16.03.2024, 12:30
(16.03.2024, 11:27)nachdenklich schrieb: Analyse des AI Center of Excellence, Onit Inc. Auckland New Zealand über die aktuellen und zukünftigen Fähigkeiten von KI im Rechtsdienstleistungsbereich. Der Bericht wurde von Juristen, Legal-Engineers und Data Analysten verfasst.Es bleibt weiterhin dabei, der Anwaltsberuf war nie statisch. Anpassung an neue Technik und Gegebenheiten war und ist regelmäßig notwendig.
Diejenigen, die sich nicht anpassen werden, haben ein Problem. Für alle anderen werden sich neue Geschäftsmodelle ergeben.
Ich höre keinen BWLer darüber schreiben, dass im AI den Job wegnehmen wird. Die schreiben darüber, wie sie AI dazu nutzen können, um noch mehr Geld zu verdienen. Kein Aktienhändler jammert darüber, dass das AI übernehmen wird. Die reden darüber, wie sie mit AI noch besser traden können.
Nur die Juristen jammern darüber, dass ihnen AI den Job wegnehmen wird, weil ihr Horizont exakt hinter ihrem Schreibtisch aufhört und ihr Geschäftsmodell ist "Ich mache das, was ich gerade mache, immer weiter und dann gehe ich in Rente".
16.03.2024, 13:43
Zitat:Es bleibt weiterhin dabei, der Anwaltsberuf war nie statisch. Anpassung an neue Technik und Gegebenheiten war und ist regelmäßig notwendig.
Diejenigen, die sich nicht anpassen werden, haben ein Problem. Für alle anderen werden sich neue Geschäftsmodelle ergeben.
Ich höre keinen BWLer darüber schreiben, dass im AI den Job wegnehmen wird. Die schreiben darüber, wie sie AI dazu nutzen können, um noch mehr Geld zu verdienen. Kein Aktienhändler jammert darüber, dass das AI übernehmen wird. Die reden darüber, wie sie mit AI noch besser traden können.
Nur die Juristen jammern darüber, dass ihnen AI den Job wegnehmen wird, weil ihr Horizont exakt hinter ihrem Schreibtisch aufhört und ihr Geschäftsmodell ist "Ich mache das, was ich gerade mache, immer weiter und dann gehe ich in Rente".
Also ich kenne genügend BWLer - Wirtschaftsprüfer, Buchhalter etc. - die genau das befürchten. Wobei wir Juristen von unserer Kernkompetenz her eben noch näher an dem sind, was auch die Kernkompetenz der Chatprogramme ist.
Und ja, bisher ist es noch immer gut gegangen. Das Berufsbild hat sich geändert, ist aber nicht verschwunden. Das heißt aber doch nicht, dass es gesetzt ist, dass es diesmal auch so sein muss.
16.03.2024, 16:10
Gerade an den Börsen und in den Investmentbanken sind durch Computer doch sehr viele Jobs weggefallen.
16.03.2024, 17:12
(16.03.2024, 13:43)anfänger schrieb:Zitat:Es bleibt weiterhin dabei, der Anwaltsberuf war nie statisch. Anpassung an neue Technik und Gegebenheiten war und ist regelmäßig notwendig.
Diejenigen, die sich nicht anpassen werden, haben ein Problem. Für alle anderen werden sich neue Geschäftsmodelle ergeben.
Ich höre keinen BWLer darüber schreiben, dass im AI den Job wegnehmen wird. Die schreiben darüber, wie sie AI dazu nutzen können, um noch mehr Geld zu verdienen. Kein Aktienhändler jammert darüber, dass das AI übernehmen wird. Die reden darüber, wie sie mit AI noch besser traden können.
Nur die Juristen jammern darüber, dass ihnen AI den Job wegnehmen wird, weil ihr Horizont exakt hinter ihrem Schreibtisch aufhört und ihr Geschäftsmodell ist "Ich mache das, was ich gerade mache, immer weiter und dann gehe ich in Rente".
Also ich kenne genügend BWLer - Wirtschaftsprüfer, Buchhalter etc. - die genau das befürchten. Wobei wir Juristen von unserer Kernkompetenz her eben noch näher an dem sind, was auch die Kernkompetenz der Chatprogramme ist.
