11.06.2024, 14:49
(11.06.2024, 14:23)VerzweifelterJurist schrieb: Ich werfe mal noch die Sozialgerichtsbarkeit in den Raum. Rechtlich wahrscheinlich nicht so anspruchsvoll wie am VG, aber dafür ist man von Tag 1 an Kammervorsitzender und damit sehr eigenverantwortlich. Kein Asylrecht, wenn auch natürlich je nach Rechtsgebiet auch mal schwierigere Kläger. Die Arbeitsbelastung empfinde ich als sehr human.
Als ob das Verwaltungsrecht jetzt so viel anspruchsvoller ist als das Sozialrecht oder andere Rechtsgebiete. Ist doch Unsinn
11.06.2024, 14:54
Zumal Sozialrecht in der Ausbildung so gut wie keine Rolle spielt.
Die Einstellungsnoten könnten ggf in der Verwaltungsgerichtsbarkeit noch etwas höher sein als in der Sozialgerichtsbarkeit. Aber dass das an einer so viel höheren Komplexität des Verwaltungsrechts liegt, denke ich eher nicht
Ich denke eher, dass viele Absolventen einfach aus o.g. Gründen erstmal keinen Bezug zum Sozialrecht haben und deshalb im Zweifel lieber etwas wie das Verwaltungsrecht machen, das sie schon kennen.
Die Einstellungsnoten könnten ggf in der Verwaltungsgerichtsbarkeit noch etwas höher sein als in der Sozialgerichtsbarkeit. Aber dass das an einer so viel höheren Komplexität des Verwaltungsrechts liegt, denke ich eher nicht
Ich denke eher, dass viele Absolventen einfach aus o.g. Gründen erstmal keinen Bezug zum Sozialrecht haben und deshalb im Zweifel lieber etwas wie das Verwaltungsrecht machen, das sie schon kennen.
11.06.2024, 15:04
Aber ist das Sozialrecht nicht total eintönig und sich immer wiederholend? Oder hat man es durchaus mit spannenden Rechtsfragen zutun? Und lassen sich die Verfahren auch manchmal durch Rücknahme der Klage oder so erledigen?
11.06.2024, 15:08
Warum sollte das so sein?
11.06.2024, 15:45
(11.06.2024, 15:04)Unbegruendet17 schrieb: Aber ist das Sozialrecht nicht total eintönig und sich immer wiederholend? Oder hat man es durchaus mit spannenden Rechtsfragen zutun? Und lassen sich die Verfahren auch manchmal durch Rücknahme der Klage oder so erledigen?
Das Sozialrecht (ich kann es nicht vom SG beurteilen, hab es aber am VG mal gemacht) ist teilweise unglaublich anspruchsvoll. Es gibt kaum eine Rechtsmaterie, die so komplex ist wie das Sozialrecht. Wahrscheinlich wird es auch dort „Klassiker“ geben, die immer wieder kommen. Aber wenn ich zB an die Erstattungsstreitigkeiten im Kinder- und Jugendhilferecht zurückdenke, war das rechtlich teilweise schon krass anspruchsvoll.
16.06.2024, 20:18
(11.06.2024, 15:04)Unbegruendet17 schrieb: Aber ist das Sozialrecht nicht total eintönig und sich immer wiederholend? Oder hat man es durchaus mit spannenden Rechtsfragen zutun? Und lassen sich die Verfahren auch manchmal durch Rücknahme der Klage oder so erledigen?
Ich mache Krankenversicherungsrecht, da kommen immer wieder neue Rechtsfragen, weil viel zwischen Krankenhaus und Krankenkasse vertraglich geregelt ist oder der Gesundheitsminister sich überlegt, mal wieder ein Gesetz zu ändern :-). Und mit der jetzt wohl anstehenden Krankenhausreform werden sich rechtlich sicherlich nochmal neue Fragen auftun. Ist eine ganz interessante Mischung aus Rechtsfragen und medizinischen Fragen.
Ich mache ansonsten noch Schwerbehindertenrecht, das ist tatsächlich rechtlich eher nicht so anspruchsvoll, aber deswegen nicht weniger interessant.
