28.09.2022, 12:19
Das mag wohl regional unterschiedlich sein. Hier kriegst du keine Scheidung nach RVG, außer die RVG Gebühren sind höher als die erwartete Vergütung nach Stundensatz. Die Familienrechtler sind im Umkreis von 60 km komplett überlaufen und voll. Die lehnen dich ab, wenn du nicht bereit bist zu zahlen. Meiner Erfahrung nach schlucken Mandanten die Stundensätze. Anwälte sind da oft viel zu vorsichtig! Die Leute sind ja nicht blöd, die zahlen selbst für ihre Handwerker schon dicke Stundensätze. Beim Anwalt akzeptieren sie das auch.
28.09.2022, 12:24
(28.09.2022, 11:47)Gast 0815 schrieb: Die ursprüngliche Frage ging ja in Richtung Einzelkanzlei. Ich mache den Job jetzt über 20 Jahre und kenne eine ziemliche Menge an Kollegen. Kleinere Kanzleien, die überwiegend über Stundensätze abrechnen, kenne ich sehr wenige, das meiste läuft fast überall über RVG Abrechnung (was nicht so schlecht ist, wie es hier gemacht wird)
Die größeren Sachen, die bei uns über Zeitvergütung abgerechnet werden, sind fast alle im Budget gedeckelt, es ist mindestens ein fester Rahmen abgesprochen. Selbst wirklich größere und langjährige Mandanten wären ziemlich schnell weg, wenn wir auch noch anfangen würden, unsere eigenen Unzulänglichkeiten auf deren Kosten abzurechnen. Selbst wenn ich das anders bezeichnen würde, fällt es halt auf, wenn nach einer einfachen Freigabe noch weitere Zeiten abgerechnet werden.
Wenn ihr das hinkriegt, super, dass ihr so tolle und duldsame Mandanten habt, aber das bei jungen Kollegen, die die Zukunft planen, als die Regel hinzustellen, halte ich für falsch. Und hinzu kommt, dass ihr am Anfang einer Selbstständigkeit nie und nimmer genug Mandanten habt, mit denen ihr ein Zeithonorar (oberhalb RVG) vereinbaren könnt. Dazu müsst ihr wieder den Mandanten etwas bieten, was sie bei der Konkurrenz nicht kriegen, am Anfang halt nicht ganz einfach.
Derartige Mandate kommen halt nur in bestimmten Rechtsgebiete vor, ihr könnt keinen Verkehrsunfall auf Stundenbasis abrechnen, auch keine normale Scheidung. Auch bei Verfahren vor Gericht fliegt Euch das um die Ohren, wenn ihr den Prozess gewinnt, aber beim Mandanten noch erhebliche Kosten über bleiben, weil nicht alles von der Gegenseite zu erstatten ist. Der Normalfall für Anfänger (auch für frisch Selbstständige) ist halt nicht der Fall mit Streitwert 1 Mio. !!!
Danke für Deinen Erfahrungsbericht. Ich habe dazu eine Nachfrage. Gerade am Anfang wird man sich ja mit geringen Streitwerten begnügen müssen. Für eine Angelegenheit mit einem Streitwert von EUR 10.000 bekommt man nach RVG EUR 2.349,18. Davon muss dann alles abgedeckt sein (alle Besprechungen mit dem Mandanten, alle Schriftsatzentwürfe, der Gerichtstermin etc). Wie soll man damit auskommen? Geht das nicht zwangsläufig zu Lasten der Qualität?
28.09.2022, 12:43
(28.09.2022, 12:24)Gast schrieb:(28.09.2022, 11:47)Gast 0815 schrieb: Die ursprüngliche Frage ging ja in Richtung Einzelkanzlei. Ich mache den Job jetzt über 20 Jahre und kenne eine ziemliche Menge an Kollegen. Kleinere Kanzleien, die überwiegend über Stundensätze abrechnen, kenne ich sehr wenige, das meiste läuft fast überall über RVG Abrechnung (was nicht so schlecht ist, wie es hier gemacht wird)
Die größeren Sachen, die bei uns über Zeitvergütung abgerechnet werden, sind fast alle im Budget gedeckelt, es ist mindestens ein fester Rahmen abgesprochen. Selbst wirklich größere und langjährige Mandanten wären ziemlich schnell weg, wenn wir auch noch anfangen würden, unsere eigenen Unzulänglichkeiten auf deren Kosten abzurechnen. Selbst wenn ich das anders bezeichnen würde, fällt es halt auf, wenn nach einer einfachen Freigabe noch weitere Zeiten abgerechnet werden.