Und ja, bisher ist es noch immer gut gegangen. Das Berufsbild hat sich geändert, ist aber nicht verschwunden. Das heißt aber doch nicht, dass es gesetzt ist, dass es diesmal auch so sein muss.
Wer denkt, dass das die Kernkompetenzen und Haupttätigkeiten sind, hat wohl eher nur einen beschränkten Einblick, was die 200T+ Volljuristen in Deutschland so den Tag lang machen.
16.03.2024, 17:25
(16.03.2024, 16:10)Ommmmm schrieb: Gerade an den Börsen und in den Investmentbanken sind durch Computer doch sehr viele Jobs weggefallen.
Die Mitarbeiterzahl von Goldman Sachs ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Und darum geht es doch. Jobprofile verändern sich, man muss mit der Zeit gehen.
@1Ri: Volle Zustimmung. Viele hier scheinen die wirkliche Beratungsleistung des Anwalts nicht zu erkennen und denken, dass der Anwalt im Endeffekt nur eine bessere Google-Variante für den Mandanten ist.
16.03.2024, 20:04
@Patenter Gast/1Ri
Ich finde es etwas unverschämt mir zu unterstellen, dass ich keine Ahnung von der rechtsanwaltlichen Tätigkeit habe; ich bin ja schließlich selbst einer, wenn auch erst seit nicht all zu langer Zeit.
Genauso gut kann ich euch unterstellen, dass ihr die Fähigkeiten der KI nicht kennt, nach dem Motto, ist doch eh schon alles immer gut gegangen.
Ich sehe keinen grundsätzlichen Grund, warum ein ML-Chatbot nicht in der Lage sein sollte, die Rechtsberatung eines Anwalts zu ersetzen. Bessere Googlesuche, meinetwegen. Aber Google würde ja heute schon vielen Mandanten den gesuchten Rat geben. Es ist halt noch recht aufwendig und verlangt einen gewissen juristischen Sachverstand, welche Informationen man wie bewertet. Aber ein Jurachatbot wäre eventuell viel niedrigschwelliger und würde besser angenommen werden. Vielleicht auch nicht, wer weiß. Aber das alles pauschal abzutun als wäre es nur ein x-beliebiges Tool wirkt so als wäre der Wunsch der Vater des Gedanken. Es sind schließlich genügend Berufe durch den technischen Forschritt obsolet geworden. Warum sollte der Jurist davor gefeit sein.
Ich finde es etwas unverschämt mir zu unterstellen, dass ich keine Ahnung von der rechtsanwaltlichen Tätigkeit habe; ich bin ja schließlich selbst einer, wenn auch erst seit nicht all zu langer Zeit.
Genauso gut kann ich euch unterstellen, dass ihr die Fähigkeiten der KI nicht kennt, nach dem Motto, ist doch eh schon alles immer gut gegangen.
Ich sehe keinen grundsätzlichen Grund, warum ein ML-Chatbot nicht in der Lage sein sollte, die Rechtsberatung eines Anwalts zu ersetzen. Bessere Googlesuche, meinetwegen. Aber Google würde ja heute schon vielen Mandanten den gesuchten Rat geben. Es ist halt noch recht aufwendig und verlangt einen gewissen juristischen Sachverstand, welche Informationen man wie bewertet. Aber ein Jurachatbot wäre eventuell viel niedrigschwelliger und würde besser angenommen werden. Vielleicht auch nicht, wer weiß. Aber das alles pauschal abzutun als wäre es nur ein x-beliebiges Tool wirkt so als wäre der Wunsch der Vater des Gedanken. Es sind schließlich genügend Berufe durch den technischen Forschritt obsolet geworden. Warum sollte der Jurist davor gefeit sein.
16.03.2024, 22:32
Meine Mandanten kommen zu mir, weil sie meine Credibilität wollen und die Strategie/das Konzept, was ich für sie erarbeite. Es geht fast nie um eine einzelne Rechtsfrage. Darum kümmere ich mich dann und ja, ich werde in Zukunft dann auf AI zurückgreifen. Das wird es mir erlauben effizienter zu arbeiten.
