG und war damit eine Beleidigung
c) Schwerer Raub
Die Verurteilung wegen § 249 I, 250 II Nr. 1 StGB ist rechtlich nicht tragfähig, auch wenn Darstellungsfehler, wie eine unlogische, erkennbar unvollständige oder widersinnige Tatfestellung oder Beweiswürdigung nicht ersichtlich sind.
Die festgestellte Tat ist nämlich schon kein Raub, da es an der Wegnahme fehlt. Wegnahme ist der Bruch fremden Gewahrsams unter Begründung neuen, nicht notwendig tätereignen Gewahrsams. Gewahrsamsbruch setzt die Begründung neuen Gewahrsams ohne oder gegen den Willen des vorherigen Gewahrsamsinhaber voraus. Gewahrsam ist die von einem natürlichen Herrschaftswillen getragene Sachherrschaft unter Beachtung der Verkehrsauffassung. In der Hergabe der Diamanten unter Vorspiegelung einer Raublage von B an M liegt kein Gewahrsamsbruch. Denn Gewahrsam an den Diamanten hatte nur der B. Die Edelsteine befanden sich in seinem Büro in seinem Safe. Er hatte damit die Sachherrschaft inne. Die B-GmbH als juristische Person konnte hingegen von vornherein keinen Gewahrsam haben, vielmehr übte sie ihn in rechtllicher Hinsicht durch den B als Geschäftsführer aus. Da B also die Diamanten dem gemeinsamen Tatplan entsprechend herausgab, wurde der neue Gewahrsam des M mit dem Willen des B begründet, sodass keine Wegnahme vorliegt.
Auch die Anwesenheit der Kassenkraft K ändert hieran nichts, da sie keinen eigenen Gewahrsam an dem Inhalt des Safes des B begründet hat oder durch ihre Anwesenheit begründen konnte. Als "Untergebene" hat sie auch ersichtlich keinen Mitgewahrsam am Safeinhalt des B.
Ebensowenig stellt die Tat sich als schwere räuberische Erpressung, §§ 253, 255, 250 II Nr. 1 StGB dar. Aufgrund des gemeinsamen Tatplans gab B dem M die Edelsteine nicht aufgrund der qualifizierten Nötigung des § 255 StGB heraus. Es fehlt am Nötigungszusammenhang.
Dieser wird auch nicht durch die Bedrohung der K begründet. Zwar wird diese zu einem Unterlassen der Besitzwehr qualifiziert genötigt, aber daraus folgt kein Vermögensnachteil der B-GmbH. Dieser muss nämlich ein unmittelbarer dem § 263 StGB nahekommender Zusammenhang zwischen Duldung und Nachteil sein. Dieser liegt hier aber nicht vor. Unmittelbar geschädigt wurde das Vermögen der B-GmbH durch den verbrecherischen Plan des B und des M.
Das Tatgericht wird sich demgemäß mit § 240 StGB zu Lasten der K auseinandersetzen müssen, wobei für § 240 III 1 StGB sicherlich weitere Feststellungen zu den Folgen für K erforderlich sind. Zu Lasten der B-GmbH wird das Tatgericht sich mit dem Verhältnis von §§ 256 I, III StGB und § 266 I StGB auseinandersetzen müssen. Da § 256 StGB zwar sicher vorliegt aber zu § 266 I StGB subsidiär ist, wird das Tatgericht Feststellungen zur Verfügungsbefugnis des B treffen müssen.
2. Rechtsfolgenausspruch
a) Minderschwerer Fall
Bei der - im Ergebnis nicht zu beanstandenden - Feststellung des § 250 III StGB hat das Tatgericht es versäumt gem. § 46 II 1 StGB auch die gegen den B sprechenden Umstände zu würden. An dieser Stelle sei aber an § 358 II 1 StGB erinnert, wonach das Tatgericht hinsichtlich der Rechtsfolgen in diesem Falle nicht zu Lasten des B vom Rechtsfolgenausspruch abweichen darf.
b) Gesamtstrafenbildung
Obiges gilt entsprechend für § 54 I 2, 3 StGB. Darüberhinaus wird das Tatgericht den § 50 StGB zu beachten zu haben, wobei es daran erinnert wird, dass § 50 StGB es nicht verbietet, den Fall des § 46a StGB als für den B günstigen Umstand in § 54 I 3 StGB einzustellen.
c) Bewährung
Der Entscheidung nach § 56 II 1 StGB mangelt eine korrekte Auseinandersetzung mit der Sozialprognosse. Das Tatgericht hat hier übersehen, dass dem B aus dem zulässigen Verteidigungsverhalten des Schweigens hinsichtlich der Beleidigung kein Nachteil erwachsen darf. Erwägt es dennoch, keine günstige Sozialprognose zu stellen, wird es genau darzustellen haben, welche Umstände der konkreten Lebenssituation des B es erwarten lassen, dass er erneut straffällig wird.
d) Fahrerlaubnissperre
Diese begegnet vor dem Hintergrund der Verwirkung einer Katalogtat des § 69 II Nr. 2 StPO keine Bedenken.
3. Ergebnis
Die Sachrüge ist hinsichtlich des Strafausspruches wegen schweren Raubes und hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruches hinsichtlich der Annahme des § 250 III StGB und der § 54 I und des § 56 II StGB begründet.
C. Endergebnis
Die Revision ist zwar zulässig und begründet, aber da der B nicht nach § 354 StPO freizusprechen war, ist sie nur hinsichtlich des Hilfsantrages erfolgreich.
Entscheidungsvorschlag nach § 353 StPO:
Das Urteil des AG Mainz Schöffengericht vom 03.04.2020 (Az...) wird mitsamt der Feststellungen aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an eine andere Abteilung des AG Mainn Schöffengericht zurückverwiesen. Im Übrigen wird die Revision abgelehnt.
Gutachten des Rechtsreferendars am OLG Koblenz über eine Sprungrevision des Beklagten gegen ein Urteil des AG Mainz - Schöffengericht.
Und Formulierung einer Entscheidungsformel des OLG. Kosten und anderes waren erlassen.
Bearbeitungszeitpunkt war der 12.06.2020.
Im wesentlichen Handelt es sich um folgenden SV:
Der B. Besch (B) wird zum Schöffengericht Mainz wegen vier Taten angeklagt:
1. Fahren unter Alkoholeinfluss, mindestens 1,3 Promille nach Gutachten des Klinikums Mainz. Geständige Einlassung des B.
2. Fahren ohne Führerschein bei gleicher Fahrt. Geständige Einlassung des B.
3. Beleidigung der Maren Trolitzsch (MT), die der Angeklagte Bernd Besch (B) am 30.10.2019 verlogene Schlampe genannt hat und die am 26.01.2020 gemeinsam mit Michi Mittler (M) verstarb und zuvor mit B verheiratet war, aber im Dez.19 geschieden wurde. Die Tochter Bettina Trolitzsch (BT) war nicht mit B verwandt. Sie ist das Beweismittel hier.
4.Der B arbeitete als Geschäftsführer im Baumarkt der B-GmbH. Dort verwahrte er in seinem Büro im Safe zwei Diamanten.
Am TT:MM:JJJJ betrat der M diesen in Absprache mit dem B, um den "Raub" der Diamanten vorzuspielen, und bedrohte den B und die Kassiererin Karin Kasse (K) mit einem Messer. B gab unter dem vorgeblichen Druck der Drohung die Diamanten heraus. K schritt nur nicht ein, weil sie um ihr und Bs leben fürchtete. M und B teilten die Beute hälftig.
