15.08.2024, 09:47
(15.08.2024, 07:26)JuraLiebhaber schrieb:(15.08.2024, 02:02)Kaslimon schrieb:(12.04.2024, 19:28)definitivkeintroll schrieb: An den TE: Wie hat sich deine Lage entwickelt? Ich hoffe, es ist besser geworden :(
Hier mal ein kurzes Update, habe jetzt meine nächste Beurteilung angekündigt bekommen: nicht geeignet.
Ich habe das letzte halbe Jahr erheblich mehr erledigt als in dem vorherigen halben Jahr. So um die 120 Erledigungen, vorher nur so 69. Meine Vergleiche konnte ich insgesamt auch nochmal um ganze 100% steigern. Bisher habe ich auch nur positive Rückmeldungen vom Berufungsgericht erhalten, überwiegend Rücknahme der Berufung, da mein Urteil wohl gehalten hätte. Keine Terminversäumungen mehr, bin stets pünktlich. Mit den Anwälten komme ich gut zurecht, in der letzten Beurteilung wurde mir noch bescheinigt, dass meine Stärke wäre mit den Parteien ins Gespräch zu kommen und gütliche Einigungen zu erzielen. Jetzt soll es auch an den persönlichen und sozialen Fähigkeiten mangeln und dass meine Entscheidungen zu dünn sind. Keine Ahnung wie es jetzt weitergeht. Sie wollen mich wohl unbedingt loswerden. :(
Du scheinst wirklich ein Nachtmensch zu sein, wenn du in einer Nacht von Mittwoch auf Donnerstag hier um 2 Uhr nachts einen Beitrag verfasst
Hehe, das Ganze hat mich ziemlich aufgewühlt gestern. Ich bin nämlich ab heute in Urlaub und der Entwurf kam natürlich am Nachmittag davor per Email hinein.
15.08.2024, 09:48
(15.08.2024, 07:00)Klausdiemaus schrieb: An den Threadersteller:
So einfach werden sie dich nicht los. Gib nicht auf. Als erstes musst du jetzt gegen die Beurteilung vorgehen. Glaub mir, ich habe dies auch schon hinter mir, sie werden am Ende klein beigeben. Denn viele Dinge in den Beurteilungen, macht dich dazu mal schlau, es gibt ganz gute Aufsätze dazu, dürfen gar nicht beurteilt werden. Stichwort: Richterliche Unabhängigkeit. Alles was darunter fällt und das ist viel, ist einer Beurteilung gar nicht zugänglich. Wenn die von dir mitgeteilten Zahlen stimmen, dann sind deine Erledigungen völlig in Ordnung. Drohe im Notfall mit einer Klage. Lege, wenn durch die Beurteilung ein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit vorliegt, separat dagegen Widerspruch ein und erhebe notfalls dann Klage vor dem Dienstgericht. Die Verwaltung scheut derartige klagen wie der teufel das Weihwasser. Gib nicht auf. Du müsstest doch bald zum Amtsgericht wechseln (NRW?), oder? Da ist es besser als am LG. Der Amtsrichter ist nämlich der einzig wahre unabhängige Richter
Danke für die aufmunternden Worte. Ich habe schon einen Anwalt und werde natürlich kämpfen. Ich bin aber tatsächlich in Baden-Württemberg.
15.08.2024, 09:56
(07.02.2024, 23:03)Kaslimon schrieb:(07.02.2024, 22:39)VerzweifelterJurist schrieb: Ich möchte deine Darstellung nicht in Abrede stellen, aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass jemand allein wegen der von dir genannten Fehler als noch nicht geeignet eingestuft wird. Ich habe erst zweimal bei Kollegen mitbekommen, dass ihnen ein Jobwechsel nahe gelegt wurde. Bei einem hat es persönlich/menschlich überhaupt nicht gepasst, bei der anderen war bis zuletzt in mündlichen Verhandlungen ziemliches Chaos und Überforderung, was sich auch in der Aktenbearbeitung gezeigt hat. Ansonsten ist es jedenfalls bei uns am Gericht so, dass man sehr unterstützt und aufgebaut wird und die Anforderungen nicht so hoch sind. Klar, Quantität und Qualität muss stimmen, aber wegen sprachlichen Fehlern im Urteil oder mal einem verpennten Termin wird hier niemandem der Wechsel nahe gelegt.
Hast du einen Kollegen, der dich und deine Arbeit besser kennt und dir mal objektiv sagen kann wie er dich einschätzt? Ich könnte mir nämlich vorstellen, dass du selbst nicht vernünftig reflektierst und eigentlich mehr im
Argen liegt.
Also ich glaube ich kann das schon relativ gut wahrnehmen, vor allem bin ich auch für Kritik offen und hinterfrage mich auch kritisch, aber dennoch denke ich nicht, dass das gerechtfertigt ist, zumal das erste Zeugnis gut ausgefallen ist und alles direkt nach meiner Krankheit angefangen hat, ich merke auch, dass mein Vorsitzender in der Kammer sehr viel Groll auch wegen der Vertretung während meiner Krankheit gehegt hat und dieser zieht sich immer noch weiter, vor allem fallen mir immer wieder kleine Schikaneaktionen auf. Ich wurde auch direkt nach meiner Krankheit zu Gesprächen gebeten, wo man dann alles sehr ins Negative gezogen hat.