Aber ich sehe es nicht kommen, das meine Mandanten inhouse diese Gespräche stattdessen mit einer Maschine führen wollen. Und ich glaube, der Hauptpunkt ist der Abgabe von Verantwortung. Wenn er mir die Probleme schickt, zahlt er mir Geld dafür, dass es dann meine Probleme sind. Würde er hingegen mit einem Chatbot eine Antwort suchen, wäre es weiterhin sein Problem.
Aber ich sehe es nicht kommen, das meine Mandanten inhouse diese Gespräche stattdessen mit einer Maschine führen wollen. Und ich glaube, der Hauptpunkt ist der Abgabe von Verantwortung. Wenn er mir die Probleme schickt, zahlt er mir Geld dafür, dass es dann meine Probleme sind. Würde er hingegen mit einem Chatbot eine Antwort suchen, wäre es weiterhin sein Problem.
18.03.2024, 12:50
(16.03.2024, 22:32)Patenter Gast schrieb: Meine Mandanten kommen zu mir, weil sie meine Credibilität wollen und die Strategie/das Konzept, was ich für sie erarbeite. Es geht fast nie um eine einzelne Rechtsfrage. Darum kümmere ich mich dann und ja, ich werde in Zukunft dann auf AI zurückgreifen. Das wird es mir erlauben effizienter zu arbeiten.
Aber ich sehe es nicht kommen, das meine Mandanten inhouse diese Gespräche stattdessen mit einer Maschine führen wollen. Und ich glaube, der Hauptpunkt ist der Abgabe von Verantwortung. Wenn er mir die Probleme schickt, zahlt er mir Geld dafür, dass es dann meine Probleme sind. Würde er hingegen mit einem Chatbot eine Antwort suchen, wäre es weiterhin sein Problem.
+1
Natürlich kann KI unglaublich vieles ersetzen, vor allem einfach gelagerte Fälle und alles was in irgendeiner Weise mit der Produktion von Texten verbunden ist.
Meines Erachtens gibt es zwei Punkte, mit denen man sich von einer KI (egal wie gut sie wird) immer abheben kann und sie niemals ersetzen wird:
1. Persönlicher Kontakt
Eine Vergewaltigungsopfer oder jemand der sich Scheiden lässt sucht einen RA nicht nur zur Klärung einer Rechtsfrage auf, sondern zur persönlichen (!) Betreuung eines Problems. Da geht es um so viel mehr als reine Rechtsfragen und das wird keine KI der Welt ersetzen können.
2. Strategische Planung (s. den Post von Patenter Gast)
Gerade im Wirtschaftsrecht kommt kein Mandant wegen einer einzigen Rechtsfrage. Beispiel Arbeits- und Gesellschaftsrecht: Der Vorstand einer AG möchte verschiedene Aspekte in seinem Unternehmen mit einer Restrukturierung optimieren. Insbesondere die Mitbestimmungsstrukturen entschlacken. Zudem macht der Betriebsrat am Standort X Probleme. Die Gesellschaftsstruktur soll aber auch steuerlich optimiert werden und zudem den Interessen des amerikanischen Investors hinsichtlich grenzüberschreitender Fragen entsprechen.
Solche Sachverhalte sind wahnsinnig Komplex und bedürfen strategischer Planung, die eine KI (bisher) noch nicht leisten kann. Auch hier gibt es wieder Faktoren, die schwer als Daten für deren Entscheidungsfindung eingegeben werden können. Wie beschreibe ich, dass der Betriebsratsvorsitzende der Niederlassung Y einen persönlichen Disput mit dem dortigen Bezirks-GF hat und deshalb alle mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen blockiert? Wie kann ich das im Rahmen der Umstrukturierung berücksichtigen?
Ich stimme den Vorrednern zu: Dieses typische Geschrei, dass 80% der Jobs in X Jahren ersetzt werden stimmt einfach nicht. Es stimmt nur für diejenigen, die sich nicht anpassen und KI zu ihren Gunsten einsetzen.