Wenn ihr das hinkriegt, super, dass ihr so tolle und duldsame Mandanten habt, aber das bei jungen Kollegen, die die Zukunft planen, als die Regel hinzustellen, halte ich für falsch. Und hinzu kommt, dass ihr am Anfang einer Selbstständigkeit nie und nimmer genug Mandanten habt, mit denen ihr ein Zeithonorar (oberhalb RVG) vereinbaren könnt. Dazu müsst ihr wieder den Mandanten etwas bieten, was sie bei der Konkurrenz nicht kriegen, am Anfang halt nicht ganz einfach.
Derartige Mandate kommen halt nur in bestimmten Rechtsgebiete vor, ihr könnt keinen Verkehrsunfall auf Stundenbasis abrechnen, auch keine normale Scheidung. Auch bei Verfahren vor Gericht fliegt Euch das um die Ohren, wenn ihr den Prozess gewinnt, aber beim Mandanten noch erhebliche Kosten über bleiben, weil nicht alles von der Gegenseite zu erstatten ist. Der Normalfall für Anfänger (auch für frisch Selbstständige) ist halt nicht der Fall mit Streitwert 1 Mio. !!!
Danke für Deinen Erfahrungsbericht. Ich habe dazu eine Nachfrage. Gerade am Anfang wird man sich ja mit geringen Streitwerten begnügen müssen. Für eine Angelegenheit mit einem Streitwert von EUR 10.000 bekommt man nach RVG EUR 2.349,18. Davon muss dann alles abgedeckt sein (alle Besprechungen mit dem Mandanten, alle Schriftsatzentwürfe, der Gerichtstermin etc). Wie soll man damit auskommen? Geht das nicht zwangsläufig zu Lasten der Qualität?
Fast niedlich, dass du mit einem Streitwert von 10.000 Euro rechnest. Geh eher mal von 3.000 Euro aus... und ja, das sind 300 Euro Geschäftsgebühr inkl. Auslagen und bei einem Verfahren dann mit Einigung und ohne Anrechnung der Geschäftsgebühr auch nur 800 Euro... Das ist wenig. Das ist auch genau das Problem vieler Einzelanwälte. Und sicher geht das zur Lasten der Qualität, weswegen ein Schriftsatz in 20 Minuten runterdiktiert und raus geschickt wird, der Mandant eine Besprechung vor Ort und danach nur noch kurze Telefontermine bekommt usw.
28.09.2022, 14:39
(28.09.2022, 12:43)Gast schrieb:(28.09.2022, 12:24)Gast schrieb:(28.09.2022, 11:47)Gast 0815 schrieb: Die ursprüngliche Frage ging ja in Richtung Einzelkanzlei. Ich mache den Job jetzt über 20 Jahre und kenne eine ziemliche Menge an Kollegen. Kleinere Kanzleien, die überwiegend über Stundensätze abrechnen, kenne ich sehr wenige, das meiste läuft fast überall über RVG Abrechnung (was nicht so schlecht ist, wie es hier gemacht wird)
Die größeren Sachen, die bei uns über Zeitvergütung abgerechnet werden, sind fast alle im Budget gedeckelt, es ist mindestens ein fester Rahmen abgesprochen. Selbst wirklich größere und langjährige Mandanten wären ziemlich schnell weg, wenn wir auch noch anfangen würden, unsere eigenen Unzulänglichkeiten auf deren Kosten abzurechnen. Selbst wenn ich das anders bezeichnen würde, fällt es halt auf, wenn nach einer einfachen Freigabe noch weitere Zeiten abgerechnet werden.
