20.09.2024, 19:05
Hey,
ich habe in Nds. studiert, überlege aber das Ref in einem anderen Land zu machen. Welches Bundesland hat welche Vorteile bzw. ist besonders zu empfehlen? Und wie viel kommt mit dem Neulernen des anderen Landesrechts auf einen zu?
Ich würde mich über eure Erfahrungen freuen!
ich habe in Nds. studiert, überlege aber das Ref in einem anderen Land zu machen. Welches Bundesland hat welche Vorteile bzw. ist besonders zu empfehlen? Und wie viel kommt mit dem Neulernen des anderen Landesrechts auf einen zu?
Ich würde mich über eure Erfahrungen freuen!
20.09.2024, 20:16
Hier auch ein Niedersachse.
zu empfehlen ist ja zunächst einmal völlig relativ und hängt davon ab, was dir wichtig ist und ggf. auch was du dir beruflich vorstellen kannst. Wenn du bspw. gerne in ein Bundesministerium möchtest/politisch interessiert bist, ist Berlin/Brandenburg nicht abwegig, um ggf. schon in dem Gebiet ansässig sein zu können/Ministerien im Ref kennenzulernen. Wenn du gerne in die Großkanzlei möchtest, bietet sich eine der entsprechenden Standorte an; wobei du, sofern dir schon bestimmte Gebiete zusagen, du dabei auch noch selektieren kannst (bspw. wenn du Kartellrecht/Wettbewerbsrecht magst, dann ist oft Düsseldorf ratsam; Bankaufsichtsrecht/Kapitalmarktrecht FFM, ggf. MUC, PE Muc, ggf. FFM). Allerdings muss natürlich der Ref-Standort auch in Anbetracht deiner 1. Examensnote realistisch sein. M.E. ist es unsinnig in Berlin das Ref machen zu wollen, sofern man nicht erst vor hat noch zu promovieren oder ähnliches oder ohnehin auf der Berlin-oder Leistungsliste steht (und selbst dann ist die Wartezeit mit mWn 12-18 Monaten zu lang, bei einer Ref-Dauer von 24 Monaten). Denn in der Wartezeit dort, bist du sonst ggf. schon mit dem Ref woanders durch. Das gleiche gilt in abgeänderter Form für HH.
Persönlich habe ich geschwankt zwischen einem Ref-Beginn in FFM und Nds. Hessen bietet viele praktische Perks wie Verbeamtung, relativ hohe Besoldung + keine Anrechnung von Zuverdienst, kostenfreies ÖPNV-Ticket, Dienstlaptop, zudem jedenfalls für mich (Kapitalmarktrecht/Bankrecht u.ä. interessiert) Stationsmöglichkeiten.
Allerdings habe ich dann folgendes bedacht: Zum einen ist es wohl als Externer nicht so einfach nach FFM zu kommen - auch mit guter Note. Wenn du Pech hast, kriegst du ein paar Mal Kassel vorgeschlagen o.ä. Außerdem ist Ffm sehr teuer, sodass sich das alles mit der Besoldung wieder äußerst relativiert.
Im Endeffekt fand ich folgendes für mich an Nds sehr positiv fürs Ref: Der Klausurtyp ist für jede Klausur bereits fest aus der NJAG heraus. Zwar ist es in den andern Ländern bezüglich der S- und Ö-Klausuren teils vergleichbar, aber nicht hinsichtlich der Z. Bei uns ist für jede Klausur genau klar, welcher Typ es ist. Einzige Varianz ist, ob evtl. bei der ZU Klausur der seltenere Fall eines Beschlusses statt Urteils kommt, oder bei der ZG das Relationsgutachten statt mit einer Tenorierungsstation mit einem Beweisbeschluss (selten) und natürlich können die Anwaltsklausuren verschiedenste Aufgabenstellungen haben, aber das ist überall so.
Dazu wenn du in die Ausbildungsgesetze/-verordnungen schaust, kommt in Niedersachsen neben dem Verfahrensrecht nur unwesentlich mehr materielles Recht hinzu. Das ist in andern Ländern oft anders, manche zeigen auch auf ihren Webseiten Stoffkataloge (jdf. Hessen und Bayern), da ist oft z.B.: Beamtenrecht, Insolvenzrecht, Anfechtungsrecht u.a. mit eingeschlossen. In Niedersachsen hat mWn Arbeitsrecht auch nicht den Stellenwert wie in manch anderen Ländern, Hessen bspw. eigene Arbeits- und Wirtschaftsrechtsklausur, Bayern iirc auch.