B gab alsdann seinen Diamanten zurück und erstattete wegen des anderen 2500€, was laut Privatgutachten Dr. Wirt dem Wert der Edelsteine entspricht. Auch hier ist B geständig.
Hinsichtlich der Anklage wurde die Verfolgen nach § 154 I StPO hinsichtlich ein Delikt aus 4. beschränkt. Die Anklage nahm Nötigung in Tateinheit mit Untreue und Unterschlagung an. [Hier bin ich mir unsicher, hinsichtlich welchen Deliktes aus 4. genau beschränkt wurde]
In der HV am 03.04.2020 erteilt das Gericht zuerst einen Hinweis und erklärt, es sähe hier eher einen schweren Raub oder eine schwere räuberische Erpressung erfüllt an, wobei sich aber hier der minderschwere Fall nach § 250 III StGB aufdränge, weswegen auch vor dem Schöffengericht verhandelt werden könne. Der verteidigte B verzichtet auf Vertagung.
Sodann wird durch Beschluss die Verfolgung hinsichtlich der Tat 3, § 21 STVO oder so, nach § 154a StPO beschränkt.
Beweisaufnahme (soweit relevant):
Tat 3: BT stellt Strafantrag wegen der Beleidigung ihrer Mutter. "ich verachte den B für diese Worte und stelle Strafantrag".
Tat 4: Einvernahme der K, unspannend, bestätigt, was in der Anklage steht. Rüge der RA Schwarz im Anschluss.
Tat 4: Verlesung des Privatgutachtens der Dr. Wirt zum Wert der Diamanten aufgrund Verfügung des Vorsitzenden nach allseiteigem Einverständnis mit Verlesung. Dennoch rüge der RA Schwarz im Anschluss.
Verurteilung: Der Angeklagte ist schuldig des fahrlässigen Fahren im fahruntüchtigen Zustandes, der Beleidigung sowie des schweren Raubes im minderschweren Fall in Tateinheit zur Untreue.
Er wird deshalb zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten verurteilt.
[Auf die Darstellung der Urteilsgründe wird verzichtet, diese ergeben sich aus dem Gutachten]
Die RA Schwarz legt sodenn am 14.04.2020 mit Brief ans AG Mainz Revision ein.
Das Urteil wird der RA Schwarz und dem B am 18.04.2020 zugestellt.
In der Revisionsbegründungsschrift vom 18.05.2020 (Eingang am 18.05.2020 am AG Mainz) wurden erhoben
1. Sachrüge.
2. Verfahrensrüge
a) Gegen Verwertung der Aussage der Bettina Trolitzsch (BT), der Tochter der Maren Trolitzsch (MT), die der Angeklagte Bernd Besch (B) am 30.10.2019 verlogene Schlampe genannt hatte und die am 26.01.2020 gemeinsam mit Michi Mittler verstarb und zuvor mit B verheiratet war, aber im Dez.19 geschieden wurde. Die Tochter war nicht mit B verwandt. Der Verwertung der Aussage der nicht nach § 52 III StPO belehrten BT wurde in der HV widersprochen.
b) Die Verlesung des Privatgutachtens Dr. Hirt, der Seitens der RA Schwarz zuerst zugestimmt aber dann im nachhinein in der HV widersprochen wird, wird gerügt. Man hätte den Gutachter nämlich durchaus noch Sachen fragen können. Insbesondere sei ein Beschluss notwendig gewesen.
3. § 316 StGB dürfe wohl nicht mehr verfolgt werden.
§ 344 II STPO laut Bearbeiterhinweis Nr. 2 eingehalten.
Sie beantragt,
den Angeklagten im Wege der Revision freizusprechen,
hilfsweise das Urteil des AG Mainz Az. XY mitsamt den Feststellungen aufzuheben und einer anderen Abteilung des AG Mainz zur neuen Entscheidung zuzuweisen.
Gutachten des Rechtsreferendars
Die (Sprung-)Revision des B zum OLG hat Aussicht auf Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist.
A. Zulässigkeit
I. Statthaftigkeit §§ 335 I, II 312 StPO (+)
II. Rechtsmittelbefugnis und Beschwer (+)
III. Ordnungsgem. Einlegung, §§ 341 I, 43 I, II StPO (+) da die Wochenfrist am 10.04.2020, dem Karfreitag endet, endet sie mithin dem auf den Ostermontag folgenden Osterdienstag, dem 14.04.2020.
IV. Ordnungsgem. Begründung §§ 345 I 2, II, 344 StPO (+) 18.04. Zustellung Urteil 18.05 Eingang AG Mz
V. Ergebnis -> Revision zulässig. Im Übrigens wurde auch das sonstige Verfahren seitens der StA eingehalten, sodass das OLG auch entscheiden kann. Insbesondere wurde seitens der GenStA Verwerfung beantragt. Die in der echte Hilfs-Antragshäufung ist ähnlich wie im Zivilprozess ohne weiteres zulässig.
B. Begründetheit
Die Revision ist begründet, wenn sie dem Urteil ein von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis besteht, oder das Urtei auf einer Fehlanwendung des Rechts beruht.
I. VAW zu beachtende Verfahrenshindernisse
1. § 6 StPO iVm § 28 bzw. § 74 GVG. Verweisung an zu hohes Gericht nur ausnahmsweise hinderlich, arg. § 269 StPO. Ansonsten Willkürmaßstab Hier Eröffnung an "niedrigem" Schöffengericht. Dies war aber wegen des - klar vorliegenden - minderschweren Falls offenkundig.
2. Fehlender Strafantrag § 185, 194 I 1, 5 77 II, IV, 77b IV StGB. Unproblematisch konnte die BT als Angehörige der MT noch Strafantrag schreiben.
3. Strafklageverbrauch hins. § 316 StGb wegen § 154a I StPO hinsichtlich des Fahrens ohne Lappen (-). Denn es wird nur die Verfolgung hinsichtlich dieser abtrennbaren Gesetzesverletzung der selben Tat - der Trunkenheitsfahrt - beschränkt.
Darüberhinaus wäre dies kein dauerhaftes Verfahrenshindernis.
II. Verfahrensrügen
In Betracht kommen wegen § 352 I aE StPO nur die in der Rev-Begründung unter 2. genannten Rügen. Diese müssen zutreffen und das Urteil auf ihnen beruhen, § 337 I StPO.
1. Verwertung der Aussage der BT § 52 III StPO (-) § 337 I (-)
a) § 52 I nr. 3 StPO iVm §§ 1590, 1589 BGB. Weil ich die Kommentierung im MeyerGoßner für völlig unverständlich hielt, führte ich an, dass auch das Kind des (ex-)Ehepartners hierzu zählen muss, weil damit die Familie im weiteren Sinne geschützt wird, wofür auch Art. 6 I GG streitet. Angelegentliche anderslautende Rspr. reflektiere nur veraltete gesellschaftliche Vorstellungen, die die Patchwork-Familie nicht kannte und sind nicht mehr zeitgemäß.
b) Aus dem Verstoß gegen § 52 III StPO folgt des Schutzzwecks wegen auch ein Verwertungsverbot. Jedoch beruht das Urteil hierauf nicht, weil ausgeschlossen ist, dass BT nach erfolgter Belehrung die Aussage verweigert hätte: "Sie verachte den B" und außerdem stellte sie Strafantrag.
