23.10.2023, 11:57
Beck arbeitet an einer KI? Das ist süß. Wenn die Suchfunktion nicht so schlecht wäre, wäre das schon einmal ein Fortschritt.
23.10.2023, 18:28
(23.10.2023, 09:17)nachdenklich schrieb: Du hast ein Studium der Elektrotechnik erfolgreich absolviert und möchtest noch Jura studieren? Sind denn die Verdienstchancen als Ingenieur in Mint-Fächern so schlecht ?
Schlecht sind sie mit Sicherheit nicht. Sie sind jedoch abseits von IGM-Tarifen jedoch auch kein Jackpot. Ich würde behaupten, dass ein Ingenieur am Ende seiner Karriere ohne Führungsverantwortung nicht ansatzweise gehaltsmäßig auf das Level eines Anwalts mit vergleichsbarer Berufserfahrung kommt. Was man jedoch klar sagen kann ist, dass man als jemand, der empfänglich für (mathematische) Logik ist, nach 3,5 Jahren Studium mit je nach Region 42.000 € - 50.000 € einsteigen kann (über 50.000 € habe ich abseits von IGM noch niemanden kennengelernt, der das direkt nach dem Bachelor hatte).
Zitat:Zu deinen anderen Ausführungen: Jura ist nun einmal eine reine Text- bzw. "Sprachwissenschaft" und deshalb zu einem Großteil durch KI ersetzbar. Das heißt nicht, dass es keine Juristen mehr bedarf. Der strategische Aspekt, die Taktik usw usf bedarf auch in Zukunft wohl noch die Tätigkeit eines RA. Trotz stetig besserer KI wird es - zumindest auf absehbare Zeit - immer noch einen Juristen brauchen, der die Ergebnisse am Ende überprüft. Durch KI wird die sehr kostenintensive Associate-Arbeit wegrationalisiert, da der Mandant nicht mehr akzeptieren wird, für langwierige Recherche oder Schriftsätze hohe Stundensätze zu zahlen (oder aber auf die Studie von Goldman-Sachs, die Juristen als besonders von KI bedroht einschätzt). Ferner werden nicht ganz so komplex gelagerte Fälle/Vertragsgestaltung inklusive Vertretung vor dem AG usw schon in naher Zukunft komplett wegfallen, was für viele der 140.000 Anwälte immer doch das tägliche Brot ist. Ich denke man lehnt sich wirklich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn man die Meinung vertritt, dass es in Zukunft deutlich weniger Juristen bedarf.
Das fett-markierte trifft auf die meisten Akademikerberufe bereits jetzt zu. Kein Ingenieur berechnet die Statik eines Hauses selbst oder welchen Kupfer-Querschnitt er als Zuleitung für einen speziellen Motor benötigt. Das ist heute so und war auch bereits vor 10 Jahren so.
Dafür gibt es auch immer weniger "reine" Ingenieure. Die meisten arbeiten in Projekten, wo sie sich zumindest grundlegende Kompetenzen im Bereich Kalkulation, Controlling und Recht aneignen müssen. Wenn ich meine derzeitige Tätigkeit betrachte (Projektleiter im Anlagenbau) sehe ich nicht, wieso der Beruf besser wegkommen sollte, als der Anwaltsberuf.
Genauso wenig wie ein Ingenieur traurig ist, dass er nicht mehr selbst anhand von Tabellenbüchern Dinge berechnet wird der Associate der Großkanzlei seiner heutigen Tätigkeit nachtrauern. Im Gegenteil wird er vermutlich dann sogar Aufgaben übernehmen können, die eher seiner Qualifikation entsprechen. Ob es am Ende zu weniger Beschäftigung führt kann man natürlich schwer abschätzen. Du siehst was alles wegfällt. Übersiehst jedoch die Möglichkeit das neue Felder entstehen können. Zum Beispiel können auch Einzelanwälte oder FWW-Anwälte Mandate annehmen, die heute noch einen sehr hohen Aufwand in der Sachverhaltsanalyse erfordern. Ich denke da zum Beispiel an Bauprojekte die am Ende vor Gericht landen. Heutzutage wird kein einzelner Anwalt so einen Prozess mit über 1.000 Seiten Akteninhalt angemessen bearbeiten können. In 5 Jahren eventuell schon.
