18.03.2024, 00:50
Ich habe bereits das 1.Examen geschrieben und schreibe es nochmal. Hierbei möchte ich vorwiegend mit Klausuren lernen. Wie kann ich am meisten davon profitieren? Wie würdet ihr vorgehen, um zu lernen wie man zu richtig guten Lösungen kommt? Ich habe überlegt, Lösungsskizzen zu erstellen und dann mit den Musterlösungen abzugleichen und eine Tabelle zu führen mit den Anspruchsgrundlagen, Theorien usw..aber es erscheint mir nicht wirklich sinnig, ich habe nicht ein System dahinter. Vor allem weil bei mir immer gesagt wird, ich würde zu wenig schreiben und Schwerpunkte zu oberflächlich behandeln. Mit meiner Vorgehensweise würde ich diese Probleme wahrscheinlich gar nicht verbessern. Wäre für Tipps echt dankbar. Möchte das Maximale aus der Arbeit mit den Klausuren und den Lösungen rausholen, aber weiß nicht wie.
18.03.2024, 08:46
ich hab einfach so viele Klausuren geschrieben wie möglich (i.d.R. zwei die Woche). Die dann so gut es ging nachgearbeitet.
Daneben so viel materielles Recht wiederholt (!) wie möglich. Neues habe ich nicht gelernt. In meinem Fall hatte ich vieles schon auf meinen Karteikarten stehen, was ich noch nicht 100 Prozent verinnerlicht hatte. Wenn das dann "drin" ist, fällt auch das Argumentieren in der Klausur leichter. Dadurch kommt mehr Tiefe in die Argumentation.
Daneben so viel materielles Recht wiederholt (!) wie möglich. Neues habe ich nicht gelernt. In meinem Fall hatte ich vieles schon auf meinen Karteikarten stehen, was ich noch nicht 100 Prozent verinnerlicht hatte. Wenn das dann "drin" ist, fällt auch das Argumentieren in der Klausur leichter. Dadurch kommt mehr Tiefe in die Argumentation.
18.03.2024, 12:14
(18.03.2024, 00:50)Alyaly schrieb: Ich habe bereits das 1.Examen geschrieben und schreibe es nochmal. Hierbei möchte ich vorwiegend mit Klausuren lernen. Wie kann ich am meisten davon profitieren? Wie würdet ihr vorgehen, um zu lernen wie man zu richtig guten Lösungen kommt? Ich habe überlegt, Lösungsskizzen zu erstellen und dann mit den Musterlösungen abzugleichen und eine Tabelle zu führen mit den Anspruchsgrundlagen, Theorien usw..aber es erscheint mir nicht wirklich sinnig, ich habe nicht ein System dahinter. Vor allem weil bei mir immer gesagt wird, ich würde zu wenig schreiben und Schwerpunkte zu oberflächlich behandeln. Mit meiner Vorgehensweise würde ich diese Probleme wahrscheinlich gar nicht verbessern. Wäre für Tipps echt dankbar. Möchte das Maximale aus der Arbeit mit den Klausuren und den Lösungen rausholen, aber weiß nicht wie.
Wenn du kannst, dann korrigiere die Klausuren von anderen (möglichst viele unterschiedliche, aber je besser desto besser). Das hat mir mit Abstand am besten gezeigt, was eine gute Klausur ausmacht (es sind vor allem klare Sprache, Maßstäbe bilden mit Definitionen und strukturierte Gedankenführung - das muss man aber einfach mal selber bei einer echten Klausur selber sehen).
Ansonsten mach dir eine Word-Datei, in der du alle angemerkten Fehler aus deinen Klausuren reinschreibst. Dadurch, dass du die Anmerkungen deiner Korrektoren zusammenfasst, verstehst du sie besser. Dadurch, dass du sie in eine Liste einträgst, kannst du sie später gebündelt überfliegen und vermeidest, dass du sie noch mal machst.
18.03.2024, 12:38
(18.03.2024, 00:50)Alyaly schrieb: Ich habe bereits das 1.Examen geschrieben und schreibe es nochmal. Hierbei möchte ich vorwiegend mit Klausuren lernen. Wie kann ich am meisten davon profitieren? Wie würdet ihr vorgehen, um zu lernen wie man zu richtig guten Lösungen kommt? Ich habe überlegt, Lösungsskizzen zu erstellen und dann mit den Musterlösungen abzugleichen und eine Tabelle zu führen mit den Anspruchsgrundlagen, Theorien usw..aber es erscheint mir nicht wirklich sinnig, ich habe nicht ein System dahinter. Vor allem weil bei mir immer gesagt wird, ich würde zu wenig schreiben und Schwerpunkte zu oberflächlich behandeln. Mit meiner Vorgehensweise würde ich diese Probleme wahrscheinlich gar nicht verbessern. Wäre für Tipps echt dankbar. Möchte das Maximale aus der Arbeit mit den Klausuren und den Lösungen rausholen, aber weiß nicht wie.
