13.06.2023, 18:25
(13.06.2023, 17:08)Jack Cantor schrieb:(13.06.2023, 17:05)Corvus schrieb:(13.06.2023, 16:51)Jack Cantor schrieb:(13.06.2023, 15:43)Carlos1984 schrieb: Berlin-Brandenburg: Baurecht
Kläger haben ein Haus. Es gibt keinen Bebauungsplan. Sie fangen an einen Pool zu errichten (unter 100 Kubikmeter). Bauamt bekommt es mit, macht Verbotsverfügung. Streitpunkt 1: Im Außenbereich sind Wasserbecken nach Bauordnung erlaubt, K meint: Wasserbecken und Pool ist dasselbe. Streitpunkt 2: Ist es überhaupt Außenbereich oder unbeplanter Innenbereich? Denn wenn unbeplanter Innenbereich, wäre ein Schwimmbecken ohne Genehmigung möglich. Dann ganz viele Angaben mit Ortsbegehung über das Gebiet. Teilweise erschlossen (kein Anschluss an Kanalisation, aber teilweise an Trinkwasser, Strom, Telefon), Straße nach Altenburg gibt es. Im Gebiet sind 19 Gebäude, davon einige Doppelhäuser (alte Bergwerkshäuser, geschlossene Bauweise) und ehemalige DDR-Wochenendhäuser, offene Bauweise, die jetzt zum Wohnen genutzt werden. Prozessual "kleines" Problem, weil Widerspruchsbehörde wegen Corona es nicht schaffte, einen Widerspruchsbescheid zu schreiben.
Klage war bei mir zulässig, Vorverfahren musste entgegen § 68 I 1 VwGO nicht beendet sein für Klageerhebung wegen § 75 VwGO. In der Sache habe ich einen unbeplanten Innenbereich bejaht. Denke, man kann es auch anders sehen. Aber Zersiedelung etc. habe ich nicht gesehen, vielmehr Bebauungszusammenhang und auch von einigem Gewicht bei 19 Häusern. Somit haben bei mir haben die Kläger obsiegt, da keine Genehmigungspflicht, da genehmigungsfreies Vorhaben.
Gesamteindruck: war eine gut machbare, faire Klausur, die viel Argumentationsstoff beinhaltete.
Im GPA-Nordbereich nahezu identisch. War noch ein kleiner Joke vorweg eingebaut mit dem Einrücken einer Richterin auf Probe zur BerichtE als EinzelR nach Ausscheiden des alten BerichtE - zum Zeitpunkt der Bearbeitung war sie schon wenige Wochen über der Jahresschwelle.
Hab Außenbereich angenommen. Vorweg noch auf die zwischen den Beteiligten ausgetauschten, durchaus kreativen Sichtweisen zur Bedeutung der Tatb., die genehmigungsfrei waren, eingegangen(Die Sichtweise, wonach sich „außer Außenbereich“ bloß auf die Überdachung bezog, war ein dankbarer Aufhänger, um die bodenrechtliche Spannung bei Swimmingpools im Außenbereich aufzuzeigen).
Allerdings war die Androhung des Zwangsgelds rechtswidrig. Bin demnach zu teilweisem Obsiegen gekommen.
Wieso war die Zwangsgeldandrohung rechtswidrig?
Kannst du das ausführen? Danke
Bei Stilllegungs- oder Einstellungsverfügung ist der Bauaufsichtsbehörde als lex specialis, so auch hier in 78 II ThürBauO das Versiegeln als Maßnahme eingeräumt.
In den Fällen ist vorrangig die Örtlichkeit zu verkleben oder was da sonst infrage kommt - ans Geld ist den Adressaten nicht zu gehen.
"Zusätzlich zu den Zwangsmitteln des BayVwZVG sieht Abs. 2 zwei weitere Vollstreckungsmöglichkeiten vor." (BeckOK BauordnungsR Bayern/Manssen, 25. Ed. 15.3.2023, BayBO Art. 75 Rn. 24)
"Die Versiegelung muss – wenigstens aus der Sicht der Behörde – des Weiteren das letzte Mittel darstellen, um die Weiterführung rechtswidriger (Bau-)Arbeiten zu verhindern (in diese Richtung auch BayVGH v. 26.1.2004, Az.: 14 CS 03.2849)" (Busse/Kraus/Decker, 149. EL Januar 2023, BayBO Art. 75 Rn. 127)
13.06.2023, 20:14
Zwecks Befristung Annäherungsverbot hatte ich die Verfügung so verstanden, dass es vollständig befristet ist. Aber das kann ich bei der SV-Fülle auch falsch verstanden haben. Ziff 1 war ja, was er alles nicht darf und Ziff 2 dann die Anordnung der sofortigen Vollziehung. Deshalb habe ich zwar einzelne Maßnahmen wahrgenommen, aber hatte es so verstanden, dass die Befristung für alle gilt.
Aber es ist vorbei. Bald haben wir es geschafft und ändern können wir jetzt eh nix mehr. Volle Kraft voraus für Donnerstag. Haken dran, Kopf hoch, Endspurt!