2. Verlesung des Privatgutachtens Dr. Wirt. § 251 IV 1 (+), § 337 I (-)
Verstoß gegen § 251 IV 1 StPO weil kein Gerichtsbeschluss. Dies kann die Revision auch begründen.
Hier beruht das Urteil aber hierauf ebenfalls nicht. Denn dieses ist auszuschließen, wenn alle Parteien wissen, weswegen verlesen wurde. Dies war hier der Fall des § 251 I Nr. 4 StPO. In Kenntnis dessen haben alle auch die Zustimmung nach § 251 I Nr. 1 StPO erteilt. Deswegen ist auch ausgeschlossen, dass die Beteiligten anders gehandelt hätten, wären ihnen die Gründe genannt worden.
III. Sachrüge
Da die Sachrüge idF des § 344 StPO erhoben wurde, ist hier die Fehlanwendung des materiellen Strafrechts zu prüfen, wobei dem Revisionsgericht eigene tatrichterliche Wertungen oder eine en detail Überprüfung der tatrichterlichen Wertungen und Würdigungen zu unterbleiben haben, da die Revision eine reine Rechtsüberprüfungsinstanz ist.
1. Schuldausspruch
a) Trunkenheit im Verkehr
Der Verurteilung wegen § 316 I, II StGB begegnen keine Bedenken. Darstellungsfehler, wie eine unlogische, erkennbar unvollständige oder widersinnige Tatfestellung oder Beweiswürdigung sind nicht ersichtlich. Insbesondere war das Gericht ob der geständigen Einlassung des B und des eindeutigen BAk-Gutachtens nicht gehalten, erschöpfende Ausführungen hinsichtllich der Beweiswürdigung, der Feststellungen und der Subsumtionen anzustellen.
b) Beleidigungen
Der Verurteilung wegen § 185 StGB begegnen ebenfalls keine Bedenken. Das Tatgericht setzt sich insbesondere ausreichend detailiert mit der Glaubwürdigkeit der BT und der Glaubhaftigkeit ihrer Aussage auseinander. Als sog. Formalbeleidigung unterfällt "verlogene Schlampe" von vornherein nicht Art. 5 I 1 GG und war damit eine Beleidigung
c) Schwerer Raub
Die Verurteilung wegen § 249 I, 250 II Nr. 1 StGB ist rechtlich nicht tragfähig, auch wenn Darstellungsfehler, wie eine unlogische, erkennbar unvollständige oder widersinnige Tatfestellung oder Beweiswürdigung nicht ersichtlich sind.
Die festgestellte Tat ist nämlich schon kein Raub, da es an der Wegnahme fehlt. Wegnahme ist der Bruch fremden Gewahrsams unter Begründung neuen, nicht notwendig tätereignen Gewahrsams. Gewahrsamsbruch setzt die Begründung neuen Gewahrsams ohne oder gegen den Willen des vorherigen Gewahrsamsinhaber voraus. Gewahrsam ist die von einem natürlichen Herrschaftswillen getragene Sachherrschaft unter Beachtung der Verkehrsauffassung. In der Hergabe der Diamanten unter Vorspiegelung einer Raublage von B an M liegt kein Gewahrsamsbruch. Denn Gewahrsam an den Diamanten hatte nur der B. Die Edelsteine befanden sich in seinem Büro in seinem Safe. Er hatte damit die Sachherrschaft inne. Die B-GmbH als juristische Person konnte hingegen von vornherein keinen Gewahrsam haben, vielmehr übte sie ihn in rechtllicher Hinsicht durch den B als Geschäftsführer aus. Da B also die Diamanten dem gemeinsamen Tatplan entsprechend herausgab, wurde der neue Gewahrsam des M mit dem Willen des B begründet, sodass keine Wegnahme vorliegt.
Auch die Anwesenheit der Kassenkraft K ändert hieran nichts, da sie keinen eigenen Gewahrsam an dem Inhalt des Safes des B begründet hat oder durch ihre Anwesenheit begründen konnte. Als "Untergebene" hat sie auch ersichtlich keinen Mitgewahrsam am Safeinhalt des B.
Ebensowenig stellt die Tat sich als schwere räuberische Erpressung, §§ 253, 255, 250 II Nr. 1 StGB dar. Aufgrund des gemeinsamen Tatplans gab B dem M die Edelsteine nicht aufgrund der qualifizierten Nötigung des § 255 StGB heraus. Es fehlt am Nötigungszusammenhang.
Dieser wird auch nicht durch die Bedrohung der K begründet. Zwar wird diese zu einem Unterlassen der Besitzwehr qualifiziert genötigt, aber daraus folgt kein Vermögensnachteil der B-GmbH. Dieser muss nämlich ein unmittelbarer dem § 263 StGB nahekommender Zusammenhang zwischen Duldung und Nachteil sein. Dieser liegt hier aber nicht vor. Unmittelbar geschädigt wurde das Vermögen der B-GmbH durch den verbrecherischen Plan des B und des M.
Das Tatgericht wird sich demgemäß mit § 240 StGB zu Lasten der K auseinandersetzen müssen, wobei für § 240 III 1 StGB sicherlich weitere Feststellungen zu den Folgen für K erforderlich sind. Zu Lasten der B-GmbH wird das Tatgericht sich mit dem Verhältnis von §§ 256 I, III StGB und § 266 I StGB auseinandersetzen müssen. Da § 256 StGB zwar sicher vorliegt aber zu § 266 I StGB subsidiär ist, wird das Tatgericht Feststellungen zur Verfügungsbefugnis des B treffen müssen.
2. Rechtsfolgenausspruch
a) Minderschwerer Fall
Bei der - im Ergebnis nicht zu beanstandenden - Feststellung des § 250 III StGB hat das Tatgericht es versäumt gem. § 46 II 1 StGB auch die gegen den B sprechenden Umstände zu würden. An dieser Stelle sei aber an § 358 II 1 StGB erinnert, wonach das Tatgericht hinsichtlich der Rechtsfolgen in diesem Falle nicht zu Lasten des B vom Rechtsfolgenausspruch abweichen darf.
b) Gesamtstrafenbildung
Obiges gilt entsprechend für § 54 I 2, 3 StGB. Darüberhinaus wird das Tatgericht den § 50 StGB zu beachten zu haben, wobei es daran erinnert wird, dass § 50 StGB es nicht verbietet, den Fall des § 46a StGB als für den B günstigen Umstand in § 54 I 3 StGB einzustellen.
c) Bewährung
Der Entscheidung nach § 56 II 1 StGB mangelt eine korrekte Auseinandersetzung mit der Sozialprognosse. Das Tatgericht hat hier übersehen, dass dem B aus dem zulässigen Verteidigungsverhalten des Schweigens hinsichtlich der Beleidigung kein Nachteil erwachsen darf. Erwägt es dennoch, keine günstige Sozialprognose zu stellen, wird es genau darzustellen haben, welche Umstände der konkreten Lebenssituation des B es erwarten lassen, dass er erneut straffällig wird.
d) Fahrerlaubnissperre
Diese begegnet vor dem Hintergrund der Verwirkung einer Katalogtat des § 69 II Nr. 2 StPO keine Bedenken.
