01.10.2022, 10:25
Hallo zusammen,
ich bin jetzt seit gut zwei Jahren in der Anwaltschaft tätig, möchte indes aus diversen Gründen in die Verwaltung wechseln. Dazu habe ich drei Fragen und bitte hier um eine Antwort aus Erfahrung:
1. Wie juristisch arbeitet man eigentlich in der Verwaltung als Regierungsrätin? Ist das eher politisch angehaucht oder taucht man auch mal tief in juristische Ausarbeitungen ein?
2. Wie läuft das nach dem Trainee-Programm der Länder eigentlich genau ab? Ich werde dann einfach irgendeinem Amt zugeteilt oder habe ich auch die Möglichkeit, mich intern auf freie Stellen, die für mich intressant klingen, zu bewerben? Wie erfahre ich von solche Stellen?
3. Wie gut sind Beförderungschancen, um von A13 wegzukommen?
Viele Grüße und schönes Wochenende,
Antonia
ich bin jetzt seit gut zwei Jahren in der Anwaltschaft tätig, möchte indes aus diversen Gründen in die Verwaltung wechseln. Dazu habe ich drei Fragen und bitte hier um eine Antwort aus Erfahrung:
1. Wie juristisch arbeitet man eigentlich in der Verwaltung als Regierungsrätin? Ist das eher politisch angehaucht oder taucht man auch mal tief in juristische Ausarbeitungen ein?
2. Wie läuft das nach dem Trainee-Programm der Länder eigentlich genau ab? Ich werde dann einfach irgendeinem Amt zugeteilt oder habe ich auch die Möglichkeit, mich intern auf freie Stellen, die für mich intressant klingen, zu bewerben? Wie erfahre ich von solche Stellen?
3. Wie gut sind Beförderungschancen, um von A13 wegzukommen?
Viele Grüße und schönes Wochenende,
Antonia
01.10.2022, 10:42
In den nachgeordneten Behörden ist man als Jurist idR Führungskraft. Man kann das schlicht nicht pauschal sagen und wechselt je nach Verwendung, ob man überwiegend "Chef" ist und vor allem nach oben berichtet und nach unten koordiniert oder auch selbst in der Sache tiefer einsteigt.
01.10.2022, 11:00
(01.10.2022, 10:25)frage9999 schrieb: Hallo zusammen,
ich bin jetzt seit gut zwei Jahren in der Anwaltschaft tätig, möchte indes aus diversen Gründen in die Verwaltung wechseln. Dazu habe ich drei Fragen und bitte hier um eine Antwort aus Erfahrung:
1. Wie juristisch arbeitet man eigentlich in der Verwaltung als Regierungsrätin? Ist das eher politisch angehaucht oder taucht man auch mal tief in juristische Ausarbeitungen ein?
2. Wie läuft das nach dem Trainee-Programm der Länder eigentlich genau ab? Ich werde dann einfach irgendeinem Amt zugeteilt oder habe ich auch die Möglichkeit, mich intern auf freie Stellen, die für mich intressant klingen, zu bewerben? Wie erfahre ich von solche Stellen?
3. Wie gut sind Beförderungschancen, um von A13 wegzukommen?
Viele Grüße und schönes Wochenende,
Antonia
Das kommt halt ganz drauf an, welche Behörde und welches Referat… lässt sich schwer verallgemeinern.
Allgemein sollte man sich schon darauf einstellen, ggf. wenig juristisch zu arbeiten, dafür aber in Führungsrolle mit allem was dazugehört - Personalverantwortung, Controlling usw.
01.10.2022, 13:16
So ist es - das kann Justiziariat bedeuten oder 90 % Personal, sehr politiknah oder sehr fachlich. Ich bin aus der Ziviljustiz auf Zeit rausgewechselt in eine sehr spezielle Stelle in einem Ministerium und mag die Mischung sehr: Personal, Organisation und Kommunikation - und überraschend oft eben doch Jura, weil alle Lebensbereiche extrem verrechtlicht sind und es dann eben doch praktisch ist zu verstehen, was die Regeln bedeuten und warum es sie gibt.
A13 wirst Du nicht ewig bleiben.
A13 wirst Du nicht ewig bleiben.
01.10.2022, 20:26
Es kommt halt drauf an, wo du hin willst und wie dein Karriereziel aussieht. In nachgeordneten Behörden gibt es bis A15 und in Ministerien bis A16 durchaus einige Stellen, bei denen die (juristische) Facharbeit einen weit überwiegenden Teil der Arbeit ausmacht. Allerdings wird die Luft nach A14 deutlich dünner, gerade wenn es um die reinen Fachstellen mit wenig Führungsaufgaben geht. Und wenn es blöd läuft, kommst du an diese Stellen gar nicht ran (falsche Zeit, falscher Ort, Dienstherr mit anderen Plänen).