In Niedersachsen gibt es im Strafrecht nur eine staatsanwaltschaftliche Klausuren (wenn man Wahlklausur auch S wählt, dann zwei S), die eigentlich immer Anklagen oder Abschlussverfügungen sind. Das heißt Strafurteil (manche Länder) und Revision (die meisten Länder mWn) musst du überhaupt nicht lernen. Es gibt hier auch kein Verwaltungsurteil, sondern nur eine Ö-Klausur aus Behörden und eine aus Anwaltssicht. Das sind viele Formalia (im Hinblick auf die Urteilsklausuren) auch Verfahrensrecht und Rechtsprechung (Revision), die man nicht lernen muss. Weniger zusätzlich lernen zu müssen, gerade in den Formalia, halte ich für äußerst dankbar. Wenn du natürlich ein Strafrechtsenthusiast bist, ist das vielleicht anders für dich.
Landesrecht ist in vielen Teilen im Übrigen deckungsgleich. Unterschiedlich ist idR die Gesetzesbezeichnung, gerade als Niedersachse, wo jedes Landesgesetz mit N beginnt (NBG, NBesO, NBesG). Andere Länder nennen es idR L (bspw LBG, LBesO). Auch ist Niedersachsen mit seinem NKomVG recht einzigartig, dass es GemO und LkrO zusammengefasst hat, das ist sonst nicht der Fall. Auch kann sich die Entbehrlichkeit von Wiederspruchsverfahren unterscheiden und Zuständigkeiten, gerade in den Ländern, die noch den 3-stufigen Verwaltungsaufbau haben (iirc NRW, BW, BY). Bayern nutzt mWn stets Artikel in Landesgesetzen anstatt §§. Manche Länder haben ein eigenes mit dem Bundesrecht im Wesentlichen identisches (L)VwVfG anders als Niedersachsen, das über § 1 I NVwVfG lediglich die Anwendbarkeit des VwVfG anordnet.
Das Bewertungsverhältnis von schriftlich/mdl. ist auch nicht zu vernachlässigen. Es gibt 60-40 Länder (u.a. Nds) und 70-30 Länder (u.a. GPA Nord, BW, BY). Ob ein Land empfehlenswert ist, hängt neben den oben genannten Faktoren ggf. auch von der Kultur ab. Der Süden ist schon etwas anders als wir im Norden (jedenfalls beim Vergleich ländlicher Süden zu ländlicher Norden, hängt natürlich auch davon ab, wo du in Nds bist. An der Grenze zu Westfalen ist wieder anders, als jemand der von den Toren HH stammt. Der Westen wieder anders als Osten, auch ein Unterschied, ob du bislang eher in kleineren ländlichen Gebieten warst oder in großen Orten ist auch anders (bspw. Hannover ist ja der größte Jura Studienort bei uns).
Ggf. sind diese Anregungen schon ganz hilfreich
zu empfehlen ist ja zunächst einmal völlig relativ und hängt davon ab, was dir wichtig ist und ggf. auch was du dir beruflich vorstellen kannst. Wenn du bspw. gerne in ein Bundesministerium möchtest/politisch interessiert bist, ist Berlin/Brandenburg nicht abwegig, um ggf. schon in dem Gebiet ansässig sein zu können/Ministerien im Ref kennenzulernen. Wenn du gerne in die Großkanzlei möchtest, bietet sich eine der entsprechenden Standorte an; wobei du, sofern dir schon bestimmte Gebiete zusagen, du dabei auch noch selektieren kannst (bspw. wenn du Kartellrecht/Wettbewerbsrecht magst, dann ist oft Düsseldorf ratsam; Bankaufsichtsrecht/Kapitalmarktrecht FFM, ggf. MUC, PE Muc, ggf. FFM). Allerdings muss natürlich der Ref-Standort auch in Anbetracht deiner 1. Examensnote realistisch sein. M.E. ist es unsinnig in Berlin das Ref machen zu wollen, sofern man nicht erst vor hat noch zu promovieren oder ähnliches oder ohnehin auf der Berlin-oder Leistungsliste steht (und selbst dann ist die Wartezeit mit mWn 12-18 Monaten zu lang, bei einer Ref-Dauer von 24 Monaten). Denn in der Wartezeit dort, bist du sonst ggf. schon mit dem Ref woanders durch. Das gleiche gilt in abgeänderter Form für HH.
Persönlich habe ich geschwankt zwischen einem Ref-Beginn in FFM und Nds. Hessen bietet viele praktische Perks wie Verbeamtung, relativ hohe Besoldung + keine Anrechnung von Zuverdienst, kostenfreies ÖPNV-Ticket, Dienstlaptop, zudem jedenfalls für mich (Kapitalmarktrecht/Bankrecht u.ä. interessiert) Stationsmöglichkeiten.
Allerdings habe ich dann folgendes bedacht: Zum einen ist es wohl als Externer nicht so einfach nach FFM zu kommen - auch mit guter Note. Wenn du Pech hast, kriegst du ein paar Mal Kassel vorgeschlagen o.ä. Außerdem ist Ffm sehr teuer, sodass sich das alles mit der Besoldung wieder äußerst relativiert.
