30.01.2025, 21:16
ich wollte mal eure Einschätzung zu einem Thema wissen: Ich sprach letztens mit einem guten Freund aus dem Studium. Der ist mittlerweile als Solo-Selbstständiger unterwegs und auch sehr glücklich damit. Er bearbeitet ausschließlich zwei Rechtsgebiete. Eines davon ist stark von der RSV erfasst. Dort rechnet er nahezu ausschließlich nach RVG ab. In dem zweiten Rechtsgebiet gibt es aber so gut wie keine RSV. Hier verlangt er Stundensätze von 200 - 250 €. Mandate sind ausschließlich Privatpersonen. Nach seiner Aussage ist es auch problemlos möglich, diese Sätze aufzurufen. Ich möchte ihm eig. gar nicht absprechen, dass das nicht stimmt was er meinte. Aber dann verwundert es doch, warum so viele Einzelanwälte ausschließlich nach RVG abrechnen. Das wird wohl kaum aus Nächstenliebe geschehen.
zu ihm: Er hat seine Kanzlei in einer 50.000 Einwohner-Stadt im Süden Deutschlands. Er hat einen einschlägigen LLM sowie einen FA-Titel und 4 Jahre BE (eigene Kanzlei seit einem Jahr).
Zu meiner Frage: Wie seht ihr das Thema Einzelanwälte und Stundensätze? Ist das mittlerweile tatsächlich so, dass auch Einzelanwälte problemlos Stundensätze durchsetzen können wenn sie möchten? Sehr gerne auch Erfahrungen aus erster Hand.
zu ihm: Er hat seine Kanzlei in einer 50.000 Einwohner-Stadt im Süden Deutschlands. Er hat einen einschlägigen LLM sowie einen FA-Titel und 4 Jahre BE (eigene Kanzlei seit einem Jahr).
Zu meiner Frage: Wie seht ihr das Thema Einzelanwälte und Stundensätze? Ist das mittlerweile tatsächlich so, dass auch Einzelanwälte problemlos Stundensätze durchsetzen können wenn sie möchten? Sehr gerne auch Erfahrungen aus erster Hand.
30.01.2025, 22:20
Naja, wenn du das Rechtsgebiet nicht nennst, wird es schwierig
bei einer 750 Euro Mietsache wirst du schwer 250 Euro die Stunde verlangen können. Wenn du hingegen den 250.000 Euro Bauprozess gegen den Generalunternehmer führst, sieht es schon anders aus. Oder wenn dein Mandat fürchtet, dass er 5 Jahre in den Knast muss.

31.01.2025, 13:29
Warum sollten Einzelanwälte keine Stundensätze durchsetzen können?
Ich habe nicht den Eindruck, dass die Mandanten, die zu uns kommen, nicht auch zu einem Einzelanwalt gehen würden. Und die zahlen immerhin € 300/h. Wir liegen aber mit RVG auch nicht selten über dem Stundensatz - ist ein Vorteil des Erbrechts. Also da Dein Kumpel spezialisiert ist, kann ich mir schon gut vorstellen, dass er die Sätze bekommt.
Wenn ich natürlich Einzelanwalt bin, der einfach alles macht, ohne in irgendeinem Bereich Profi zu sein, dann kommen wahrscheinlich auch eher Mandanten, bei denen es um weniger geht und die sind dann auch nicht unbedingt bereit die Stundensätze zu zahlen.
Ich habe nicht den Eindruck, dass die Mandanten, die zu uns kommen, nicht auch zu einem Einzelanwalt gehen würden. Und die zahlen immerhin € 300/h. Wir liegen aber mit RVG auch nicht selten über dem Stundensatz - ist ein Vorteil des Erbrechts. Also da Dein Kumpel spezialisiert ist, kann ich mir schon gut vorstellen, dass er die Sätze bekommt.
Wenn ich natürlich Einzelanwalt bin, der einfach alles macht, ohne in irgendeinem Bereich Profi zu sein, dann kommen wahrscheinlich auch eher Mandanten, bei denen es um weniger geht und die sind dann auch nicht unbedingt bereit die Stundensätze zu zahlen.
31.01.2025, 14:47
in meiner Wohnzimmerkanzlei rufe ich für Arbeitsrecht zwischen 250 Euro und 300 Euro auf.... geht
01.02.2025, 11:28
Ich halte das je nach Rechtsgebiet nicht für unrealistisch. Für die viele Leute ist der Gang zum Rechtsanwalt mit einem unangenehmen Problem verbunden: Eine Auseinandersetzung mit dem Geschäftspartner, das Finanzamt auf den Fersen, eine Scheidung, ein Mietnomade. Das ist dann kein Aspekt ihres Lebens, wo sie den Gürtel enger schnallen.
01.02.2025, 12:56
Selbst mit 300 EUR/h Arbeitsrecht dürfte man doch in vielen Fällen unter dem RVG Betrag landen:
- halbe Stunde Mandantengespräch
- halbe Stunde Namen in der Klageschrift anpassen
- halbe Stunde Güteverhandlung + Vergleich
Da kommt mit RVG ein Vielfaches raus.
- halbe Stunde Mandantengespräch
- halbe Stunde Namen in der Klageschrift anpassen
- halbe Stunde Güteverhandlung + Vergleich
Da kommt mit RVG ein Vielfaches raus.