01.10.2022, 22:30
Bin in einer Rechtsbehelfsstelle der Arbeitsagentur. Bei den Jobcentern dürfte es ähnlich aussehen (und deren Rechtsbehelfsstellen sind an mehr Standorten zu finden als bei der Arbeitsagentur). Wir bearbeiten Widerspruchs- und Klageverfahren nach dem SGG. Das ist natürlich zu 100 Prozent juristisch. Das Problem ist, dass du selbst mit Prozessvertretung etc. "nur" in eine Tarifstufe eingeordnet wirst, die in etwa A11 entsprechen soll. Dafür gibt es dann aber noch Zulagen. Was es nicht gibt ist eine Verbeamtung. Also dann auch keine Kinderzuschläge usw. Dafür ein 13. Monatsgehalt im November.
Bei der Arbeitsagentur kann man natürlich noch höher hinaus: Teamleiter, Bereichsleiter, ... Aber dann kommen natürlich immer mehr Aufgaben hinzu, die weniger juristisch sind, insbesondere Organisation und Personalverantwortung. Aber das dürfte auf Ministerialbeamte durchaus auch zutreffen ab einer gewissen Besoldungsstufe. In der Kommunalverwaltung vermutlich sowieso, da bekommt teilweise der Leiter des Ordnungsamtes schon nur A10.
Dafür ist die Arbeitsagentur deutlich moderner aufgestellt als wohl so ziemlich jede andere Behörde. Wenn ich bei einer Bezirksregierung in NRW oder so arbeiten müsste, würde ich mich irgendwann erschießen. Die Arbeitsagentur hat weniger von verstaubten Aktenbergen und dem typischen öD "Flair".
Die Arbeitsbelastung ist extrem gering. Du stempelst nach 39 Stunden aus und gehst nach Hause. Egal ob die Abteilung absäuft oder nicht.
Ich könnte mir vorstellen, dass es bei anderen Sozialversicherungsträgern ähnlich aussieht. Da bekommt man aber vermutlich noch früher "sonstige Aufgaben" aufgedrückt. Wenn ich mir deren gerichtliche Schriftsätze durchlese, dann ist offensichtlich, dass die Autoren dieser Schriftsätze unmöglich auch nur ein Semester lang Jura studiert haben können. Daraus schließe ich, dass bei den anderen Sozialversicherungsträgern die klassischen juristischen Tätigkeiten an untere Entgeltstufen abgegeben werden.
Bei der Arbeitsagentur kann man natürlich noch höher hinaus: Teamleiter, Bereichsleiter, ... Aber dann kommen natürlich immer mehr Aufgaben hinzu, die weniger juristisch sind, insbesondere Organisation und Personalverantwortung. Aber das dürfte auf Ministerialbeamte durchaus auch zutreffen ab einer gewissen Besoldungsstufe. In der Kommunalverwaltung vermutlich sowieso, da bekommt teilweise der Leiter des Ordnungsamtes schon nur A10.
Dafür ist die Arbeitsagentur deutlich moderner aufgestellt als wohl so ziemlich jede andere Behörde. Wenn ich bei einer Bezirksregierung in NRW oder so arbeiten müsste, würde ich mich irgendwann erschießen. Die Arbeitsagentur hat weniger von verstaubten Aktenbergen und dem typischen öD "Flair".
Die Arbeitsbelastung ist extrem gering. Du stempelst nach 39 Stunden aus und gehst nach Hause. Egal ob die Abteilung absäuft oder nicht.
Ich könnte mir vorstellen, dass es bei anderen Sozialversicherungsträgern ähnlich aussieht. Da bekommt man aber vermutlich noch früher "sonstige Aufgaben" aufgedrückt. Wenn ich mir deren gerichtliche Schriftsätze durchlese, dann ist offensichtlich, dass die Autoren dieser Schriftsätze unmöglich auch nur ein Semester lang Jura studiert haben können. Daraus schließe ich, dass bei den anderen Sozialversicherungsträgern die klassischen juristischen Tätigkeiten an untere Entgeltstufen abgegeben werden.
01.10.2022, 22:49
(01.10.2022, 22:30)Gast schrieb: Bin in einer Rechtsbehelfsstelle der Arbeitsagentur. Bei den Jobcentern dürfte es ähnlich aussehen (und deren Rechtsbehelfsstellen sind an mehr Standorten zu finden als bei der Arbeitsagentur). Wir bearbeiten Widerspruchs- und Klageverfahren nach dem SGG. Das ist natürlich zu 100 Prozent juristisch. Das Problem ist, dass du selbst mit Prozessvertretung etc. "nur" in eine Tarifstufe eingeordnet wirst, die in etwa A11 entsprechen soll. Dafür gibt es dann aber noch Zulagen. Was es nicht gibt ist eine Verbeamtung. Also dann auch keine Kinderzuschläge usw. Dafür ein 13. Monatsgehalt im November.