Aber es ist vorbei. Bald haben wir es geschafft und ändern können wir jetzt eh nix mehr. Volle Kraft voraus für Donnerstag. Haken dran, Kopf hoch, Endspurt!
14.06.2023, 08:23
In B-B:
VG Koblenz, Urteil vom 25. September 2014 – 1 K 111/14.KO –, juris
BeckRS 2014, 56889
VG Koblenz, Urteil vom 25. September 2014 – 1 K 111/14.KO –, juris
BeckRS 2014, 56889
14.06.2023, 10:48
(13.06.2023, 17:22)JuraBW44 schrieb:(13.06.2023, 17:13)jurainwuerzburg schrieb:(13.06.2023, 15:45)War die Zustellung des WB nicht am 18.08? Fristbeginn am 19.08. fristende am 18.09, was aber ein Sonntag war und deshalb gem 193, fristende auf den nächsten Werktag, den 19.09 viel. Anschließend bin ich bei ordnungsgemäßer Klageerhebung noch auf die Problematik bzgl dem Fax / BeA eingegangen, 55d VwGO JurinatorBW schrieb:(13.06.2023, 15:40)New-NRW schrieb:(13.06.2023, 15:29)JurinatorBW schrieb: Ich oute mich mal zur ZLK heute in BW:
A. ZLK
I. § 40 I 1 (+)
II. Statthafte Klageart, § 88 VwGO
- Gestellt ist Feststellungsantrag, § 43 VwGO
- In sachlicher Hinsicht liegt Fortsetzungsfeststellungssituation mit Erledigung, § 43 Abs. 2 VwVfG, vor Klageerhebung vor
- Antragsteller bittet um Auslegung unter Beachtung des Meistbegünstigungsgrundsatzes
P!
- BVerwG: § 43 VwGO ist (auch?)statthaft
- wohl h.M.: § 113 I S. 4 VwGO analog
Argumente für h.M.
- VA ist kein feststellungsfähiges RV iSv. § 43 I VwGO, sondern begründet, verändert oder beendigt ein solches
- Schwerwiegende System- und Wertungswidersprüche: Zufälliger Erledigungszeitpunkt entschiede über statthafte Klageart
- Systematik des VwGO trennt klar zwischen RBH mit VA-Bezug und sonstigen
- Meistbegünstigungsgrundsatz jedenfalls (-), betrifft Zulässigkeit zweier Rechtsmittel, wenn inkorrekte Entscheidungsform gewählt
- Auslegung als FFK gem. § 88 VwGO geboten
III. Klagebef., § 42 II analog
- Adressat eines belastenden VA, jdf. Art. 2 I GG, vorl. wohl auch Art. 13 GG
IV. Berechtigtes Feststellungsinteresse
1. Präjudizialität
(-), da nur bei Erledigung nach Klageerhebung denkbar
2. Rehabilitationsinteresse
- Stigmatisierung hier wohl (+), aber etwas Diskussion notwendig. Denn: Dorfkneipe findet andere (!) fadenscheinige Ausrede sowie „das Maul zerreißen“ sehr unpräzise ist
3. Wiederholungsgefahr
- Wohl auch (+), wobei nicht ausreicht, dass die Behörde den VA für rm hält
- Aber: Mehrere Anzeigen in Vergangenheit lassen gleich gelagerte tatsächliche Umstände wieder erwarten, v.a. da kein Auszug erfolgt ist; auch ist insofern gleiches Verhalten der Behörde zu erwarten
4. Schwerwiegender, sich typischer Weise schnell erledigender GR-Eingriff
- Wohl ebenfalls (+), da Eingriff in Art. 13 GG sowie § 30 PolG grundsätzlich max. 2 Wochen erlaubt, sodass anderweitig niemals Hauptsacherechtsschutz ersucht werden könnte, was nicht mit der institutionellen Rechtsschutzgarantie des Art. 19 IV GG zu vereinbaren ist
V. Vorverfahren, §§ 68 ff.
- Streitig ob nötig, aber jedenfalls durchgeführt
VI. Klagefrist, § 74 I VwGO
- Streitig ob Klagefrist einzuhalten ist, wenn vorprozessuale Erledigung des VA
- Argumente gegen Klagefrist:
Vorverfahren ist dann schon gar nicht statthaft, denn es kann seine Funktionen (Selbstkontrolle der VW, Rechtsschutz, Entlastung der VGe) nicht mehr erfüllen
- Aber vorliegend: Vorverfahren wurde durchgeführt, dann muss wohl auch Klagefrist eingehalten werden
P! Einhaltung der Klagefrist?
- Fristbeginn mit Zustellung am 23.8., Fristentde gem. § 57 I VwGO, § 222 ZPO, §§ 187 I, 188 II BGB am 23.9.
- Schriftsatz v. 19.9. damit fristgemäß, jedoch nicht formgerecht, vgl. § 55d S. 1 VwGO; Ausnahme des § 55d S. 3 VwGO ebenfalls (-), da unter Verstoß gegen § 55d S. 4 VwGO
- Schriftsatz v. 26.9. jedenfalls außerhalb der Frist des § 74 I
- P! Dennoch fristgemäß wg. Wochenfrist, die durch Gericht m. Verf. vom 23.9. gesetzt wurde?