Zu den anderen Rechtsgebieten kann ich nichts aus eigener Erfahrung sagen, aber was ich so von Kollegen höre gibts da sicherlich auch Sachen, die immer wieder kommen, und neue/schwierigere rechtliche Fragen.
Der Menschenkontakt ist halt anders als an VG, wir haben immer auch mal schwierige Kläger und traurige Lebensgeschichten. Da muss man mit zurecht kommen.
Wer Richter auf Probe bzw. Staatsanwalt werden möchte, sollte sich mit dem Karriere-Dossier über die Einstellungschancen und Bewerbungsvoraussetzungen informieren. Das Karriere-Dossier ist als Print-Buch sowie als E-Book für alle 16 Bundesländer erhältlich:
https://www.juristenkoffer.de/richter/karriere-dossier-richter-staatsanwalt-werden.php
Und zur Vorbereitung auf das alles entscheidende Vorstellungsgespräch sollte man auf die vielen hunderten Erfahrungsberichte anderer Juristen zugreifen, die bereits das Bewerbungsverfahren erfolgreich absolviert haben.
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16.06.2024, 21:50
(09.06.2024, 09:39)Brandenburg92 schrieb: Hallöchen,
gibt es hier im Forum (Prober-)Richter am VG, die mal von Ihrer Tätigkeit berichten können? Mich interessen insbesondere folgende Fragen:
-inhaltliche Tätigkeit spannend/erfüllend? Juristisch anspruchsvoll?
-Unabhängigkeit trotz Kammerprinzip? Kann man beispielsweise um 6 anfangen zu arbeiten und dafür früh am Nachmittag gehen?
-Belastung? Wie hoch ist der Aktenbestand ca und wieviel Std. bedarf es nach Einarbeitung zur Bewältigung davon?
Danke und schönen Sonntag :)
Zu 1.):
Mein derzeitiges Dezernat empfinde ich inhaltlich als sehr abwechslungsreich und spannend. Man entscheidet über Streitigkeiten, die nicht selten politisch und gesellschaftlich relevante und kontroverse Themen betreffen, und lernt nebenbei auch viel über nicht juristische Themenkomplexe, z. B. technischer oder naturwissenschaftlicher Art. Aber wenn man Pech hat, kann man natürlich auch an Zuständigkeiten gelangen, die weniger sinnstiftend sind.
Der juristische Schwierigkeitsgrad variiert sehr stark. Im Allgemeinen kann man aber sagen, dass man sich im öffentlichen Recht aufgrund der Vielfalt der Rechtsquellen und der Komplexität mancher Sachverhalte oft neu einarbeiten muss.
Zu 2.):
Vielleicht gibt es da auch irgendwo andere Verhältnisse, aber hier juckt es wirklich keinen, wann, wie und wo du arbeitest, solange dein Dezernat halbwegs läuft und du gelegentlich ansprechbar bist. Das Kammerprinzip bedeutet keine starke Einschränkung, da die allermeisten Verfahren dennoch als Einzelrichter zu entscheiden sind. Von einigen anderen Verwaltungsgerichten habe ich gehört, dass dort häufiger in der Kammer verhandelt wird, teilweise alle paar Wochen. Bei uns herrscht da eher starke Zurückhaltung und man muss schon ziemlich insistieren, damit irgendwann mal ein Kammertermin angesetzt wird, was manche Verfahren natürlich auch verzögert.
Zu 3.):
Die Belastung ist im Vergleich zur ordentlichen Gerichtsbarkeit ziemlich moderat. Ab dem späten Nachmittag leert sich das Gebäude.
Mein Dezernat hat derzeit ca. 130 laufende Verfahren.
17.06.2024, 11:26
Welches Bundesland?
17.06.2024, 17:32
Niedersachsen
17.06.2024, 18:49
Ok, danke! Die Belastung scheint mir je nach Bundesland sehr unterschiedlich zu sein, wenn man sich alleine mal die unterschiedliche Länge der Asylverfahrenslaufzeiten anschaut (auch wenn die diesbezüglich natürlich nicht 1:1 aussagekräftig sind).
https://www.sueddeutsche.de/politik/asyl...-1.5677992
https://www.sueddeutsche.de/politik/asyl...-1.5677992