18.03.2024, 15:18
1. Ich glaube, viele überschätzen hier ihre eigenen "Beratungsleistungen", gerade vor dem Hintergrund, dass die wirkliche Beratungsleistung einiges an Berufserfahrung voraussetzt (Ich meine hier nicht: A beschädigt B Rohr bei Tiefbauarbeiten. Soll ich direkt Klage erheben oder erst selbstständiges Beweisverfahren einleiten?). Des Weiteren werden die LLM-Maschinen permanent auch mit Lehrbüchern und sonstigem Material zu Strategie/Verhandlung usw gefüttert. Auch das sog. "Reverseprompting" rückt verstärkt in den Fokus der Tech-Unternehmen, also die Fähigkeit des LLM-Programms, gezielt Nachfragen zu stellen, um den zugrunde liegenden Sachverhalt möglichst umfassend für die zu beantwortende Rechtsfrage zu erschließen. Es gibt da ein sehr interessanten Beitrag des Dekans der (ich glaube) Florida Law School.
2. Ich habe hier im Forum auch schon die Interviews mit dem Head of Legal EY Law verlinkt, in denen dieser auf die zukünftigen disruptiven Auswirkungen für die Rechtsdienstleistungsbranche eingeht und von einem zukünftig deutlich reduzierten Beratungsbedarf ausgeht. Das gilt natürlich gerade für Sozietäten, die ihre Stundensätze mit Vertrags oder Schriftsatzentwürfen bzw. Dokumentenüberprüfung gekloppt haben. Der Artikel im Anwaltsspiegel ist hier ebenfalls bekannt.
3. Auf die Podcasts mit einer Partnerin von AO bzw einen RA von OC habe ich hier auch hingewiesen. Vor allem der Podcast mit der AO-Partnerin fand ich interessant, weil sie die Probleme der Zukunft in derartigen Kanzleien umreißt: Die Associate-Arbeit wird nicht bzw. kaum mehr billable sein. Das führt insb. zu zwei Problemen: a) hat der Associate wenig Lernmaterialen. Die Partnerin hebt hervor, wie sie ihr Judiz bzw. ihr Problembewusstsein damals noch durch das eigene erstellen/aufsetzen/überprüfen von Dokumenten, Schriftsätzen und Verträgen erworben bzw. sensibilisiert hat. Das wird wegfallen, weil die Maschine nur das Ergebnis rausspuckt (zumindest nach aktuellem Stand). Ferner wird b) der Associate in Zukunft eine deutlich größere "wirtschaftliche" Investition für die Kanzlei (mangels Billablefähigkeit seiner Arbeit) und muss stärker "auf dem Schoß des Partners" sitzen, um die eigentliche Entscheidungs-/Beratungsfähigkeit zu erlernen. Das ist aber eine stärkere "Mehrbelastung". Insgesamt werden dadurch weniger Associates gebraucht. Dieses Interview deckt sich i.Ü. mit einem weiteren Artikel des Anwaltsspiegels, in dem eine RAin mit dem Schwerpunkt "Dispute Resolutions" nach dem Branchentreffen in Paris (Nov 2023) hervorgehoben hat, gut trainierte LLM Programme führen dazu, dass Associates nur in deutlich reduzierter Zahl benötigt werden und man sogar Stellen in Unternehmen und Kanzleien abbauen könne. Auf diesem Branchentreffen wurde ein derartiger Chatbot präsentiert und gezeigt, wie schnell und akkurat er Schriftsatz- und Vertragsentwürfe, Klauselüberprüfung und Rechercheaufgaben erledigen kann. Wichtig wäre allein, die richtigen Prompts zu stellen (so wurde als Bspw genannt: "löse diesen Fall nur unter Beachtung der Rechtsprechung von 2011-2022", da der Bot sonst auch Rechtsprechung von bspw. 1970 für die Falllösung verwenden würde).