- (-), da gesetzliche Frist, die gem. § 57 II VwGO, § 224 II ZPO nicht verlängert werden kann
- Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 60 VwGO?
- Jedenfalls Versäumung einer Frist sowie Antrag und Glaubhaftmachung
- P! Ohne Verschulden?
- Verschulden des Prozessbevollmächtigten wird jedenfalls gem. § 173 S. 1 VwGO, § 85 II ZPO zugerechnet
- Aber: Wohl kein Organisationsverschulden des PV
- Glaubhaftmachung der Umstände iSd. § 55d S. 4 VwGO wurde auch innerhalb der Frist nachgeholt
- Mithin: Wiedereinsetzung gem. § 60 VwGO (+)
VII. Richtiger Klagegegner, § 78 I Nr. 1 VwGO
- Gemeinde, § 111 II, 107 IV 1 PolG, 2 III GemO
VIII. Beteiligten- und Prozessfähigkeit, §§ 61, 62
- Gemeinde = jP iSd. § 61 Nr. 1 Alt. 2 VwGO
- Wird gem. § 62 III VwGO, § 42 I 2 GemO vom BM vertreten
Habe nicht mitgeschrieben, aber eine Frage:
Woher hast du das mit der Klagefrist? "Vorverfahren wurde durchgeführt, dann muss wohl auch Klagefrist eingehalten werden" ?
Also
a) basiert die Auffassung, dass es keiner Klagefrist bedarf, ja auf derjenigen, dass ein Vorverfahren gar nicht statthaft sei bei vorprozessualer Erledigung. Danach wäre es meiner Auffassung nach nur konsequent, dass für den Fall, dass ein statthaft durchgeführtes Vorverfahren gem. § 68 ff. auch das Erfordernis der Einhaltung der Klagefrist nach sich zieht
b) lagen in der Klausur ganz eindeutig Probleme iRd. Klagefrist angelegt, s. die weiteren Ausführungen. Klausurtaktisch musste man also irgendwie dazu kommen, dass eine Frist einzuhalten sei.
WS Bescheid 18.08 aber an Anwalt am 23.08. zugestellt.
Hab eine Wiedereinsetzung gemacht, weil bei einer beA ist es zwar i.O. bei technischem Fehler per Fax einzureichen, aber man braucht dann unverzüglich eine Glaubhaftmachung, die kam aber zu spät. Deshalb dann WE und eben von Amts wegen, ohne expliziten Antrag (allein auch wegen der unzulässigen Fristsetzung)
Was habt ihr in der Begründetheit gemacht?
Ich:
30 III
Mitbewohner, Gefahr (+)
Kläger = Störer (+)
Dann Störerauswahl mit Ermessensüberprüfung, weil sie ja auch Störerin ist, aber im Ergebnis i.O. da Einschätzungsspielraum.
Dann hab ich noch die VMK geprüft, weil sie direkt alle 3 Maßnahmen verhängt haben und da halt nochmal abgewogen, dass es auch geht, weil nur ein Wohnungsverweiß natürlich nicht ausreicht. Und auch die 2 Wochen sind nicht zu lang.
Und am Ende Berufung nichts, sondern ins Hilfsgutachten, da eine Nichtzulassung vom VG nicht ausgesprochen werden darf, und für eine positive Zulassung waren die Vss 124, 124a (-)
Ja, so ungefähr:
I. EGL: § 30 III 1 für Verweisung, 30 III 2 für Rückkehr und Annäherungsverbot
II. formelle Rmk
1. Zuständigkeit: Gemeinde als Ortspolizeibehörde, § 107 IV 1, 111 II PolG
2. Verfahren
P! Anhörung gem. § 28 VwVfG
a) Jedenfalls keine Entbehrlichkeit der Anhörung wegen Gefahr im Verzug gem. § 28 II Nr. 1 VwVfG
Denn: Die Verf. tritt erst zwei Tage später in Kraft, in denen der Kl. sein Hab und gut aus der Wohnung holen soll -> in dieser Zeit hätte er auch angehört werden können
b) Anhörung durch Telefonat mit PHK?
- Wohl jedenfalls keine Anhörung durch Telefonat des Kl. mit PHK unter Anwesenheit des zuständigen Gemeindebeamten, da insoweit schon keine Anhörung durch (!) die Behörde
- Auch findet sich die konkrete Maßnahme, in Bezug auf die angehört werden soll, seitens der Gemeinde zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Aussicht gestellt
b) Nachholung der Anhörung im Widerspruchsverfahren?
- Grds. kann Anhörung nachgeholt werden und der Verfahrensfehler dadurch geheilt werden, § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG
- Die Anhörung kann dabei auch im Widerspruchsverfahren oder gar im verwaltungsgerichtlichen Prozess nachgeholt werden
P! Nachholung im Widerspruchsverfahren?