Wenn ihr das hinkriegt, super, dass ihr so tolle und duldsame Mandanten habt, aber das bei jungen Kollegen, die die Zukunft planen, als die Regel hinzustellen, halte ich für falsch. Und hinzu kommt, dass ihr am Anfang einer Selbstständigkeit nie und nimmer genug Mandanten habt, mit denen ihr ein Zeithonorar (oberhalb RVG) vereinbaren könnt. Dazu müsst ihr wieder den Mandanten etwas bieten, was sie bei der Konkurrenz nicht kriegen, am Anfang halt nicht ganz einfach.
Derartige Mandate kommen halt nur in bestimmten Rechtsgebiete vor, ihr könnt keinen Verkehrsunfall auf Stundenbasis abrechnen, auch keine normale Scheidung. Auch bei Verfahren vor Gericht fliegt Euch das um die Ohren, wenn ihr den Prozess gewinnt, aber beim Mandanten noch erhebliche Kosten über bleiben, weil nicht alles von der Gegenseite zu erstatten ist. Der Normalfall für Anfänger (auch für frisch Selbstständige) ist halt nicht der Fall mit Streitwert 1 Mio. !!!
Danke für Deinen Erfahrungsbericht. Ich habe dazu eine Nachfrage. Gerade am Anfang wird man sich ja mit geringen Streitwerten begnügen müssen. Für eine Angelegenheit mit einem Streitwert von EUR 10.000 bekommt man nach RVG EUR 2.349,18. Davon muss dann alles abgedeckt sein (alle Besprechungen mit dem Mandanten, alle Schriftsatzentwürfe, der Gerichtstermin etc). Wie soll man damit auskommen? Geht das nicht zwangsläufig zu Lasten der Qualität?
Fast niedlich, dass du mit einem Streitwert von 10.000 Euro rechnest. Geh eher mal von 3.000 Euro aus... und ja, das sind 300 Euro Geschäftsgebühr inkl. Auslagen und bei einem Verfahren dann mit Einigung und ohne Anrechnung der Geschäftsgebühr auch nur 800 Euro... Das ist wenig. Das ist auch genau das Problem vieler Einzelanwälte. Und sicher geht das zur Lasten der Qualität, weswegen ein Schriftsatz in 20 Minuten runterdiktiert und raus geschickt wird, der Mandant eine Besprechung vor Ort und danach nur noch kurze Telefontermine bekommt usw.
Dann wundere ich mich, dass es überhaupt Anwälte gibt, die solche kleinen Sachen nach RVG abrechnen. Lohnen kann sich das ja nicht und das Haftungsrisiko ist dann trotzdem da, wenn man dann schnell schnell macht.
28.09.2022, 15:04
(28.09.2022, 12:24)Gast schrieb: Danke für Deinen Erfahrungsbericht. Ich habe dazu eine Nachfrage. Gerade am Anfang wird man sich ja mit geringen Streitwerten begnügen müssen. Für eine Angelegenheit mit einem Streitwert von EUR 10.000 bekommt man nach RVG EUR 2.349,18. Davon muss dann alles abgedeckt sein (alle Besprechungen mit dem Mandanten, alle Schriftsatzentwürfe, der Gerichtstermin etc). Wie soll man damit auskommen? Geht das nicht zwangsläufig zu Lasten der Qualität?
1) 10.000 € sind für kleinere Kanzleien kein kleiner Streitwert. Das ist grds. ein attraktiver Fall, gerade, wenn es vor Gericht geht.
2) Ob das eine vernünftige Bezahlung ist, hängt davon ab, wie lange man für die Bearbeitung aufwenden muss. Als Einzelanwalt reichen da aber schon 3 - 4 solche Fälle im Monat, da kann man schon einige Zeit arbeiten, wenn die Kosten entsprechend niedrig sind.