Zitat:Auch werden natürlich BWLER Jobs wegfallen (es kommt da auf den Bereich an...Strategieberatung, Restrukturierung und M&A weniger..dafür eher bei Controlling, DD, Steuern). ChatGBT hat die Aufnahmeprüfung für Softwareingenieure bei Google mit Bestnoten bestanden, da es alle Programmiersprachen beherrscht.Bei den Ergebnissen von Prüfungen bin ich immer vorsichtig. Das heißt noch lange nicht, dass sie auch den Beruf in dem Maße beeinflussen.
Softwareingenieure haben ein noch größeres Problem den Kunden zu verstehen als Anwälte. Ich sehe eher, dass Softwareingenieure ein paar Jahrzehnte weiterhin als Prompt-Ingenieure beschäftigt werden, bevor eine KI nur mittels Zuarbeit des Kunden in der Lage ist, etwas brauchbares nicht-triviales abzuliefern.
Zitat:Und ja, KI wird Auswirkungen auf unsere Gesellschaft haben. Wie ich geschrieben habe: das Interview mit dem Weltbankpräsidenten war sehr interessant. Er geht davon aus, dass durch die Effekte auf die (gehobene) Mittelschicht (RAe, Bänker usw) und damit auf die partizipierende und tragende Säule unserer Gesellschaft bedrohlich sein wird.Ich schaue mir das mal an. Halte es aber Stand jetzt für eine gewagte These.
23.10.2023, 18:32
(23.10.2023, 10:16)Egal schrieb: Du hast doch den Vorteil, dass du jederzeit umspringen kannst :-)
Wir im Unternehmen suchen Ingenieure für Elektrotechnik und haben in Kooperation mit einer FH mittlerweile einen dualen Studiengang geschaffen, damit wir die kommenden Jahre daraus unseren Nachwuchs rekrutieren können.
Ich hoffe eher, dass ich es gut mit Jura kombinieren kann. Bisher bin ich da aber sehr optimistisch :-)
23.10.2023, 18:50
Wir werden sehen was die Zukunft bringt. Ich habe mich die letzten Wochen etwas intensiver mit diesem Thema auseinander gesetzt und viel gelesen. Keiner kann punktgenau antizipieren wie die Auswirkungen tatsächlich ausfallen werden. Der Tenor aller Artikel/Aufsätze/Studien war jedenfalls dahingehend, dass sich der Rechtsmarkt in einem akuten Wandel befindet. Richtig ist aber auch, dass Verallgemeinerungen nicht wirklich weiterhelfen. Es kommt auf viele Faktoren an (bspw auf die Rechtsordnung und die allgemeinen Rahmenbedingungen)
Trotzdem würde ich die Arbeit des (normalen) Rechtsanwalts (also der breiten Masse) nicht mit dem des Ingenieurs vergleichen. Das Groß der Arbeit ist die Sachverhaltszusammenstellung (Dokumente) und anschließende rechtliche Subsumtion. Also viel Textauswertung von Sprache. Wenn ich das deutlich schneller erledigen kann, dann kann ich weniger Stundensätze verlangen und bräuchte entsprechend deutlich mehr Mandate.
Trotzdem würde ich die Arbeit des (normalen) Rechtsanwalts (also der breiten Masse) nicht mit dem des Ingenieurs vergleichen. Das Groß der Arbeit ist die Sachverhaltszusammenstellung (Dokumente) und anschließende rechtliche Subsumtion. Also viel Textauswertung von Sprache. Wenn ich das deutlich schneller erledigen kann, dann kann ich weniger Stundensätze verlangen und bräuchte entsprechend deutlich mehr Mandate.
24.10.2023, 10:51
Unternehmen mandatieren Kanzleien, um Verantwortung auszulagern.
Wenn die Kanzleien nun KI einsetzen, müssen sie die Ergebnisse dann entweder manuell überprüfen oder mit einem dicken Disclaimer versehen.
Auf die zweite Alternative werden weder die Kanzleien noch die Mandanten Bock haben.
Der Arbeitsaufwand wird sich daher vielleicht verringern, wahrscheinlich aber nicht signifikant.
Wenn die Kanzleien nun KI einsetzen, müssen sie die Ergebnisse dann entweder manuell überprüfen oder mit einem dicken Disclaimer versehen.
