09.06.2023, 18:08
(09.06.2023, 17:53)friendlyjur schrieb:(09.06.2023, 17:24)Carlos1984 schrieb:(09.06.2023, 16:12)JURMNRW schrieb: NRW war ungefähr so:
Es ging um 2 Geschwister der Beschuldigte war der Bruder.
Seine Schwester wurde von der Tante im Testament als alleinige Erbin eingesetzt. Dieses befand sich mit einer Halskette im Wert von 3.500 Euro im Tresor vom leerstehenden Gebäude, welches sie erbte, aber worin sie nicht lebte.
Als er sie besuchte nahm er den Schlüssel des Hauses, ließ diesen nachmachen und brachte den alten zurück.
Er gelang dann mit dem Schlüssel in das Haus und brach den Tresor auf. Entwendete die Kette und das Testament. Zweiteres zerschnitt er im Nachgang.
Die Probleme waren eher in der Beweisverwertung.
Er hat die Tat in einem Brief an seine Ex-Frau gestanden. Diese hat ausgesagt und später die Aussage verweigert. Den Brief aber weiterhin freiwillig übergeben.
Dann kam es zu einer Durchsuchung nach vorangegangenem gerichtlichen Beschluss bei dem Beschuldigten. Diese endete um 21:15 Uhr und damit in der Nachtzeit. Dort wurden Kette und Testamentschlüssel, sowie der Schlüssel entdeckt.
Eingelassen hat er sich nur dahingehend, dass er den Schlüssel nachmachen lassen hat.
In Berlin-Brandenburg ähnlich aber doch offenbar sehr anders: auch hier 2 Geschwister. Testament der Tante macht die Schwester zur Alleinerbin. Bruder arbeitslos, braucht Geld. Fälscht Schlüssel, verschafft sich Zugang zur Wohnung der Erblassern, nimmt Goldmünzen mit und verbrennt vor Ort das Testament.
Er gesteht dann in der Beschuldigtenvernehmung alles und sagt sogar noch, dass er die Münzen weiterverkauft hat an den Nichtwissenden G.
Es gab hier also gar keine Beweisprobleme: Der Bruder hatte alles detailliert gestanden, hinsichtlich des Betrugs gegenüber dem Nichtwissenden G passten dessen Aussagen zusammen. Ferner wurde die Brechstange, mit welcher sich der Beschuldigte Zugang zum Tresor verschafft hatte, gefunden (lag in der Wohnung) und der hatte Spuren vom Tresor. Auch hatte der Beschuldigte telefonisch direkt der Schwester alles gestanden.
Also der Fall irgendwie sehr 1.Examensmäßig in Berlin. Fast nur materielles Recht.
Angewürzt war es prozessual allerdings noch mit zwei Problemen:
1. Bevor er in die Wohnung einbrach, wurde er dabei erwischt, wie er ohne Fahrerlaubnis fuhr. Die Tat wurde angeklagt und vor Gericht nach § 153 II StPO eingestellt. Es ging also um Strafklageverbrauch. Habe das verneint und es als eigene Tat gesehen (kein Beziehungs- und Bedingungszusammenhang, da er das Fahrzeug nicht zur Wegschaffung der Beute nutzte, vielmehr fuhr sein Kumpel das Auto weg und er nahm die Straßenbahn). Ansonsten hätte man den ganzen Diebstahl etc. hilfsgutachterlich prüfen müssen (§ 244 IV, Verbrechen, war mE zu verneinen, da die Wohnung keine Privatwohnung war, da die Schwester nur sporadisch da war, um sie leerzuräumen).
2. Gab es auch hier eine Durchsuchung beim Beschuldigten (wo aber nichts gefunden wurde), bei er den Polizisten als "Stasi-Schwein" oder so bezeichnet hatte. Der Polizist erstatte Strafantrag. Nachdem der Beschuldigte sich entschuldigt hatte, nahm der Polizist den Strafantrag zurück. Aber der Chef des Polizisten stellte dann Strafantrag. Dies ging auch (§§ 194 III, 77a), jedoch war der Strafantrag des Chefs m. E. um 1 Woche verspätet.
