16.07.2023, 16:59
Hey zusammen,
ich arbeite in einem ländlichen Bereich in NRW in einer kleineren ZR-Einheit als angestellter RA. In letzter Zeit kommt mir vermehrt der Gedanke, dass ich Angst vor der Haftung habe. Ich habe beispielsweise in der Vergangenheit einen Vergleich für eine Mandantin abgeschlossen, der leider nicht vollstreckbar ist/war und wir jetzt erneut klagen müssen. Das ist natürlich einfach nur dumm und seitdem geistert mir diese Frage im Kopf. Wird da die Haftpflicht auf mich zukommen? hat da jemand erfahrung von euch, wie das als angestellter RA ist?
LG und danke!
ich arbeite in einem ländlichen Bereich in NRW in einer kleineren ZR-Einheit als angestellter RA. In letzter Zeit kommt mir vermehrt der Gedanke, dass ich Angst vor der Haftung habe. Ich habe beispielsweise in der Vergangenheit einen Vergleich für eine Mandantin abgeschlossen, der leider nicht vollstreckbar ist/war und wir jetzt erneut klagen müssen. Das ist natürlich einfach nur dumm und seitdem geistert mir diese Frage im Kopf. Wird da die Haftpflicht auf mich zukommen? hat da jemand erfahrung von euch, wie das als angestellter RA ist?
LG und danke!
16.07.2023, 17:15
Nach meiner Erfahrung sind anwaltliche Haftungsfälle extrem selten. Klar gibt es sie und man hört/liest immer wieder mal von ihnen. In Relation zu den bearbeiteten Mandanten dürften sie aber sehr selten sein, was u.a. an Folgendem liegt (gilt nur für Partner oder Gesellschafter der jeweiligen Kanzlei):
- nicht jeder Anwaltsfehler führt zu einem finanziellen (und spürbaren) Schaden beim Mandanten
- dem Mandanten ist oft nicht bewusst, dass ein anwaltlicher Haftungsfall vorliegt
- ist es dem Mandanten bewusst, klagt dieser nicht sofort gegen seinen eigenen Anwalt
- der Anspruch richtet sich zudem in der Regel gegen die Kanzlei (meist GbR oder PartmbB) und nicht gegen den einzelnen Anwalt (Partner/Gesellschafter).
Kommt es wirklich zu einer Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen den eigenen Rechtsanwalt, muss in aller Regel die Berufshaftpflicht dafür einstehen, sodass der Anwalt persönlich "nicht betroffen ist". Bevor also der Anwalt von seinem eigenen Konto einen Betrag X an seinen Mandanten zahlen muss, muss sehr viel passieren. Mir ist im Bekanntenkreis ein solcher Fall nie bekannt geworden. Jemanden von euch vielleicht?
Das Vorgesagte gilt wie gesagt nur für Partner oder Gesellschafter der jeweiligen Kanzlei. Da das Mandatsverhältnis nicht mit dem angestellten Rechtsanwalt besteht, bestehen auch keine direkten Haftungsansprüche des Mandanten gegenüber dem angestellten Rechtsanwalt.
Der Mandant muss sich an die Kanzlei halten und die Kanzlei wiederum in einem weiteren Zuge dann an ihren angestellten Rechtsanwalt. Im Verhältnis zwischen Kanzlei und angestelltem Rechtsanwalt greift wiederum zum einen der innerbetriebliche Schadensausgleich schützend für den angestellten Rechtsanwalt ein, was eine eigene Haftung des angestellten RA erneut "ausschließt".
Summa summarum: Mach dir keine großen Sorgen, sondern fokussiere dich darauf, bestmögliche Ergebnisse abzuliefern. Dann wird dir schon nichts passieren.
@Edit zu deinem Fall:
Du hast einen nicht vollstreckbaren Vergleich geschlossen, sodass ihr nun nochmal klagen müsst. Für was denkst du, dass du haften musst? Wo ist der Schaden? Der Mandant muss nun etwas länger auf sein Geld warten, wird es aber halt mit eurer Klage dann bekommen.