4. Vieles wird davon abhängen, ob - wie in den USA - Beck-Online und Co ihren Wissensschatz mit einem LLM-Programm verbinden werden. Dies wird eine wirtschaftliche Frage sein. Juris und Wolters Kluwer scheinen jedenfalls eher in die Richtung zu tendieren, Literatur und Rechtsprechung durch einen frei zugänglichen Chatbot der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen. Bezahlen wird man mit dann mit den Daten. Zumindest wurde dies in einem anderen Thread eingebracht und WoltersKluwer bietet aktuell auch einen Chatbot, der alle Urteile in verständlicher Form zusammenfasst.
5. Jura ist natürlich einer der Branchen, die am härtesten von KI getroffen werden. Juristen arbeiten mit viel und oft komplizierten Texten; allein das Verstehen und Aufbereiten hat enorm viel Zeit und auch "Hirnleistung" abverlangt. Der "Schlüssel" des Wissens ist aber in Zukunft kaum was wert. Natürlich wird es immer Anwälte geben und natürlich wird gerade die eigentliche strategische Beratung in den Vordergrund gezogen. Allerdings - und das ist meine Überzeugung - werden zukünftig DEUTLICH weniger Juristen jeglicher Couleur (Volljurist, Wirtschaftsjurist, Diplomjurist usw) gebraucht, als heute bzw. in der Vergangenheit. Wenn nur 10-20 % weniger Juristen zukünftig gebraucht werden (und ich gehe eigentlich davon aus, dass der Bedarf noch deutlich niedriger sein wird), dann gibt es ein "Blutbad" auf dem Arbeitsmarkt. Wir sind nicht in der Gebäudereinigung oder beim Heizungshandwerker, wo wirklich "händeringend" Fachkräfte benötigt werden. Das sollte jedem klar sein. Außerdem dürften diejenigen, die schon "fest" im Sattel sitzen naturgemäß nicht die selben Auswirkungen erfahren, als bspw die Welle an Neueinsteigern in den zukünftigen Jahren.
6. Ferner wird es naturgemäß Unterschiede in den Rechtsbereichen geben. Familien-/Erbrecht oder Strafrecht werden mit Sicherheit nicht gleichen Auswirkungen spüren, wie bspw Kanzleien im allg. Wirtschaftsrecht (oder noch "schlimmer": Kanzleien im B2C Bereich). Hier ist die Vertrauensbasis und der persönliche Kontakt von herausragender Wichtigkeit.
7. Ich glaube ebenfalls, dass eine Vielzahl hier die exponentielle Forschungsentwicklung von KI und deren Auswirkungen nicht realisiert. Ich meine damit i.Ü. nicht nur für Juristen, das gilt für die Gesellschaft und ihre tragenden Säulen (Demokratie und Sozialstaat) im Allgemeinen.
2. Ich habe hier im Forum auch schon die Interviews mit dem Head of Legal EY Law verlinkt, in denen dieser auf die zukünftigen disruptiven Auswirkungen für die Rechtsdienstleistungsbranche eingeht und von einem zukünftig deutlich reduzierten Beratungsbedarf ausgeht. Das gilt natürlich gerade für Sozietäten, die ihre Stundensätze mit Vertrags oder Schriftsatzentwürfen bzw. Dokumentenüberprüfung gekloppt haben. Der Artikel im Anwaltsspiegel ist hier ebenfalls bekannt.