Angeklagt habe ich am Ende:
- § 244 I Nr. 1a (wegen der Brechstange, die er dabei hatte)
- § 244 I Nr. 3 (weil Wohnungseinbruch)
(§§ 123, 243 I Nr. 1, 2 bejaht, aber im Wege Konkurrenz weggehauen)
- § 303 (wegen dem beschädigten Tresor)
- § 274 I Nr. 1 (wegen der verbrannten Urkunde; § 303 I tritt dahinter zurück)
- § 263 gegenüber dem G, dem er die Münzen verkaufte
Ich habe einen untauglichen Versuch wg. der Urkundenunterdrückung geprüft, da das Testament zuvor notariell beurkundet wurde und damit kein Vernichten einer Urkunde (Beweisfunktion) trotz Verbrennens eintreten konnte. Zudem stand, dass der W von der vorherigen notariellen Beurkundung nichts wusste. Beim Betrug habe ich die Makeltheorie bzgl. des Vermögensschadens problematisiert aber einen Vermögensschaden i.E. angenommen. Weiß jmd. genauer wie mit der verfristeten Anzeigenerstattung des Dienstvorgesetzen umzugehen war ?
Ich war auch unsicher bei § 274, ob nur Versuch oder Vollendung und habe es problematisiert. Letztlich sind es ja aber zwei verschiedene Testamente: das handschriftliche und zusätzlich ein notariell beurkundetes Testament. Damit hatte m. E das handschriftliche Testament einen eigenständigen Beweiswert, der vernichtet wurde. Aber kann man sicherlich nach dem telos des § 274 I Nr. 1 StGB anders sehen und einen (untauglichen) Versuch annehmen. Hattest du dazu ggf. was im Kommentar gesehen? Ich hab gelesen und nichts gefunden in Richtung "wenn es eine Urkunde 2 mal gibt, dann ist es kein " 274 I Nr. 1".
Also zum Strafantrag bei § 185 StGB mE war schlicht zu sagen, dass es verfristet ist und damit Prozesshindernis (und davor sagen, dass der Vorgesetzte den Strafantrag stellen durfte). Materiellrechtlich gab es da ja auch kein Problem, die Beleidigung wäre in 2 Sätzen durchgegangen, daher dachte ich mir, dass das mit der Verfristung wohl die Absicht des Klausurerstellers war.
09.06.2023, 18:12
(09.06.2023, 17:34)JURMNRW schrieb:(09.06.2023, 17:24)Carlos1984 schrieb:(09.06.2023, 16:12)JURMNRW schrieb: NRW war ungefähr so:
Es ging um 2 Geschwister der Beschuldigte war der Bruder.
Seine Schwester wurde von der Tante im Testament als alleinige Erbin eingesetzt. Dieses befand sich mit einer Halskette im Wert von 3.500 Euro im Tresor vom leerstehenden Gebäude, welches sie erbte, aber worin sie nicht lebte.
Als er sie besuchte nahm er den Schlüssel des Hauses, ließ diesen nachmachen und brachte den alten zurück.
Er gelang dann mit dem Schlüssel in das Haus und brach den Tresor auf. Entwendete die Kette und das Testament. Zweiteres zerschnitt er im Nachgang.
Die Probleme waren eher in der Beweisverwertung.
Er hat die Tat in einem Brief an seine Ex-Frau gestanden. Diese hat ausgesagt und später die Aussage verweigert. Den Brief aber weiterhin freiwillig übergeben.
Dann kam es zu einer Durchsuchung nach vorangegangenem gerichtlichen Beschluss bei dem Beschuldigten. Diese endete um 21:15 Uhr und damit in der Nachtzeit. Dort wurden Kette und Testamentschlüssel, sowie der Schlüssel entdeckt.
Eingelassen hat er sich nur dahingehend, dass er den Schlüssel nachmachen lassen hat.
In Berlin-Brandenburg ähnlich aber doch offenbar sehr anders: auch hier 2 Geschwister. Testament der Tante macht die Schwester zur Alleinerbin. Bruder arbeitslos, braucht Geld. Fälscht Schlüssel, verschafft sich Zugang zur Wohnung der Erblassern, nimmt Goldmünzen mit und verbrennt vor Ort das Testament.
Er gesteht dann in der Beschuldigtenvernehmung alles und sagt sogar noch, dass er die Münzen weiterverkauft hat an den Nichtwissenden G.
Es gab hier also gar keine Beweisprobleme: Der Bruder hatte alles detailliert gestanden, hinsichtlich des Betrugs gegenüber dem Nichtwissenden G passten dessen Aussagen zusammen. Ferner wurde die Brechstange, mit welcher sich der Beschuldigte Zugang zum Tresor verschafft hatte, gefunden (lag in der Wohnung) und der hatte Spuren vom Tresor. Auch hatte der Beschuldigte telefonisch direkt der Schwester alles gestanden.
