04.01.2024, 10:47
(04.01.2024, 10:12)Paul Klee schrieb: Ein Problem der juristischen Ausbildung.
Sie ist darauf ausgerichtet, dass man sich jahrelang für die beiden Examina aufopfert, in der Vorstellung dass danach paradiesische Zustände auf einen warten, wenn nur die magischen Notengrenzen erreicht sind.
Tatsächlich ist man dann aber nur ein (gut ausgebildeter) Absolvent unter vielen. Und die Arbeitswelt hat ganz andere Herausforderungen, als gut Klausuren lösen zu können. Wenn du Karriere machen willst musst du dafür viel investieren, wenn du eine gute work life Balance haben willst eben anderswo Abstriche machen. Das ist aber nicht nur bei Juristen, sondern bei allen Berufen so.
Zum Teil richtig. Ja die juristische Ausbildung trägt ihren Teil bei, in der man sich aufopfert, um möglichst zum juristischen Allrounder zu werden, lernt eine Ansammlung komplexer Probleme in knapper Zeit zu lösen...
Und dann trifft man auf die Realität der Gestalt, dass man zwar nicht auf 'paradiesische Zustände' hofft oder denkt, dass einem die Welt zur Füßen liegt (wobei ich sagen muss, auch das ist nicht das Problem, Zusagen gab es dank entsprechenden Profil zuhauf), sondern dass man einerseits in der Lage ist eine Leistung auf die Bahn zu bringen, die in den meisten Jobs nicht abgerufen wird oder aber den Deal eingehen kann, direkt nur noch für den Beruf zu leben. Abstriche zu machen ist selbstverständlich, man muss Prioritäten setzen. Für mich ist das Gehalt zb auch eher zweitrangig und von der Arbeitszeit schreckt mich erstmal nur die GK ab, nur wo ist der Beruf wo ich gefordert werde und trotzdem irgendwann Feierabend habe, ganz ohne Sinnkrise oder Langeweile. In dem man nicht entweder Jahre seiner Ausbildung umsonst gemacht hat und unterfordert ist bzw sich täglich nach Sinn und Unsinn des eigenen Schaffens fragt und wegen diesem Anspruch trotzdem nicht direkt sein Privatleben opfern muss.
04.01.2024, 12:00
(04.01.2024, 10:47)Almöhi schrieb:(04.01.2024, 10:12)Paul Klee schrieb: Ein Problem der juristischen Ausbildung.
Sie ist darauf ausgerichtet, dass man sich jahrelang für die beiden Examina aufopfert, in der Vorstellung dass danach paradiesische Zustände auf einen warten, wenn nur die magischen Notengrenzen erreicht sind.
Tatsächlich ist man dann aber nur ein (gut ausgebildeter) Absolvent unter vielen. Und die Arbeitswelt hat ganz andere Herausforderungen, als gut Klausuren lösen zu können. Wenn du Karriere machen willst musst du dafür viel investieren, wenn du eine gute work life Balance haben willst eben anderswo Abstriche machen. Das ist aber nicht nur bei Juristen, sondern bei allen Berufen so.
Zum Teil richtig. Ja die juristische Ausbildung trägt ihren Teil bei, in der man sich aufopfert, um möglichst zum juristischen Allrounder zu werden, lernt eine Ansammlung komplexer Probleme in knapper Zeit zu lösen...
Und dann trifft man auf die Realität der Gestalt, dass man zwar nicht auf 'paradiesische Zustände' hofft oder denkt, dass einem die Welt zur Füßen liegt (wobei ich sagen muss, auch das ist nicht das Problem, Zusagen gab es dank entsprechenden Profil zuhauf), sondern dass man einerseits in der Lage ist eine Leistung auf die Bahn zu bringen, die in den meisten Jobs nicht abgerufen wird oder aber den Deal eingehen kann, direkt nur noch für den Beruf zu leben. Abstriche zu machen ist selbstverständlich, man muss Prioritäten setzen. Für mich ist das Gehalt zb auch eher zweitrangig und von der Arbeitszeit schreckt mich erstmal nur die GK ab, nur wo ist der Beruf wo ich gefordert werde und trotzdem irgendwann Feierabend habe, ganz ohne Sinnkrise oder Langeweile. In dem man nicht entweder Jahre seiner Ausbildung umsonst gemacht hat und unterfordert ist bzw sich täglich nach Sinn und Unsinn des eigenen Schaffens fragt und wegen diesem Anspruch trotzdem nicht direkt sein Privatleben opfern muss.
Justiz
04.01.2024, 12:42
M. E. ist das größte Problem, dass man weiß, dass einem 2x VB "alles" an Jobs bringt. Und so wird die eigene Kreativität und Initiative bis nach dem 2. StEx getötet.
Klar, einige machen vorher schon etwas beruflich, aber die meisten sind im Energiesparmodus, bis sie mindestens 25, eher 27, 28 Jahre alt sind.
