10.09.2024, 17:30
Hallo zusammen,
vor ein paar Monaten habe ich den Berufseinstieg als Rechtsanwalt in einer kleineren Kanzlei gesucht, die hochspezialisiert auf Inkassogeschichten für Unternehmen ist. Bisher sieht mein Berufsalltag so aus, dass ich die meiste Zeit schweigend vor dem PC sitze und mit Textbausteinen massenweise Klagen schreibe.
Ich durfte auch schon selbständig Gerichtstermine wahrnehmen, allerdings sage ich auch hier kaum mehr als drei Sätze. Die Argumente gehen eh aus den Schriftsätzen hervor und der Richter redet auf die Beklagten ein, die häufig anwaltlich nicht vertreten sind. Also habe ich auch hier fast nichts gesagt und fahre schweigend zurück ins Büro, wo ich wieder schweigend meine anwaltlichen Inkassoschreiben und Schriftsätze zusammenklicke.
Letztlich rede ich nur mit meinen Vorgesetzen inhaltlich, allerdings ist es auch hier seitens der Chefs eher monologlastig, denn ich habe ja wenig zu melden und die Vorgesetzten erklären mir alles.
Nun ja, langer Rede kurzer Sinn: Irgendwie habe ich mir die anwaltliche Tätigkeit anders vorgestellt und habe möglicherweise einen Realitätsschock erlitten. Eigentlich möchte ich Menschen zuhören, sie beraten und kreative (rechtliche) Lösungen durch geschickte Argumentationen entwickeln.
Gibt es solche Rechtsgebiete? Bin ich zu ungeduldig?
Ich liebäugele schon länger mit dem Strafrecht. Allerdings erscheint der Einstieg unmöglich, da die meisten anderen Strafverteidiger scheinbar seit ihrer Geburt wussten, dass sie Strafrecht machen wollen und dementsprechend nie etwas anderes gemacht haben. Ich habe bisher keine Erfahrungen im Strafrecht sammeln können und dementsprechend auch keine Kontakte. Mir fehlen Ideen, wie man überhaupt Akquise betreiben sollte, wenn man an nichts anknüpfen kann.
Hat jemand Erfahrungen sammeln können mit Rechtsgebieten, die aus mehr als schweigender PC-Arbeit und monotonen Gerichtsverhandlungen bestehen? Meine Noten sind 8 (staatlich 5) im ersten Examen und 6,3 im zweiten, Justiz fällt also raus.
vor ein paar Monaten habe ich den Berufseinstieg als Rechtsanwalt in einer kleineren Kanzlei gesucht, die hochspezialisiert auf Inkassogeschichten für Unternehmen ist. Bisher sieht mein Berufsalltag so aus, dass ich die meiste Zeit schweigend vor dem PC sitze und mit Textbausteinen massenweise Klagen schreibe.
Ich durfte auch schon selbständig Gerichtstermine wahrnehmen, allerdings sage ich auch hier kaum mehr als drei Sätze. Die Argumente gehen eh aus den Schriftsätzen hervor und der Richter redet auf die Beklagten ein, die häufig anwaltlich nicht vertreten sind. Also habe ich auch hier fast nichts gesagt und fahre schweigend zurück ins Büro, wo ich wieder schweigend meine anwaltlichen Inkassoschreiben und Schriftsätze zusammenklicke.
Letztlich rede ich nur mit meinen Vorgesetzen inhaltlich, allerdings ist es auch hier seitens der Chefs eher monologlastig, denn ich habe ja wenig zu melden und die Vorgesetzten erklären mir alles.
Nun ja, langer Rede kurzer Sinn: Irgendwie habe ich mir die anwaltliche Tätigkeit anders vorgestellt und habe möglicherweise einen Realitätsschock erlitten. Eigentlich möchte ich Menschen zuhören, sie beraten und kreative (rechtliche) Lösungen durch geschickte Argumentationen entwickeln.
Gibt es solche Rechtsgebiete? Bin ich zu ungeduldig?
Ich liebäugele schon länger mit dem Strafrecht. Allerdings erscheint der Einstieg unmöglich, da die meisten anderen Strafverteidiger scheinbar seit ihrer Geburt wussten, dass sie Strafrecht machen wollen und dementsprechend nie etwas anderes gemacht haben. Ich habe bisher keine Erfahrungen im Strafrecht sammeln können und dementsprechend auch keine Kontakte. Mir fehlen Ideen, wie man überhaupt Akquise betreiben sollte, wenn man an nichts anknüpfen kann.