Also der Fall irgendwie sehr 1.Examensmäßig in Berlin. Fast nur materielles Recht.
Angewürzt war es prozessual allerdings noch mit zwei Problemen:
1. Bevor er in die Wohnung einbrach, wurde er dabei erwischt, wie er ohne Fahrerlaubnis fuhr. Die Tat wurde angeklagt und vor Gericht nach § 153 II StPO eingestellt. Es ging also um Strafklageverbrauch. Habe das verneint und es als eigene Tat gesehen (kein Beziehungs- und Bedingungszusammenhang, da er das Fahrzeug nicht zur Wegschaffung der Beute nutzte, vielmehr fuhr sein Kumpel das Auto weg und er nahm die Straßenbahn). Ansonsten hätte man den ganzen Diebstahl etc. hilfsgutachterlich prüfen müssen (§ 244 IV, Verbrechen, war mE zu verneinen, da die Wohnung keine Privatwohnung war, da die Schwester nur sporadisch da war, um sie leerzuräumen).
2. Gab es auch hier eine Durchsuchung beim Beschuldigten (wo aber nichts gefunden wurde), bei er den Polizisten als "Stasi-Schwein" oder so bezeichnet hatte. Der Polizist erstatte Strafantrag. Nachdem der Beschuldigte sich entschuldigt hatte, nahm der Polizist den Strafantrag zurück. Aber der Chef des Polizisten stellte dann Strafantrag. Dies ging auch (§§ 194 III, 77a), jedoch war der Strafantrag des Chefs m. E. um 1 Woche verspätet.
Angeklagt habe ich am Ende:
- § 244 I Nr. 1a (wegen der Brechstange, die er dabei hatte)
- § 244 I Nr. 3 (weil Wohnungseinbruch)
(§§ 123, 243 I Nr. 1, 2 bejaht, aber im Wege Konkurrenz weggehauen)
- § 303 (wegen dem beschädigten Tresor)
- § 274 I Nr. 1 (wegen der verbrannten Urkunde; § 303 I tritt dahinter zurück)
- § 263 gegenüber dem G, dem er die Münzen verkaufte
Wirklich ähnlich, aber doch auch unterschiedlich. Bei uns irgendwie sehr 'einfach' vom SV gewesen.
Wie war denn der SV hinsichtlich des Wohnraums? Ich habe § 244 I Nr. 3 StGB abgelehnt, weil bei uns das Haus leerstand, sie dieses verkaufen wollte und nie vor Ort war.
Also in Berlin-Brandenburg stand, dass sie regelmäßig in der Wohnung ist (sie war dort noch am 2.1., bei uns war der Einbruch meine ich am 5.1.) und dort leer räumt, sauber macht usw. Das ist ja mE gerade der Unterschied zwischen § 244 IV und § 244 I Nr. 3: Bei § 244 IV muss die Wohnung "Lebensmittelpunkt" sein, während es bei § 244 I Nr. 3 einfach nur eine Wohnung sein muss. Entwidmung lag mE noch nicht vor. Ich denke man kann es aber anders sehen.
09.06.2023, 18:15
(09.06.2023, 17:43)Ri_BW schrieb:(09.06.2023, 16:18)JurinatorBW schrieb: Es war auch bzgl. der Verwertbarkeit der Aussage des Priesters sowie zur Durchsuchung noch einiges mehr gerügt bzw. problematisch
Priester:
- fehlerhafte Belehrung: Nur § 57 statt § 53 StPO
- § 53 als Aussageverweigerungsrecht oder auch -pflicht?
- Zwischenzeitliche Aufgabe der Priesterstellung und Fortwirkung des Aussageverweigerungsrechts?
- Intimsphäre wg. Beichte? Evtl. Ähnlichkeit zu Selbstgesprächen oder Tagebuch-Fällen?
Durchsuchung:
- hinreichender Tatverdacht (-) weil auf Aussage des Priesters beruhend?
- hinreichender Tatverdacht (-) bzgl. im Durchsuchungsbefehl angegebener Delikte? (§§ 258, 258a wohl (-) und § 133 I, III zwar (+), aber Verfolungsverjährung, die ebenfalls gerügt wurde)
- Vermutung bzgl. des Auffindens von Beweismitteln nach 5 Jahren? Vgl. § 102 I a.E.
