23.11.2023, 16:19
(23.11.2023, 15:18)A_Ghast schrieb: Ich glaube nicht die Kompetenzen der Tools an sich werden das Problem sein, sondern
1. die Verlässlichkeit: solange hallucinations nicht zuverlässig ein Ende bereitet wird, ist ein vollständiger Review unabdingbar (ist er sowieso, aber aktuell käme man damit nicht weit, während das in der Zukunft für die Schludrigeren unserer Zunft wohl möglich wäre)
2. die Auffindbarkeit: es gibt jetzt schon 1000 tolle Tools, die aber keiner nutzt, weil keiner von ihrer Existenz weiß. MS Office ist so weit verbreitet, weil es alles halbwegs kompetent kann. Es mag Tools geben, die dieses oder jenes besser können, aber die kennt halt keine Sau und niemand will 500 Tools für eine Funktion benutzen.
3. die Verfügbarkeit: die wirklich kompetenten KI-Tools werden eher früher als später hinter einer Paywall verschwinden (nach dem OpenAI-Drama der letzten Tage eher sehr viel früher, weil m.W. haben die Kommerzialisierungsbefürworter gewonnen).
4. die Bedienung: auch eine KI kann in den nächsten Jahren noch keine Gedanken lesen. Präzisen Input kann kein Mandant geben, das wissen Anwälte jetzt schon. Bis KI aber in der Lage ist, von einem Mandanten Details herauszufinden, was er eigentlich will und was ihm wichtig ist (und idealerweise BEVOR der Vertrag/die Klageschrift/das Testament etc. entworfen ist), werden aber noch einige Jahre vergehen.
Ich habe mich die letzten Wochen durch diverse deutsche und englische (Fach-)Artikel gelesen und gbt auch selbst ausprobiert. Einen interessanten Artikel hat die Harvard Law school publiziert. Der Autor hat mit Beispielen veranschaulicht, wie mit der richtigen "Benutzung" (also insbesondere den richtigen Fragestellungen), gbt schon aktuell vielfältig eingesetzt werden kann (wirklich erstaunlich...auch was juristische Risikoanalyse angeht, also auch das Antizipieren von juristischen oder auch wirtschaftlichen Risiken). Der Autor kommt zum Ergebnis, dass wir eine "Industrialisierung" des Rechts durchlaufen werden. Es wird einfach und kostengünstig -also praktisch standardisiert - möglich sein, bspw. auf diversen Ebenen Verträge einzusetzen, die höchster juristischer Fachexpertise gerecht werden. Seiner Meinung nach werden zwar auch Jobs im Rechtsdienstleistungsbereich entstehen, aber - zumindest mittelfristig - mehr Jobs obsolet werden. Gleichzeitig geht er davon aus, dass die neuen gbt Versionen noch deutlich präziser arbeiten werden und wir hier ein exponentielles Wachstum erwarten dürfen. In anderen Artikeln wird darauf hingewiesen, dass die Entwicklung in diesem Bereich u.a. deshalb so rasant sei, da alle Big-Tech-Player massiv Geld investieren und die Inanspruchnahme von Rechtsdienstleistungen für viele Unternehmen einen hohen Kostenfaktor darstellen.
Ein anderer Artikel aus Deutschland kommt zu einem ähnlichen Raisonnement; sieht hier allerdings insbesondere Beck und Juris mit ihren digitalisierten Datenbanken (Kommentare, Urteile, Fachaufsätze usw) in exponierter Position. Noch hat K.I. in DE hierauf keinen Zugriff. Entweder werden Beck und Co mit bekannten K.I.-Unternehmen zusammenarbeiten, oder etwas eigenes entwerfen. Es ist nur eine Frage der Zeit.
23.11.2023, 17:03
Na denne, ich schreib mich schonmal für die Umschulung ein. Uns braucht man ja bald nicht mehr.
23.11.2023, 17:10
(23.11.2023, 17:03)JaM1e schrieb: Na denne, ich schreib mich schonmal für die Umschulung ein. Uns braucht man ja bald nicht mehr.
Es werden noch Juristen gebraucht, wohl aber nicht mehr so viele. Es wird einfach mehr Konkurrenzkampf geben. Gab es in den 90ern und 00ern ja auch. Interessant wird es v.a. für diejenigen Studenten, die sich jetzt für die Aufnahme eines Jurastudiums entscheiden bzwl vllt erst im 2. oder 3. Semester sind. In 5-7 Jahren kann der Arbeitsmarkt schon ganz anders ausschauen. Vielleicht reagieren die Bildungsministerien rechtzeitig und "aktualisieren" das Studium (Fokus weniger auf Erlernen von Wissen, sondern Legal desgin/ legal prompting)?