- Voraussetzung ist, dass die Behörde sich nicht nur auf die Verteidigung der einmal getroffenen Verwaltungsentscheidung beschränkt, sondern eindeutig und klar zu erkennen ergibt, dass sie ein etwaiges Vorbringen des Betroffenen zur Kenntnis genommen und gewürdigt hat, aber dennoch bei ihrer erneuten Entscheidung zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Verfügung aufrechterhalten bleibt
Hier: Wohl (+), da Widerspruchsbescheid auf sämtliche Argumente des Klägers eingeht
P! Nachholung ausgeschlossen wegen Anordnung der Sofortvollziehung
(-), denn Anordnung von Sofortvollzug erfordert keine Anhörung
3. materielle RMK des Wohnungsverweises
Vss.: unmittelbare erhebliche Gefahr für Bewohner
a) Bewohner
P! Ehefrau wohnt an und für sich in der oberen Wohnung, benutzt nur die Küche in der unteren Wohnung mit; Küche wird auch nicht gemeinsam, sondern nur beiderseits genutzt
Aber: Ehefrau ist jedenfalls auf Küchennutzung angewiesen, da ihre Wohnung keine Küche aufweist; insofern ist sie auch Bewohnerin der gegenständlichen Wohnung
b) unmittelbare erheblich Gefahr
- Überaus fraglich, ob objektiv tatsächlich eine Gefahr vorliegt
Aber: Anscheinsgefahr?
- Umfassende Gesamtwürdigung erforderlich, nach derer der Beamte wohl ex ante davon ausgehen durfte, dass eine Gefahr besteht
Dagegen:
- Bisher zwar zwei Anzeigen, aber keine Nachweisbarkeit, Ermittlungsverf. jeweils eingestellt
- Frau selbst will Kl. noch zwei Tage zur Räumung belassen, in denen "schon nix passieren wird", also keine Unmittelbarkeit
- Aktuelle Verletzungen sind jedenfalls nicht erheblich
Dafür:
- Jedenfalls Verletzungen der Frau, wenn auch nicht klar woher
- Eskalationsgefahr (insofern: kriminalistische Erfahrung), daher könnte durchaus erhebliche Gefahr drohen - auch mit Blick auf Alter und daraus resultierender Verletzungsgefahr
- Unmittelbarkeit, da sich Vorfälle häufen und es jederzeit wieder zu welchen kommen könnte
c) Erforderlichkeit
- leg. Ziel (+)
- Geeignetheit (+)
- Erfoderlich?
Jedenfalls ist Betretensverbot für obere Wohnung kein milderes, gleich effektives Mittel, da Frau auf Nutzung der Küche der unteren Wohnung angewiesen ist
- Verhältnismäßigkeit
§ 13 VII ist wohl affektiert, aber es handelt sich gerade nicht um ein schrankenlos gewährtes Grundrecht
Hier: Einschränkung des Grundrechts auf Grund eines Gesetzes zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit getroffene Maßnahme, § 30 III PolG
- Öffentliche Sicherheit umfasst als Schutzgut auch die Unversehrtheit der Rechtsgüter des Einzelnen, hier die körperliche Unversehrtheit der Ehefrau des Klägers
Abwägung: Praktische Konkordanz
- Unverletzlichkeit der Wohnung vs. körperliche Unversehrtheit
Erg.: Rmk der Wohnungsverweisung
3. materielle RMK des Rückkehr- und Annäherungsverbots
a) und b) wie oben
c) Erforderlichkeit
- Insofern hat Behörde nur darauf abgestellt, den geordneten - i.Ü. nicht erfolgten Auszug zu gewährleisten
- Ehefrau wollten den Kl. nach eigenen Ausgaben nur für den Auszug los haben, was Behörde so zugrunde legte
Mithin: Ermessensfehlgebrauch, denn bei der Ermöglichung des Auszugs handelt es sich um sachfremde Erwägung
- Rückkehr und Annäherungsverbot muss nur zur Abwehr unmittelbarer erheblicher Gefahren ausgesprochen werden
- Es finden sich aber keinerlei Erwägungen dazu, dass eine solche Gefahr auch über den Zeitraum von 2 Wochen hinweg besteht.
Außerdem: Behörde hat auch direkt 2 Wochen verordnet, mithin das Maximum
- Insofern zwar im Rahmen des § 30 IV 1 PolG, aber doch am Limit
- Das erfordert eigentständige Ermessensausübung bzgl. der Dauer der Anordung
- Auch an einer solchen fehlt es
Erg.: Rwk des Rückkehr- und Annäherungsverbots
Abschließend: Antrag zur Berufung
- Insofern kein Ausspruch im Urteil, § 124a Abs. 1 S. 1 VwGO
15.06.2023, 17:01
(14.06.2023, 10:48)JurinatorBW schrieb: - Verhältnismäßigkeit
§ 13 VII ist wohl affektiert, aber es handelt sich gerade nicht um ein schrankenlos gewährtes Grundrecht
Hier: Einschränkung des Grundrechts auf Grund eines Gesetzes zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit getroffene Maßnahme, § 30 III PolG
- Öffentliche Sicherheit umfasst als Schutzgut auch die Unversehrtheit der Rechtsgüter des Einzelnen, hier die körperliche Unversehrtheit der Ehefrau des Klägers
Abwägung: Praktische Konkordanz
- Unverletzlichkeit der Wohnung vs. körperliche Unversehrtheit
Art. 13 GG wurde in der Klausur schon angesprochen. Es ist aber str. ob ein Eingriff überhaupt vorliegt.
