29.10.2024, 19:07
Ich verstehe nicht, was es heißen soll, wenn ich bei der vorläufigen Vollstreckbarkeit bei der Drittwiderspruchsklage das Urteil in vollem Umfang für vorläufig vollstreckbar erklären soll. Insbesondere soll die Forderung des Klägers bzw. der Wert der Sache in die zu leistende Sicherheit oder die Abwendungsbefugnis einbezogen werden. Kann mir da vielleicht jemand kurz weiterhelfen?
Habt vielen Dank!
Habt vielen Dank!
29.10.2024, 19:37
Das Urteil auf eine Drittwiderspruchsklage nach § 771 I ZPO hat genau wie bei der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 I ZPO gestaltende Wirkung, das heißt durch das Urteil selbst wird bereits die Rechtslage verändert und das Urteil ist durch die Vollstreckungsorgane, die in den jeweiligen Gegenstand vollstrecken wollen, zu berücksichtigen. Zudem gibt es auch immer Kosten und es muss eine Kostengrundentscheidung getroffen werden nach §§ 91 ff. ZPO. Zwar hat die Hauptsacheentscheidung technisch gesehen keinen vollstreckbaren Inhalt, es bedarf jedoch einer vollstreckbaren Ausfertigung um diese den Vollstreckungsorganen entgegenhalten zu können. Denn technisch gesehen besteht wegen § 704 ZPO vorher noch keine (formelle) Rechtskraft, sodass § 703 ZPO gilt. Daher ist das Urteil im gesamten für vorläufig vollstreckbar zu erklären und nicht nur bzgl. der Kosten.
Die vorl. Vollstreckbarkeit richtet sich dann nach den allg. Regln, §§ 708 ff. Hier kann dann u.a. § 708 Nr. 11 Alt. 1 (!) ZPO (Alt. 1, weil die vorl. Vollstreckbarkeit die Hauptsache mit erfasst) und damit auch § 711 ZPO (Abwendungsbefugnis) einschlägig sein, ggf. aber § 713 ZPO!.
Der Wert des Gegenstandes ist nach § 6 ZPO zu bestimmen und zum einen für den Streitwert maßgeblich, zum anderen auch falls sich die vorläufige Vollstreckbarkeit nach § 709 S. 1 ZPO richtet. Denn dann ist die Hinterlegung einer Sicherheitsleistung für die Vollstreckung erforderlich, § 751 I ZPO. Sofern die Hauptsache auf die sich die Drittwiderspruchsklage bezog keine (Geld-)Forderung ist, dann ist § 709 S. 2 ZPO nicht anwendbar, sondern nur § 709 S. 1 ZPO. Dann ist die zu leistende Sicherheitsleistung vom zu vollstreckenden Betrag und damit dem Wert des Gegenstandes abhängig. Das ist dann der Wert nach § 6 ZPO und der ist anzugeben + ggf. Sicherheitszuschlag 10%.
Die vorl. Vollstreckbarkeit richtet sich dann nach den allg. Regln, §§ 708 ff. Hier kann dann u.a. § 708 Nr. 11 Alt. 1 (!) ZPO (Alt. 1, weil die vorl. Vollstreckbarkeit die Hauptsache mit erfasst) und damit auch § 711 ZPO (Abwendungsbefugnis) einschlägig sein, ggf. aber § 713 ZPO!.
Der Wert des Gegenstandes ist nach § 6 ZPO zu bestimmen und zum einen für den Streitwert maßgeblich, zum anderen auch falls sich die vorläufige Vollstreckbarkeit nach § 709 S. 1 ZPO richtet. Denn dann ist die Hinterlegung einer Sicherheitsleistung für die Vollstreckung erforderlich, § 751 I ZPO. Sofern die Hauptsache auf die sich die Drittwiderspruchsklage bezog keine (Geld-)Forderung ist, dann ist § 709 S. 2 ZPO nicht anwendbar, sondern nur § 709 S. 1 ZPO. Dann ist die zu leistende Sicherheitsleistung vom zu vollstreckenden Betrag und damit dem Wert des Gegenstandes abhängig. Das ist dann der Wert nach § 6 ZPO und der ist anzugeben + ggf. Sicherheitszuschlag 10%.
