20.05.2024, 12:30
Liebes Forum,
ich werde im Juli als Rechtsanwalt in einer Großkanzlei in München starten. Gerade mache ich mir viele Gedanken, wie ich den Berufseinstieg am besten meister kann. Die Rolle als Rechtsanwalt ist ja durchaus anders als eine WissMit Tätigkeit.
Was hat euch am Anfang geholfen und was hättet ihr gerne damals schon gewusst?
Ich würde mich über Austausch sehr freuen!
Viele Grüße
Julian
ich werde im Juli als Rechtsanwalt in einer Großkanzlei in München starten. Gerade mache ich mir viele Gedanken, wie ich den Berufseinstieg am besten meister kann. Die Rolle als Rechtsanwalt ist ja durchaus anders als eine WissMit Tätigkeit.
Was hat euch am Anfang geholfen und was hättet ihr gerne damals schon gewusst?
Ich würde mich über Austausch sehr freuen!
Viele Grüße
Julian
21.05.2024, 16:57
Hey, dürfte ich fragen, was die Notenanforderungen einer Großkanzlei sind und wie deine Noten waren?
Viele Grüße
Viele Grüße
21.05.2024, 17:12
Die Notenanforderungen findest du für eigentlich jede Großkanzlei bei Azur im Profil der jeweiligen Kanzlei: https://www.azur-online.de/top-arbeitgeber/
21.05.2024, 17:23
Danke... Ich kann nur mit den Begriffen ,,hervorragende Examina/ überdurchschnittliche etc." nichts anfangen. Ich weiß nicht, ob die damit 9,0 Punkte meinen, oder mehr als 7,75 etc
21.05.2024, 17:48
(21.05.2024, 17:23)Questioner schrieb: Danke... Ich kann nur mit den Begriffen ,,hervorragende Examina/ überdurchschnittliche etc." nichts anfangen. Ich weiß nicht, ob die damit 9,0 Punkte meinen, oder mehr als 7,75 etc
Je nach Bedarf und Rechtsgebiet. Steuerrecht reichen häufig weniger und Arbeitsrecht gerne mehr.
22.05.2024, 09:19
(20.05.2024, 12:30)TradeRed schrieb: Liebes Forum,
ich werde im Juli als Rechtsanwalt in einer Großkanzlei in München starten. Gerade mache ich mir viele Gedanken, wie ich den Berufseinstieg am besten meister kann. Die Rolle als Rechtsanwalt ist ja durchaus anders als eine WissMit Tätigkeit.
Was hat euch am Anfang geholfen und was hättet ihr gerne damals schon gewusst?
Ich würde mich über Austausch sehr freuen!
Viele Grüße
Julian
1. Mach dich locker, es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Am Anfang wirst du erst einmal planlos herumgeistern und allenfalls einfachste Beinarbeit wirklich gewinnbringend beitragen können. Bei allem anderen musst du erst einmal lernen. Und das geht nur durch fragen, fragen, fragen. Besonders die jüngeren Kollegen, d.h. die Associates und Senior Associates sind vom Berufseinstieg selbst nicht so weit weg und werden nachfühlen können, dass man am Anfang halt noch nicht alles kann. Die sind oft hilfsbereit. Manche Leute leiden unter Impostor-Syndrom, wenn sie am Anfang bei einer komplexen Rechtsfrage nicht wie aus der Pistole geschossen antworten können. Das ist unnötig. Selbst als Partner steht man am Anfang eines Mandats erst mal wie der Ochs vorm Berg (habe ich mir sagen lassen).
2. Zeige Einsatzbereitschaft und Lernwille. Ja, du magst noch nicht alles draufhaben (siehe 1.), aber mach deinen Kollegen und vor allem Vorgesetzen bewusst, dass du daran etwas ändern willst. Besprich deine Arbeit mit deinem Chef, lass dir Feedback geben und arbeite daran, was noch nicht optimal geklappt hat. Dazu gehören nicht nur rechtliche Sachen, sondern auch Zeit- und Workstream-Management und die Kunst, E-Mails zu schreiben (v.a. im Umgang mit Mandanten).
3. Eigentlich selbstverständlich, aber mit am wichtigsten: Don't be an asshole. Alles Andere findet sich.
(21.05.2024, 16:57)Questioner schrieb: Hey, dürfte ich fragen, was die Notenanforderungen einer Großkanzlei sind und wie deine Noten waren?
Viele Grüße
Unterschiedlich, je nach 1. Reputation, 2. Personalbedarf, 3. Standort, 4. Rechtsgebiet. Kann von "2x vb" bis hin zu "16 aus 2" in der gleichen Kanzlei reichen.