Es wird natürlich auch darauf ankommen, in welchem Rechtsbereich und bestimmt auch in welcher Kanzleistruktur/-größe bzw Unternehmen man arbeitet. Alles wird mit Sicherheit nicht in gleicher Weise und Schnelligkeit betroffen sein. Aber wenn ich meine Anwaltsstation heranziehe: lokaler Platzhirsch, breit aufgestellt und berät lokale KMUs und auch Gemeinden bspw im GesellR/ArbeitR/VergabeR/MietR. Studensätze 280-300 €. Viel Vertragsgestaltung und Erstellen von Gutachten. Ich glaube schon, dass solche Kanzleien zumindest mittelfristig ihre Strategie ändern werden müssen.
23.11.2023, 19:00
Ich habe am Montag in unserem IT-Ausschuss erfahren, dass wir im Unternehmen dabei sind, ein ChatGPT-Äquivalent zu programmieren, dass zum einen das www abbilden soll, aber zusätzlich mit internen Informationen gefüttert wird, die nicht nach extern gelangen.
Angst hat bei uns weiterhin keiner.
Angst hat bei uns weiterhin keiner.
23.11.2023, 19:21
Langjährige Fachkräfte brauchen auch nicht besorgt zu sein. Es dürfte eher (schleichend) Absolventen der nächsten Quartale treffen. Aufgrund aktueller wirtschaftlicher Schwierigkeiten kann ich mir auch gut vorstellen, dass Unternehmen die Kostenoptimierung gerade im Rechtsbereich vorantreiben möchten. Aber wie gesagt, mMn trifft dies nicht die aktuell besetzten Stellen. Es bedarf ja zur Kontrolle und Absegnung noch der Juristen (noch! ;-)).
23.11.2023, 21:52
Allein, dass du es "gbt" nennst, lässt erahnen wie intensiv du dich damit SELBST auseinander gesetzt hast.
23.11.2023, 22:12
(23.11.2023, 19:00)Egal schrieb: Ich habe am Montag in unserem IT-Ausschuss erfahren, dass wir im Unternehmen dabei sind, ein ChatGPT-Äquivalent zu programmieren, dass zum einen das www abbilden soll, aber zusätzlich mit internen Informationen gefüttert wird, die nicht nach extern gelangen.
Angst hat bei uns weiterhin keiner.
Vogel-Strauß-Taktik halt, wie die meisten
23.11.2023, 22:52
Vllt wird es aber auch eine deutlich ansteigende Anzahl an Rechtsstreitigkeiten geben, weil viele Menschen einen kostengünstigen, verständlichen Zugang zum Recht haben?
Auch könnte K.I. den selbstständigen Anwalt stärken.
Oder aber wir regulieren in DE die KI wegen RDG zu Tode
![Victory Victory](https://www.forum-zur-letzten-instanz.de/uploads/smilenew/victory.png)
Es bleibt spannend. Die nächsten 2 Jahre dürften richtungweisend werden.
Auch könnte K.I. den selbstständigen Anwalt stärken.
Oder aber wir regulieren in DE die KI wegen RDG zu Tode
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Es bleibt spannend. Die nächsten 2 Jahre dürften richtungweisend werden.
23.11.2023, 23:58
Ja, und? Und 67% neue Arbeit für Juristen wird erschaffen. Lasst euch doch nichts von den IT-Schwurblern erzählen, die meinen zu müssen, jede berufliche Tätigkeit außerhalb der IT mit ihrer utopischen "KI-Digitalisierung" in den Schmutz zu ziehen. Minderwertigkeitskomplexe bis zum geht nicht mehr, sich Hauptsache mit ihrer KI brüsten.
Sobald eine Berufsstelle durch KI ersetzt wird, entsteht automatisch eine neue Berufsstelle.
Und zum Unternehmertum gehört es auch, mit der Zeit zu gehen und sich stets weiterzuentwickeln.
Ich kenne das ja selber aus meiner Uni. Die mit Abstand toxischste Gruppierung sind die Informatikstudenten mit ihren Aussagen:,, Ihr alle werdet eines Tages ersetzt".
Zum Kotzen.
Sobald eine Berufsstelle durch KI ersetzt wird, entsteht automatisch eine neue Berufsstelle.
Und zum Unternehmertum gehört es auch, mit der Zeit zu gehen und sich stets weiterzuentwickeln.
Ich kenne das ja selber aus meiner Uni. Die mit Abstand toxischste Gruppierung sind die Informatikstudenten mit ihren Aussagen:,, Ihr alle werdet eines Tages ersetzt".
Zum Kotzen.
24.11.2023, 17:11
Ich sehe das recht entspannt: Man kann beobachten, was in den USA passiert und das tritt dann frühestens in 5 Jahren (oder 10 Jahren) in Deutschland ein. In Sachen Digitalisierung / Venture Capital / Startups, die den Rechtsmarkt aufmischen, sind wir einfach ziemlich hinterher - auch enorme Angst vor Cloud, viele Datenschutzregeln etc. Zudem ist der Rechtsmarkt in Europe ja eher über Landes- und Sprachgrenzen zersplittert, ist viel sinnvoller, im ohenhin profitableren US/UK-Markt zu investieren.