Auf die zweite Alternative werden weder die Kanzleien noch die Mandanten Bock haben.
Der Arbeitsaufwand wird sich daher vielleicht verringern, wahrscheinlich aber nicht signifikant.
24.10.2023, 11:16
(24.10.2023, 10:51)FFM_Brudi schrieb: Unternehmen mandatieren Kanzleien, um Verantwortung auszulagern.
Wenn die Kanzleien nun KI einsetzen, müssen sie die Ergebnisse dann entweder manuell überprüfen oder mit einem dicken Disclaimer versehen.
Auf die zweite Alternative werden weder die Kanzleien noch die Mandanten Bock haben.
Der Arbeitsaufwand wird sich daher vielleicht verringern, wahrscheinlich aber nicht signifikant.
Sehe ich genauso. Bei KI besteht immer die Gefahr, dass sie was "erfindet" oder Fehler macht. Das ist in der technischen Konzeption begründet und wird sich auch bei noch besseren KIs nicht ändern.
Daher kann eine KI ein gutes Hilfsmittel sein und vieles vereinfachen. Verantwortung wird sie aber kaum einmal übertragen bekommen - und das ist letztlich die zentrale Aufgabe von Juristen.
24.10.2023, 11:29
Richtig. Wenn allerdings die Zusammenstellung/Zusammenfassung von Dokumenten sowie die anschließende rechtliche Subsumtion (in großen Teilen) durch KI erledigt wird und der Jurist primär für die Schlussprüfung zuständig ist, dann wird meiner Auffassung nach viel (kostenintensive) Arbeit wegfallen (gleiches gilt für die anschließende Erstellung der Schriftsätze). Dann brauch ich vllt nicht 2-3 Associates, sondern nur noch einen für diesen Bereich (als Bsp). Ich sage ja nicht, dass der RA/Unternehmensjurist verschwindet. Ich bin aber der Meinung, dass man deutlich weniger Volljuristen brauchen wird.
24.10.2023, 11:50
(24.10.2023, 11:29)nachdenklich schrieb: Richtig. Wenn allerdings die Zusammenstellung/Zusammenfassung von Dokumenten sowie die anschließende rechtliche Subsumtion (in großen Teilen) durch KI erledigt wird und der Jurist primär für die Schlussprüfung zuständig ist, dann wird meiner Auffassung nach viel (kostenintensive) Arbeit wegfallen (gleiches gilt für die anschließende Erstellung der Schriftsätze). Dann brauch ich vllt nicht 2-3 Associates, sondern nur noch einen für diesen Bereich (als Bsp). Ich sage ja nicht, dass der RA/Unternehmensjurist verschwindet. Ich bin aber der Meinung, dass man deutlich weniger Volljuristen brauchen wird.
Du hast leider nicht darauf geantwortet, ob Du die Tätigkeiten von Unternehmensjuristen kennst, aber die ist schon sehr anders als die eines "klassischen" Kanzlei-RAs. Ich teile nicht die Ansicht, dass man wegen KI weniger Volljuristen brauchen wird, ua weil immer mehr reguliert/gesetzlich geregelt wird und gerade Unternehmen sich plötzlich mit mehr juristisch geprägten Themen beschäftigen, als noch vor 15 Jahren. Da holt man sich entweder die Expertise ins Haus (idR kostengünstiger - wie gesagt, Syndizi müssen durchaus aufs Geld gucken und lagern idR nur aus, was unbedingt sein muss) oder wird eben weiterhin externe RAs mandatieren.
Es gibt halt auch immer noch den Faktor "Mensch" - man darf mE nicht unterschätzen, dass sehr viele Leute an die Hand genommen werden wollen, alleine aus einem Vertrauensverhältnis/Sicherheitsgefühl heraus. Am Ende muss man dem Mandanten/Kollegen einen Lösungsvorschlag auf verdauliche, möglichst simple Art präsentieren und das auch umsetzen - das wird eine KI nicht ohne Weiteres ersetzen können. Glaub mir, selbst wenn man den Leuten ne Mail mit 3 Bulletpoints schreibt, rufen sie trotzdem oft genug an, damit man jeden Schritt erklärt, einfach weil das die Art von "Betreuung" ist, die von vielen erwartet wird.