Wenn die Klage gewinnt, trägt er keine Rechtsverfolgungskosten. Ggf. ließe sich darüber nachdenken, die Rechtsverfolgungskosten des durch Vergleich geschlossenen Rechtsstreits als Schadensposition zu sehen. Aber: Wer sagt, dass dieses Verfahren ohne Vergleich erfolgreich gewesen wäre? Wer sagt, dass ein anderer Vergleich hätte abgeschlossen werden können. Zumindest anhand der bisherigen Informationen ist auch dein SV kein eindeutiger Schadensfall.
- nicht jeder Anwaltsfehler führt zu einem finanziellen (und spürbaren) Schaden beim Mandanten
- dem Mandanten ist oft nicht bewusst, dass ein anwaltlicher Haftungsfall vorliegt
- ist es dem Mandanten bewusst, klagt dieser nicht sofort gegen seinen eigenen Anwalt
- der Anspruch richtet sich zudem in der Regel gegen die Kanzlei (meist GbR oder PartmbB) und nicht gegen den einzelnen Anwalt (Partner/Gesellschafter).
Kommt es wirklich zu einer Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen den eigenen Rechtsanwalt, muss in aller Regel die Berufshaftpflicht dafür einstehen, sodass der Anwalt persönlich "nicht betroffen ist". Bevor also der Anwalt von seinem eigenen Konto einen Betrag X an seinen Mandanten zahlen muss, muss sehr viel passieren. Mir ist im Bekanntenkreis ein solcher Fall nie bekannt geworden. Jemanden von euch vielleicht?
Das Vorgesagte gilt wie gesagt nur für Partner oder Gesellschafter der jeweiligen Kanzlei. Da das Mandatsverhältnis nicht mit dem angestellten Rechtsanwalt besteht, bestehen auch keine direkten Haftungsansprüche des Mandanten gegenüber dem angestellten Rechtsanwalt.
Der Mandant muss sich an die Kanzlei halten und die Kanzlei wiederum in einem weiteren Zuge dann an ihren angestellten Rechtsanwalt. Im Verhältnis zwischen Kanzlei und angestelltem Rechtsanwalt greift wiederum zum einen der innerbetriebliche Schadensausgleich schützend für den angestellten Rechtsanwalt ein, was eine eigene Haftung des angestellten RA erneut "ausschließt".
Summa summarum: Mach dir keine großen Sorgen, sondern fokussiere dich darauf, bestmögliche Ergebnisse abzuliefern. Dann wird dir schon nichts passieren.

@Edit zu deinem Fall:
Du hast einen nicht vollstreckbaren Vergleich geschlossen, sodass ihr nun nochmal klagen müsst. Für was denkst du, dass du haften musst? Wo ist der Schaden? Der Mandant muss nun etwas länger auf sein Geld warten, wird es aber halt mit eurer Klage dann bekommen.
Wenn die Klage gewinnt, trägt er keine Rechtsverfolgungskosten. Ggf. ließe sich darüber nachdenken, die Rechtsverfolgungskosten des durch Vergleich geschlossenen Rechtsstreits als Schadensposition zu sehen. Aber: Wer sagt, dass dieses Verfahren ohne Vergleich erfolgreich gewesen wäre? Wer sagt, dass ein anderer Vergleich hätte abgeschlossen werden können. Zumindest anhand der bisherigen Informationen ist auch dein SV kein eindeutiger Schadensfall.
16.07.2023, 18:42
(16.07.2023, 17:15)JuraLiebhaber schrieb: Nach meiner Erfahrung sind anwaltliche Haftungsfälle extrem selten. Klar gibt es sie und man hört/liest immer wieder mal von ihnen. In Relation zu den bearbeiteten Mandanten dürften sie aber sehr selten sein, was u.a. an Folgendem liegt (gilt nur für Partner oder Gesellschafter der jeweiligen Kanzlei):
- nicht jeder Anwaltsfehler führt zu einem finanziellen (und spürbaren) Schaden beim Mandanten
- dem Mandanten ist oft nicht bewusst, dass ein anwaltlicher Haftungsfall vorliegt
- ist es dem Mandanten bewusst, klagt dieser nicht sofort gegen seinen eigenen Anwalt
- der Anspruch richtet sich zudem in der Regel gegen die Kanzlei (meist GbR oder PartmbB) und nicht gegen den einzelnen Anwalt (Partner/Gesellschafter).