Wird teilweise von Rspr. bejaht.
Dagegen spricht aber, wie im SV angesprochen, dass Art. 13 nur vor Eingriffen "in die Wohnung" schützen soll (Überwachung/ Durchsuchung). So wohl die hM.
Als Grundrechte sind aber einschlägig: Art. 11 GG (schützt Wohnsitz und Aufenthalt) und Art. 14 GG (bei Mietwohnung ist auch der berechtigte Besitz geschützt).
Ansonsten denke ich: perfekte Lösungsskizze
15.06.2023, 20:56
als Finale gab es in BW folgenden SV (gerne Fehler berichtigen oder Lücken ergänzen)
Wir sind Referendar im RP Stuttgart und müssen nach einem Vorlagebericht den Widerspruch des H begutachten.
Auf dem „Alten Kasernenplatz“ der Stadt Ellwangen, steht seit 5 Monaten der Syrer H, der eine Reisegewerbekarte hat, mit seinem Kastenwagen und verkauft Früchte aus seiner Heimat sowie Dinge des täglichen Bedarfs an die Asylsuchenden der LEA. Mehrfach ist er von der Polizei schon aufgefordert worden, den Wagen zu entfernen. Daraufhin hat er immer auf die LEA gedeutet und „interpreter“ gesagt. Nachdem das Gewerbeamt mitbekommen hat, dass er dort steht, erlassen sie am 3.4.23 eine Verfügung, die H am 4.4. durch die Polizei übergeben wird. Laut der Verfügung ist H „unzuverlässig“. Man wolle ihm aber nicht die Reisegewerbekarte wegnehmen. Es würde schon genügen, wenn er seinen Wagen entfernt, was ihm aufgegeben wird.
Am 2.5. wird H mit einer Mitarbeiterin des Asylvereins in einer anderen Gemeinde vorstellig. Er gibt an, dass sie nicht eine bevollmächtigte Vertreterin ist. Die Mitarbeiterin legt im Namen von H zur Niederschrift Widerspruch gegen die Verfügung ein. K nutze den Wagen zum Verkaufen. Wenn es kalt sei, würde er bei Freunden übernachten und den Wagen verschlossen auf dem Platz stehen lassen. Die Entfernung käme einem Berufsverbot gleich. Außerdem wehre sich H noch gegen etwas anderes. Am 27.4. habe er mit seinem Wagen auf den örtlichen Campingplatz fahren wollen. Der dortige Platzwart habe aber den Schlagbaum unten gelassen und das Häuschen verschlossen gehalten, so dass er kein Ticket habe kaufen können und nicht auf den Campingplatz hätte fahren können. Die andere Gemeinde faxt den Widerspruch noch am selben Tag nach Ellwangen. Dort bekommt er einen Eingangsstempel. Beim nach GVP zuständigen Gewerbeamt geht der Widerspruch aber erst am 8.05. ein.
Der Vorlagebericht enthält folgende Informationen: Der „Alte Kasernenplatz“ befindet sich auf dem Gelände einer ehemaligen Kaserne. Der B-Plan weist das Kasernengelände und den ehemaligen Parkplatz als „Sondergebiet“ aus. Der Parkplatz wurde „Alter Kasernenplatz“ genannt und von der Gemeinde für Behördengebrauch (Polizei, RTW, Angestellte der LEA) gewidmet worden. Die Stadt Ellwangen hält den Widerspruch für unzulässig, da er bei der unzuständigen Behörde eingelegt wurde und die Niederschrift von H nicht unterschrieben sei. Da H kein Einwohner der Gemeinde sei, habe er auch keinen Anspruch darauf, den Campingplatz zu nutzen.
Der RP Beamte ist sich ziemlich sicher, dass sich in der GewO keine EGL befindet, insbesondere könne die Entfernung keine Auflage sein. Er möchte daher, dass wir u.a. nach baurechtlichen und straßenrechtlichen EGL suchen und überlegen, ob wir die Entscheidung der Stadt ersetzen können bzw. was beim Ermessen alles berücksichtigt werden muss.
Laut einer hohen Polizeibehörde (weiß nicht mehr welche) gibt es keine Angriffe auf Schausteller. Von dem Wagen gehe keine bauordnungsrechtliche Gefahr aus.
Beiliegend ist eine Satzung der Stadt Ellwangen, wonach der Campingplatz eine öffentliche Einrichtung ist. Ebenso gibt es eine Benutzungsregelung für den Campingplatz. Nutzungsberechtigt sind demnach Einwohner, „Reisende“ Gewerbebetreibende und Touristen. Der Platzwart darf die Nutzungsberechtigung kontrollieren und Hausverbote erteilen, wenn es Störungen gibt.
Wir sollen in Bezug auf den Widerspruch vorab klären, ob der Campingplatz tatsächlich eine öffentliche Einrichtung ist. Außerdem ist die Frage, ob der Platzwart einen VA erlassen hat und ob die Nutzungsregelung für die Beurteilung eine Rolle spielt.
Wir sind Referendar im RP Stuttgart und müssen nach einem Vorlagebericht den Widerspruch des H begutachten.