27.10.2023, 09:20
(24.10.2023, 11:29)nachdenklich schrieb: Richtig. Wenn allerdings die Zusammenstellung/Zusammenfassung von Dokumenten sowie die anschließende rechtliche Subsumtion (in großen Teilen) durch KI erledigt wird und der Jurist primär für die Schlussprüfung zuständig ist, dann wird meiner Auffassung nach viel (kostenintensive) Arbeit wegfallen (gleiches gilt für die anschließende Erstellung der Schriftsätze). Dann brauch ich vllt nicht 2-3 Associates, sondern nur noch einen für diesen Bereich (als Bsp). Ich sage ja nicht, dass der RA/Unternehmensjurist verschwindet. Ich bin aber der Meinung, dass man deutlich weniger Volljuristen brauchen wird.
Stelle ich mir im Anwaltshaftungsprozess lustig vor.
"Haben Sie denn alle Dokumente selbst gelesen? Wieso taucht diese Stelle in Ihrem Report nicht auf?"
"Die KI hielt die Stelle offenbar nicht für wichtig ..."
"..."
"..."
Weniger Volljuristen sind schlecht für Kanzleien. Eine KI schreibt keine Stunden auf.
30.10.2023, 20:00
Heute war in der FAZ auch ein interessanter Artikel zur KI von einem Prof. der TH Deggendorf, welcher Sachverständiger für KI beim deutschen, französischen und luxemburgischen Parlament ist. Auch er hat darauf hingewiesen, dass sich viele Berufsfelder (nicht nur Juristen) auf die KI vorbereiten müssen. Softwareingenieure, Marketer, aber auch bspw. die Pharmabranche usw sei kein "sicherer Hort". Man befände sich erst am Anfang einer Revolution und die Entwicklung und Forschung würde rasante Fortschritte machen.
Am Ende der typische Appell: frühzeitig den Umgang mit KI erlernen, gerade um hier nicht von den USA/China abgehängt zu werden. Dies müsse schon in der Schule beginnen und an der Uni vertieft werden.
[/quote]
Naja, das wird der Markt entscheiden. Wenn einige Kanzleien mit KI anfangen und dadurch erheblich Synergieeffekte erzielen und kostengünstiger ihre Beratungsleistungen anbieten können, dann wird - so die Gesetze des Marktes - früher oder später auch der Rest mitziehen. Dann wird vllt weniger Umsatz gemacht, dafür muss ich auch weniger Volljuristen einstellen. Wobei ich denke, dass der Fokus natürlich darauf gelegt wird, wegen der KI mit weniger Juristen in gleicher Zeit mehr Mandate abzuarbeiten, sodass der Umsatz am Ende evtl gleich bleibt, dafür aber weniger Juristen angestellt werden müssen.
PS: Justiz bleibt davor natürlich gewahrt. Das hat ja kürzlich der jur. Sachverständigenrat des NRW Parlaments zumindest empfohlen, da die Einsetzung von "Robo-Richtern" natürlich gegen die Verfassung verstoßen würde.
Am Ende der typische Appell: frühzeitig den Umgang mit KI erlernen, gerade um hier nicht von den USA/China abgehängt zu werden. Dies müsse schon in der Schule beginnen und an der Uni vertieft werden.
Zitat:[quote pid='218715' dateline='1698391237']
Weniger Volljuristen sind schlecht für Kanzleien. Eine KI schreibt keine Stunden auf.
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Naja, das wird der Markt entscheiden. Wenn einige Kanzleien mit KI anfangen und dadurch erheblich Synergieeffekte erzielen und kostengünstiger ihre Beratungsleistungen anbieten können, dann wird - so die Gesetze des Marktes - früher oder später auch der Rest mitziehen. Dann wird vllt weniger Umsatz gemacht, dafür muss ich auch weniger Volljuristen einstellen. Wobei ich denke, dass der Fokus natürlich darauf gelegt wird, wegen der KI mit weniger Juristen in gleicher Zeit mehr Mandate abzuarbeiten, sodass der Umsatz am Ende evtl gleich bleibt, dafür aber weniger Juristen angestellt werden müssen.
PS: Justiz bleibt davor natürlich gewahrt. Das hat ja kürzlich der jur. Sachverständigenrat des NRW Parlaments zumindest empfohlen, da die Einsetzung von "Robo-Richtern" natürlich gegen die Verfassung verstoßen würde.