Im Endeffekt fand ich folgendes für mich an Nds sehr positiv fürs Ref: Der Klausurtyp ist für jede Klausur bereits fest aus der NJAG heraus. Zwar ist es in den andern Ländern bezüglich der S- und Ö-Klausuren teils vergleichbar, aber nicht hinsichtlich der Z. Bei uns ist für jede Klausur genau klar, welcher Typ es ist. Einzige Varianz ist, ob evtl. bei der ZU Klausur der seltenere Fall eines Beschlusses statt Urteils kommt, oder bei der ZG das Relationsgutachten statt mit einer Tenorierungsstation mit einem Beweisbeschluss (selten) und natürlich können die Anwaltsklausuren verschiedenste Aufgabenstellungen haben, aber das ist überall so.
Dazu wenn du in die Ausbildungsgesetze/-verordnungen schaust, kommt in Niedersachsen neben dem Verfahrensrecht nur unwesentlich mehr materielles Recht hinzu. Das ist in andern Ländern oft anders, manche zeigen auch auf ihren Webseiten Stoffkataloge (jdf. Hessen und Bayern), da ist oft z.B.: Beamtenrecht, Insolvenzrecht, Anfechtungsrecht u.a. mit eingeschlossen. In Niedersachsen hat mWn Arbeitsrecht auch nicht den Stellenwert wie in manch anderen Ländern, Hessen bspw. eigene Arbeits- und Wirtschaftsrechtsklausur, Bayern iirc auch.
In Niedersachsen gibt es im Strafrecht nur eine staatsanwaltschaftliche Klausuren (wenn man Wahlklausur auch S wählt, dann zwei S), die eigentlich immer Anklagen oder Abschlussverfügungen sind. Das heißt Strafurteil (manche Länder) und Revision (die meisten Länder mWn) musst du überhaupt nicht lernen. Es gibt hier auch kein Verwaltungsurteil, sondern nur eine Ö-Klausur aus Behörden und eine aus Anwaltssicht. Das sind viele Formalia (im Hinblick auf die Urteilsklausuren) auch Verfahrensrecht und Rechtsprechung (Revision), die man nicht lernen muss. Weniger zusätzlich lernen zu müssen, gerade in den Formalia, halte ich für äußerst dankbar. Wenn du natürlich ein Strafrechtsenthusiast bist, ist das vielleicht anders für dich.
Landesrecht ist in vielen Teilen im Übrigen deckungsgleich. Unterschiedlich ist idR die Gesetzesbezeichnung, gerade als Niedersachse, wo jedes Landesgesetz mit N beginnt (NBG, NBesO, NBesG). Andere Länder nennen es idR L (bspw LBG, LBesO). Auch ist Niedersachsen mit seinem NKomVG recht einzigartig, dass es GemO und LkrO zusammengefasst hat, das ist sonst nicht der Fall. Auch kann sich die Entbehrlichkeit von Wiederspruchsverfahren unterscheiden und Zuständigkeiten, gerade in den Ländern, die noch den 3-stufigen Verwaltungsaufbau haben (iirc NRW, BW, BY). Bayern nutzt mWn stets Artikel in Landesgesetzen anstatt §§. Manche Länder haben ein eigenes mit dem Bundesrecht im Wesentlichen identisches (L)VwVfG anders als Niedersachsen, das über § 1 I NVwVfG lediglich die Anwendbarkeit des VwVfG anordnet.
Das Bewertungsverhältnis von schriftlich/mdl. ist auch nicht zu vernachlässigen. Es gibt 60-40 Länder (u.a. Nds) und 70-30 Länder (u.a. GPA Nord, BW, BY). Ob ein Land empfehlenswert ist, hängt neben den oben genannten Faktoren ggf. auch von der Kultur ab. Der Süden ist schon etwas anders als wir im Norden (jedenfalls beim Vergleich ländlicher Süden zu ländlicher Norden, hängt natürlich auch davon ab, wo du in Nds bist. An der Grenze zu Westfalen ist wieder anders, als jemand der von den Toren HH stammt. Der Westen wieder anders als Osten, auch ein Unterschied, ob du bislang eher in kleineren ländlichen Gebieten warst oder in großen Orten ist auch anders (bspw. Hannover ist ja der größte Jura Studienort bei uns).
Ggf. sind diese Anregungen schon ganz hilfreich
21.09.2024, 07:31
Also rein finanziell gesehen lohnt sich Hessen und Sachsen, weil man dort verbeamtet wird. Schwierig ist dann natürlich wiederum die Zeit nach dem Ref, das darf man nicht vergessen. Währenddessen ist der "Verdienst" aber echt gut. In Hessen gibt es bspw 1.600 aufs Konto. Und natürlich kommt man nicht leicht nach Frankfurt, aber gerade in den unbeliebteren Ref-Städten lässt sich von diesem Geld hervorragend leben.
