16.04.2024, 08:29
Guten Tag zusammen,
ich habe in den letzten Tagen etwas über die Selbstständigkeit nachgedacht und bin bzgl. der Abgabenlast etwas ungläubig geworden. Könnte mir mal jemand sagen, ob ich in der Rechnung irgendwo einen Denkfehler habe?
Sagen wir, ein selbstständiger Anwalt mit 85.000 € Gewinn im Jahr. Davon gehen etwa 25.000 € Einkommenssteuer weg. Außerdem werden von den 85.000 € noch Krankenversicherung bezahlt (sagen wir mal GKV, weil Vorerkrankung & 2 Kinder) sind wir nochmal bei 1019 € im Monat bzw. 12.228 € im Jahr. Das Versorgungswerk nimmt nochmal 14,6 % und damit 1317 € im Monat bzw. 15.800 € im Jahr. Dann blieben von den 85.000 € Gewinn noch 31.972 € übrig und damit rund 2600 € im Monat. Stellt man das gegen den Reingewinn von 7083 € gegenüber würden lediglich knapp 37 % übrig bleiben.
Da würde sich doch die Selbstständigkeit kaum für irgendjemanden lohnen oder? Ich meine 2600 € Netto (selbst wenn man die Annehmlichkeiten wie Technik-Zeug und Auto über Firma laufen lassen einbezieht) sind wahrscheinlich selbst in der kleinsten Kanzlei als Angestellter möglich - insb. vor dem Hintergrund dass mit 2 Kindern Lohnsteuerklasse III viel bringt. Oder ist mein kalkulierter Gewinn einfach viel zu niedrig? Aber das würde sich dann wieder etwas mit den STAR-Werten beißen.
ich habe in den letzten Tagen etwas über die Selbstständigkeit nachgedacht und bin bzgl. der Abgabenlast etwas ungläubig geworden. Könnte mir mal jemand sagen, ob ich in der Rechnung irgendwo einen Denkfehler habe?
Sagen wir, ein selbstständiger Anwalt mit 85.000 € Gewinn im Jahr. Davon gehen etwa 25.000 € Einkommenssteuer weg. Außerdem werden von den 85.000 € noch Krankenversicherung bezahlt (sagen wir mal GKV, weil Vorerkrankung & 2 Kinder) sind wir nochmal bei 1019 € im Monat bzw. 12.228 € im Jahr. Das Versorgungswerk nimmt nochmal 14,6 % und damit 1317 € im Monat bzw. 15.800 € im Jahr. Dann blieben von den 85.000 € Gewinn noch 31.972 € übrig und damit rund 2600 € im Monat. Stellt man das gegen den Reingewinn von 7083 € gegenüber würden lediglich knapp 37 % übrig bleiben.
Da würde sich doch die Selbstständigkeit kaum für irgendjemanden lohnen oder? Ich meine 2600 € Netto (selbst wenn man die Annehmlichkeiten wie Technik-Zeug und Auto über Firma laufen lassen einbezieht) sind wahrscheinlich selbst in der kleinsten Kanzlei als Angestellter möglich - insb. vor dem Hintergrund dass mit 2 Kindern Lohnsteuerklasse III viel bringt. Oder ist mein kalkulierter Gewinn einfach viel zu niedrig? Aber das würde sich dann wieder etwas mit den STAR-Werten beißen.
16.04.2024, 08:41
Mir kommt die Abgabenlast definitiv deutlich zu hoch vor. Du hast glaube ich vergessen, GKV und DRV als Sonderausgaben beim zu versteuernden Einkommen abzuziehen, oder?
EDIT: Hab es grob überschlagen und keine etwaigen Höchstbeträge für Sonderausgaben berücksichtigt, gehe aber davon aus, dass die im Beispiel darunter bleiben. Nach GKV, Versorgungswerk und Einkommensteuer müssen ca. 54470 € bleiben, also ca. 4540 € netto (Abgabenlast: ca. 36%). Die Rechnung war natürlich falsch. Ich weiß nicht mehr genau, wie es dazu kam, ich vermute, ich habe versehentlich eine Ziffer nicht in den Taschenrechner eingetippt als ich die ESt abziehen wollte. Komplett neu rechnen wollte ich jetzt nicht, es sollte sich aber eher im Bereich von 43000 €, also knapp unter 3600 € netto/Monat bewegen.
