29.01.2023, 20:35
"Auf der anderen Seite ist das Gras immer grüner"
Grüß Gott, ich würde gerne eure Meinung zu meiner Situation hören, da ich in meinem Bekanntenkreis leider keine Juristen habe. Ich erspar euch viel Prosa und beschränke mich auf die hard facts
Alter: 33 (erst Pflegerausbildung, dann Abi nachgeholt und Medizin studiert)
Beruf: Assistenzarzt in einer Uniklinik in Bayern (1. Jahr)
Einkommen: ca. 70k bei einer 65-70h Woche, dank Tarifvertrag jährliche Gehaltssteigerung
Vermögen: ca. 100k
Aktuell komme ich ins 2. Semester. Ich studiere Jura auf Staatsexamen an der Fernuni Hagen (in Teilzeit, mit aktuellem Tempo bin ich, optimistisch betrachtet, in 12 Jahren Vollurist). Langfristiges Ziel ist eine eigene Anwaltskanzlei mit Schwerpunkt Medizinrecht.
Frage: Soll ich das Studium durchziehen oder fahre ich, vor dem Hintergrund meines fortgeschrittenen Alters, mit meiner Tätigkeit als Arzt langfristig besser? Laut Googlerecherche gibt es tatsächlich ein paar Anwälte mit abgeschlossenem Medizinstudium und umgekehrt.
Grüß Gott, ich würde gerne eure Meinung zu meiner Situation hören, da ich in meinem Bekanntenkreis leider keine Juristen habe. Ich erspar euch viel Prosa und beschränke mich auf die hard facts
Alter: 33 (erst Pflegerausbildung, dann Abi nachgeholt und Medizin studiert)
Beruf: Assistenzarzt in einer Uniklinik in Bayern (1. Jahr)
Einkommen: ca. 70k bei einer 65-70h Woche, dank Tarifvertrag jährliche Gehaltssteigerung
Vermögen: ca. 100k
Aktuell komme ich ins 2. Semester. Ich studiere Jura auf Staatsexamen an der Fernuni Hagen (in Teilzeit, mit aktuellem Tempo bin ich, optimistisch betrachtet, in 12 Jahren Vollurist). Langfristiges Ziel ist eine eigene Anwaltskanzlei mit Schwerpunkt Medizinrecht.
Frage: Soll ich das Studium durchziehen oder fahre ich, vor dem Hintergrund meines fortgeschrittenen Alters, mit meiner Tätigkeit als Arzt langfristig besser? Laut Googlerecherche gibt es tatsächlich ein paar Anwälte mit abgeschlossenem Medizinstudium und umgekehrt.
29.01.2023, 20:47
Als selbstständiger Anwalt ist dein Alter egal.
Aber wirtschaftlich sinnvoller wäre es natürlich, einfach Arzt zu bleiben. Mit Mitte 40 bist du ja längst leitender Oberarzt, auf dem Weg zum Chefarzt, oder hast eine eigene Praxis. Dann erst als Anwalt neu zu beginnen, wäre finanziell nicht lohnenswert. Plus der Verdienstausfall auf dem Weg dorthin (Examen + Vollzeit geht nicht, geben im im Ref).
Wenn es natürlich dein Herzenswunsch ist, kannst du es machen. Oder eben weiter Jura als Hobby nebenher.
Aber wirtschaftlich sinnvoller wäre es natürlich, einfach Arzt zu bleiben. Mit Mitte 40 bist du ja längst leitender Oberarzt, auf dem Weg zum Chefarzt, oder hast eine eigene Praxis. Dann erst als Anwalt neu zu beginnen, wäre finanziell nicht lohnenswert. Plus der Verdienstausfall auf dem Weg dorthin (Examen + Vollzeit geht nicht, geben im im Ref).
Wenn es natürlich dein Herzenswunsch ist, kannst du es machen. Oder eben weiter Jura als Hobby nebenher.