3. Ergebnis
Die Sachrüge ist hinsichtlich des Strafausspruches wegen schweren Raubes und hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruches hinsichtlich der Annahme des § 250 III StGB und der § 54 I und des § 56 II StGB begründet.
C. Endergebnis
Die Revision ist zwar zulässig und begründet, aber da der B nicht nach § 354 StPO freizusprechen war, ist sie nur hinsichtlich des Hilfsantrages erfolgreich.
Entscheidungsvorschlag nach § 353 StPO:
Das Urteil des AG Mainz Schöffengericht vom 03.04.2020 (Az...) wird mitsamt der Feststellungen aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an eine andere Abteilung des AG Mainn Schöffengericht zurückverwiesen. Im Übrigen wird die Revision abgelehnt.
13.06.2020, 17:14
(13.06.2020, 16:57)GastRLP[Flocki] schrieb: SR 2, 12.06.2020, Rheinland-Pfalz.
Gutachten des Rechtsreferendars am OLG Koblenz über eine Sprungrevision des Beklagten gegen ein Urteil des AG Mainz - Schöffengericht.
Und Formulierung einer Entscheidungsformel des OLG. Kosten und anderes waren erlassen.
Bearbeitungszeitpunkt war der 12.06.2020.
Im wesentlichen Handelt es sich um folgenden SV:
Der B. Besch (B) wird zum Schöffengericht Mainz wegen vier Taten angeklagt:
1. Fahren unter Alkoholeinfluss, mindestens 1,3 Promille nach Gutachten des Klinikums Mainz. Geständige Einlassung des B.
2. Fahren ohne Führerschein bei gleicher Fahrt. Geständige Einlassung des B.
3. Beleidigung der Maren Trolitzsch (MT), die der Angeklagte Bernd Besch (B) am 30.10.2019 verlogene Schlampe genannt hat und die am 26.01.2020 gemeinsam mit Michi Mittler (M) verstarb und zuvor mit B verheiratet war, aber im Dez.19 geschieden wurde. Die Tochter Bettina Trolitzsch (BT) war nicht mit B verwandt. Sie ist das Beweismittel hier.
4.Der B arbeitete als Geschäftsführer im Baumarkt der B-GmbH. Dort verwahrte er in seinem Büro im Safe zwei Diamanten.
Am TT:MM:JJJJ betrat der M diesen in Absprache mit dem B, um den "Raub" der Diamanten vorzuspielen, und bedrohte den B und die Kassiererin Karin Kasse (K) mit einem Messer. B gab unter dem vorgeblichen Druck der Drohung die Diamanten heraus. K schritt nur nicht ein, weil sie um ihr und Bs leben fürchtete. M und B teilten die Beute hälftig.
B gab alsdann seinen Diamanten zurück und erstattete wegen des anderen 2500€, was laut Privatgutachten Dr. Wirt dem Wert der Edelsteine entspricht. Auch hier ist B geständig.
Hinsichtlich der Anklage wurde die Verfolgen nach § 154 I StPO hinsichtlich ein Delikt aus 4. beschränkt. Die Anklage nahm Nötigung in Tateinheit mit Untreue und Unterschlagung an. [Hier bin ich mir unsicher, hinsichtlich welchen Deliktes aus 4. genau beschränkt wurde]
In der HV am 03.04.2020 erteilt das Gericht zuerst einen Hinweis und erklärt, es sähe hier eher einen schweren Raub oder eine schwere räuberische Erpressung erfüllt an, wobei sich aber hier der minderschwere Fall nach § 250 III StGB aufdränge, weswegen auch vor dem Schöffengericht verhandelt werden könne. Der verteidigte B verzichtet auf Vertagung.
Sodann wird durch Beschluss die Verfolgung hinsichtlich der Tat 3, § 21 STVO oder so, nach § 154a StPO beschränkt.
Beweisaufnahme (soweit relevant):
Tat 3: BT stellt Strafantrag wegen der Beleidigung ihrer Mutter. "ich verachte den B für diese Worte und stelle Strafantrag".
Tat 4: Einvernahme der K, unspannend, bestätigt, was in der Anklage steht. Rüge der RA Schwarz im Anschluss.
Tat 4: Verlesung des Privatgutachtens der Dr. Wirt zum Wert der Diamanten aufgrund Verfügung des Vorsitzenden nach allseiteigem Einverständnis mit Verlesung. Dennoch rüge der RA Schwarz im Anschluss.
Verurteilung: Der Angeklagte ist schuldig des fahrlässigen Fahren im fahruntüchtigen Zustandes, der Beleidigung sowie des schweren Raubes im minderschweren Fall in Tateinheit zur Untreue.
Er wird deshalb zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten verurteilt.
[Auf die Darstellung der Urteilsgründe wird verzichtet, diese ergeben sich aus dem Gutachten]
Die RA Schwarz legt sodenn am 14.04.2020 mit Brief ans AG Mainz Revision ein.
Das Urteil wird der RA Schwarz und dem B am 18.04.2020 zugestellt.
In der Revisionsbegründungsschrift vom 18.05.2020 (Eingang am 18.05.2020 am AG Mainz) wurden erhoben
1. Sachrüge.
2. Verfahrensrüge
a) Gegen Verwertung der Aussage der Bettina Trolitzsch (BT), der Tochter der Maren Trolitzsch (MT), die der Angeklagte Bernd Besch (B) am 30.10.2019 verlogene Schlampe genannt hatte und die am 26.01.2020 gemeinsam mit Michi Mittler verstarb und zuvor mit B verheiratet war, aber im Dez.19 geschieden wurde. Die Tochter war nicht mit B verwandt. Der Verwertung der Aussage der nicht nach § 52 III StPO belehrten BT wurde in der HV widersprochen.
b) Die Verlesung des Privatgutachtens Dr. Hirt, der Seitens der RA Schwarz zuerst zugestimmt aber dann im nachhinein in der HV widersprochen wird, wird gerügt. Man hätte den Gutachter nämlich durchaus noch Sachen fragen können. Insbesondere sei ein Beschluss notwendig gewesen.
3. § 316 StGB dürfe wohl nicht mehr verfolgt werden.
§ 344 II STPO laut Bearbeiterhinweis Nr. 2 eingehalten.
Sie beantragt,
den Angeklagten im Wege der Revision freizusprechen,
hilfsweise das Urteil des AG Mainz Az. XY mitsamt den Feststellungen aufzuheben und einer anderen Abteilung des AG Mainz zur neuen Entscheidung zuzuweisen.
Gutachten des Rechtsreferendars
Die (Sprung-)Revision des B zum OLG hat Aussicht auf Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist.
A. Zulässigkeit
I. Statthaftigkeit §§ 335 I, II 312 StPO (+)
II. Rechtsmittelbefugnis und Beschwer (+)
III. Ordnungsgem. Einlegung, §§ 341 I, 43 I, II StPO (+) da die Wochenfrist am 10.04.2020, dem Karfreitag endet, endet sie mithin dem auf den Ostermontag folgenden Osterdienstag, dem 14.04.2020.
IV. Ordnungsgem. Begründung §§ 345 I 2, II, 344 StPO (+) 18.04. Zustellung Urteil 18.05 Eingang AG Mz
V. Ergebnis -> Revision zulässig. Im Übrigens wurde auch das sonstige Verfahren seitens der StA eingehalten, sodass das OLG auch entscheiden kann. Insbesondere wurde seitens der GenStA Verwerfung beantragt. Die in der echte Hilfs-Antragshäufung ist ähnlich wie im Zivilprozess ohne weiteres zulässig.