Kommt es wirklich zu einer Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen den eigenen Rechtsanwalt, muss in aller Regel die Berufshaftpflicht dafür einstehen, sodass der Anwalt persönlich "nicht betroffen ist". Bevor also der Anwalt von seinem eigenen Konto einen Betrag X an seinen Mandanten zahlen muss, muss sehr viel passieren. Mir ist im Bekanntenkreis ein solcher Fall nie bekannt geworden. Jemanden von euch vielleicht?
Das Vorgesagte gilt wie gesagt nur für Partner oder Gesellschafter der jeweiligen Kanzlei. Da das Mandatsverhältnis nicht mit dem angestellten Rechtsanwalt besteht, bestehen auch keine direkten Haftungsansprüche des Mandanten gegenüber dem angestellten Rechtsanwalt.
Der Mandant muss sich an die Kanzlei halten und die Kanzlei wiederum in einem weiteren Zuge dann an ihren angestellten Rechtsanwalt. Im Verhältnis zwischen Kanzlei und angestelltem Rechtsanwalt greift wiederum zum einen der innerbetriebliche Schadensausgleich schützend für den angestellten Rechtsanwalt ein, was eine eigene Haftung des angestellten RA erneut "ausschließt".
Summa summarum: Mach dir keine großen Sorgen, sondern fokussiere dich darauf, bestmögliche Ergebnisse abzuliefern. Dann wird dir schon nichts passieren.![]()
@Edit zu deinem Fall:
Du hast einen nicht vollstreckbaren Vergleich geschlossen, sodass ihr nun nochmal klagen müsst. Für was denkst du, dass du haften musst? Wo ist der Schaden? Der Mandant muss nun etwas länger auf sein Geld warten, wird es aber halt mit eurer Klage dann bekommen.
Wenn die Klage gewinnt, trägt er keine Rechtsverfolgungskosten. Ggf. ließe sich darüber nachdenken, die Rechtsverfolgungskosten des durch Vergleich geschlossenen Rechtsstreits als Schadensposition zu sehen. Aber: Wer sagt, dass dieses Verfahren ohne Vergleich erfolgreich gewesen wäre? Wer sagt, dass ein anderer Vergleich hätte abgeschlossen werden können. Zumindest anhand der bisherigen Informationen ist auch dein SV kein eindeutiger Schadensfall.
Schön geschrieben und volle Zustimmung
17.07.2023, 06:16
(16.07.2023, 17:15)JuraLiebhaber schrieb: Du hast einen nicht vollstreckbaren Vergleich geschlossen, sodass ihr nun nochmal klagen müsst. Für was denkst du, dass du haften musst? Wo ist der Schaden? Der Mandant muss nun etwas länger auf sein Geld warten, wird es aber halt mit eurer Klage dann bekommen.
Wenn die Klage gewinnt, trägt er keine Rechtsverfolgungskosten. Ggf. ließe sich darüber nachdenken, die Rechtsverfolgungskosten des durch Vergleich geschlossenen Rechtsstreits als Schadensposition zu sehen. Aber: Wer sagt, dass dieses Verfahren ohne Vergleich erfolgreich gewesen wäre? Wer sagt, dass ein anderer Vergleich hätte abgeschlossen werden können. Zumindest anhand der bisherigen Informationen ist auch dein SV kein eindeutiger Schadensfall.
Das war auch mein erster Gedanke, ist aber wohl nicht der Punkt. Entscheidend ist die Alternative, was mit ordnungsgemäß formulierten Vergleich gewesen wäre, denn darauf hinzuwirken war die Anwaltspflicht. Hätte der Schuldner beispielsweise so oder so nicht leisten können, liegt kein Schaden vor, andernfalls möglicherweise schon. Ansonsten natürlich volle Zustimmung.