29.01.2023, 21:00
Ich kenne tatsächlich jemand der neben seinem Jurastudium erfolgreich Medizin zum Ausgleich studiert hat und quasi parallel fertig war. Der hat vor dem Referendariat dann ein Jahr als Assistenzarzt gearbeitet und ist nach knapp bestandenem zweiten Examen (4, nach der mündlichen Prüfung) wieder zurück zur Medizin. Bei realistischer Betrachtung gehen deine Chancen gen Null das parallel durchzuziehen: nach 5-6 Jahren bist du Facharzt und damit fährst du (klar Belastung ist hoch, Exit in Praxis aber möglich) finanziell besser als viele Anwälte und fast alle Beamte (v.a. als Jurist beim Staat - soweit überhaupt gewünscht - kommst du je nach Dauer deiner Ausbildung nicht mal in die höchste Erfahrungsstufe). Zudem ist eine Examensvorbereitung für das erste Examen (Hagen müsste ja das Examen in NRW schreiben) in Teilzeit oder parallel zu einem Job mit mehr als 50% wohl schlicht ein Himmelfahrtskommando.
29.01.2023, 21:59
Bei zwei Berufen in beiden richtig gut zu sein, ist extrem schwierig. Da Du einen schon hast, würde ich darauf auch das stärkere Gewicht legen:
Als Medizinrechtler sind medizinische Kenntnisse natürlich nützlich. Der Schwerpunkt liegt aber ganz klar auf Jura. In allen Bereichen so gut wie die Sachverständigen zu sein, schaffst Du sowieso nicht, und um sie nur sinnvoll befragen zu können, bist Du ohnehin überqualifiziert.
Gibt es nicht umgekehrt Stellen für Ärzte, die noch etwas Ahnung von Jura haben? Führungsetage von Krankenhäusern, Krankenkassen, Medizinischer Dienst, Gesundheitsministerium usw.? Ich würde eher in die Richtung denken und mir jedenfalls das Referendariat sparen.
Als Medizinrechtler sind medizinische Kenntnisse natürlich nützlich. Der Schwerpunkt liegt aber ganz klar auf Jura. In allen Bereichen so gut wie die Sachverständigen zu sein, schaffst Du sowieso nicht, und um sie nur sinnvoll befragen zu können, bist Du ohnehin überqualifiziert.
Gibt es nicht umgekehrt Stellen für Ärzte, die noch etwas Ahnung von Jura haben? Führungsetage von Krankenhäusern, Krankenkassen, Medizinischer Dienst, Gesundheitsministerium usw.? Ich würde eher in die Richtung denken und mir jedenfalls das Referendariat sparen.
29.01.2023, 22:46
Wieso willst du eine eigene Kanzlei? Irgendwie fehlen die Beweggründe. Mit Medizin kannst du in allen Punkten bessere Deals kriegen als mit einer eigenen Kanzlei, vorallem mehr Geld bei weniger Arbeitszeit.
30.01.2023, 09:22
Ich würde es nicht machen. Lohnt sich wahrscheinlich nicht. Vollzeit als Arzt und nebenher noch Jura, da bleibt kein Leben mehr übrig.
Eine eigene Kanzlei aufzuziehen ist ohnehin schwer.
Ich würde an deiner Stelle eher zusehen, dass ich mich neben dem Arzt-Busieness noch als Sachverständiger verdinge, da verdienst n Haufen Kohle.
Wenns aber dein Traum ist, warum nicht.
Eine eigene Kanzlei aufzuziehen ist ohnehin schwer.
Ich würde an deiner Stelle eher zusehen, dass ich mich neben dem Arzt-Busieness noch als Sachverständiger verdinge, da verdienst n Haufen Kohle.
Wenns aber dein Traum ist, warum nicht.
30.01.2023, 12:59
Du schreibst wenig zu Deiner Motivation für das Jurastudium. Aus finanzieller Sicht lohnt sich das sicherlich nicht, da wäre Dir eher dazu zu raten, Dich möglichst bald als Arzt selbständig zu machen. Das Medianeinkommen von niedergelassenen Ärzten liegt deutlich über dem Medianeinkommen von Rechtsanwälten, insbesondere wenn man nicht in Frankfurt oder München lebt. Der Wettbewerbsdruck dürfte für selbständige Ärzte weniger groß sein, wichtig ist wohl eher eine gute Praxisorganisation. Aber wenn Du den Arztberuf überhaupt nicht erträgst, ist das natürlich ein gangbarer Weg.