3) Wenn ich einen komplexen Baurechtsfall mit dem SW bearbeiten muss mit mehreren Gutachten etc. ist das nicht lohnend. Wenn ich eine einvernehmliche Scheidung (ohne sonstige Komplikationen) habe, ist die Bearbeitung in insgesamt 1 - 2 h geschafft, maximal. Meine Verkehrsunfälle bearbeite ich in deutlich unter 10h pro Fall im Durchschnitt bei gerichtlich anhängigen Verfahren. Den Schriftverkehr inklusive dem Entwurf der Klage machen die Mitarbeiterinnen, ich schaue bei der Klage drüber und bin dann in der Regel erst ab der Duplik verantwortlich.
4) mit den Jahren lässt die "Sorgfalt" nach, da wird nicht mehr groß recherchiert oder Urteile zitiert, auf der anderen Seite brauche ich auch für ganz ordentliche Schriftsätze nur noch einen Bruchteil der Zeit, wenn ich das schon zehnmal gemacht habe. Das ich an einem Schriftsatz mehr als 1 h sitze, kommt vielleicht zweimal im Monat vor.
5) Den meisten Mandanten hier schicken wir keine Entwürfe zu (die verstehen im Regelfall eh nicht, was das alles soll), das mache ich nur, wenn ich mich absichern will oder wenn wirklich der Sachverhalt so komplex ist, dass der Mandant sich das selbst noch mal anschauen soll (ein Arbeitsschritt weniger
28.09.2022, 15:04
(28.09.2022, 14:39)Gast schrieb:(28.09.2022, 12:43)Gast schrieb:(28.09.2022, 12:24)Gast schrieb:(28.09.2022, 11:47)Gast 0815 schrieb: Die ursprüngliche Frage ging ja in Richtung Einzelkanzlei. Ich mache den Job jetzt über 20 Jahre und kenne eine ziemliche Menge an Kollegen. Kleinere Kanzleien, die überwiegend über Stundensätze abrechnen, kenne ich sehr wenige, das meiste läuft fast überall über RVG Abrechnung (was nicht so schlecht ist, wie es hier gemacht wird)
Die größeren Sachen, die bei uns über Zeitvergütung abgerechnet werden, sind fast alle im Budget gedeckelt, es ist mindestens ein fester Rahmen abgesprochen. Selbst wirklich größere und langjährige Mandanten wären ziemlich schnell weg, wenn wir auch noch anfangen würden, unsere eigenen Unzulänglichkeiten auf deren Kosten abzurechnen. Selbst wenn ich das anders bezeichnen würde, fällt es halt auf, wenn nach einer einfachen Freigabe noch weitere Zeiten abgerechnet werden.
Wenn ihr das hinkriegt, super, dass ihr so tolle und duldsame Mandanten habt, aber das bei jungen Kollegen, die die Zukunft planen, als die Regel hinzustellen, halte ich für falsch. Und hinzu kommt, dass ihr am Anfang einer Selbstständigkeit nie und nimmer genug Mandanten habt, mit denen ihr ein Zeithonorar (oberhalb RVG) vereinbaren könnt. Dazu müsst ihr wieder den Mandanten etwas bieten, was sie bei der Konkurrenz nicht kriegen, am Anfang halt nicht ganz einfach.
Derartige Mandate kommen halt nur in bestimmten Rechtsgebiete vor, ihr könnt keinen Verkehrsunfall auf Stundenbasis abrechnen, auch keine normale Scheidung. Auch bei Verfahren vor Gericht fliegt Euch das um die Ohren, wenn ihr den Prozess gewinnt, aber beim Mandanten noch erhebliche Kosten über bleiben, weil nicht alles von der Gegenseite zu erstatten ist. Der Normalfall für Anfänger (auch für frisch Selbstständige) ist halt nicht der Fall mit Streitwert 1 Mio. !!!
Danke für Deinen Erfahrungsbericht. Ich habe dazu eine Nachfrage. Gerade am Anfang wird man sich ja mit geringen Streitwerten begnügen müssen. Für eine Angelegenheit mit einem Streitwert von EUR 10.000 bekommt man nach RVG EUR 2.349,18. Davon muss dann alles abgedeckt sein (alle Besprechungen mit dem Mandanten, alle Schriftsatzentwürfe, der Gerichtstermin etc). Wie soll man damit auskommen? Geht das nicht zwangsläufig zu Lasten der Qualität?