29.10.2024, 19:52
(29.10.2024, 19:37)RefNdsOL schrieb: Das Urteil auf eine Drittwiderspruchsklage nach § 771 I ZPO hat genau wie bei der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 I ZPO gestaltende Wirkung, das heißt durch das Urteil selbst wird bereits die Rechtslage verändert und das Urteil ist durch die Vollstreckungsorgane, die in den jeweiligen Gegenstand vollstrecken wollen, zu berücksichtigen. Zudem gibt es auch immer Kosten und es muss eine Kostengrundentscheidung getroffen werden nach §§ 91 ff. ZPO. Zwar hat die Hauptsacheentscheidung technisch gesehen keinen vollstreckbaren Inhalt, es bedarf jedoch einer vollstreckbaren Ausfertigung um diese den Vollstreckungsorganen entgegenhalten zu können. Denn technisch gesehen besteht wegen § 704 ZPO vorher noch keine (formelle) Rechtskraft, sodass § 703 ZPO gilt. Daher ist das Urteil im gesamten für vorläufig vollstreckbar zu erklären und nicht nur bzgl. der Kosten.
Das ist alles richtig, es fehlt nur noch die gesetzliche Grundlage: 775 Nr. 1 ZPO verlangt die Vorlage einer "vollstreckbaren" Entscheidung, also einer rechtskräftigen oder für vorläufig vollstreckbar erklärten (obwohl es an sich, wie oben richtig ausgeführt, nichts zu vollstrecken gibt). Das ist aber sinnvoll geregelt, denn durch die Einstellung kann ja ein Schaden entstehen, und dafür gibt es noch die Sicherheit.
Achtung: relativ (110 % o.ä.) geht hinsichtlich der Kosten, in der Hauptsache muss aber ein absoluter Betrag tenoriert werden. Man sollte das daher getrennt auswerfen, um eine Teilvollstreckung zu ermöglichen.
30.10.2024, 12:31
Ah, das ergibt total Sinn – vielen Dank! Das heißt im Ergebnis nur wegen des Erfordernis nach § 775 Nr. 1 ZPO nehmen wir die Kosten der Hauptsacheentscheidung mit auf? Und @Praktiker, würdest du die Entscheidung der vorläufigen Vollstreckbarkeit dann immer trennen? Also hinsichtlich der Hauptsache immer in Euro tenorieren und hinsichtlich der Kosten dann § 709 S. 2 BGB?
30.10.2024, 14:08
(30.10.2024, 12:31)Sagatiu schrieb: Ah, das ergibt total Sinn – vielen Dank! Das heißt im Ergebnis nur wegen des Erfordernis nach § 775 Nr. 1 ZPO nehmen wir die Kosten der Hauptsacheentscheidung mit auf? Und @Praktiker, würdest du die Entscheidung der vorläufigen Vollstreckbarkeit dann immer trennen? Also hinsichtlich der Hauptsache immer in Euro tenorieren und hinsichtlich der Kosten dann § 709 S. 2 BGB?
Frage 1) Genau anders herum: Wegen § 775 Nr. 1 2. Var ZPO nimmst du die vorläufige Vollstreckbarkit der Hauptsache mit auf. Wegen der Kosten musst du es ohnehin für vorläufig vollstreckbar erklären. Das Urteil auf eine § 771 ZPO DWK ist jedoch ein Gestaltungsurteil, das heißt das Urteil verändert bereits die Rechtslage, sodass es technisch betrachtet in der Hauptsache nicht vollstreckt werden braucht oder kann. Einzig wegen § 775 Nr. 1 ZPO musst du aus formellen Gründen es eben auch in der Hauptsache für vorläufig vollstreckbar erklären (und eben nicht nur bzgl. der Kosten).
Frage 2) Guck dir mal den Unterschied zwischen § 709 S. 1 und S. 2 ZPO an.
Nach § 709 S. 1 ZPO muss grundsätzlich bei Urteilen, die nicht § 708 ZPO unterliegen, sie für eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar sein. Das heißt du musst als Gläubiger die komplette Sicherheit leisten bevor du vollstrecken darfst.
§ 709 S. 2 ZPO sagt jetzt: Wenn die Vollstreckung eine Geldforderung betrifft (bspw. bei Zahlungsklagen oder eben auch wenn es um die Kosten geht, die stellen ja auch eine Geldforderung dar, die vollstreckt werden kann), dann "[...]genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird.".
Daher tenoriert man auch bei § 709 S. 1, wenn es bspw. um die Herausgabe einer Sache geht, die einen Wert von 3000 Euro hat: Das Urteil ist (hinsichtlich der Herausgabe/hinsichtlich der Ziff. 1) vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3300 EUR. (3300 EUR = 110% des Wertes der Sache, in die vollstreckt wird).