B. Begründetheit
Die Revision ist begründet, wenn sie dem Urteil ein von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis besteht, oder das Urtei auf einer Fehlanwendung des Rechts beruht.
I. VAW zu beachtende Verfahrenshindernisse
1. § 6 StPO iVm § 28 bzw. § 74 GVG. Verweisung an zu hohes Gericht nur ausnahmsweise hinderlich, arg. § 269 StPO. Ansonsten Willkürmaßstab Hier Eröffnung an "niedrigem" Schöffengericht. Dies war aber wegen des - klar vorliegenden - minderschweren Falls offenkundig.
2. Fehlender Strafantrag § 185, 194 I 1, 5 77 II, IV, 77b IV StGB. Unproblematisch konnte die BT als Angehörige der MT noch Strafantrag schreiben.
3. Strafklageverbrauch hins. § 316 StGb wegen § 154a I StPO hinsichtlich des Fahrens ohne Lappen (-). Denn es wird nur die Verfolgung hinsichtlich dieser abtrennbaren Gesetzesverletzung der selben Tat - der Trunkenheitsfahrt - beschränkt.
Darüberhinaus wäre dies kein dauerhaftes Verfahrenshindernis.
II. Verfahrensrügen
In Betracht kommen wegen § 352 I aE StPO nur die in der Rev-Begründung unter 2. genannten Rügen. Diese müssen zutreffen und das Urteil auf ihnen beruhen, § 337 I StPO.
1. Verwertung der Aussage der BT § 52 III StPO (-) § 337 I (-)
a) § 52 I nr. 3 StPO iVm §§ 1590, 1589 BGB. Weil ich die Kommentierung im MeyerGoßner für völlig unverständlich hielt, führte ich an, dass auch das Kind des (ex-)Ehepartners hierzu zählen muss, weil damit die Familie im weiteren Sinne geschützt wird, wofür auch Art. 6 I GG streitet. Angelegentliche anderslautende Rspr. reflektiere nur veraltete gesellschaftliche Vorstellungen, die die Patchwork-Familie nicht kannte und sind nicht mehr zeitgemäß.
b) Aus dem Verstoß gegen § 52 III StPO folgt des Schutzzwecks wegen auch ein Verwertungsverbot. Jedoch beruht das Urteil hierauf nicht, weil ausgeschlossen ist, dass BT nach erfolgter Belehrung die Aussage verweigert hätte: "Sie verachte den B" und außerdem stellte sie Strafantrag.
2. Verlesung des Privatgutachtens Dr. Wirt. § 251 IV 1 (+), § 337 I (-)
Verstoß gegen § 251 IV 1 StPO weil kein Gerichtsbeschluss. Dies kann die Revision auch begründen.
Hier beruht das Urteil aber hierauf ebenfalls nicht. Denn dieses ist auszuschließen, wenn alle Parteien wissen, weswegen verlesen wurde. Dies war hier der Fall des § 251 I Nr. 4 StPO. In Kenntnis dessen haben alle auch die Zustimmung nach § 251 I Nr. 1 StPO erteilt. Deswegen ist auch ausgeschlossen, dass die Beteiligten anders gehandelt hätten, wären ihnen die Gründe genannt worden.
III. Sachrüge
Da die Sachrüge idF des § 344 StPO erhoben wurde, ist hier die Fehlanwendung des materiellen Strafrechts zu prüfen, wobei dem Revisionsgericht eigene tatrichterliche Wertungen oder eine en detail Überprüfung der tatrichterlichen Wertungen und Würdigungen zu unterbleiben haben, da die Revision eine reine Rechtsüberprüfungsinstanz ist.
1. Schuldausspruch
a) Trunkenheit im Verkehr
Der Verurteilung wegen § 316 I, II StGB begegnen keine Bedenken. Darstellungsfehler, wie eine unlogische, erkennbar unvollständige oder widersinnige Tatfestellung oder Beweiswürdigung sind nicht ersichtlich. Insbesondere war das Gericht ob der geständigen Einlassung des B und des eindeutigen BAk-Gutachtens nicht gehalten, erschöpfende Ausführungen hinsichtllich der Beweiswürdigung, der Feststellungen und der Subsumtionen anzustellen.
b) Beleidigungen
Der Verurteilung wegen § 185 StGB begegnen ebenfalls keine Bedenken. Das Tatgericht setzt sich insbesondere ausreichend detailiert mit der Glaubwürdigkeit der BT und der Glaubhaftigkeit ihrer Aussage auseinander. Als sog. Formalbeleidigung unterfällt "verlogene Schlampe" von vornherein nicht Art. 5 I 1 GG und war damit eine Beleidigung
c) Schwerer Raub
Die Verurteilung wegen § 249 I, 250 II Nr. 1 StGB ist rechtlich nicht tragfähig, auch wenn Darstellungsfehler, wie eine unlogische, erkennbar unvollständige oder widersinnige Tatfestellung oder Beweiswürdigung nicht ersichtlich sind.
Die festgestellte Tat ist nämlich schon kein Raub, da es an der Wegnahme fehlt. Wegnahme ist der Bruch fremden Gewahrsams unter Begründung neuen, nicht notwendig tätereignen Gewahrsams. Gewahrsamsbruch setzt die Begründung neuen Gewahrsams ohne oder gegen den Willen des vorherigen Gewahrsamsinhaber voraus. Gewahrsam ist die von einem natürlichen Herrschaftswillen getragene Sachherrschaft unter Beachtung der Verkehrsauffassung. In der Hergabe der Diamanten unter Vorspiegelung einer Raublage von B an M liegt kein Gewahrsamsbruch. Denn Gewahrsam an den Diamanten hatte nur der B. Die Edelsteine befanden sich in seinem Büro in seinem Safe. Er hatte damit die Sachherrschaft inne. Die B-GmbH als juristische Person konnte hingegen von vornherein keinen Gewahrsam haben, vielmehr übte sie ihn in rechtllicher Hinsicht durch den B als Geschäftsführer aus. Da B also die Diamanten dem gemeinsamen Tatplan entsprechend herausgab, wurde der neue Gewahrsam des M mit dem Willen des B begründet, sodass keine Wegnahme vorliegt.
Auch die Anwesenheit der Kassenkraft K ändert hieran nichts, da sie keinen eigenen Gewahrsam an dem Inhalt des Safes des B begründet hat oder durch ihre Anwesenheit begründen konnte. Als "Untergebene" hat sie auch ersichtlich keinen Mitgewahrsam am Safeinhalt des B.
Ebensowenig stellt die Tat sich als schwere räuberische Erpressung, §§ 253, 255, 250 II Nr. 1 StGB dar. Aufgrund des gemeinsamen Tatplans gab B dem M die Edelsteine nicht aufgrund der qualifizierten Nötigung des § 255 StGB heraus. Es fehlt am Nötigungszusammenhang.
Dieser wird auch nicht durch die Bedrohung der K begründet. Zwar wird diese zu einem Unterlassen der Besitzwehr qualifiziert genötigt, aber daraus folgt kein Vermögensnachteil der B-GmbH. Dieser muss nämlich ein unmittelbarer dem § 263 StGB nahekommender Zusammenhang zwischen Duldung und Nachteil sein. Dieser liegt hier aber nicht vor. Unmittelbar geschädigt wurde das Vermögen der B-GmbH durch den verbrecherischen Plan des B und des M.