Übrigens gibt es auch angestellte Anwälte, die für gerade mal 3000-3500 € brutto arbeiten.
EDIT: Hab es grob überschlagen und keine etwaigen Höchstbeträge für Sonderausgaben berücksichtigt, gehe aber davon aus, dass die im Beispiel darunter bleiben. Nach GKV, Versorgungswerk und Einkommensteuer müssen ca. 54470 € bleiben, also ca. 4540 € netto (Abgabenlast: ca. 36%). Die Rechnung war natürlich falsch. Ich weiß nicht mehr genau, wie es dazu kam, ich vermute, ich habe versehentlich eine Ziffer nicht in den Taschenrechner eingetippt als ich die ESt abziehen wollte. Komplett neu rechnen wollte ich jetzt nicht, es sollte sich aber eher im Bereich von 43000 €, also knapp unter 3600 € netto/Monat bewegen.
Übrigens gibt es auch angestellte Anwälte, die für gerade mal 3000-3500 € brutto arbeiten.
16.04.2024, 08:53
Die können aber dann nur in der privaten Steuererklärung geltend gemacht werden oder?
16.04.2024, 09:08
Meine steuerrechtlichen Kenntnisse beschränken sich leider auch nur auf das, was ich vor einem halben Jahrzehnt mal in der Vorlesung gehört habe und was das Steuerprogramm mir so sagt. Was meinst du mit privater Steuererklärung? Soviel ich weiß, gibt man nur eine Steuererklärung ab, in der man dann alle dem EStG unterliegenden Einkünfte angibt und von allen zusammen, egal, ob selbstständige oder unselbstständige Arbeit, Gewerbe oder Vermietung usw., werden die Sonderausgaben abgezogen.
16.04.2024, 09:19
Achso ja genau das war meine Frage. Ich habe also die falsche Grundlage für die Einkommenssteuer genommen oder? diese wird nicht auf Grund der 85.000 € bemessen sondern erst noch abzgl. der GKV und des Versorgungswerks als Sonderausgaben? Das dann davon übrige ist dann die Grundlage für das zu versteuernde Einkommen oder?
Vielen Dank auf jeden Fall schon mal!
Vielen Dank auf jeden Fall schon mal!
16.04.2024, 09:22
Mir kommt die Einkommensteuer zu hoch vor. Die dürfte 5.000-7.000 Euro niedriger liegen.
Aber insgesamt hast du mit deinem Tenor recht. Ich habe mehrmals überlegt, ob ich mich selbständig mache, aber auf mein Gehalt ans Angestellte müsste ich erstmal kommen. Als Einzelanwalt, der zumindest am Anfang wohl gezwungen ist, fast jedes Mandat anzunehmen, ist das nicht so einfach, jedenfalls nicht mit der Stundenzahl, die ich jetzt arbeite.
Hier im Forum sind ein paar, die sich selbständig gemacht haben. Ich finde es spannend, was diejenigen schreiben, denn ich habe mich das nicht getraut.
Eine Sache noch: StKl 3 ist Augenwischerei und bringt dir am Ende des Jahres gar nichts. Die Lohnsteuer, die vom Gehalt monatlich abgezogen wird, ist nur eine Vorauszahlung, ähnlich wie die Nebenkosten bei einer Mietwohnung. Erst am Ende des Jahres wird abgerechnet und da ist die Steuerklasse komplett egal.
Aber insgesamt hast du mit deinem Tenor recht. Ich habe mehrmals überlegt, ob ich mich selbständig mache, aber auf mein Gehalt ans Angestellte müsste ich erstmal kommen. Als Einzelanwalt, der zumindest am Anfang wohl gezwungen ist, fast jedes Mandat anzunehmen, ist das nicht so einfach, jedenfalls nicht mit der Stundenzahl, die ich jetzt arbeite.
Hier im Forum sind ein paar, die sich selbständig gemacht haben. Ich finde es spannend, was diejenigen schreiben, denn ich habe mich das nicht getraut.