Auf dem „Alten Kasernenplatz“ der Stadt Ellwangen, steht seit 5 Monaten der Syrer H, der eine Reisegewerbekarte hat, mit seinem Kastenwagen und verkauft Früchte aus seiner Heimat sowie Dinge des täglichen Bedarfs an die Asylsuchenden der LEA. Mehrfach ist er von der Polizei schon aufgefordert worden, den Wagen zu entfernen. Daraufhin hat er immer auf die LEA gedeutet und „interpreter“ gesagt. Nachdem das Gewerbeamt mitbekommen hat, dass er dort steht, erlassen sie am 3.4.23 eine Verfügung, die H am 4.4. durch die Polizei übergeben wird. Laut der Verfügung ist H „unzuverlässig“. Man wolle ihm aber nicht die Reisegewerbekarte wegnehmen. Es würde schon genügen, wenn er seinen Wagen entfernt, was ihm aufgegeben wird.
Am 2.5. wird H mit einer Mitarbeiterin des Asylvereins in einer anderen Gemeinde vorstellig. Er gibt an, dass sie nicht eine bevollmächtigte Vertreterin ist. Die Mitarbeiterin legt im Namen von H zur Niederschrift Widerspruch gegen die Verfügung ein. K nutze den Wagen zum Verkaufen. Wenn es kalt sei, würde er bei Freunden übernachten und den Wagen verschlossen auf dem Platz stehen lassen. Die Entfernung käme einem Berufsverbot gleich. Außerdem wehre sich H noch gegen etwas anderes. Am 27.4. habe er mit seinem Wagen auf den örtlichen Campingplatz fahren wollen. Der dortige Platzwart habe aber den Schlagbaum unten gelassen und das Häuschen verschlossen gehalten, so dass er kein Ticket habe kaufen können und nicht auf den Campingplatz hätte fahren können. Die andere Gemeinde faxt den Widerspruch noch am selben Tag nach Ellwangen. Dort bekommt er einen Eingangsstempel. Beim nach GVP zuständigen Gewerbeamt geht der Widerspruch aber erst am 8.05. ein.
Der Vorlagebericht enthält folgende Informationen: Der „Alte Kasernenplatz“ befindet sich auf dem Gelände einer ehemaligen Kaserne. Der B-Plan weist das Kasernengelände und den ehemaligen Parkplatz als „Sondergebiet“ aus. Der Parkplatz wurde „Alter Kasernenplatz“ genannt und von der Gemeinde für Behördengebrauch (Polizei, RTW, Angestellte der LEA) gewidmet worden. Die Stadt Ellwangen hält den Widerspruch für unzulässig, da er bei der unzuständigen Behörde eingelegt wurde und die Niederschrift von H nicht unterschrieben sei. Da H kein Einwohner der Gemeinde sei, habe er auch keinen Anspruch darauf, den Campingplatz zu nutzen.
Der RP Beamte ist sich ziemlich sicher, dass sich in der GewO keine EGL befindet, insbesondere könne die Entfernung keine Auflage sein. Er möchte daher, dass wir u.a. nach baurechtlichen und straßenrechtlichen EGL suchen und überlegen, ob wir die Entscheidung der Stadt ersetzen können bzw. was beim Ermessen alles berücksichtigt werden muss.
Laut einer hohen Polizeibehörde (weiß nicht mehr welche) gibt es keine Angriffe auf Schausteller. Von dem Wagen gehe keine bauordnungsrechtliche Gefahr aus.
Beiliegend ist eine Satzung der Stadt Ellwangen, wonach der Campingplatz eine öffentliche Einrichtung ist. Ebenso gibt es eine Benutzungsregelung für den Campingplatz. Nutzungsberechtigt sind demnach Einwohner, „Reisende“ Gewerbebetreibende und Touristen. Der Platzwart darf die Nutzungsberechtigung kontrollieren und Hausverbote erteilen, wenn es Störungen gibt.
Wir sollen in Bezug auf den Widerspruch vorab klären, ob der Campingplatz tatsächlich eine öffentliche Einrichtung ist. Außerdem ist die Frage, ob der Platzwart einen VA erlassen hat und ob die Nutzungsregelung für die Beurteilung eine Rolle spielt.
16.06.2023, 08:43
Berlin-Brandenburg, gestriges Finale: eine faire Marktzulassungsveranstaltung-Klausur aus Anwaltssicht. Zu fertigen: Gutachten und Schriftsatz oder Mandantenschreiben.
Freie Hansestadt Bremen ist Veranstalterin der Oster- und Sommerwiese. Mandantin, Inhaberin eines Autoscooters, hat schon im Juni 2022 Antrag auf Teilnahme an der Sommerwiese 2023 gestellt, gab auch einige Kontakte zwischendurch mit der Behörde, wie sie berichtet. Dann, am 14.6., 1 Tag vor Beginn der Sommerwiese, geht ihr ein Bescheid zu, womit ihr Antrag auf Zulassung zu der gemäß § 69 GewO festgesetzten Veranstaltung abgelehnt wird.