Das Tatgericht wird sich demgemäß mit § 240 StGB zu Lasten der K auseinandersetzen müssen, wobei für § 240 III 1 StGB sicherlich weitere Feststellungen zu den Folgen für K erforderlich sind. Zu Lasten der B-GmbH wird das Tatgericht sich mit dem Verhältnis von §§ 256 I, III StGB und § 266 I StGB auseinandersetzen müssen. Da § 256 StGB zwar sicher vorliegt aber zu § 266 I StGB subsidiär ist, wird das Tatgericht Feststellungen zur Verfügungsbefugnis des B treffen müssen.
2. Rechtsfolgenausspruch
a) Minderschwerer Fall
Bei der - im Ergebnis nicht zu beanstandenden - Feststellung des § 250 III StGB hat das Tatgericht es versäumt gem. § 46 II 1 StGB auch die gegen den B sprechenden Umstände zu würden. An dieser Stelle sei aber an § 358 II 1 StGB erinnert, wonach das Tatgericht hinsichtlich der Rechtsfolgen in diesem Falle nicht zu Lasten des B vom Rechtsfolgenausspruch abweichen darf.
b) Gesamtstrafenbildung
Obiges gilt entsprechend für § 54 I 2, 3 StGB. Darüberhinaus wird das Tatgericht den § 50 StGB zu beachten zu haben, wobei es daran erinnert wird, dass § 50 StGB es nicht verbietet, den Fall des § 46a StGB als für den B günstigen Umstand in § 54 I 3 StGB einzustellen.
c) Bewährung
Der Entscheidung nach § 56 II 1 StGB mangelt eine korrekte Auseinandersetzung mit der Sozialprognosse. Das Tatgericht hat hier übersehen, dass dem B aus dem zulässigen Verteidigungsverhalten des Schweigens hinsichtlich der Beleidigung kein Nachteil erwachsen darf. Erwägt es dennoch, keine günstige Sozialprognose zu stellen, wird es genau darzustellen haben, welche Umstände der konkreten Lebenssituation des B es erwarten lassen, dass er erneut straffällig wird.
d) Fahrerlaubnissperre
Diese begegnet vor dem Hintergrund der Verwirkung einer Katalogtat des § 69 II Nr. 2 StPO keine Bedenken.
3. Ergebnis
Die Sachrüge ist hinsichtlich des Strafausspruches wegen schweren Raubes und hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruches hinsichtlich der Annahme des § 250 III StGB und der § 54 I und des § 56 II StGB begründet.
C. Endergebnis
Die Revision ist zwar zulässig und begründet, aber da der B nicht nach § 354 StPO freizusprechen war, ist sie nur hinsichtlich des Hilfsantrages erfolgreich.
Entscheidungsvorschlag nach § 353 StPO:
Das Urteil des AG Mainz Schöffengericht vom 03.04.2020 (Az...) wird mitsamt der Feststellungen aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an eine andere Abteilung des AG Mainn Schöffengericht zurückverwiesen. Im Übrigen wird die Revision abgelehnt.
Danke für die Skizze! Aber lies mal 1590 Abs.2 BGB ;)
13.06.2020, 17:20
(13.06.2020, 17:14)Gast schrieb:(13.06.2020, 16:57)GastRLP[Flocki] schrieb: SR 2, 12.06.2020, Rheinland-Pfalz.
Gutachten des Rechtsreferendars am OLG Koblenz über eine Sprungrevision des Beklagten gegen ein Urteil des AG Mainz - Schöffengericht.
Und Formulierung einer Entscheidungsformel des OLG. Kosten und anderes waren erlassen.
Bearbeitungszeitpunkt war der 12.06.2020.
Im wesentlichen Handelt es sich um folgenden SV:
Der B. Besch (B) wird zum Schöffengericht Mainz wegen vier Taten angeklagt:
1. Fahren unter Alkoholeinfluss, mindestens 1,3 Promille nach Gutachten des Klinikums Mainz. Geständige Einlassung des B.
2. Fahren ohne Führerschein bei gleicher Fahrt. Geständige Einlassung des B.
3. Beleidigung der Maren Trolitzsch (MT), die der Angeklagte Bernd Besch (B) am 30.10.2019 verlogene Schlampe genannt hat und die am 26.01.2020 gemeinsam mit Michi Mittler (M) verstarb und zuvor mit B verheiratet war, aber im Dez.19 geschieden wurde. Die Tochter Bettina Trolitzsch (BT) war nicht mit B verwandt. Sie ist das Beweismittel hier.
4.Der B arbeitete als Geschäftsführer im Baumarkt der B-GmbH. Dort verwahrte er in seinem Büro im Safe zwei Diamanten.
Am TT:MM:JJJJ betrat der M diesen in Absprache mit dem B, um den "Raub" der Diamanten vorzuspielen, und bedrohte den B und die Kassiererin Karin Kasse (K) mit einem Messer. B gab unter dem vorgeblichen Druck der Drohung die Diamanten heraus. K schritt nur nicht ein, weil sie um ihr und Bs leben fürchtete. M und B teilten die Beute hälftig.
B gab alsdann seinen Diamanten zurück und erstattete wegen des anderen 2500€, was laut Privatgutachten Dr. Wirt dem Wert der Edelsteine entspricht. Auch hier ist B geständig.
Hinsichtlich der Anklage wurde die Verfolgen nach § 154 I StPO hinsichtlich ein Delikt aus 4. beschränkt. Die Anklage nahm Nötigung in Tateinheit mit Untreue und Unterschlagung an. [Hier bin ich mir unsicher, hinsichtlich welchen Deliktes aus 4. genau beschränkt wurde]
In der HV am 03.04.2020 erteilt das Gericht zuerst einen Hinweis und erklärt, es sähe hier eher einen schweren Raub oder eine schwere räuberische Erpressung erfüllt an, wobei sich aber hier der minderschwere Fall nach § 250 III StGB aufdränge, weswegen auch vor dem Schöffengericht verhandelt werden könne. Der verteidigte B verzichtet auf Vertagung.
Sodann wird durch Beschluss die Verfolgung hinsichtlich der Tat 3, § 21 STVO oder so, nach § 154a StPO beschränkt.
Beweisaufnahme (soweit relevant):
Tat 3: BT stellt Strafantrag wegen der Beleidigung ihrer Mutter. "ich verachte den B für diese Worte und stelle Strafantrag".
Tat 4: Einvernahme der K, unspannend, bestätigt, was in der Anklage steht. Rüge der RA Schwarz im Anschluss.
Tat 4: Verlesung des Privatgutachtens der Dr. Wirt zum Wert der Diamanten aufgrund Verfügung des Vorsitzenden nach allseiteigem Einverständnis mit Verlesung. Dennoch rüge der RA Schwarz im Anschluss.
Verurteilung: Der Angeklagte ist schuldig des fahrlässigen Fahren im fahruntüchtigen Zustandes, der Beleidigung sowie des schweren Raubes im minderschweren Fall in Tateinheit zur Untreue.
Er wird deshalb zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten verurteilt.
[Auf die Darstellung der Urteilsgründe wird verzichtet, diese ergeben sich aus dem Gutachten]
Die RA Schwarz legt sodenn am 14.04.2020 mit Brief ans AG Mainz Revision ein.