21.09.2024, 10:13
In Hessen ist die Situation vor allem in Frankfurt und Umgebung echt schwierig, siehe viele Posts zum Thema Refstart im November 24. Nur nach dem Geld zu gehen, ergibt für Frankfurt auch wenig Sinn, die Wohnungspreise hier sind echt nicht zu unterschätzen 😅
Wenn es nur um eine möglichst hohe Beihilfe und Verbeamtung geht, würde ich auch mal einen Blick nach Thüringen werfen. Schätze da bleibt allein wegen der Wohnkosten mehr als im Rhein-Main-Gebiet.
Wenn es nur um eine möglichst hohe Beihilfe und Verbeamtung geht, würde ich auch mal einen Blick nach Thüringen werfen. Schätze da bleibt allein wegen der Wohnkosten mehr als im Rhein-Main-Gebiet.
30.09.2024, 16:59
Hab hierzu nichts produktives Beizutragen außer das ich von NRW nur dringend abraten kann. Die Liste der Gründe ist lang, aber hier ein kleiner Ausschnitt:
1. Lange Wartezeit (12 Monate aufwärts)
2. Kein (ernstzunehmender) Klausurenkurs vom Ref.
3. Extrem schlechte Lehre
4. Sehr schlechte Organisition
5. Schlechte Bezahlung, gerade in Anbetracht der Mieten in NRW
6. Schlechter Umgang mit dem Juristischen Nachwuchs allgemein (Stichwort: Blockversager)
Könnte die Liste noch beliebig erweitern. Im Endeffekt würde ich aber davon ausgehen, dass NRW die schlechtesten Ref. Bedingungen in Deutschland bietet.
1. Lange Wartezeit (12 Monate aufwärts)
2. Kein (ernstzunehmender) Klausurenkurs vom Ref.
3. Extrem schlechte Lehre
4. Sehr schlechte Organisition
5. Schlechte Bezahlung, gerade in Anbetracht der Mieten in NRW
6. Schlechter Umgang mit dem Juristischen Nachwuchs allgemein (Stichwort: Blockversager)
Könnte die Liste noch beliebig erweitern. Im Endeffekt würde ich aber davon ausgehen, dass NRW die schlechtesten Ref. Bedingungen in Deutschland bietet.
30.09.2024, 19:24
Mecklenburg-Vorpommern (ich bin inzwischen Volljuristin, war vor dem Ref in einem anderen BL und würde es jederzeit wieder wählen):
- keine Wartezeit
- sehr gut Lehre (relativ kleine AG-Gruppen und größtenteils junge, sehr engagierte AG-Leitungen, die wirklich Bock auf die Aufgabe haben)
- arbeiten, wo andere Urlaub machen (Seenplatte und Ostsee) -> bester Freizeitausgleich
- Verbeamtung und gute Besoldung (insbesondere, da die Lebenskosten wie z.B. Miete durchschnittlich niedriger sind)
- es gibt so wenige Referendare, dass du in der Regel deine Wunschstationen bekommst
- sehr viele Möglichkeiten für Stationen ins Ausland, nach Speyer oder in andere Bundesländer zu gehen
- Technik wird teilweise gestellt (z.B. Laptop für Gerichtsstation)
- guter, kostenfreier Klausurenkurs, der mir viel gebracht hat (größtenteils online)
- sehr gute Aussichten (bei entsprechenden Noten) künftig bleiben zu können (sehr großer Bedarf in Justiz, Verwaltung usw., aber auch in der Anwaltschaft)
- Noten sind mittlerweile im Bundesdurchschnitt
- keine Wartezeit
- sehr gut Lehre (relativ kleine AG-Gruppen und größtenteils junge, sehr engagierte AG-Leitungen, die wirklich Bock auf die Aufgabe haben)
- arbeiten, wo andere Urlaub machen (Seenplatte und Ostsee) -> bester Freizeitausgleich
- Verbeamtung und gute Besoldung (insbesondere, da die Lebenskosten wie z.B. Miete durchschnittlich niedriger sind)
- es gibt so wenige Referendare, dass du in der Regel deine Wunschstationen bekommst
- sehr viele Möglichkeiten für Stationen ins Ausland, nach Speyer oder in andere Bundesländer zu gehen
- Technik wird teilweise gestellt (z.B. Laptop für Gerichtsstation)
- guter, kostenfreier Klausurenkurs, der mir viel gebracht hat (größtenteils online)
- sehr gute Aussichten (bei entsprechenden Noten) künftig bleiben zu können (sehr großer Bedarf in Justiz, Verwaltung usw., aber auch in der Anwaltschaft)
- Noten sind mittlerweile im Bundesdurchschnitt