Eine Sache noch: StKl 3 ist Augenwischerei und bringt dir am Ende des Jahres gar nichts. Die Lohnsteuer, die vom Gehalt monatlich abgezogen wird, ist nur eine Vorauszahlung, ähnlich wie die Nebenkosten bei einer Mietwohnung. Erst am Ende des Jahres wird abgerechnet und da ist die Steuerklasse komplett egal.
16.04.2024, 09:29
(16.04.2024, 09:19)Jurist-im-Südwesten schrieb: Achso ja genau das war meine Frage. Ich habe also die falsche Grundlage für die Einkommenssteuer genommen oder? diese wird nicht auf Grund der 85.000 € bemessen sondern erst noch abzgl. der GKV und des Versorgungswerks als Sonderausgaben? Das dann davon übrige ist dann die Grundlage für das zu versteuernde Einkommen oder?
Vielen Dank auf jeden Fall schon mal!
Ja, nach meinem Verständnis funktioniert das so. Jetzt hat Egal allerdings eine ganz andere Einkommensteuer als ich ausgerechnet
Falls du ein Steuerprogramm zur Hand hast, testest du das am besten selbst mal, dass du bei selbstständiger Arbeit 85000 Einnahmen und keine Ausgaben eingibst und dann bei den Sonderausgaben die Beiträge. Ich habe nämlich tatsächlich von Hand gerechnet und die Normen auch nicht vollständig gelesen, was die Höchstbeträge angeht. Falls man nur das Äquivalent des Arbeitnehmerbeitrages abziehen kann, würde die Schätzung von Egal vielleicht eher hinkommen.
16.04.2024, 09:43
Wenn Du einen Brutto - Netto Rechner heranziehst, kommst Du bei einem Brottogehalt von 85.000 € auf ca. 18.000 € Einkommensteuer, die als Lohnsteuer abgezogen wird.
Das kommt glaub recht nahe, berechnet sich aber insofern unter Heranziehung der gesetzlichen Sozialabgaben.
Das kommt glaub recht nahe, berechnet sich aber insofern unter Heranziehung der gesetzlichen Sozialabgaben.
16.04.2024, 11:07
(16.04.2024, 09:29)GPAKandidat2023 schrieb:(16.04.2024, 09:19)Jurist-im-Südwesten schrieb: Achso ja genau das war meine Frage. Ich habe also die falsche Grundlage für die Einkommenssteuer genommen oder? diese wird nicht auf Grund der 85.000 € bemessen sondern erst noch abzgl. der GKV und des Versorgungswerks als Sonderausgaben? Das dann davon übrige ist dann die Grundlage für das zu versteuernde Einkommen oder?
Vielen Dank auf jeden Fall schon mal!
Ja, nach meinem Verständnis funktioniert das so. Jetzt hat Egal allerdings eine ganz andere Einkommensteuer als ich ausgerechnet
Falls du ein Steuerprogramm zur Hand hast, testest du das am besten selbst mal, dass du bei selbstständiger Arbeit 85000 Einnahmen und keine Ausgaben eingibst und dann bei den Sonderausgaben die Beiträge. Ich habe nämlich tatsächlich von Hand gerechnet und die Normen auch nicht vollständig gelesen, was die Höchstbeträge angeht. Falls man nur das Äquivalent des Arbeitnehmerbeitrages abziehen kann, würde die Schätzung von Egal vielleicht eher hinkommen.
Stimmt, du hast Recht. Es sind ja nicht 85k brutto wie beim Angestellten. Grob geschätzt dürften es somit 15k Einkommenssteuer weniger sein, als im Ausgangsbeitrag angenommen.
16.04.2024, 11:13
(16.04.2024, 09:43)Tess T. Culls schrieb: Wenn Du einen Brutto - Netto Rechner heranziehst, kommst Du bei einem Brottogehalt von 85.000 € auf ca. 18.000 € Einkommensteuer, die als Lohnsteuer abgezogen wird.
Das kommt glaub recht nahe, berechnet sich aber insofern unter Heranziehung der gesetzlichen Sozialabgaben.
Nicht ganz. Das war der Fehler, den ich auch gemacht habe. 85k ist nur der Gewinn und daher nicht mit dem Arbeitnehmerbrutto und auch nicht mit dem zu versteuernden Einkommen identisch.
Das zu versteuernde Einkommen ist wesentlich niedriger.