Das Urteil wird der RA Schwarz und dem B am 18.04.2020 zugestellt.
In der Revisionsbegründungsschrift vom 18.05.2020 (Eingang am 18.05.2020 am AG Mainz) wurden erhoben
1. Sachrüge.
2. Verfahrensrüge
a) Gegen Verwertung der Aussage der Bettina Trolitzsch (BT), der Tochter der Maren Trolitzsch (MT), die der Angeklagte Bernd Besch (B) am 30.10.2019 verlogene Schlampe genannt hatte und die am 26.01.2020 gemeinsam mit Michi Mittler verstarb und zuvor mit B verheiratet war, aber im Dez.19 geschieden wurde. Die Tochter war nicht mit B verwandt. Der Verwertung der Aussage der nicht nach § 52 III StPO belehrten BT wurde in der HV widersprochen.
b) Die Verlesung des Privatgutachtens Dr. Hirt, der Seitens der RA Schwarz zuerst zugestimmt aber dann im nachhinein in der HV widersprochen wird, wird gerügt. Man hätte den Gutachter nämlich durchaus noch Sachen fragen können. Insbesondere sei ein Beschluss notwendig gewesen.
3. § 316 StGB dürfe wohl nicht mehr verfolgt werden.
§ 344 II STPO laut Bearbeiterhinweis Nr. 2 eingehalten.
Sie beantragt,
den Angeklagten im Wege der Revision freizusprechen,
hilfsweise das Urteil des AG Mainz Az. XY mitsamt den Feststellungen aufzuheben und einer anderen Abteilung des AG Mainz zur neuen Entscheidung zuzuweisen.
Gutachten des Rechtsreferendars
Die (Sprung-)Revision des B zum OLG hat Aussicht auf Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist.
A. Zulässigkeit
I. Statthaftigkeit §§ 335 I, II 312 StPO (+)
II. Rechtsmittelbefugnis und Beschwer (+)
III. Ordnungsgem. Einlegung, §§ 341 I, 43 I, II StPO (+) da die Wochenfrist am 10.04.2020, dem Karfreitag endet, endet sie mithin dem auf den Ostermontag folgenden Osterdienstag, dem 14.04.2020.
IV. Ordnungsgem. Begründung §§ 345 I 2, II, 344 StPO (+) 18.04. Zustellung Urteil 18.05 Eingang AG Mz
V. Ergebnis -> Revision zulässig. Im Übrigens wurde auch das sonstige Verfahren seitens der StA eingehalten, sodass das OLG auch entscheiden kann. Insbesondere wurde seitens der GenStA Verwerfung beantragt. Die in der echte Hilfs-Antragshäufung ist ähnlich wie im Zivilprozess ohne weiteres zulässig.
B. Begründetheit
Die Revision ist begründet, wenn sie dem Urteil ein von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis besteht, oder das Urtei auf einer Fehlanwendung des Rechts beruht.
I. VAW zu beachtende Verfahrenshindernisse
1. § 6 StPO iVm § 28 bzw. § 74 GVG. Verweisung an zu hohes Gericht nur ausnahmsweise hinderlich, arg. § 269 StPO. Ansonsten Willkürmaßstab Hier Eröffnung an "niedrigem" Schöffengericht. Dies war aber wegen des - klar vorliegenden - minderschweren Falls offenkundig.
2. Fehlender Strafantrag § 185, 194 I 1, 5 77 II, IV, 77b IV StGB. Unproblematisch konnte die BT als Angehörige der MT noch Strafantrag schreiben.
3. Strafklageverbrauch hins. § 316 StGb wegen § 154a I StPO hinsichtlich des Fahrens ohne Lappen (-). Denn es wird nur die Verfolgung hinsichtlich dieser abtrennbaren Gesetzesverletzung der selben Tat - der Trunkenheitsfahrt - beschränkt.
Darüberhinaus wäre dies kein dauerhaftes Verfahrenshindernis.
II. Verfahrensrügen
In Betracht kommen wegen § 352 I aE StPO nur die in der Rev-Begründung unter 2. genannten Rügen. Diese müssen zutreffen und das Urteil auf ihnen beruhen, § 337 I StPO.
1. Verwertung der Aussage der BT § 52 III StPO (-) § 337 I (-)
a) § 52 I nr. 3 StPO iVm §§ 1590, 1589 BGB. Weil ich die Kommentierung im MeyerGoßner für völlig unverständlich hielt, führte ich an, dass auch das Kind des (ex-)Ehepartners hierzu zählen muss, weil damit die Familie im weiteren Sinne geschützt wird, wofür auch Art. 6 I GG streitet. Angelegentliche anderslautende Rspr. reflektiere nur veraltete gesellschaftliche Vorstellungen, die die Patchwork-Familie nicht kannte und sind nicht mehr zeitgemäß.
b) Aus dem Verstoß gegen § 52 III StPO folgt des Schutzzwecks wegen auch ein Verwertungsverbot. Jedoch beruht das Urteil hierauf nicht, weil ausgeschlossen ist, dass BT nach erfolgter Belehrung die Aussage verweigert hätte: "Sie verachte den B" und außerdem stellte sie Strafantrag.
2. Verlesung des Privatgutachtens Dr. Wirt. § 251 IV 1 (+), § 337 I (-)
Verstoß gegen § 251 IV 1 StPO weil kein Gerichtsbeschluss. Dies kann die Revision auch begründen.
Hier beruht das Urteil aber hierauf ebenfalls nicht. Denn dieses ist auszuschließen, wenn alle Parteien wissen, weswegen verlesen wurde. Dies war hier der Fall des § 251 I Nr. 4 StPO. In Kenntnis dessen haben alle auch die Zustimmung nach § 251 I Nr. 1 StPO erteilt. Deswegen ist auch ausgeschlossen, dass die Beteiligten anders gehandelt hätten, wären ihnen die Gründe genannt worden.
III. Sachrüge
Da die Sachrüge idF des § 344 StPO erhoben wurde, ist hier die Fehlanwendung des materiellen Strafrechts zu prüfen, wobei dem Revisionsgericht eigene tatrichterliche Wertungen oder eine en detail Überprüfung der tatrichterlichen Wertungen und Würdigungen zu unterbleiben haben, da die Revision eine reine Rechtsüberprüfungsinstanz ist.
1. Schuldausspruch
a) Trunkenheit im Verkehr
Der Verurteilung wegen § 316 I, II StGB begegnen keine Bedenken. Darstellungsfehler, wie eine unlogische, erkennbar unvollständige oder widersinnige Tatfestellung oder Beweiswürdigung sind nicht ersichtlich. Insbesondere war das Gericht ob der geständigen Einlassung des B und des eindeutigen BAk-Gutachtens nicht gehalten, erschöpfende Ausführungen hinsichtllich der Beweiswürdigung, der Feststellungen und der Subsumtionen anzustellen.
b) Beleidigungen
Der Verurteilung wegen § 185 StGB begegnen ebenfalls keine Bedenken. Das Tatgericht setzt sich insbesondere ausreichend detailiert mit der Glaubwürdigkeit der BT und der Glaubhaftigkeit ihrer Aussage auseinander. Als sog. Formalbeleidigung unterfällt "verlogene Schlampe" von vornherein nicht Art. 5 I 1 GG und war damit eine Beleidigung
c) Schwerer Raub
Die Verurteilung wegen § 249 I, 250 II Nr. 1 StGB ist rechtlich nicht tragfähig, auch wenn Darstellungsfehler, wie eine unlogische, erkennbar unvollständige oder widersinnige Tatfestellung oder Beweiswürdigung nicht ersichtlich sind.