Und das Schlimme ist auch, dass Idioten mit guten Noten um ein Vielfaches einfacher an Jobs kommen als gute Leute mit mittleren Noten.
Klar, einige machen vorher schon etwas beruflich, aber die meisten sind im Energiesparmodus, bis sie mindestens 25, eher 27, 28 Jahre alt sind.
Und das Schlimme ist auch, dass Idioten mit guten Noten um ein Vielfaches einfacher an Jobs kommen als gute Leute mit mittleren Noten.
04.01.2024, 12:51
(04.01.2024, 00:16)VanGeulen schrieb: Oft bereue ich es einfach, Jura studiert zu haben. Dann doch lieber Ingenieur sein. Normale Arbeitszeiten bei adäquatem Gehalt. Jederzeit als Expat ins Ausland gehen können. Normale Freunde haben. Einfach normal leben.
Du findest Jurist in einem Unternehmen doof, aber würdest gerne als Ingenieur in einem Unternehmen arbeiten wollen? Also da beißt sich die Katze selbst in den Schwanz. Geh als Jurist ins Unternehmen, da hast du normale Arbeitszeiten bei einem adäquaten Gehalt. Und nach ein paar Jahren kannst du auch als Expat ins Ausland, weil du dann sowieso fachfremd irgendein Team oder Abteilung leitest und das im Ausland genauso geht. Das gilt übrigens genauso für den Ingenieur. Die wenigsten Expants sind irgendwelche einfachen Ingenieur, die durch die Welt geschickt werden. Das ist fast immer Führungspersonal.
04.01.2024, 13:19
(04.01.2024, 12:00)JuraLiebhaber schrieb:(04.01.2024, 10:47)Almöhi schrieb: [...]
Justiz
Hier zitiere ich mal den Threadersteller:
Zitat:Natürlich kann man auch ans AG und in Verkehrsunfällen und Omis Grenzabstand seine Lebensaufgabe sehen.
'Die' Justiz ist sicher eine Überlegung wert, auf der haben Seite stehen die juristische Tätigkeit und richterliche Unabhängigkeit.
Man sieht aber auch die teilweise unterirdischen Arbeitsbedingungen, die Proberichter Zeit, in der man wie in der Schule wieder regelmäßig beurteilt wird und sich mit unprofessionellen Zwischenfällen rumschlagen darf, wie man in diesem Forum des Öfteren davon liest, die Frage nach dem Rechtsgebiet (wie juristisch ist Strafrecht?), Bagatellfälle...ich belasse es auszugsweise dabei, diese Frage ist hier in eigenen Threads schon ausreichend diskutiert worden.
Und wenn man nun kein absoluter Beginner mehr ist, sondern eine Arbeit hat, die bis auf die hinreichende Forderung, auch ihre Vorzüge hat, fällt die Frage nach einem Wechsel wenig eindeutig aus.
04.01.2024, 13:24
Ich bin zwar noch im Referendariat, sehe es aber auch so. Insbesondere auch das Problem der Bindung an Deutschland. Habe zwar so gut wie möglich auch Auslandsstudium mitgenommen, aber letztlich muss man zugeben, dass man insbesondere nach dem 2. StEx auf 3 Dinge vorbereitet ist: Justiz, RA oder Behörde.
Man hat dieses wahnsinnige Wissen, aber gleichzeitig ist man doch eingeschränkt. Schwierig finde ich auch, mich davon loszulösen, zu sagen: jetzt habe ich mich schon durchs Ref gequält (wenn ich dann mal durch bin), dann muss ich das auch nutzen, sonst hätte ich mir den ganzen Scheiß auch sparen können...
Im Nachhinein hätte ich sogar fast lieber ne Ausbildung gemacht und was sinnvolles wie Handwerker oder so gelernt. Die arbeiten zwar auch viel, aber flexibler ist man trotzdem in seinen Möglichkeiten...
Gebe meinem Vorredner Recht, dass insbesondere im Referendariat alles totgemacht wird, was man vorher vielleicht noch an Ideen hatte, was man mit seinem Abschluss noch alles anfangen könnte.
Man hat dieses wahnsinnige Wissen, aber gleichzeitig ist man doch eingeschränkt. Schwierig finde ich auch, mich davon loszulösen, zu sagen: jetzt habe ich mich schon durchs Ref gequält (wenn ich dann mal durch bin), dann muss ich das auch nutzen, sonst hätte ich mir den ganzen Scheiß auch sparen können...
Im Nachhinein hätte ich sogar fast lieber ne Ausbildung gemacht und was sinnvolles wie Handwerker oder so gelernt. Die arbeiten zwar auch viel, aber flexibler ist man trotzdem in seinen Möglichkeiten...
Gebe meinem Vorredner Recht, dass insbesondere im Referendariat alles totgemacht wird, was man vorher vielleicht noch an Ideen hatte, was man mit seinem Abschluss noch alles anfangen könnte.