3. Auf die Podcasts mit einer Partnerin von AO bzw einen RA von OC habe ich hier auch hingewiesen. Vor allem der Podcast mit der AO-Partnerin fand ich interessant, weil sie die Probleme der Zukunft in derartigen Kanzleien umreißt: Die Associate-Arbeit wird nicht bzw. kaum mehr billable sein. Das führt insb. zu zwei Problemen: a) hat der Associate wenig Lernmaterialen. Die Partnerin hebt hervor, wie sie ihr Judiz bzw. ihr Problembewusstsein damals noch durch das eigene erstellen/aufsetzen/überprüfen von Dokumenten, Schriftsätzen und Verträgen erworben bzw. sensibilisiert hat. Das wird wegfallen, weil die Maschine nur das Ergebnis rausspuckt (zumindest nach aktuellem Stand). Ferner wird b) der Associate in Zukunft eine deutlich größere "wirtschaftliche" Investition für die Kanzlei (mangels Billablefähigkeit seiner Arbeit) und muss stärker "auf dem Schoß des Partners" sitzen, um die eigentliche Entscheidungs-/Beratungsfähigkeit zu erlernen. Das ist aber eine stärkere "Mehrbelastung". Insgesamt werden dadurch weniger Associates gebraucht. Dieses Interview deckt sich i.Ü. mit einem weiteren Artikel des Anwaltsspiegels, in dem eine RAin mit dem Schwerpunkt "Dispute Resolutions" nach dem Branchentreffen in Paris (Nov 2023) hervorgehoben hat, gut trainierte LLM Programme führen dazu, dass Associates nur in deutlich reduzierter Zahl benötigt werden und man sogar Stellen in Unternehmen und Kanzleien abbauen könne. Auf diesem Branchentreffen wurde ein derartiger Chatbot präsentiert und gezeigt, wie schnell und akkurat er Schriftsatz- und Vertragsentwürfe, Klauselüberprüfung und Rechercheaufgaben erledigen kann. Wichtig wäre allein, die richtigen Prompts zu stellen (so wurde als Bspw genannt: "löse diesen Fall nur unter Beachtung der Rechtsprechung von 2011-2022", da der Bot sonst auch Rechtsprechung von bspw. 1970 für die Falllösung verwenden würde).
4. Vieles wird davon abhängen, ob - wie in den USA - Beck-Online und Co ihren Wissensschatz mit einem LLM-Programm verbinden werden. Dies wird eine wirtschaftliche Frage sein. Juris und Wolters Kluwer scheinen jedenfalls eher in die Richtung zu tendieren, Literatur und Rechtsprechung durch einen frei zugänglichen Chatbot der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen. Bezahlen wird man mit dann mit den Daten. Zumindest wurde dies in einem anderen Thread eingebracht und WoltersKluwer bietet aktuell auch einen Chatbot, der alle Urteile in verständlicher Form zusammenfasst.
5. Jura ist natürlich einer der Branchen, die am härtesten von KI getroffen werden. Juristen arbeiten mit viel und oft komplizierten Texten; allein das Verstehen und Aufbereiten hat enorm viel Zeit und auch "Hirnleistung" abverlangt. Der "Schlüssel" des Wissens ist aber in Zukunft kaum was wert. Natürlich wird es immer Anwälte geben und natürlich wird gerade die eigentliche strategische Beratung in den Vordergrund gezogen. Allerdings - und das ist meine Überzeugung - werden zukünftig DEUTLICH weniger Juristen jeglicher Couleur (Volljurist, Wirtschaftsjurist, Diplomjurist usw) gebraucht, als heute bzw. in der Vergangenheit. Wenn nur 10-20 % weniger Juristen zukünftig gebraucht werden (und ich gehe eigentlich davon aus, dass der Bedarf noch deutlich niedriger sein wird), dann gibt es ein "Blutbad" auf dem Arbeitsmarkt. Wir sind nicht in der Gebäudereinigung oder beim Heizungshandwerker, wo wirklich "händeringend" Fachkräfte benötigt werden. Das sollte jedem klar sein. Außerdem dürften diejenigen, die schon "fest" im Sattel sitzen naturgemäß nicht die selben Auswirkungen erfahren, als bspw die Welle an Neueinsteigern in den zukünftigen Jahren.
6. Ferner wird es naturgemäß Unterschiede in den Rechtsbereichen geben. Familien-/Erbrecht oder Strafrecht werden mit Sicherheit nicht gleichen Auswirkungen spüren, wie bspw Kanzleien im allg. Wirtschaftsrecht (oder noch "schlimmer": Kanzleien im B2C Bereich). Hier ist die Vertrauensbasis und der persönliche Kontakt von herausragender Wichtigkeit.
7. Ich glaube ebenfalls, dass eine Vielzahl hier die exponentielle Forschungsentwicklung von KI und deren Auswirkungen nicht realisiert. Ich meine damit i.Ü. nicht nur für Juristen, das gilt für die Gesellschaft und ihre tragenden Säulen (Demokratie und Sozialstaat) im Allgemeinen.
18.03.2024, 16:37
Wtf... das ist doch krank