Hat jemand Erfahrungen sammeln können mit Rechtsgebieten, die aus mehr als schweigender PC-Arbeit und monotonen Gerichtsverhandlungen bestehen? Meine Noten sind 8 (staatlich 5) im ersten Examen und 6,3 im zweiten, Justiz fällt also raus.
10.09.2024, 17:44
Im Arbeitsrecht gibt es m.E. viel Kommunikation, sei es mit dem Mandanten oder dem gegnerischen Anwalt.
10.09.2024, 18:07
Ich würde auch zum Arbeitsrecht raten, da das ein eher vergleichslastiges Rechtsgebiet ist. Kann man also ne Menge dealen.
Vielleicht auch Familienrecht.
Vielleicht auch Familienrecht.
10.09.2024, 19:10
Du hast dir mit Inkasso etwas ausgesucht, was prädestiniert dafür ist, Textbausteine zusammenzusetzen und nicht viel zu reden. Der Sachverhalt und auch die Rechtslage ist hier in der Regel eindeutig, insofern gibt es nicht viel, was man besprechen muss. Außerdem sind die Beträge häufig so gering, dass Inkasso nur wirtschaftlich ist, wenn man sehr viele Verfahren in kurzer Zeit bearbeiten kann, was somit die Textbausteine begründet.
In den meisten anderen Rechtsgebieten sieht es anders aus. Welches Rechtsgebiet interessiert dich denn? Strafrecht ist in jedem Fall kommunikativ.
In den meisten anderen Rechtsgebieten sieht es anders aus. Welches Rechtsgebiet interessiert dich denn? Strafrecht ist in jedem Fall kommunikativ.
11.09.2024, 08:10
@Peter: das hört sich tatsächlich "schlimm" an. Dafür das lange Studium und Ref? Um Bausteine zusammenzusetzen, was auch ein Abiturient mit dreimonatiger Einarbeitung könnte? Fühlt man sich als Rechtsanwalt in einer derartigen Anwaltskanzlei nicht ein wenig als Unterschriftenclown (weil dies ist ja das einzige was zählt...wegen Haftung)?
n
Arbeitsrecht ist bestimmt gut (wobei auch dort immer mehr automatisiert wird bei den Standard-Kündigungsschutzklagen). Ansonsten würde ich dir den Gang ins Unternehmen empfehlen. Die Rechtsabteilung ist nicht selten Dreh- und Angelpunkt für andere Abteilungen bzgl diverser Nachfragen, Jour Fix oder der Ausarbeitung von Leitlinien für diese. Bei Vertragsverhandlungen im B2B Bereich bedarf es einer ordentliche Prise an Kommunikationsfähigkeit und - je nach Unternehmen - springt man u.U. auch in die Rolle des Souffleurs der Geschäftsführung. Mit anderen Worten: neben rein juristischer Expertise wirst du wirtschaftliche und kommunikative Fähigkeiten anwenden können.
Gerade in kleineren Unternehmen kann man auch "Mädchen für alles sein" (Bsp: meine Schwester).
Viel Glück!
PS: 8 im Ersten und 6,3 im Zweiten ist mMn sehr ordentlich!
n
Arbeitsrecht ist bestimmt gut (wobei auch dort immer mehr automatisiert wird bei den Standard-Kündigungsschutzklagen). Ansonsten würde ich dir den Gang ins Unternehmen empfehlen. Die Rechtsabteilung ist nicht selten Dreh- und Angelpunkt für andere Abteilungen bzgl diverser Nachfragen, Jour Fix oder der Ausarbeitung von Leitlinien für diese. Bei Vertragsverhandlungen im B2B Bereich bedarf es einer ordentliche Prise an Kommunikationsfähigkeit und - je nach Unternehmen - springt man u.U. auch in die Rolle des Souffleurs der Geschäftsführung. Mit anderen Worten: neben rein juristischer Expertise wirst du wirtschaftliche und kommunikative Fähigkeiten anwenden können.
Gerade in kleineren Unternehmen kann man auch "Mädchen für alles sein" (Bsp: meine Schwester).
Viel Glück!
PS: 8 im Ersten und 6,3 im Zweiten ist mMn sehr ordentlich!
11.09.2024, 12:44
Erb- und Familienrecht
12.09.2024, 15:33
(10.09.2024, 17:30)PeterP schrieb: Hallo zusammen,
vor ein paar Monaten habe ich den Berufseinstieg als Rechtsanwalt in einer kleineren Kanzlei gesucht, die hochspezialisiert auf Inkassogeschichten für Unternehmen ist. Bisher sieht mein Berufsalltag so aus, dass ich die meiste Zeit schweigend vor dem PC sitze und mit Textbausteinen massenweise Klagen schreibe.