- Bzgl. Durchsuchung des Dienstgebäudes: § 103?
- Durchsuchungsbefehl zu unbestimmt bzgl. Tatgeschehen?
- Durchsuchungsbefehl zu unbestimmt bzgl. Beweismittel?
- dazu, dass auf die Beiziehung von Durchsuchungszeugen verzichtet werden kann (Dienstgebäude), konnte man auch noch schreiben, vgl. § 105 II
Weiter bzgl. Durchsuchung:
- Tagebuch als Zufallsfund - zulässig?
- Auszüge aus Tagebuch verwertbar?
Jedenfalls krass viel, oder? Ich denke, ich habs gut verbockt, denn zum Tankkarten-Fall bin ich nach den ganzen Beweisverwertungsproblemen faktisch nicht mehr gekommen, obwohl da ja einiges zu holen war.
Unterbrechung der Verjährung durch richterliche Anordnung der Durchsuchung (§ 78c I 1 Nr. 4 StGB)?
Ich habe dazu nichts geschrieben, denn:
- Betreffend TK 1 erfolgte die Tat am 3.1.2018, sodass die Verjährungsfrist gem. § 78a im Januar 2018 zu laufen und beginn, gem. § 78 I, III Nr. 4, 78a fünf Jahre betrug und damit im Januar 2023 endete. Der Durchsuchungsbeschluss aus dem März 2023 konnte die Verjährung damit nicht unterbrechen, da die Verjährung bereits erfolgt war, als der Beschluss erging. f
- Betreffend TK2 hätte man es wohl erwähnen können, da war ja aber ohnehin noch Zeit ...
09.06.2023, 18:25
Aber der Verwahrungsbruch ist doch ein Dauerdelikt und endet erst damit, dass die Akte nicht mehr "unterdrückt" wird. Nach 78a müsste doch dann die Verjährung erst später beginnen oder?
09.06.2023, 18:26
(09.06.2023, 18:08)Carlos1984 schrieb:(09.06.2023, 17:53)friendlyjur schrieb:(09.06.2023, 17:24)Carlos1984 schrieb:(09.06.2023, 16:12)JURMNRW schrieb: NRW war ungefähr so:
Es ging um 2 Geschwister der Beschuldigte war der Bruder.
Seine Schwester wurde von der Tante im Testament als alleinige Erbin eingesetzt. Dieses befand sich mit einer Halskette im Wert von 3.500 Euro im Tresor vom leerstehenden Gebäude, welches sie erbte, aber worin sie nicht lebte.
Als er sie besuchte nahm er den Schlüssel des Hauses, ließ diesen nachmachen und brachte den alten zurück.
Er gelang dann mit dem Schlüssel in das Haus und brach den Tresor auf. Entwendete die Kette und das Testament. Zweiteres zerschnitt er im Nachgang.
Die Probleme waren eher in der Beweisverwertung.
Er hat die Tat in einem Brief an seine Ex-Frau gestanden. Diese hat ausgesagt und später die Aussage verweigert. Den Brief aber weiterhin freiwillig übergeben.
Dann kam es zu einer Durchsuchung nach vorangegangenem gerichtlichen Beschluss bei dem Beschuldigten. Diese endete um 21:15 Uhr und damit in der Nachtzeit. Dort wurden Kette und Testamentschlüssel, sowie der Schlüssel entdeckt.
Eingelassen hat er sich nur dahingehend, dass er den Schlüssel nachmachen lassen hat.
In Berlin-Brandenburg ähnlich aber doch offenbar sehr anders: auch hier 2 Geschwister. Testament der Tante macht die Schwester zur Alleinerbin. Bruder arbeitslos, braucht Geld. Fälscht Schlüssel, verschafft sich Zugang zur Wohnung der Erblassern, nimmt Goldmünzen mit und verbrennt vor Ort das Testament.
Er gesteht dann in der Beschuldigtenvernehmung alles und sagt sogar noch, dass er die Münzen weiterverkauft hat an den Nichtwissenden G.
Es gab hier also gar keine Beweisprobleme: Der Bruder hatte alles detailliert gestanden, hinsichtlich des Betrugs gegenüber dem Nichtwissenden G passten dessen Aussagen zusammen. Ferner wurde die Brechstange, mit welcher sich der Beschuldigte Zugang zum Tresor verschafft hatte, gefunden (lag in der Wohnung) und der hatte Spuren vom Tresor. Auch hatte der Beschuldigte telefonisch direkt der Schwester alles gestanden.