30.01.2023, 13:11
Ich kenne einen Juristen, der vorher ein Medizinstudium absolviert hat - er ist auch Arzthaftungsfälle spezialisiert und da helfen seine Kenntnisse aus dem Medizinstudium/Zeit als Arzt durchaus. Ansonsten ist "Medizinrecht" als Praxisgebiet so breit (z.B. gibt es Patentrecht in diesem Bereich, oder Arzthaftung, Versicherungsrecht für Ärzte etc.) dass man so pauschal auch nicht sagen kann, ob dafür medizinische Bildung von Vorteil ist. Wie ein paar schon gesagt haben - für Sachverständigengutachten etc. kann es insofern hilfreich sein, dass Du diese wahrscheinlich "besser" verstehst als ein durchschnittlicher Jurist - erstellen wirst Du diese als Anwalt aber nicht.
Ohne hier konkret zu wissen, warum du zusätzlich Jura studierst und was du konkret als "Medizinrechtler" machen möchtest, ist es schwer, irgendeinen Rat zu geben - das Spektrum dessen, was möglich ist, ist in beide Richtungen extrem breit/unterschiedlich.
Ohne hier konkret zu wissen, warum du zusätzlich Jura studierst und was du konkret als "Medizinrechtler" machen möchtest, ist es schwer, irgendeinen Rat zu geben - das Spektrum dessen, was möglich ist, ist in beide Richtungen extrem breit/unterschiedlich.
30.01.2023, 15:04
(30.01.2023, 12:59)Humpa schrieb: Du schreibst wenig zu Deiner Motivation für das Jurastudium. Aus finanzieller Sicht lohnt sich das sicherlich nicht, da wäre Dir eher dazu zu raten, Dich möglichst bald als Arzt selbständig zu machen. Das Medianeinkommen von niedergelassenen Ärzten liegt deutlich über dem Medianeinkommen von Rechtsanwälten, insbesondere wenn man nicht in Frankfurt oder München lebt. Der Wettbewerbsdruck dürfte für selbständige Ärzte weniger groß sein, wichtig ist wohl eher eine gute Praxisorganisation. Aber wenn Du den Arztberuf überhaupt nicht erträgst, ist das natürlich ein gangbarer Weg.
Schließe mich dem an. Die Zeit als Assistenzarzt ist Mist, nachdem was man hört. Du bestätigst es ja auch: zu viele Stunden für ein dafür zu niedriges Gehalt. Nach dem Assistenzarzt soll es aber besser werden, jedenfalls wenn man nicht in einer Klinik arbeitet, sondern z.B. in der eigenen Praxis.
So viel von meiner Seite als medizinischer Laie, der die Medien verfolgt.
Die meisten Anwälte sind im Schnitt wesentlich schlechter bezahlt als ein Arzt. Finanziell bist du daher als Arzt besser dran, gerade wenn du eine eigene Kanzlei bzw. Praxis aufmachen willst. Bei den Anwälten sind die Anwälte in den Großkanzleien Gutverdiener, angestellte Anwälte liegen insgesamt irgendwo im Mittel und der selbständige Einzelanwalt lebt häufig prekär. Nicht alle, aber es ist schon ein hartes Stück Arbeit alleine. Vom DAV o.ä. gibt es eine Statistik dazu. Ich weiß nicht mehr genau, was ich damals dort für einen Wert gelesen habe, aber es war für den Einzelanwalt im Durchschnitt wesentlich weniger als du jetzt als Assistenzarzt verdienst.
Wenn du keine außerordentliche Faszination für Jura hast, würde ich es lassen. Ich hatte im Studium die Vorlesung Rechtsmedizin. So wie es das für Juristen gibt, gibt es andersherum bestimmt auch rechtliche Vorlesungen oder Fortbildungen für Mediziner. Das würde ich vermutlich einem kompletten Jurastudium vorziehen.
30.01.2023, 16:02
Gibt bei HM einen Senior Associate, der Arzt und Anwalt ist (und zwischendurch Richter war).
Kannst ihn ja mal fragen, ob es sich für ihn gelohnt hat, zweigleisig zu fahren.
Kannst ihn ja mal fragen, ob es sich für ihn gelohnt hat, zweigleisig zu fahren.