Hier muss der Gläubiger erst die komplette Sicherheit leisten bevor er die Hauptsache vollstrecken darf/kann.
Bei § 709 S. 2 tenoriert man hingegen: Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Hier kann der Gläubiger auch nur eine Teil-Sicherheit leisten, wenn er nur einen Teil vollstrecken will. Bsp.: Wenn ihm 2000 EUR zugesprochen wurden. Dann müsste er Sicherheit in Höhe von 2200 EUR leisten, um die gesamte Hauptsache zu vollstrecken. Er darf wegen § 709 S. 2 ZPO hier aber auch nur einen Teil vollstrecken; wenn er nur 600 EUR erstmal vollstrecken will, dann muss er dafür nur Sicherheit in Höhe von 660 EUR leisten (660 EUR = 110% des zu vollstreckenden Betrages von 600 EUR).
30.10.2024, 16:24
(30.10.2024, 14:08)RefNdsOL schrieb:(30.10.2024, 12:31)Sagatiu schrieb: Ah, das ergibt total Sinn – vielen Dank! Das heißt im Ergebnis nur wegen des Erfordernis nach § 775 Nr. 1 ZPO nehmen wir die Kosten der Hauptsacheentscheidung mit auf? Und @Praktiker, würdest du die Entscheidung der vorläufigen Vollstreckbarkeit dann immer trennen? Also hinsichtlich der Hauptsache immer in Euro tenorieren und hinsichtlich der Kosten dann § 709 S. 2 BGB?
Frage 1) Genau anders herum: Wegen § 775 Nr. 1 2. Var ZPO nimmst du die vorläufige Vollstreckbarkit der Hauptsache mit auf. Wegen der Kosten musst du es ohnehin für vorläufig vollstreckbar erklären. Das Urteil auf eine § 771 ZPO DWK ist jedoch ein Gestaltungsurteil, das heißt das Urteil verändert bereits die Rechtslage, sodass es technisch betrachtet in der Hauptsache nicht vollstreckt werden braucht oder kann. Einzig wegen § 775 Nr. 1 ZPO musst du aus formellen Gründen es eben auch in der Hauptsache für vorläufig vollstreckbar erklären (und eben nicht nur bzgl. der Kosten).
Frage 2) Guck dir mal den Unterschied zwischen § 709 S. 1 und S. 2 ZPO an.
Nach § 709 S. 1 ZPO muss grundsätzlich bei Urteilen, die nicht § 708 ZPO unterliegen, sie für eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar sein. Das heißt du musst als Gläubiger die komplette Sicherheit leisten bevor du vollstrecken darfst.
§ 709 S. 2 ZPO sagt jetzt: Wenn die Vollstreckung eine Geldforderung betrifft (bspw. bei Zahlungsklagen oder eben auch wenn es um die Kosten geht, die stellen ja auch eine Geldforderung dar, die vollstreckt werden kann), dann "[...]genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird.".
Daher tenoriert man auch bei § 709 S. 1, wenn es bspw. um die Herausgabe einer Sache geht, die einen Wert von 3000 Euro hat: Das Urteil ist (hinsichtlich der Herausgabe/hinsichtlich der Ziff. 1) vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3300 EUR. (3300 EUR = 110% des Wertes der Sache, in die vollstreckt wird).
Hier muss der Gläubiger erst die komplette Sicherheit leisten bevor er die Hauptsache vollstrecken darf/kann.
Bei § 709 S. 2 tenoriert man hingegen: Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Hier kann der Gläubiger auch nur eine Teil-Sicherheit leisten, wenn er nur einen Teil vollstrecken will. Bsp.: Wenn ihm 2000 EUR zugesprochen wurden. Dann müsste er Sicherheit in Höhe von 2200 EUR leisten, um die gesamte Hauptsache zu vollstrecken. Er darf wegen § 709 S. 2 ZPO hier aber auch nur einen Teil vollstrecken; wenn er nur 600 EUR erstmal vollstrecken will, dann muss er dafür nur Sicherheit in Höhe von 660 EUR leisten (660 EUR = 110% des zu vollstreckenden Betrages von 600 EUR).
So ist es. Hintergrund zu 2): Sicherheiten kosten Geld, besonders deutlich bei der Bankbürgschaft. Es macht also einen Unterschied, ob man für alles oder nur einen Teil Sicherheit leisten muss.