Ich durfte auch schon selbständig Gerichtstermine wahrnehmen, allerdings sage ich auch hier kaum mehr als drei Sätze. Die Argumente gehen eh aus den Schriftsätzen hervor und der Richter redet auf die Beklagten ein, die häufig anwaltlich nicht vertreten sind. Also habe ich auch hier fast nichts gesagt und fahre schweigend zurück ins Büro, wo ich wieder schweigend meine anwaltlichen Inkassoschreiben und Schriftsätze zusammenklicke.
Letztlich rede ich nur mit meinen Vorgesetzen inhaltlich, allerdings ist es auch hier seitens der Chefs eher monologlastig, denn ich habe ja wenig zu melden und die Vorgesetzten erklären mir alles.
Nun ja, langer Rede kurzer Sinn: Irgendwie habe ich mir die anwaltliche Tätigkeit anders vorgestellt und habe möglicherweise einen Realitätsschock erlitten. Eigentlich möchte ich Menschen zuhören, sie beraten und kreative (rechtliche) Lösungen durch geschickte Argumentationen entwickeln.
Gibt es solche Rechtsgebiete? Bin ich zu ungeduldig?
Ich liebäugele schon länger mit dem Strafrecht. Allerdings erscheint der Einstieg unmöglich, da die meisten anderen Strafverteidiger scheinbar seit ihrer Geburt wussten, dass sie Strafrecht machen wollen und dementsprechend nie etwas anderes gemacht haben. Ich habe bisher keine Erfahrungen im Strafrecht sammeln können und dementsprechend auch keine Kontakte. Mir fehlen Ideen, wie man überhaupt Akquise betreiben sollte, wenn man an nichts anknüpfen kann.
Hat jemand Erfahrungen sammeln können mit Rechtsgebieten, die aus mehr als schweigender PC-Arbeit und monotonen Gerichtsverhandlungen bestehen? Meine Noten sind 8 (staatlich 5) im ersten Examen und 6,3 im zweiten, Justiz fällt also raus.
Hast du dich denn schon bei einer auf Strafrecht spezialisierten Kanzlei beworben? Würde es einfach versuchen. Unabhängig davon frage ich mich, ob deine Tätigkeit dir nicht auf Dauer schadet, weil sie - wie bereits ein anderer Poster gesagt hat - mit Jura kaum was zu tun hat. Ansonsten könntest du es in einer auf Zivilrecht spezialisierten Kanzlei versuchen, wo du viel vor Gericht gehst. So hat man auch Kontakt mit anderen Menschen.
12.09.2024, 16:04
Auf Strafrecht spezialisierte Kanzleien gibt es in der Art gar nicht so wirklich. Es gibt einige auf Wirtschaftsstrafrecht spezialisierte Kanzleien, wo ich mir die Tätigkeit aber auch eher wenig kommunikativ vorstelle, zumal ich mit meinen Noten und Lebenslauf dort eh nicht in Betracht komme. Im Normalfall sind es Bürogemeinschaften, in denen jeder selbständig für sein eigenes Glück verantwortlich ist. Ich bin tatsächlich in mehreren derartigen Kanzleien vorstellig geworden, allerdings haben mir alle davon abgeraten, mich als Strafverteidiger selbständig zu machen. Es gibt wohl einige äußerst erfolgreiche Strafverteidiger, die beeindruckende Stundensätze erzielen können, die meisten hangeln sich jedoch anscheinend von RVG-Mandat zu RVG-Mandat zu einem mickrigen Lohn. Einer erzählte mir, dass er 5 Jahre gebraucht hat, um die Kanzlei einigermaßen zum Laufen zu bringen. Bis dahin hat er Mandate aus allen Rechtsgebieten angenommen, um sich damit mit Ach und Krach über Wasser zu halten.
Und da liegt ein wenig der Hund begraben. Mir wird niemand diese Entscheidung abnehmen können, ich möchte aber trotzdem meine Gedanken tagebuchartig teilen: Momentan verdiene ich 6X.XXX Euro, was einem auch in einer größeren Stadt ein komfortables Leben ermöglicht. Die Büroräume sind großzügig und gut gelegen. Zudem sind die Arbeitszeiten vergleichsweise gut und ich arbeite idR nicht mehr als 39-44 Std. pro Woche. Dafür ist die Tätigkeit langweilig, einsam und nur mäßig sinnstiftend. Dass mir die Tätigkeit schaden würde und dass ich nur ein Unterschriftenclown sei, kann ich nicht bestätigen, da es immer wieder Fälle gibt, die rechtlich nicht eindeutig sind und bei denen durchaus etwas juristisches Können gefragt ist.