Also der Fall irgendwie sehr 1.Examensmäßig in Berlin. Fast nur materielles Recht.
Angewürzt war es prozessual allerdings noch mit zwei Problemen:
1. Bevor er in die Wohnung einbrach, wurde er dabei erwischt, wie er ohne Fahrerlaubnis fuhr. Die Tat wurde angeklagt und vor Gericht nach § 153 II StPO eingestellt. Es ging also um Strafklageverbrauch. Habe das verneint und es als eigene Tat gesehen (kein Beziehungs- und Bedingungszusammenhang, da er das Fahrzeug nicht zur Wegschaffung der Beute nutzte, vielmehr fuhr sein Kumpel das Auto weg und er nahm die Straßenbahn). Ansonsten hätte man den ganzen Diebstahl etc. hilfsgutachterlich prüfen müssen (§ 244 IV, Verbrechen, war mE zu verneinen, da die Wohnung keine Privatwohnung war, da die Schwester nur sporadisch da war, um sie leerzuräumen).
2. Gab es auch hier eine Durchsuchung beim Beschuldigten (wo aber nichts gefunden wurde), bei er den Polizisten als "Stasi-Schwein" oder so bezeichnet hatte. Der Polizist erstatte Strafantrag. Nachdem der Beschuldigte sich entschuldigt hatte, nahm der Polizist den Strafantrag zurück. Aber der Chef des Polizisten stellte dann Strafantrag. Dies ging auch (§§ 194 III, 77a), jedoch war der Strafantrag des Chefs m. E. um 1 Woche verspätet.
Angeklagt habe ich am Ende:
- § 244 I Nr. 1a (wegen der Brechstange, die er dabei hatte)
- § 244 I Nr. 3 (weil Wohnungseinbruch)
(§§ 123, 243 I Nr. 1, 2 bejaht, aber im Wege Konkurrenz weggehauen)
- § 303 (wegen dem beschädigten Tresor)
- § 274 I Nr. 1 (wegen der verbrannten Urkunde; § 303 I tritt dahinter zurück)
- § 263 gegenüber dem G, dem er die Münzen verkaufte
Ich habe einen untauglichen Versuch wg. der Urkundenunterdrückung geprüft, da das Testament zuvor notariell beurkundet wurde und damit kein Vernichten einer Urkunde (Beweisfunktion) trotz Verbrennens eintreten konnte. Zudem stand, dass der W von der vorherigen notariellen Beurkundung nichts wusste. Beim Betrug habe ich die Makeltheorie bzgl. des Vermögensschadens problematisiert aber einen Vermögensschaden i.E. angenommen. Weiß jmd. genauer wie mit der verfristeten Anzeigenerstattung des Dienstvorgesetzen umzugehen war ?
Ich war auch unsicher bei § 274, ob nur Versuch oder Vollendung und habe es problematisiert. Letztlich sind es ja aber zwei verschiedene Testamente: das handschriftliche und zusätzlich ein notariell beurkundetes Testament. Damit hatte m. E das handschriftliche Testament einen eigenständigen Beweiswert, der vernichtet wurde. Aber kann man sicherlich nach dem telos des § 274 I Nr. 1 StGB anders sehen und einen (untauglichen) Versuch annehmen. Hattest du dazu ggf. was im Kommentar gesehen? Ich hab gelesen und nichts gefunden in Richtung "wenn es eine Urkunde 2 mal gibt, dann ist es kein " 274 I Nr. 1".
Also zum Strafantrag bei § 185 StGB mE war schlicht zu sagen, dass es verfristet ist und damit Prozesshindernis (und davor sagen, dass der Vorgesetzte den Strafantrag stellen durfte). Materiellrechtlich gab es da ja auch kein Problem, die Beleidigung wäre in 2 Sätzen durchgegangen, daher dachte ich mir, dass das mit der Verfristung wohl die Absicht des Klausurerstellers war.
Ich habe es auch genau mit der Argumentation abgelehnt und auch dieselben Überlegungen angestellt. Denke es wird am Ende vermutlich um die Argumentation gehen.