23.05.2024, 01:10
Ich hänge mich hier mal an und stelle ein paar konkrete Fragen. Mir ist klar, dass das teilweise vom Partner und persönlichen Präferenzen abhängt, ich glaube aber trotzdem, dass eure Erfahrungen für Berufseinsteiger wie mich sehr hilfreiche Anhaltspunkte sind. Background: Ich starte ebenfalls in einer Großkanzlei in München im September und hoffe möglichst wenig Zeit für "typische Missverständnisse" und "Anfängerfehler" zu verschwenden und meine Arbeitszeit effektiv zu halten.
1. Perfektion oder Geschwindigkeit: Habt ihr am Anfang versucht, möglichst genau zu arbeiten, auch wenn das länger braucht oder eher etwas "oberflächlicheres" in kürzerer Zeit abgegeben?
2. cover-my-ass-Mentalität oder Mandantenfreundlichkeit: Hattet ihr eher die "cover my ass"-Mentalität also 5 Seiten wie ihr den Sachverhalt verstanden habt und eine 2-seitige "kommt-drauf-an" rechtliche Einschätzung oder eher einen "mandantenfreundlichen" approach, also eine recht konkrete Antwort auf die Fragestellung ohne "Sachverhaltscarveouts" und vllt. sogar mit einer konkreten Verhaltsempfehlung (zB Insolvenzantrag stellen, Steueroptimierungssystem unterlassen, etc)?
3. Rückversicherung oder trial and error: Habt ihr versucht alle Unklarheiten durch Rückfragen bei seniorigeren Kollegen zu beseitigen oder eher einfach "gemacht"?
4. Organisationsstruktur: Wie habt ihr euch organisiert? Also hattet ihr, z.B. eine Art Excel-Liste mit allen Mandaten und den täglichen to-dos und Deadlines?
5. Fixe Zeitlimits oder "going with the flow": Habt ihr von vornherein Zeitlimits für eure Arbeitsaufträge eingeplant (Mandant X-Rückfragen beantworten (2h), Aufsatz gegenlesen (3h), Memo fertigstellen (5h)) oder war ihr mehr auf der Seite "es braucht so lange wie es braucht"?
6. Prioritätenranking: Was war eure Priorität für das erste Jahr? Von Anfang an ordentlich billables prügeln, den Fachbereich so früh wie möglich durchdringen (ggf. auch durch viel non-billable interne Fortbildungen) oder möglichst hilfreich für das Team sein (auch wenn das z.B. bedeutet, non-billable Recherche für den Business-Development-Blog-Beitrag in einem kaum relevanten Rechtsgebiet vorzunehmen, weil das sonst niemand machen will)?
Thanks guys!
1. Perfektion oder Geschwindigkeit: Habt ihr am Anfang versucht, möglichst genau zu arbeiten, auch wenn das länger braucht oder eher etwas "oberflächlicheres" in kürzerer Zeit abgegeben?
2. cover-my-ass-Mentalität oder Mandantenfreundlichkeit: Hattet ihr eher die "cover my ass"-Mentalität also 5 Seiten wie ihr den Sachverhalt verstanden habt und eine 2-seitige "kommt-drauf-an" rechtliche Einschätzung oder eher einen "mandantenfreundlichen" approach, also eine recht konkrete Antwort auf die Fragestellung ohne "Sachverhaltscarveouts" und vllt. sogar mit einer konkreten Verhaltsempfehlung (zB Insolvenzantrag stellen, Steueroptimierungssystem unterlassen, etc)?
3. Rückversicherung oder trial and error: Habt ihr versucht alle Unklarheiten durch Rückfragen bei seniorigeren Kollegen zu beseitigen oder eher einfach "gemacht"?
4. Organisationsstruktur: Wie habt ihr euch organisiert? Also hattet ihr, z.B. eine Art Excel-Liste mit allen Mandaten und den täglichen to-dos und Deadlines?
5. Fixe Zeitlimits oder "going with the flow": Habt ihr von vornherein Zeitlimits für eure Arbeitsaufträge eingeplant (Mandant X-Rückfragen beantworten (2h), Aufsatz gegenlesen (3h), Memo fertigstellen (5h)) oder war ihr mehr auf der Seite "es braucht so lange wie es braucht"?
6. Prioritätenranking: Was war eure Priorität für das erste Jahr? Von Anfang an ordentlich billables prügeln, den Fachbereich so früh wie möglich durchdringen (ggf. auch durch viel non-billable interne Fortbildungen) oder möglichst hilfreich für das Team sein (auch wenn das z.B. bedeutet, non-billable Recherche für den Business-Development-Blog-Beitrag in einem kaum relevanten Rechtsgebiet vorzunehmen, weil das sonst niemand machen will)?
Thanks guys!