Dem steht die Vorstellung einer aufregenderen Tätigkeit gegenüber. Einer Tätigkeit, in der ich meine Fähigkeiten möglicherweise besser verwirklichen kann und die sinnstiftender ist. Hier im Forum gibt es jedoch Erfahrungsberichte von Menschen, die wohl eine derartige Tätigkeit ausüben und trotzdem extrem unzufrieden aufgrund des geringen Gehalts und der enormen Arbeitszeiten sind. Und dieses Risiko erscheint mir durchaus real zu sein.
Leider kann ich noch kein befriedigendes oder interessantes Fazit ziehen, da der Findungsprozess noch anhält. Aber insbesondere das Arbeitsrecht könnte neben dem Strafrecht noch eine spannende Alternative sein, bei der man nicht am Hungertuch nagen muss. Daher danke ich euch schon mal für die Anregungen!
Und da liegt ein wenig der Hund begraben. Mir wird niemand diese Entscheidung abnehmen können, ich möchte aber trotzdem meine Gedanken tagebuchartig teilen: Momentan verdiene ich 6X.XXX Euro, was einem auch in einer größeren Stadt ein komfortables Leben ermöglicht. Die Büroräume sind großzügig und gut gelegen. Zudem sind die Arbeitszeiten vergleichsweise gut und ich arbeite idR nicht mehr als 39-44 Std. pro Woche. Dafür ist die Tätigkeit langweilig, einsam und nur mäßig sinnstiftend. Dass mir die Tätigkeit schaden würde und dass ich nur ein Unterschriftenclown sei, kann ich nicht bestätigen, da es immer wieder Fälle gibt, die rechtlich nicht eindeutig sind und bei denen durchaus etwas juristisches Können gefragt ist.
Dem steht die Vorstellung einer aufregenderen Tätigkeit gegenüber. Einer Tätigkeit, in der ich meine Fähigkeiten möglicherweise besser verwirklichen kann und die sinnstiftender ist. Hier im Forum gibt es jedoch Erfahrungsberichte von Menschen, die wohl eine derartige Tätigkeit ausüben und trotzdem extrem unzufrieden aufgrund des geringen Gehalts und der enormen Arbeitszeiten sind. Und dieses Risiko erscheint mir durchaus real zu sein.
Leider kann ich noch kein befriedigendes oder interessantes Fazit ziehen, da der Findungsprozess noch anhält. Aber insbesondere das Arbeitsrecht könnte neben dem Strafrecht noch eine spannende Alternative sein, bei der man nicht am Hungertuch nagen muss. Daher danke ich euch schon mal für die Anregungen!
12.09.2024, 16:22
Hast Du schon mal an eine Rechtsabteilung gedacht? Da bist Du eher generalistisch unterwegs, aber idR hat man auch "seine" Spezialgebiete. Mandant ist dann sozusagen Dein Arbeitgeber, aber Du hast ständig mit Kollegen zu tun, die sich wie "normale" Mandanten anfühlen. Beispiel: wenn Du den Einkauf/Vertrieb betreust, dann arbeitest Du sehr juristisch, kannst Dich aber auch kreativ ausleben, weil praktisch umsetzbare Lösungen gesucht werden. Und glaub mir, Du wirst so viel kommunizieren, dass Du nach einem Monat Blocker in Deinen Kalender stellst, um mal in Ruhe arbeiten zu können ;)
12.09.2024, 18:06
(12.09.2024, 16:04)PeterP schrieb: Auf Strafrecht spezialisierte Kanzleien gibt es in der Art gar nicht so wirklich. Es gibt einige auf Wirtschaftsstrafrecht spezialisierte Kanzleien, wo ich mir die Tätigkeit aber auch eher wenig kommunikativ vorstelle, zumal ich mit meinen Noten und Lebenslauf dort eh nicht in Betracht komme. Im Normalfall sind es Bürogemeinschaften, in denen jeder selbständig für sein eigenes Glück verantwortlich ist. Ich bin tatsächlich in mehreren derartigen Kanzleien vorstellig geworden, allerdings haben mir alle davon abgeraten, mich als Strafverteidiger selbständig zu machen. Es gibt wohl einige äußerst erfolgreiche Strafverteidiger, die beeindruckende Stundensätze erzielen können, die meisten hangeln sich jedoch anscheinend von RVG-Mandat zu RVG-Mandat zu einem mickrigen Lohn. Einer erzählte mir, dass er 5 Jahre gebraucht hat, um die Kanzlei einigermaßen zum Laufen zu bringen. Bis dahin hat er Mandate aus allen Rechtsgebieten angenommen, um sich damit mit Ach und Krach über Wasser zu halten.