01.02.2025, 13:04
(01.02.2025, 12:56)anfänger schrieb: Selbst mit 300 EUR/h Arbeitsrecht dürfte man doch in vielen Fällen unter dem RVG Betrag landen:
- halbe Stunde Mandantengespräch
- halbe Stunde Namen in der Klageschrift anpassen
- halbe Stunde Güteverhandlung + Vergleich
Da kommt mit RVG ein Vielfaches raus.
Es gilt Stundensatz, mindestens RVG. Du darfst bei gerichtlichen Verfahren nicht unter RVG abrechnen, § 4 Abs. 1 RVG und § 49b Abs. 1 BRAO . Ich wüsste auch gerne, in welcher Welt 30 Minuten für einen Gerichtstermin ausreichen. An- und Abreise? Verkehrsprobleme? Kurz vor dem Termin da sein, für eine Abstimmung mit dem Mandanten?
01.02.2025, 14:05
(01.02.2025, 13:04)guga schrieb:(01.02.2025, 12:56)anfänger schrieb: Selbst mit 300 EUR/h Arbeitsrecht dürfte man doch in vielen Fällen unter dem RVG Betrag landen:
- halbe Stunde Mandantengespräch
- halbe Stunde Namen in der Klageschrift anpassen
- halbe Stunde Güteverhandlung + Vergleich
Da kommt mit RVG ein Vielfaches raus.
Es gilt Stundensatz, mindestens RVG. Du darfst bei gerichtlichen Verfahren nicht unter RVG abrechnen, § 4 Abs. 1 RVG und § 49b Abs. 1 BRAO . Ich wüsste auch gerne, in welcher Welt 30 Minuten für einen Gerichtstermin ausreichen. An- und Abreise? Verkehrsprobleme? Kurz vor dem Termin da sein, für eine Abstimmung mit dem Mandanten?
Ist jetzt vielleicht eher der Optimalfall als der Standardfall.
Mindestens RVG leuchtet zwar ein, sonst wären die gesetzliche Gebührensätze ja sinnlos. Bin mir aber ziemlich sicher, dass das in meiner Kanzlei genauso praktiziert wird. Also wenn eine Kündigungsschutzklage mit einem Telefonat wegverglichen werden kann, kostet das den Mandant nur die Zeit für Vorbereitung + Vergleichsverhandlungen. Habe da aber nicht so den Einblick.
01.02.2025, 14:37
(01.02.2025, 12:56)anfänger schrieb: Selbst mit 300 EUR/h Arbeitsrecht dürfte man doch in vielen Fällen unter dem RVG Betrag landen:
- halbe Stunde Mandantengespräch
- halbe Stunde Namen in der Klageschrift anpassen
- halbe Stunde Güteverhandlung + Vergleich
Da kommt mit RVG ein Vielfaches raus.
Also das hört sich für mich auch eher nach dem Optimalfall an. Ich denke allein schon vor dem Hintergrund, dass die RVG-Vergütung eine Mischkalkulation ist und man mit der Stundenvereinbarung das "Risiko nach unten" komplett eliminiert ist - im Großen und Ganzen - die Stundenvergütung lukrativer.
Ich finde es nur eigenartig, dass sich meine Eindrücke im nahen Umfeld (natürlich nur begrenzt aussagekräftig) deutlich mit offiziellen Statistiken wie die der STAR beißen. Danach rechnen vor allem Einzelanwälte häufig nach RVG ab und nicht nach Stunden. In meinem Umfeld bekomme ich aber häufig mit, dass auch Einzelanwälte ohne Probleme Stundensätze verlangen können wenn sie möchten. Unterstellt, dass die Stundenvergütung lukrativer ist, verwundert das schon.
01.02.2025, 16:53
(01.02.2025, 12:56)anfänger schrieb: Selbst mit 300 EUR/h Arbeitsrecht dürfte man doch in vielen Fällen unter dem RVG Betrag landen:
- halbe Stunde Mandantengespräch
- halbe Stunde Namen in der Klageschrift anpassen
- halbe Stunde Güteverhandlung + Vergleich
Da kommt mit RVG ein Vielfaches raus.
Ja, das ist seeehhr optimistisch gerechnet. Hast du schon Mandantengespräche geführt und Klagen erstellt? 30 Minuten Gespräch reichen auf Arbeitgeberseite im 0815-Fall aus, beim Arbeitnehmer aber nicht. Hat man keinen 0815-Fall, dauert es auf beiden Seiten länger. Anlagen einscannen oder zusammenstellen, Versand per beA.
Termin vor Gericht: innerhalb der selben Stadt: ca. 45 Minuten hin. 15 Minuten warten, 15 Minuten Verhandlung, 10 Minuten Gespräch mit Mdt, 45 Minuten zurück. Bei Verhandlung in einer anderen Stadt entsprechend mehr.
Aktennotiz o.ä., Abrechnung usw. Wenn keine Refa da ist, musst du alles selbst machen. Da ist man weit über den von dir genannten Zeiten.
Und klar, immer mindestens RVG.
RVG-Rechner: Fiktiver Streitwert 9.000 Euro (normaler Verdiener mit 3.000 Euro brutto pro Monat) = nicht ganz 2.000 Euro netto Gebühren für Klage mit Vergleich.
Beim Gutverdiener mit 5.000 Euro brutto ist man immerhin bei 2533 Euro netto Gebühren.
Mag im 0815-Fall in etwa gleich auf liegen, aber mehr auch nicht. Sobald der Fall etwas komplizierter ist und man mehr schreiben muss, kommt man mit dem Stundensatz besser.