Bei der Arbeitsagentur kann man natürlich noch höher hinaus: Teamleiter, Bereichsleiter, ... Aber dann kommen natürlich immer mehr Aufgaben hinzu, die weniger juristisch sind, insbesondere Organisation und Personalverantwortung. Aber das dürfte auf Ministerialbeamte durchaus auch zutreffen ab einer gewissen Besoldungsstufe. In der Kommunalverwaltung vermutlich sowieso, da bekommt teilweise der Leiter des Ordnungsamtes schon nur A10.
Dafür ist die Arbeitsagentur deutlich moderner aufgestellt als wohl so ziemlich jede andere Behörde. Wenn ich bei einer Bezirksregierung in NRW oder so arbeiten müsste, würde ich mich irgendwann erschießen. Die Arbeitsagentur hat weniger von verstaubten Aktenbergen und dem typischen öD "Flair".
Die Arbeitsbelastung ist extrem gering. Du stempelst nach 39 Stunden aus und gehst nach Hause. Egal ob die Abteilung absäuft oder nicht.
Ich könnte mir vorstellen, dass es bei anderen Sozialversicherungsträgern ähnlich aussieht. Da bekommt man aber vermutlich noch früher "sonstige Aufgaben" aufgedrückt. Wenn ich mir deren gerichtliche Schriftsätze durchlese, dann ist offensichtlich, dass die Autoren dieser Schriftsätze unmöglich auch nur ein Semester lang Jura studiert haben können. Daraus schließe ich, dass bei den anderen Sozialversicherungsträgern die klassischen juristischen Tätigkeiten an untere Entgeltstufen abgegeben werden.
Da versucht wohl ein Vertreter der BA Werbung für seinen AG zu machen?
Welche Notenvoraussetzungen hat die BA bitte bei solchen Vergütungen?
02.10.2022, 12:43
(01.10.2022, 22:30)Gast schrieb: Bin in einer Rechtsbehelfsstelle der Arbeitsagentur. Bei den Jobcentern dürfte es ähnlich aussehen (und deren Rechtsbehelfsstellen sind an mehr Standorten zu finden als bei der Arbeitsagentur). Wir bearbeiten Widerspruchs- und Klageverfahren nach dem SGG. Das ist natürlich zu 100 Prozent juristisch. Das Problem ist, dass du selbst mit Prozessvertretung etc. "nur" in eine Tarifstufe eingeordnet wirst, die in etwa A11 entsprechen soll. Dafür gibt es dann aber noch Zulagen. Was es nicht gibt ist eine Verbeamtung. Also dann auch keine Kinderzuschläge usw. Dafür ein 13. Monatsgehalt im November.
Bei der Arbeitsagentur kann man natürlich noch höher hinaus: Teamleiter, Bereichsleiter, ... Aber dann kommen natürlich immer mehr Aufgaben hinzu, die weniger juristisch sind, insbesondere Organisation und Personalverantwortung. Aber das dürfte auf Ministerialbeamte durchaus auch zutreffen ab einer gewissen Besoldungsstufe. In der Kommunalverwaltung vermutlich sowieso, da bekommt teilweise der Leiter des Ordnungsamtes schon nur A10.
Dafür ist die Arbeitsagentur deutlich moderner aufgestellt als wohl so ziemlich jede andere Behörde. Wenn ich bei einer Bezirksregierung in NRW oder so arbeiten müsste, würde ich mich irgendwann erschießen. Die Arbeitsagentur hat weniger von verstaubten Aktenbergen und dem typischen öD "Flair".
Die Arbeitsbelastung ist extrem gering. Du stempelst nach 39 Stunden aus und gehst nach Hause. Egal ob die Abteilung absäuft oder nicht.
Ich könnte mir vorstellen, dass es bei anderen Sozialversicherungsträgern ähnlich aussieht. Da bekommt man aber vermutlich noch früher "sonstige Aufgaben" aufgedrückt. Wenn ich mir deren gerichtliche Schriftsätze durchlese, dann ist offensichtlich, dass die Autoren dieser Schriftsätze unmöglich auch nur ein Semester lang Jura studiert haben können. Daraus schließe ich, dass bei den anderen Sozialversicherungsträgern die klassischen juristischen Tätigkeiten an untere Entgeltstufen abgegeben werden.
Wenn es sich dabei um Stellen für Volljuristen handelt, wäre diese Eingruppierung schon allerhand, entspricht sie doch dem (vergleichbar) gehobenen Dienst und damit einer Laufbahn mit anderen Zugangsvoraussetzungen (FH-Diplom bzw. Bachelor statt Staatsexamina).