09.06.2023, 18:29
(09.06.2023, 18:26)JURMNRW schrieb:(09.06.2023, 18:08)Carlos1984 schrieb:(09.06.2023, 17:53)friendlyjur schrieb:(09.06.2023, 17:24)Carlos1984 schrieb:(09.06.2023, 16:12)JURMNRW schrieb: NRW war ungefähr so:
Es ging um 2 Geschwister der Beschuldigte war der Bruder.
Seine Schwester wurde von der Tante im Testament als alleinige Erbin eingesetzt. Dieses befand sich mit einer Halskette im Wert von 3.500 Euro im Tresor vom leerstehenden Gebäude, welches sie erbte, aber worin sie nicht lebte.
Als er sie besuchte nahm er den Schlüssel des Hauses, ließ diesen nachmachen und brachte den alten zurück.
Er gelang dann mit dem Schlüssel in das Haus und brach den Tresor auf. Entwendete die Kette und das Testament. Zweiteres zerschnitt er im Nachgang.
Die Probleme waren eher in der Beweisverwertung.
Er hat die Tat in einem Brief an seine Ex-Frau gestanden. Diese hat ausgesagt und später die Aussage verweigert. Den Brief aber weiterhin freiwillig übergeben.
Dann kam es zu einer Durchsuchung nach vorangegangenem gerichtlichen Beschluss bei dem Beschuldigten. Diese endete um 21:15 Uhr und damit in der Nachtzeit. Dort wurden Kette und Testamentschlüssel, sowie der Schlüssel entdeckt.
Eingelassen hat er sich nur dahingehend, dass er den Schlüssel nachmachen lassen hat.
In Berlin-Brandenburg ähnlich aber doch offenbar sehr anders: auch hier 2 Geschwister. Testament der Tante macht die Schwester zur Alleinerbin. Bruder arbeitslos, braucht Geld. Fälscht Schlüssel, verschafft sich Zugang zur Wohnung der Erblassern, nimmt Goldmünzen mit und verbrennt vor Ort das Testament.
Er gesteht dann in der Beschuldigtenvernehmung alles und sagt sogar noch, dass er die Münzen weiterverkauft hat an den Nichtwissenden G.
Es gab hier also gar keine Beweisprobleme: Der Bruder hatte alles detailliert gestanden, hinsichtlich des Betrugs gegenüber dem Nichtwissenden G passten dessen Aussagen zusammen. Ferner wurde die Brechstange, mit welcher sich der Beschuldigte Zugang zum Tresor verschafft hatte, gefunden (lag in der Wohnung) und der hatte Spuren vom Tresor. Auch hatte der Beschuldigte telefonisch direkt der Schwester alles gestanden.
Also der Fall irgendwie sehr 1.Examensmäßig in Berlin. Fast nur materielles Recht.
Angewürzt war es prozessual allerdings noch mit zwei Problemen:
1. Bevor er in die Wohnung einbrach, wurde er dabei erwischt, wie er ohne Fahrerlaubnis fuhr. Die Tat wurde angeklagt und vor Gericht nach § 153 II StPO eingestellt. Es ging also um Strafklageverbrauch. Habe das verneint und es als eigene Tat gesehen (kein Beziehungs- und Bedingungszusammenhang, da er das Fahrzeug nicht zur Wegschaffung der Beute nutzte, vielmehr fuhr sein Kumpel das Auto weg und er nahm die Straßenbahn). Ansonsten hätte man den ganzen Diebstahl etc. hilfsgutachterlich prüfen müssen (§ 244 IV, Verbrechen, war mE zu verneinen, da die Wohnung keine Privatwohnung war, da die Schwester nur sporadisch da war, um sie leerzuräumen).
2. Gab es auch hier eine Durchsuchung beim Beschuldigten (wo aber nichts gefunden wurde), bei er den Polizisten als "Stasi-Schwein" oder so bezeichnet hatte. Der Polizist erstatte Strafantrag. Nachdem der Beschuldigte sich entschuldigt hatte, nahm der Polizist den Strafantrag zurück. Aber der Chef des Polizisten stellte dann Strafantrag. Dies ging auch (§§ 194 III, 77a), jedoch war der Strafantrag des Chefs m. E. um 1 Woche verspätet.