23.05.2024, 07:43
Zu 2. und 5. kann ich dir sagen, dass diese Dinge viel mehr von deinem Partner bzw. dem Auftragserteiler abhängen als von deinem Vorhaben. Man liefert das gewünschte Produkt in der dafür zur Verfügung gestellten Zeit (insbesondere: wie viele Stunden kann/darf ich dafür später aufschreiben?).
23.05.2024, 09:48
1) Erstmal Qualität vor Geschwindigkeit. Mit schlechter Arbeit versaust du dir deinen Ruf. Dass du noch schneller wirst, ist sowieso logisch.
2) Balance. Niemand beauftragt einen Anwalt, nur damit er am Ende ein langes Memo bekommt mit ganz viel "kommt darauf an" und "weiß ich so genau auch nicht". Am Ende sind es nur kleine Wörter, die notwendig sind. Statt "Ihr müsst einen Insolvenzantrag stellen" schreibst du eben "Anhand der mir vorliegenden Informationen empfehle ich, einen Insolvenzantrag zu stellen".
3) Rückversicherung! 1st years, die einfach alleine losstürmen, nerven am meisten.
4) Was auch immer für dich funktioniert.
5) Siehe 1) und kommt eben auf deinen Auftrag an.
6) billables sind am Anfang nicht das wichtigste. Erstmal will ich sehen, dass ein 1st year Qualität abliefert. Wenn er direkt 180 Stunden im Monat aufschreibt, aber nur Scheisse abliefert, kann ich mir davon auch nichts kaufen. Ich will sehen, dass sich jemand mit Interesse ins Fachgebiet einarbeitet, ein Teamplayer ist, und um die Auslastung kümmern wir uns schon.
2) Balance. Niemand beauftragt einen Anwalt, nur damit er am Ende ein langes Memo bekommt mit ganz viel "kommt darauf an" und "weiß ich so genau auch nicht". Am Ende sind es nur kleine Wörter, die notwendig sind. Statt "Ihr müsst einen Insolvenzantrag stellen" schreibst du eben "Anhand der mir vorliegenden Informationen empfehle ich, einen Insolvenzantrag zu stellen".
3) Rückversicherung! 1st years, die einfach alleine losstürmen, nerven am meisten.
4) Was auch immer für dich funktioniert.
5) Siehe 1) und kommt eben auf deinen Auftrag an.
6) billables sind am Anfang nicht das wichtigste. Erstmal will ich sehen, dass ein 1st year Qualität abliefert. Wenn er direkt 180 Stunden im Monat aufschreibt, aber nur Scheisse abliefert, kann ich mir davon auch nichts kaufen. Ich will sehen, dass sich jemand mit Interesse ins Fachgebiet einarbeitet, ein Teamplayer ist, und um die Auslastung kümmern wir uns schon.
23.05.2024, 16:03
(23.05.2024, 09:48)Patenter Gast schrieb: 1) Erstmal Qualität vor Geschwindigkeit. Mit schlechter Arbeit versaust du dir deinen Ruf. Dass du noch schneller wirst, ist sowieso logisch.
2) Balance. Niemand beauftragt einen Anwalt, nur damit er am Ende ein langes Memo bekommt mit ganz viel "kommt darauf an" und "weiß ich so genau auch nicht". Am Ende sind es nur kleine Wörter, die notwendig sind. Statt "Ihr müsst einen Insolvenzantrag stellen" schreibst du eben "Anhand der mir vorliegenden Informationen empfehle ich, einen Insolvenzantrag zu stellen".
3) Rückversicherung! 1st years, die einfach alleine losstürmen, nerven am meisten.
4) Was auch immer für dich funktioniert.
5) Siehe 1) und kommt eben auf deinen Auftrag an.
6) billables sind am Anfang nicht das wichtigste. Erstmal will ich sehen, dass ein 1st year Qualität abliefert. Wenn er direkt 180 Stunden im Monat aufschreibt, aber nur Scheisse abliefert, kann ich mir davon auch nichts kaufen. Ich will sehen, dass sich jemand mit Interesse ins Fachgebiet einarbeitet, ein Teamplayer ist, und um die Auslastung kümmern wir uns schon.
Volle Zustimmung von mir mit folgender Ergänzung zu 6.:
Mache nicht den beliebten Associate-Fehler, weniger Zeit aufzuschreiben, als Du für eine Aufgabe wirklich gebraucht hast! Der Partner streicht die aufgeschriebenen Stunden sowieso zusammen, wenn er meint, dass man dem Mandanten das nicht voll in Rechnung stellen kann (was ziemlich normal ist im ersten Jahr). Wenn Du schon nur die Hälfte aufschreibst, weil Du meinst, nur das könne abgerechnet werden und der Partner dann davon noch die Hälfte streicht, dann wäre das nicht gut.