Behörde verweist zur Begründung auf ihre Zulassungsrichtlinie. Sie führt aus, die Mandantin zwar zuverlässig sei und ihr Autoscooter auf dem neusten technischen Stand. Es gibt aber nur 2 Plätze für Autoscooter - und diese Plätze bekommen zwei andere. Es ging dann im Sachverhalt viel um die konkrete Gestaltung der Autoscooter-Fahrgeschäfte (so in Richtung: wer ist am familienfreundlichsten? Wer am sexistischsten in seinen Darstellungen und damit nicht geeignet?), um die Modernität in der Ausstattung der Fahrzeuge (Mandanten hatte alle Fahrzeuge gegen moderne ausgetauscht, die beiden anderen nur die Hälfte - Behörde fand, dies sei gleichwertig). Die Behörde verwies auch darauf, dass der Antrag der Mandantin - entgegen der Zulassungsrichtlinie - keine Unterschrift der Mandantin trug.
Zu prüfen war § 123 I 2 VwGO, also der Erlass einer Regelungsanordnung und ob die Mandanten aus § 70 GewO einen Anspruch auf Teilnahme hatte. In der Zulässigkeit natürlich das Problem der Rechtswegeröffnung (§ 70 GewO ist eine Jedermann-Vorschrift, daher keine modifizierte Subjektstheorie; sondern Zweistufentheorie, ferner hatte Behörde hier der Form nach durch Bescheid gehandelt, damit öffentlich-rechtlich), die Frage, ob man auch einen Antrag nach §§ 80a III, 80 V stellen muss gegen die (unbekannten) Zulassungsbescheide der anderen (ich meine: nein). In der Begründetheit dann der richtige Maßstab (ist ja Vorwegnahme der Hauptsache) und ausführlich der Anordnungsanspruch.
Insgesamt viel Schreibarbeit, aber in der Sache gut machbar, da bekannte Probleme.
Freie Hansestadt Bremen ist Veranstalterin der Oster- und Sommerwiese. Mandantin, Inhaberin eines Autoscooters, hat schon im Juni 2022 Antrag auf Teilnahme an der Sommerwiese 2023 gestellt, gab auch einige Kontakte zwischendurch mit der Behörde, wie sie berichtet. Dann, am 14.6., 1 Tag vor Beginn der Sommerwiese, geht ihr ein Bescheid zu, womit ihr Antrag auf Zulassung zu der gemäß § 69 GewO festgesetzten Veranstaltung abgelehnt wird.
Behörde verweist zur Begründung auf ihre Zulassungsrichtlinie. Sie führt aus, die Mandantin zwar zuverlässig sei und ihr Autoscooter auf dem neusten technischen Stand. Es gibt aber nur 2 Plätze für Autoscooter - und diese Plätze bekommen zwei andere. Es ging dann im Sachverhalt viel um die konkrete Gestaltung der Autoscooter-Fahrgeschäfte (so in Richtung: wer ist am familienfreundlichsten? Wer am sexistischsten in seinen Darstellungen und damit nicht geeignet?), um die Modernität in der Ausstattung der Fahrzeuge (Mandanten hatte alle Fahrzeuge gegen moderne ausgetauscht, die beiden anderen nur die Hälfte - Behörde fand, dies sei gleichwertig). Die Behörde verwies auch darauf, dass der Antrag der Mandantin - entgegen der Zulassungsrichtlinie - keine Unterschrift der Mandantin trug.
Zu prüfen war § 123 I 2 VwGO, also der Erlass einer Regelungsanordnung und ob die Mandanten aus § 70 GewO einen Anspruch auf Teilnahme hatte. In der Zulässigkeit natürlich das Problem der Rechtswegeröffnung (§ 70 GewO ist eine Jedermann-Vorschrift, daher keine modifizierte Subjektstheorie; sondern Zweistufentheorie, ferner hatte Behörde hier der Form nach durch Bescheid gehandelt, damit öffentlich-rechtlich), die Frage, ob man auch einen Antrag nach §§ 80a III, 80 V stellen muss gegen die (unbekannten) Zulassungsbescheide der anderen (ich meine: nein). In der Begründetheit dann der richtige Maßstab (ist ja Vorwegnahme der Hauptsache) und ausführlich der Anordnungsanspruch.
Insgesamt viel Schreibarbeit, aber in der Sache gut machbar, da bekannte Probleme.
16.06.2023, 10:02
(16.06.2023, 08:43)Carlos1984 schrieb: Berlin-Brandenburg, gestriges Finale: eine faire Marktzulassungsveranstaltung-Klausur aus Anwaltssicht. Zu fertigen: Gutachten und Schriftsatz oder Mandantenschreiben.
Freie Hansestadt Bremen ist Veranstalterin der Oster- und Sommerwiese. Mandantin, Inhaberin eines Autoscooters, hat schon im Juni 2022 Antrag auf Teilnahme an der Sommerwiese 2023 gestellt, gab auch einige Kontakte zwischendurch mit der Behörde, wie sie berichtet. Dann, am 14.6., 1 Tag vor Beginn der Sommerwiese, geht ihr ein Bescheid zu, womit ihr Antrag auf Zulassung zu der gemäß § 69 GewO festgesetzten Veranstaltung abgelehnt wird.