Angeklagt habe ich am Ende:
- § 244 I Nr. 1a (wegen der Brechstange, die er dabei hatte)
- § 244 I Nr. 3 (weil Wohnungseinbruch)
(§§ 123, 243 I Nr. 1, 2 bejaht, aber im Wege Konkurrenz weggehauen)
- § 303 (wegen dem beschädigten Tresor)
- § 274 I Nr. 1 (wegen der verbrannten Urkunde; § 303 I tritt dahinter zurück)
- § 263 gegenüber dem G, dem er die Münzen verkaufte
Ich habe einen untauglichen Versuch wg. der Urkundenunterdrückung geprüft, da das Testament zuvor notariell beurkundet wurde und damit kein Vernichten einer Urkunde (Beweisfunktion) trotz Verbrennens eintreten konnte. Zudem stand, dass der W von der vorherigen notariellen Beurkundung nichts wusste. Beim Betrug habe ich die Makeltheorie bzgl. des Vermögensschadens problematisiert aber einen Vermögensschaden i.E. angenommen. Weiß jmd. genauer wie mit der verfristeten Anzeigenerstattung des Dienstvorgesetzen umzugehen war ?
Ich war auch unsicher bei § 274, ob nur Versuch oder Vollendung und habe es problematisiert. Letztlich sind es ja aber zwei verschiedene Testamente: das handschriftliche und zusätzlich ein notariell beurkundetes Testament. Damit hatte m. E das handschriftliche Testament einen eigenständigen Beweiswert, der vernichtet wurde. Aber kann man sicherlich nach dem telos des § 274 I Nr. 1 StGB anders sehen und einen (untauglichen) Versuch annehmen. Hattest du dazu ggf. was im Kommentar gesehen? Ich hab gelesen und nichts gefunden in Richtung "wenn es eine Urkunde 2 mal gibt, dann ist es kein " 274 I Nr. 1".
Also zum Strafantrag bei § 185 StGB mE war schlicht zu sagen, dass es verfristet ist und damit Prozesshindernis (und davor sagen, dass der Vorgesetzte den Strafantrag stellen durfte). Materiellrechtlich gab es da ja auch kein Problem, die Beleidigung wäre in 2 Sätzen durchgegangen, daher dachte ich mir, dass das mit der Verfristung wohl die Absicht des Klausurerstellers war.
Ich habe es auch genau mit der Argumentation abgelehnt und auch dieselben Überlegungen angestellt. Denke es wird am Ende vermutlich um die Argumentation gehen und dementsprechend beides vertretbar sein.
09.06.2023, 18:43
Habt ihr in Berlin was zu § 186 StGB gesagt wegen eines möglichen Tatsachenkerns der Aussage “verdammtes Stasi-Schwein” gegenüber KK Meister oder ist das zu abwegig?
09.06.2023, 18:44
(09.06.2023, 18:43)KeinAnwaltBE schrieb: Habt ihr in Berlin was zu § 186 StGB gesagt wegen eines möglichen Tatsachenkerns der Aussage “verdammtes Stasi-Schwein” gegenüber KK Meister oder ist das zu abwegig?
Kann man alles diskutieren, aber ich denke es ist eindeutig, dass er keine Tatsachenbekundung machen wollte. Ich habe es aber halt schon am Prozesshindernis scheitern lassen. Das soll man ja zuerst prüfen. Klar, man hätte dann noch Hilfsgutachten machen können ob § 185 oder § 186 StGB, aber mE war das klar ein Werturteil.
09.06.2023, 19:19
Wie geht man im B Gutachten bzgl. eines möglichen Haftbefehls damit um, wenn der Beschuldigte in der jVA sitzt (also schon eine Freiheitsstrafe verbüßt)? Unter Hinweis hierauf keinen Haftbefehl beantragen?
09.06.2023, 19:35
(09.06.2023, 19:19)lucatoni schrieb: Wie geht man im B Gutachten bzgl. eines möglichen Haftbefehls damit um, wenn der Beschuldigte in der jVA sitzt (also schon eine Freiheitsstrafe verbüßt)? Unter Hinweis hierauf keinen Haftbefehl beantragen?Du brauchst ja einen Haftgrund. Wenn der in der JVA ist, fehlt es an einer Fluchtgefahr und verdunkeln kann er nichts. Ich denke, man muss schauen, wie lange er noch in Haft ist. Aber hier könnte man auch notieren im B-Gutachten, dass erstmal zur Zeit der Anklageerhebung kein Haftgrund besteht und im Fall einer drohenden Entlassung aus der JVA unverzüglich zu prüfen ist, ob ein Haftbefehlsantrag zu stellen ist.