04.01.2024, 13:44
(04.01.2024, 10:12)Paul Klee schrieb: Ein Problem der juristischen Ausbildung.
Sie ist darauf ausgerichtet, dass man sich jahrelang für die beiden Examina aufopfert, in der Vorstellung dass danach paradiesische Zustände auf einen warten, wenn nur die magischen Notengrenzen erreicht sind.
Das ist glaube ich das grosse Problem! Letztlich landet man dann aber in den meisten Fällen in einem Büro und muss Papierkram machen. Das hätte man aber auch vorher ahnen können ;-) Diese Phase der Ernüchterung hatten wahrscheinlich die meisten schon oder sie lernen sie noch kennen. Man muss sich einfach mal „erden“ und realisieren, dass die grosse Erfüllung nicht (alleine) im Job zu finden ist. Ich mache meinen Richterjob gerne, aber auch der ist mit viel Routine und Standardfällen verbunden. Zeigt mir einen juristischen Beruf, wo das nicht der Fall ist! Wenn man dann mal Familie hat, ändert sich häufig die Perspektive und man schraubt seine Erwartungen an den Beruf und was dieser einem „bieten“ muss auf Normalmass zurück.
04.01.2024, 13:53
Ich kann nur für mich sprechen: Ich suche meine Erfüllung nicht ausschließlich im Beruf, ich wollte nur ursprünglich diese 40-50 Std, dem ich diesen pro Woche und damit einen großen Teil meiner Zeit widme, als einigermaßen sinnstiftend und damit befriedigend erleben und nicht das Gefühl haben, dass das meiste, das man kann, brach liegt.
Aber irgendwie auch beruhigend, wenn es eine Frage der Zeit sein sollte, dass man mit den Umständen nach zwei anstrengenden Examina seinen Frieden schließen und zufrieden werden kann.
Aber irgendwie auch beruhigend, wenn es eine Frage der Zeit sein sollte, dass man mit den Umständen nach zwei anstrengenden Examina seinen Frieden schließen und zufrieden werden kann.
04.01.2024, 14:15
(04.01.2024, 13:53)Almöhi schrieb: Ich kann nur für mich sprechen: Ich suche meine Erfüllung nicht ausschließlich im Beruf, ich wollte nur ursprünglich diese 40-50 Std, dem ich diesen pro Woche und damit einen großen Teil meiner Zeit widme, als einigermaßen sinnstiftend und damit befriedigend erleben und nicht das Gefühl haben, dass das meiste, das man kann, brach liegt.
Aber irgendwie auch beruhigend, wenn es eine Frage der Zeit sein sollte, dass man mit den Umständen nach zwei anstrengenden Examina seinen Frieden schließen und zufrieden werden kann.
Zum letzten Absatz: Ja klar.
Ich kenne sehr viele Leute, die in die GK gehen „mussten“ und während dieser Zeit geerdet wurden. Es muss nicht das Haus am See sein oder der Ferrari in der Einfahrt.
Da war es für Viele wertvoller, gesund zu sein, die Jugendliebe heiraten zu können und insgesamt mit sich zufrieden zu sein - ohne neidenden Blick nach Links oder Rechts.
04.01.2024, 14:27
(04.01.2024, 14:15)Joko schrieb:(04.01.2024, 13:53)Almöhi schrieb: Ich kann nur für mich sprechen: Ich suche meine Erfüllung nicht ausschließlich im Beruf, ich wollte nur ursprünglich diese 40-50 Std, dem ich diesen pro Woche und damit einen großen Teil meiner Zeit widme, als einigermaßen sinnstiftend und damit befriedigend erleben und nicht das Gefühl haben, dass das meiste, das man kann, brach liegt.
Aber irgendwie auch beruhigend, wenn es eine Frage der Zeit sein sollte, dass man mit den Umständen nach zwei anstrengenden Examina seinen Frieden schließen und zufrieden werden kann.
Zum letzten Absatz: Ja klar.
Ich kenne sehr viele Leute, die in die GK gehen „mussten“ und während dieser Zeit geerdet wurden. Es muss nicht das Haus am See sein oder der Ferrari in der Einfahrt.
Da war es für Viele wertvoller, gesund zu sein, die Jugendliebe heiraten zu können und insgesamt mit sich zufrieden zu sein - ohne neidenden Blick nach Links oder Rechts.
Nun ja nur dass es in diesem Thread eher nicht um die Illusion von Sinn durch Materialismus, Prestige oä ging oder darum damit Defizite im Privatleben auszugleichen, sondern schlicht darum nicht 40 std die Woche darüber stolpern zu müssen, wie wenig kongruent sich die Forderung in Ausbildung zu denjenigen des Berufs verhält. Das erfüllteste Privatleben kompensiert zumindest in meinem Fall leider nicht den Mangel an Sinn/ Herausforderung im Beruf. Aber ich glaube, da dreht man sich ab jetzt im Kreis.