Wenn die Kritik ist, dass du zu wenig oder zu oberflächlich schreibst, dann kann es entweder am Wissen oder an der Klausur- und Argumentationstechnik liegen.
Ich würde zwei Klausuren pro Woche schreiben (unter Examensbedingungen ausformulieren und korrigieren lassen), z.B. ein privater Klausurenkurs und einen an der Uni parallel.
Ausführlich deine Lösung mit der Lösungsskizze abgleichen und schauen, ob du Probleme komplett übersehen hast (dann liegts eher am Wissen) oder fast alles gesehen hast, aber zu oberflächlich (dann liegts an der Argumentationstechnik).
Ein Tipp zur Argumentationstechnik, der mir in beiden Examina sehr geholfen hat: Wenn du das Problem erkannt hast, spule nicht auswendig gelerntes Wissen lehrbuchmäßig ab, sondern baue deine Argumente immer nach den verschiedenen Auslegungsmethoden auf.
Also nicht: Eine Ansicht sagt X, anderen Ansicht sagt Y, dritte Ansicht sagt Z.
Sondern: Der Wortlaut der Norm spricht für Antwort X. Systematik (zB Vergleich zu anderer Regelung) und Telos (was will die Norm? Was wäre wenn es sie nicht gäbe?) sprechen aber für Ansicht Y. Das überzeugt, weil...
18.03.2024, 16:20
Vielen Dank für eure Antworten.
Daran kann ich schon mal ansetzen. Für weitere Ratschläge wäre ich dankbar.
Ich habe auch vor, zwei Examensklausuren pro Woche auszuschreiben und abzugeben. Mir geht es also darum wie ich dann vernünftig davon profitieren kann.
Mir mangelt es überwiegend an Argumentationstechnik, wenn ich den letzten Beitrag richtig verstanden habe. Denn ich erkenne wohl viel, arbeite aber die Sachen dann mit größter Unsicherheit durch, dh auch materielles Wissen ist noch nicht verankert. Aber selbst wenn ich die Schwerpunkte erkenne, führe ich die sehr kurz und oberflächlich durch, also definitiv Argumentationstechnik.
Im Examen kam im Zivilrecht zB die gestörte Gesamtschuld..Kind war verletzt, sowohl Eltern als auch ein Dritter haben das verursacht. Ich habe dann jeweils die Positionen in 2-3 Sätzen abgehandelt, also: einerseits könnte die Haftungsprivilegierung der Eltern zulasten des Kindes gehen, sodass das Kind nur einen Teil von dem Dritten verlangen kann...Andererseits hat der Dritte Pech, dass er im Innenverhältnis nichts von den Eltern holen kann, das Kind dennoch alles von ihm verlangen kann..in 1-2 Sätzen mich entschieden und das wars...ich denke immer, ich habe damit doch das Wesentliche genannt, die Positionen sind klar, wenn ich weiter schreiben würde, würde ich mich ja nur wiederholen..die Anknüpfung ans Gesetz ist schon mal ein guter Anfang.
Daran kann ich schon mal ansetzen. Für weitere Ratschläge wäre ich dankbar.
Ich habe auch vor, zwei Examensklausuren pro Woche auszuschreiben und abzugeben. Mir geht es also darum wie ich dann vernünftig davon profitieren kann.
Mir mangelt es überwiegend an Argumentationstechnik, wenn ich den letzten Beitrag richtig verstanden habe. Denn ich erkenne wohl viel, arbeite aber die Sachen dann mit größter Unsicherheit durch, dh auch materielles Wissen ist noch nicht verankert. Aber selbst wenn ich die Schwerpunkte erkenne, führe ich die sehr kurz und oberflächlich durch, also definitiv Argumentationstechnik.
Im Examen kam im Zivilrecht zB die gestörte Gesamtschuld..Kind war verletzt, sowohl Eltern als auch ein Dritter haben das verursacht. Ich habe dann jeweils die Positionen in 2-3 Sätzen abgehandelt, also: einerseits könnte die Haftungsprivilegierung der Eltern zulasten des Kindes gehen, sodass das Kind nur einen Teil von dem Dritten verlangen kann...Andererseits hat der Dritte Pech, dass er im Innenverhältnis nichts von den Eltern holen kann, das Kind dennoch alles von ihm verlangen kann..in 1-2 Sätzen mich entschieden und das wars...ich denke immer, ich habe damit doch das Wesentliche genannt, die Positionen sind klar, wenn ich weiter schreiben würde, würde ich mich ja nur wiederholen..die Anknüpfung ans Gesetz ist schon mal ein guter Anfang.