Und da liegt ein wenig der Hund begraben. Mir wird niemand diese Entscheidung abnehmen können, ich möchte aber trotzdem meine Gedanken tagebuchartig teilen: Momentan verdiene ich 6X.XXX Euro, was einem auch in einer größeren Stadt ein komfortables Leben ermöglicht. Die Büroräume sind großzügig und gut gelegen. Zudem sind die Arbeitszeiten vergleichsweise gut und ich arbeite idR nicht mehr als 39-44 Std. pro Woche. Dafür ist die Tätigkeit langweilig, einsam und nur mäßig sinnstiftend. Dass mir die Tätigkeit schaden würde und dass ich nur ein Unterschriftenclown sei, kann ich nicht bestätigen, da es immer wieder Fälle gibt, die rechtlich nicht eindeutig sind und bei denen durchaus etwas juristisches Können gefragt ist.
Dem steht die Vorstellung einer aufregenderen Tätigkeit gegenüber. Einer Tätigkeit, in der ich meine Fähigkeiten möglicherweise besser verwirklichen kann und die sinnstiftender ist. Hier im Forum gibt es jedoch Erfahrungsberichte von Menschen, die wohl eine derartige Tätigkeit ausüben und trotzdem extrem unzufrieden aufgrund des geringen Gehalts und der enormen Arbeitszeiten sind. Und dieses Risiko erscheint mir durchaus real zu sein.
Leider kann ich noch kein befriedigendes oder interessantes Fazit ziehen, da der Findungsprozess noch anhält. Aber insbesondere das Arbeitsrecht könnte neben dem Strafrecht noch eine spannende Alternative sein, bei der man nicht am Hungertuch nagen muss. Daher danke ich euch schon mal für die Anregungen!
in der tat gibt es abgesehen von den boutiquen für wirtschaftsstrafrecht im grunde keine strafverteidigerkanzlei in deutschland, die rechtsanwälte einstellt. es kursieren seit jahren einige ausgeschriebene stellen auf websiten zumindest regional bekannter strafverteidigerkanzleien in nrw - und seit jahren wird da niemand eingestellt. seltsames marketing. andere kanzleien fabulieren von strafrecht und meinen eigentlich verkehrsrecht. dieses elend erstreckt sich von nord- bis süddeutschland. für den einstieg als angestellter ins wirtschaftsstrafrecht bedarf es sehr guter noten. dafür darf man dann einer praktisch sehr langweiligen arbeit nachgehen. auch bei den bekannten kanzleien sitzt nicht immer hanno berger im besprechungsraum sondern meistens irgendwelche pappnasen, die ihren sklaven den mindestlohn nicht zahlen wollten. vor gericht machen die verteidiger oft gar nichts, weil man redliche belastungszeugen eben nichts fragt.
wenn man so ein strafverteidiger sein oder werden möchte, wie sich jedermann ihn vorstellt, bleibt nur die selbstständigkeit. eine nur auf das strafrecht ausgerichtete kanzlei aus dem nichts aufzubauen, ist aber fast unmöglich. das liegt maßgeblich daran, dass der finanzielle erfolg eines strafverteidigers ganz überwiegend von seiner bekanntheit und nicht von seiner kunst abhängt. ich kenne strafverteidiger mit ganz tiefen taschen, die regelmäßig akten nicht lesen, kein eigenes büro betreiben und mit dem mandanten nur minimal kommunizieren, also die mindeststandards der strafverteidigung unterschreiten. irgendwer kann jetzt einwenden, dass der erfolg eines jeden anwalts von seiner bekanntheit abhängt - stimmt, aber nur im strafrecht merkt es der mandant nicht, wenn der anwalt wirklich schlecht ist. andererseits kenne ich strafverteidiger, die wirklich gut sind, aber auch mit langjähriger erfahrung nur vier bis fünf brutto erwirtschaften.
der eleganteste weg zur eigenen strafrechtsbude dürfte über eine anstellung - und im folgenden teilzeitanstellung - bei einem arbeitgeber sein, der einem viel bis ausschließlich homeoffice und die eigene ra zulassung gönnt.
nachtrag: übrigens machen auch die bekannten und / oder guten anwälte die "rvg-mandate", die würde ich auch gar nicht unterschätzen. den phantasie-stundensatz bezahlt ein richtig stabiler mandant ohnehin nicht gänzlich, sondern nur die erste abrechnung oder anzahlung.