Behörde verweist zur Begründung auf ihre Zulassungsrichtlinie. Sie führt aus, die Mandantin zwar zuverlässig sei und ihr Autoscooter auf dem neusten technischen Stand. Es gibt aber nur 2 Plätze für Autoscooter - und diese Plätze bekommen zwei andere. Es ging dann im Sachverhalt viel um die konkrete Gestaltung der Autoscooter-Fahrgeschäfte (so in Richtung: wer ist am familienfreundlichsten? Wer am sexistischsten in seinen Darstellungen und damit nicht geeignet?), um die Modernität in der Ausstattung der Fahrzeuge (Mandanten hatte alle Fahrzeuge gegen moderne ausgetauscht, die beiden anderen nur die Hälfte - Behörde fand, dies sei gleichwertig). Die Behörde verwies auch darauf, dass der Antrag der Mandantin - entgegen der Zulassungsrichtlinie - keine Unterschrift der Mandantin trug.
Zu prüfen war § 123 I 2 VwGO, also der Erlass einer Regelungsanordnung und ob die Mandanten aus § 70 GewO einen Anspruch auf Teilnahme hatte. In der Zulässigkeit natürlich das Problem der Rechtswegeröffnung (§ 70 GewO ist eine Jedermann-Vorschrift, daher keine modifizierte Subjektstheorie; sondern Zweistufentheorie, ferner hatte Behörde hier der Form nach durch Bescheid gehandelt, damit öffentlich-rechtlich), die Frage, ob man auch einen Antrag nach §§ 80a III, 80 V stellen muss gegen die (unbekannten) Zulassungsbescheide der anderen (ich meine: nein). In der Begründetheit dann der richtige Maßstab (ist ja Vorwegnahme der Hauptsache) und ausführlich der Anordnungsanspruch.
Insgesamt viel Schreibarbeit, aber in der Sache gut machbar, da bekannte Probleme
Dasselbe war im GPA Bereich. M.E. müsste man auch kurz prozessuale Verwirkung ansprechen. Aber im Übrigen, war gemütlich.
16.06.2023, 10:40
(16.06.2023, 08:43)Carlos1984 schrieb: Berlin-Brandenburg, gestriges Finale: eine faire Marktzulassungsveranstaltung-Klausur aus Anwaltssicht. Zu fertigen: Gutachten und Schriftsatz oder Mandantenschreiben.
Freie Hansestadt Bremen ist Veranstalterin der Oster- und Sommerwiese. Mandantin, Inhaberin eines Autoscooters, hat schon im Juni 2022 Antrag auf Teilnahme an der Sommerwiese 2023 gestellt, gab auch einige Kontakte zwischendurch mit der Behörde, wie sie berichtet. Dann, am 14.6., 1 Tag vor Beginn der Sommerwiese, geht ihr ein Bescheid zu, womit ihr Antrag auf Zulassung zu der gemäß § 69 GewO festgesetzten Veranstaltung abgelehnt wird.
Behörde verweist zur Begründung auf ihre Zulassungsrichtlinie. Sie führt aus, die Mandantin zwar zuverlässig sei und ihr Autoscooter auf dem neusten technischen Stand. Es gibt aber nur 2 Plätze für Autoscooter - und diese Plätze bekommen zwei andere. Es ging dann im Sachverhalt viel um die konkrete Gestaltung der Autoscooter-Fahrgeschäfte (so in Richtung: wer ist am familienfreundlichsten? Wer am sexistischsten in seinen Darstellungen und damit nicht geeignet?), um die Modernität in der Ausstattung der Fahrzeuge (Mandanten hatte alle Fahrzeuge gegen moderne ausgetauscht, die beiden anderen nur die Hälfte - Behörde fand, dies sei gleichwertig). Die Behörde verwies auch darauf, dass der Antrag der Mandantin - entgegen der Zulassungsrichtlinie - keine Unterschrift der Mandantin trug.
Zu prüfen war § 123 I 2 VwGO, also der Erlass einer Regelungsanordnung und ob die Mandanten aus § 70 GewO einen Anspruch auf Teilnahme hatte. In der Zulässigkeit natürlich das Problem der Rechtswegeröffnung (§ 70 GewO ist eine Jedermann-Vorschrift, daher keine modifizierte Subjektstheorie; sondern Zweistufentheorie, ferner hatte Behörde hier der Form nach durch Bescheid gehandelt, damit öffentlich-rechtlich), die Frage, ob man auch einen Antrag nach §§ 80a III, 80 V stellen muss gegen die (unbekannten) Zulassungsbescheide der anderen (ich meine: nein). In der Begründetheit dann der richtige Maßstab (ist ja Vorwegnahme der Hauptsache) und ausführlich der Anordnungsanspruch.
Insgesamt viel Schreibarbeit, aber in der Sache gut machbar, da bekannte Probleme.
So auch in NRW gelaufen. Danke für die Zusammenfassung.
Glückwunsch an alle, die jetzt durch sind!
16.06.2023, 11:00
OVG Bremen, Urteil vom 24.10.2019 (Az.: 2 B 282/19)
Ist übrigens nahezu 1 zu 1 das Urteil zum gestrigen Fall. Findet man auf Juris.
Ist übrigens nahezu 1 zu 1 das Urteil zum gestrigen Fall. Findet man auf Juris.