Ne so einen Kollegen hab ich nicht, ich arbeite ja meistens alleine. Also rein von den Fällen komme ich eigentlich gut zurecht in den meisten Fällen.
Dennoch solltest du mal schauen, ob du einen Gesprächspartner findest. Ältere Kollegen (wenn du beim LG bist, hast du ja offiziell auch eine Kammer), Geschäftsstelle, oder frag deine Peer-Group, wie es bei ihnen läuft.
Ich habe es schon mehrmals erlebt, dass die angeblich recht realistische Selbsteinschätzung dann doch gravierend von der Realität abgewichen ist. Das waren auch studierte Menschen. So eine Selbsteinschätzung ist oftmals deutlich schwieriger als man sich vorstellst. Das muss bei dir nicht der Fall sein aber, wie gesagt, versuch mal offenes Feedback einzuholen.
15.08.2024, 10:43
Damit sich der Threadersteller nicht alleine fühlt: Ich habe auch mal vom Rausekeln eines Proberichters erfahren. Da war es wohl so, dass sich der Beurteilende nach einer kleinen, nicht-fachlichen Sache auf den Schlips getreten fühlte, höchst-nachtragend agierte und damit war die Karriere an dem Gericht vorbei. Beurteilungen sind plötzlich gekippt, enthielten (zum Glück für meinen Bekannten) objektiv unzutreffende Vorwürfe und stellten ihn als menschlich und fachlich inkompetent dar. Er konnte die objektiv unzutreffenden Bewertungen immerhin noch als Hebel nutzen, um sich in die StA zu "retten". Bei der StA seien die Beurteilungen wieder gut, die Scharade vom Gericht nachträglich als solche verstanden und mit den Worten kommentiert worden "sowas habe man auch noch nie erlebt". Er ist da jetzt happy wurde auch auf Lebenszeit ernannt. Aber die alten Beurteilungen schlummern natürlich in seiner Akte und es wird zukünftig wieder alles vom "Verstehen" abhängen, ob er zB Chance auf eine Karriere hat.
Von der Führungskultur und den Vorgesetztenskills ist das unterirdisch. Es entsteht der Eindruck, dass eine einzige Person nach persönlichen Befindlichkeiten Karrieren zerstören kann.
Dass es durchaus "Persönlichkeiten" an Gerichten geben kann, taucht ja auch hin und wieder mal in Rechtsprechung auf - anderes Thema, aber zB die Angaben in diesem BAG-Urteil zur offenbar durchaus regelmäßigen Verhandlungsführung eines Richters in der 2. Instanz, der gute Mensch hat also sogar Karriere gemacht, lassen auf bestimmte allgemeine Umgangsformen Rückschlüsse ziehen: BAG, Urteil vom 12. 5. 2010 - 2 AZR 544/08.
Von der Führungskultur und den Vorgesetztenskills ist das unterirdisch. Es entsteht der Eindruck, dass eine einzige Person nach persönlichen Befindlichkeiten Karrieren zerstören kann.
Dass es durchaus "Persönlichkeiten" an Gerichten geben kann, taucht ja auch hin und wieder mal in Rechtsprechung auf - anderes Thema, aber zB die Angaben in diesem BAG-Urteil zur offenbar durchaus regelmäßigen Verhandlungsführung eines Richters in der 2. Instanz, der gute Mensch hat also sogar Karriere gemacht, lassen auf bestimmte allgemeine Umgangsformen Rückschlüsse ziehen: BAG, Urteil vom 12. 5. 2010 - 2 AZR 544/08.
15.08.2024, 11:10
Leider gibt es diese „Persönlichkeiten“ nicht selten in der Justiz…
Nach meiner Beobachtung sind es gerade diejenigen, die Macht über andere ausüben wollen, die es regelmäßig in die Verwaltung verschlägt. Ich hätte einige Dinge nicht für möglich gehalten, die ich in den letzten Jahren beobachten „durfte“…
Letztlich kann man nur jeden dazu ermutigen, offen willkürliches Verhalten nicht einfach hinzunehmen, sondern sich dagegen zu wehren. Häufig rechnen diejenige, die solche Entscheidungen treffen, aufgrund ihrer Erfahrungen nämlich gar nicht damit und geben klein bei, bevor daraus ein offizieller Vorgang wird. Leider erfahren diese Persönlichkeiten aufgrund ihrer starken Amtsstellung viel zu selten Gegenwind, sei es aus Angst, Resignation oder aus Opportunismus der selbst nicht Betroffenen.
Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt, leider auch in der Justiz…
Nach meiner Beobachtung sind es gerade diejenigen, die Macht über andere ausüben wollen, die es regelmäßig in die Verwaltung verschlägt. Ich hätte einige Dinge nicht für möglich gehalten, die ich in den letzten Jahren beobachten „durfte“…
Letztlich kann man nur jeden dazu ermutigen, offen willkürliches Verhalten nicht einfach hinzunehmen, sondern sich dagegen zu wehren. Häufig rechnen diejenige, die solche Entscheidungen treffen, aufgrund ihrer Erfahrungen nämlich gar nicht damit und geben klein bei, bevor daraus ein offizieller Vorgang wird. Leider erfahren diese Persönlichkeiten aufgrund ihrer starken Amtsstellung viel zu selten Gegenwind, sei es aus Angst, Resignation oder aus Opportunismus der selbst nicht Betroffenen.
Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt, leider auch in der Justiz…
15.08.2024, 13:55
Ist das denn wirklich ein Problem der Justiz als solche? Oder ist das nicht ein grundsätzliches Problem an Vorgesetzten. Schwierige Chefs, um es freundlich zu formulieren, hat man doch in jedem anderen Beruf auch. Dass die Justiz da eine positive Ausnahme und etwas besonderes sein soll, wäre doch auch lebensfremd.
15.08.2024, 14:06
(15.08.2024, 13:55)JuraLiebhaber schrieb: Ist das denn wirklich ein Problem der Justiz als solche? Oder ist das nicht ein grundsätzliches Problem an Vorgesetzten. Schwierige Chefs, um es freundlich zu formulieren, hat man doch in jedem anderen Beruf auch. Dass die Justiz da eine positive Ausnahme und etwas besonderes sein soll, wäre doch auch lebensfremd.
Naja, vielleicht es es doch etwas überraschender, solchen „Persönlichkeiten“ dort zu begegnen, wo unter anderem die Fähigkeit zur verantwortungsbewussten Machtausübung Einstellungskriterium sein soll.
15.08.2024, 14:15
(15.08.2024, 13:55)JuraLiebhaber schrieb: Ist das denn wirklich ein Problem der Justiz als solche? Oder ist das nicht ein grundsätzliches Problem an Vorgesetzten. Schwierige Chefs, um es freundlich zu formulieren, hat man doch in jedem anderen Beruf auch. Dass die Justiz da eine positive Ausnahme und etwas besonderes sein soll, wäre doch auch lebensfremd.
Das Problem, einen schwierigen Chef zu haben, sicher nicht. Aber die bestehende Abhängigkeit von Beurteilungen und persönlicher Förderung in diesem "kleinen" System sicher schon. Alle anderen können immer noch Kanzlei, Unternehmen und sogar Behörde wechseln..
15.08.2024, 14:53
(15.08.2024, 14:15)g3rn3gr0s schrieb:(15.08.2024, 13:55)JuraLiebhaber schrieb: Ist das denn wirklich ein Problem der Justiz als solche? Oder ist das nicht ein grundsätzliches Problem an Vorgesetzten. Schwierige Chefs, um es freundlich zu formulieren, hat man doch in jedem anderen Beruf auch. Dass die Justiz da eine positive Ausnahme und etwas besonderes sein soll, wäre doch auch lebensfremd.
Das Problem, einen schwierigen Chef zu haben, sicher nicht. Aber die bestehende Abhängigkeit von Beurteilungen und persönlicher Förderung in diesem "kleinen" System sicher schon. Alle anderen können immer noch Kanzlei, Unternehmen und sogar Behörde wechseln..
Gerichtswechsel, auch länderübergreifend, sind doch mittlerweile auch sehr gut möglich und kommen sehr häufig vor
15.08.2024, 15:09
(15.08.2024, 14:15)g3rn3gr0s schrieb:(15.08.2024, 13:55)JuraLiebhaber schrieb: Ist das denn wirklich ein Problem der Justiz als solche? Oder ist das nicht ein grundsätzliches Problem an Vorgesetzten. Schwierige Chefs, um es freundlich zu formulieren, hat man doch in jedem anderen Beruf auch. Dass die Justiz da eine positive Ausnahme und etwas besonderes sein soll, wäre doch auch lebensfremd.
Das Problem, einen schwierigen Chef zu haben, sicher nicht. Aber die bestehende Abhängigkeit von Beurteilungen und persönlicher Förderung in diesem "kleinen" System sicher schon. Alle anderen können immer noch Kanzlei, Unternehmen und sogar Behörde wechseln..
Naja auch in der freien Wirtschaft hängt viel von der Beurteilung und persönlicher Förderung des Vorgesetzten ab (man wird auch nicht zwangsläufig Equity Partner oder befördert, wenn man kein gutes internes Netzwerk hat und der Chef keinen Bock auf juniorige Konkurrenz hat). Auch kann ein schlechtes Arbeitszeugnis einem reingrätschen oder, oder, oder. Man kennt sich auch in der Anwaltschaft - kann da jetzt nur für mich sprechen, aber ich begegne ziemlich häufig Kollegen, die ich vielleicht nicht immer persönlich kenne, aber mit denen man über Ecken zusammen gearbeitet hat oder gemeinsame Bekannte in diversen Kanzleien und Unternehmen hat. Natürlich wird auch ohne Ende über einander (schlecht) gesprochen. Ganz so simpel wechselt man auch außerhalb der Richterschaft nicht den Job.