19.03.2024, 09:07
Das Problem ist, dass man bei Probeklausuren oft keine gute Rückmeldung bekommt. Idealerweise fändest Du einen erfahrenen Korrektor, der Dir mündlich erklärt, was Du verbessern kannst, und das dann überprüft. Aber das ist schwierig bzw. teuer...
01.04.2024, 22:53
Vielen Dank, daran habe ich auch schon gedacht. Leider sind die Preise pro Korrektur bei 30€ aufwärts. Zumindest was ich gesehen habe. Und das ist bei mir finanziell nicht möglich.
Wenn ich die Musterlösungen auseinandernehme, wie gehe ich vor, insbesondere in Zivilrecht. Soll ich Schemata, Definitionen und Theorien rausschreiben und die dann nach Themen sortieren, also deliktsrecht etc...dann würde ich ja quasi nur immer die Bruchteile nehmen und sie zuordnen. Aber was kann ich aus dem Gesamtschau der Musterlösung mitnehmen? Alle enthaltenen Normen rausschreiben um zu sehen welche Normen oft in Kombination kommen bzw. welche Rechtsgebiete? Bringen mir diese Erkenntnisse, das Wissen etwas für andere Klausuren?
Ich würde gerne Schwerpunktsetzung, Überleitungen und Verortung von Problemen im Aufbau lernen.
Wenn ich die Musterlösungen auseinandernehme, wie gehe ich vor, insbesondere in Zivilrecht. Soll ich Schemata, Definitionen und Theorien rausschreiben und die dann nach Themen sortieren, also deliktsrecht etc...dann würde ich ja quasi nur immer die Bruchteile nehmen und sie zuordnen. Aber was kann ich aus dem Gesamtschau der Musterlösung mitnehmen? Alle enthaltenen Normen rausschreiben um zu sehen welche Normen oft in Kombination kommen bzw. welche Rechtsgebiete? Bringen mir diese Erkenntnisse, das Wissen etwas für andere Klausuren?
Ich würde gerne Schwerpunktsetzung, Überleitungen und Verortung von Problemen im Aufbau lernen.
23.04.2024, 16:48
Hi,
vorab: ich selber habe erst ein Examen, aber das lief ganz gut. Meine Vermutung (und ich korrigiere selber zumindest Probeexamina!), weshalb es gut lief, ist die folgende:
Ich habe viel in das Gesetz geschaut und damit gearbeitet. Klingt banal, aber das ist deine Aufgabe. Streits, Argumente und Schemata auswendig zu lernen, macht noch keinen guten Juristen. Letztlich sollst du zeigen, dass du nah an der Norm juristisch-gutachterlich argumentieren kannst, und zwar mit den klassischen juristischen Auslegungsmethoden im konkreten Sachverhalt. Sprich: Du hebst dich ab, wenn du nicht nur klassische Streitstände auskotzt, sondern selber den Anknüpfungspunkt für einen "Streit" herleitest, dann nach Wortlaut und Zweck auslegst und dich dann entscheidest. Deshalb abschließend mein Tipp: Lies super viel im Gesetz nach und schreibe/ skizziere Klausuren!
Viel Erfolg
vorab: ich selber habe erst ein Examen, aber das lief ganz gut. Meine Vermutung (und ich korrigiere selber zumindest Probeexamina!), weshalb es gut lief, ist die folgende:
Ich habe viel in das Gesetz geschaut und damit gearbeitet. Klingt banal, aber das ist deine Aufgabe. Streits, Argumente und Schemata auswendig zu lernen, macht noch keinen guten Juristen. Letztlich sollst du zeigen, dass du nah an der Norm juristisch-gutachterlich argumentieren kannst, und zwar mit den klassischen juristischen Auslegungsmethoden im konkreten Sachverhalt. Sprich: Du hebst dich ab, wenn du nicht nur klassische Streitstände auskotzt, sondern selber den Anknüpfungspunkt für einen "Streit" herleitest, dann nach Wortlaut und Zweck auslegst und dich dann entscheidest. Deshalb abschließend mein Tipp: Lies super viel im Gesetz nach und schreibe/ skizziere Klausuren!
Viel Erfolg