02.10.2022, 16:50
Ich arbeite (nachdem ich kurze Zeit in der Anwaltschaft verbracht habe) im Rechtsamt einer Großstadt. Meine Arbeit ist zu 100% juristisch. Prozessvertretung, Beratung beim Erstellen von Satzungen, Hilfestellung bei Einzelfallentscheidungen, die über das tägliche 0815 der Ämter hinausgehen.
Bei der Prozessvertretung wechseln sich Standardsachen mit medial begleiteten, wichtigen Verfahren ab.
Alle unsere Volljuristenstellen sind mindestens mit A14 bewertet. Darüber wird die Luft dann aber zugegeben dünn. Da ist man in den Ministerien einfach großzügiger unterwegs. Im Gegenzug hab ich aber keinen bis wenig politischen Einfluss auf meine Arbeit zu befürchten. Bisher musste ich noch nichts nach außen vertreten, womit ich nicht leben konnte. Im Gegenteil: viele Entscheidungen werden davon abhängig gemacht, wie die Empfehlung des Rechtsamts lautet.
Ich würde es definitiv weiterempfehlen (zugegeben: kommunales Rechtsamt einer Stadt <500k Einwohner, wäre mir vermutlich auch zu lahm. Aber ein paar große Städte hat Deutschland ja zu bieten).
Bei der Prozessvertretung wechseln sich Standardsachen mit medial begleiteten, wichtigen Verfahren ab.
Alle unsere Volljuristenstellen sind mindestens mit A14 bewertet. Darüber wird die Luft dann aber zugegeben dünn. Da ist man in den Ministerien einfach großzügiger unterwegs. Im Gegenzug hab ich aber keinen bis wenig politischen Einfluss auf meine Arbeit zu befürchten. Bisher musste ich noch nichts nach außen vertreten, womit ich nicht leben konnte. Im Gegenteil: viele Entscheidungen werden davon abhängig gemacht, wie die Empfehlung des Rechtsamts lautet.
Ich würde es definitiv weiterempfehlen (zugegeben: kommunales Rechtsamt einer Stadt <500k Einwohner, wäre mir vermutlich auch zu lahm. Aber ein paar große Städte hat Deutschland ja zu bieten).
02.10.2022, 22:22
(02.10.2022, 16:50)Kans Helsen schrieb: Ich arbeite (nachdem ich kurze Zeit in der Anwaltschaft verbracht habe) im Rechtsamt einer Großstadt. Meine Arbeit ist zu 100% juristisch. Prozessvertretung, Beratung beim Erstellen von Satzungen, Hilfestellung bei Einzelfallentscheidungen, die über das tägliche 0815 der Ämter hinausgehen.
Bei der Prozessvertretung wechseln sich Standardsachen mit medial begleiteten, wichtigen Verfahren ab.
Alle unsere Volljuristenstellen sind mindestens mit A14 bewertet. Darüber wird die Luft dann aber zugegeben dünn. Da ist man in den Ministerien einfach großzügiger unterwegs. Im Gegenzug hab ich aber keinen bis wenig politischen Einfluss auf meine Arbeit zu befürchten. Bisher musste ich noch nichts nach außen vertreten, womit ich nicht leben konnte. Im Gegenteil: viele Entscheidungen werden davon abhängig gemacht, wie die Empfehlung des Rechtsamts lautet.
Ich würde es definitiv weiterempfehlen (zugegeben: kommunales Rechtsamt einer Stadt <500k Einwohner, wäre mir vermutlich auch zu lahm. Aber ein paar große Städte hat Deutschland ja zu bieten).
Da muss ich - Jurist im Rechtsamt einer kreisfreien Stadt mit weniger als 500.000 Einwohnern - dir widersprechen. Je kleiner die Stadt, desto näher ist man potentiell an der Verwaltungsspitze dran, arbeitet etwa an für die Stadt insgesamt bedeutsamen Satzungen, Verträgen oder Vergaben von Großprojekten mit oder berät/gestaltet kommunale Unternehmen. Die juristische Kreativität ist in den meisten Fällen mehr gefragt, und es herrscht größere Abwechslung. Arbeitet man etwa dagegen in sehr großen Städten, ist man oft beschränkt auf ein Spezialgebiet, während nur der Rechtsamtsleiter (1 von vielen Stellen) "die großen Sachen" bearbeitet und mit am Tagespolitischen Geschehen zu schaffen hat. Mir wäre es auf Dauer zu wenig abwechslungsreich, immer nur Widersprüche und Klageverfahren etwa im Bau-, Sozial- oder Ausländerrecht zu bearbeiten. Nachteil an kleineren Städten ist aber natürlich, es gibt insgesamt weniger vielleicht überregional bedeutsames, gerade auf dem Land plätschert das Leben gerne vor sich hin, aber auch da können einzelne Aufgaben sehr wohl juristisch und tatsächlich spannend und bedeutsam sein..