Die festgestellte Tat ist nämlich schon kein Raub, da es an der Wegnahme fehlt. Wegnahme ist der Bruch fremden Gewahrsams unter Begründung neuen, nicht notwendig tätereignen Gewahrsams. Gewahrsamsbruch setzt die Begründung neuen Gewahrsams ohne oder gegen den Willen des vorherigen Gewahrsamsinhaber voraus. Gewahrsam ist die von einem natürlichen Herrschaftswillen getragene Sachherrschaft unter Beachtung der Verkehrsauffassung. In der Hergabe der Diamanten unter Vorspiegelung einer Raublage von B an M liegt kein Gewahrsamsbruch. Denn Gewahrsam an den Diamanten hatte nur der B. Die Edelsteine befanden sich in seinem Büro in seinem Safe. Er hatte damit die Sachherrschaft inne. Die B-GmbH als juristische Person konnte hingegen von vornherein keinen Gewahrsam haben, vielmehr übte sie ihn in rechtllicher Hinsicht durch den B als Geschäftsführer aus. Da B also die Diamanten dem gemeinsamen Tatplan entsprechend herausgab, wurde der neue Gewahrsam des M mit dem Willen des B begründet, sodass keine Wegnahme vorliegt.
Auch die Anwesenheit der Kassenkraft K ändert hieran nichts, da sie keinen eigenen Gewahrsam an dem Inhalt des Safes des B begründet hat oder durch ihre Anwesenheit begründen konnte. Als "Untergebene" hat sie auch ersichtlich keinen Mitgewahrsam am Safeinhalt des B.
Ebensowenig stellt die Tat sich als schwere räuberische Erpressung, §§ 253, 255, 250 II Nr. 1 StGB dar. Aufgrund des gemeinsamen Tatplans gab B dem M die Edelsteine nicht aufgrund der qualifizierten Nötigung des § 255 StGB heraus. Es fehlt am Nötigungszusammenhang.
Dieser wird auch nicht durch die Bedrohung der K begründet. Zwar wird diese zu einem Unterlassen der Besitzwehr qualifiziert genötigt, aber daraus folgt kein Vermögensnachteil der B-GmbH. Dieser muss nämlich ein unmittelbarer dem § 263 StGB nahekommender Zusammenhang zwischen Duldung und Nachteil sein. Dieser liegt hier aber nicht vor. Unmittelbar geschädigt wurde das Vermögen der B-GmbH durch den verbrecherischen Plan des B und des M.
Das Tatgericht wird sich demgemäß mit § 240 StGB zu Lasten der K auseinandersetzen müssen, wobei für § 240 III 1 StGB sicherlich weitere Feststellungen zu den Folgen für K erforderlich sind. Zu Lasten der B-GmbH wird das Tatgericht sich mit dem Verhältnis von §§ 256 I, III StGB und § 266 I StGB auseinandersetzen müssen. Da § 256 StGB zwar sicher vorliegt aber zu § 266 I StGB subsidiär ist, wird das Tatgericht Feststellungen zur Verfügungsbefugnis des B treffen müssen.
2. Rechtsfolgenausspruch
a) Minderschwerer Fall
Bei der - im Ergebnis nicht zu beanstandenden - Feststellung des § 250 III StGB hat das Tatgericht es versäumt gem. § 46 II 1 StGB auch die gegen den B sprechenden Umstände zu würden. An dieser Stelle sei aber an § 358 II 1 StGB erinnert, wonach das Tatgericht hinsichtlich der Rechtsfolgen in diesem Falle nicht zu Lasten des B vom Rechtsfolgenausspruch abweichen darf.
b) Gesamtstrafenbildung
Obiges gilt entsprechend für § 54 I 2, 3 StGB. Darüberhinaus wird das Tatgericht den § 50 StGB zu beachten zu haben, wobei es daran erinnert wird, dass § 50 StGB es nicht verbietet, den Fall des § 46a StGB als für den B günstigen Umstand in § 54 I 3 StGB einzustellen.
c) Bewährung
Der Entscheidung nach § 56 II 1 StGB mangelt eine korrekte Auseinandersetzung mit der Sozialprognosse. Das Tatgericht hat hier übersehen, dass dem B aus dem zulässigen Verteidigungsverhalten des Schweigens hinsichtlich der Beleidigung kein Nachteil erwachsen darf. Erwägt es dennoch, keine günstige Sozialprognose zu stellen, wird es genau darzustellen haben, welche Umstände der konkreten Lebenssituation des B es erwarten lassen, dass er erneut straffällig wird.
d) Fahrerlaubnissperre
Diese begegnet vor dem Hintergrund der Verwirkung einer Katalogtat des § 69 II Nr. 2 StPO keine Bedenken.
3. Ergebnis
Die Sachrüge ist hinsichtlich des Strafausspruches wegen schweren Raubes und hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruches hinsichtlich der Annahme des § 250 III StGB und der § 54 I und des § 56 II StGB begründet.
C. Endergebnis
Die Revision ist zwar zulässig und begründet, aber da der B nicht nach § 354 StPO freizusprechen war, ist sie nur hinsichtlich des Hilfsantrages erfolgreich.
Entscheidungsvorschlag nach § 353 StPO:
Das Urteil des AG Mainz Schöffengericht vom 03.04.2020 (Az...) wird mitsamt der Feststellungen aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an eine andere Abteilung des AG Mainn Schöffengericht zurückverwiesen. Im Übrigen wird die Revision abgelehnt.
Danke für die Skizze! Aber lies mal 1590 Abs.2 BGB ;)
Wieso zurückweisen AG Schöffengericht....? Wenn Raub wegfällt, etc. dann bleibt ja nicht mehr viel, außer Nötigung, Untreue Unterschlagung etc. aber das sind doch keine Verbrechen. Daher zurückweisung an Strafrichter oder?
13.06.2020, 17:48
Flocki, 251 stpo (-), weil keine Vernehmung vorliegt bei Gutachtenerstellung
316 stgb Darstellungsrüge, weil es heißt, dass Besch „jedenfalls [!] 1,3 Promille“ gehabt habe; nach diesem Wortlaut bleibt unklar, ob Besch nicht vielleicht unter 20f stgb fällt
316 stgb Darstellungsrüge, weil es heißt, dass Besch „jedenfalls [!] 1,3 Promille“ gehabt habe; nach diesem Wortlaut bleibt unklar, ob Besch nicht vielleicht unter 20f stgb fällt
13.06.2020, 17:55
Wie meinst du den ersten Punkt? Durch 251 wird durch Verlesung des Gutachtens doch gerade die Vernehmung ersetzt
13.06.2020, 18:00
251 erlaubt nicht die Lesung von Gutachten, sondern nur die „Verlesung eines Protokolls über eine Vernehmung“; Ein Gutachten es keine Vernehmung
13.06.2020, 18:01
) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten kann durch die Verlesung eines Protokolls über eine Vernehmung oder einer Urkunde, die eine von ihm erstellte Erklärung enthält, ersetzt werden
Ist das nicht einschlägig?
Ist das nicht einschlägig?