Fast niedlich, dass du mit einem Streitwert von 10.000 Euro rechnest. Geh eher mal von 3.000 Euro aus... und ja, das sind 300 Euro Geschäftsgebühr inkl. Auslagen und bei einem Verfahren dann mit Einigung und ohne Anrechnung der Geschäftsgebühr auch nur 800 Euro... Das ist wenig. Das ist auch genau das Problem vieler Einzelanwälte. Und sicher geht das zur Lasten der Qualität, weswegen ein Schriftsatz in 20 Minuten runterdiktiert und raus geschickt wird, der Mandant eine Besprechung vor Ort und danach nur noch kurze Telefontermine bekommt usw.
Dann wundere ich mich, dass es überhaupt Anwälte gibt, die solche kleinen Sachen nach RVG abrechnen. Lohnen kann sich das ja nicht und das Haftungsrisiko ist dann trotzdem da, wenn man dann schnell schnell macht.
Genau das ist es doch, was wir versuchen zu sagen: es ist schwierig mit Otto-Normalbürgern so viel Kohle zu scheffeln, dass man reich wird.
Ist doch auch ganz klar. Womit gehen die kleinen Mandanten zum Anwalt? Das ist selten die Firmengründung, wo X verschiedene Beratungsthemen auf dem Tisch liegen und Folgemandate des Unternehmens winken, wenn man sich gut anstellt.
Stattdessen ist es: ich habe eine Waschmaschine bei Saturn gekauft. Leider funktioniert diese nicht, ich habe Saturn schon dreimal reparieren lassen und trotzdem tut sich nichts.
Also schönstes Gewährleistungsrecht in diesem Fall. Streitwert: Kaufpreis der Waschmaschine, also je nach Marke irgendwas zwischen ca. 300 und 800 Euro.
Das ist ein Fall, wie er Rechtsanwälten in einer kleinen Kanzlei jeden Tag begegnen kann.
Und klar ist: mit diesem Fall machst du keine riesen Kohle. Du musst ihn schnell abarbeiten wenn du ihn überhaupt annimmst. Da du davon aber nicht leben kannst, brauchst du viele solcher Fälle.
Tut mir leid, ich bin ehrlich erstaunt, dass das vielen hier im Forum nicht klar zu sein scheint. Ihr habt doch im Studium Schuldrecht gehabt und Fälle besprochen. Waren da solche Fälle nicht dabei? Nicht jeder Anwalt geht ins Kapitalmarktrecht, M&A oder anderes was in Großkanzleien angeboten wird. Der normale Einzelanwalt hat Hinz und Kunz als Mandanten und die kommen mit simplen (i.S.v. nicht weltbewegenden), für sie aber wichtigen, Problemen vorbei.
Hinz und Kunz verdienen vermutlich auch nur 2000 Euro netto und werden euch keinen Stundensatz von 300 Euro zahlen. Die regen sich über die normale RVG-Abrechnung schon auf, weil ihr "so teuer" seit.
Btw: gerade mal durchgerechnet: Waschmaschine 400 Euro bringt euch 63,70 Euro Geschäftsgebühr. Bei 501 Euro ist glaube ich der Gebührensprung, ab da sind es "schon" 114,40 Euro Geschäftsgebühr.
Nein, das lohnt sich für den Anwalt nicht und kein Anwalt nimmt diese Kleinmandate gerne an. Manche sind aber gezwungen sie anzunehmen, weil sie kaum über die Runden kommen.
Seht daher zu, dass ihr andere Mandate bearbeiten könnt. Wie der eine Kollege schon gesagt hat, kommt ihr an die eher dran, wenn ihr eine Sozietät mit mehreren Anwälten gründet, als wenn ihr euch als bürgernaher Einzelanwalt durchschlagt.
28.09.2022, 15:05
(28.09.2022, 14:39)Gast schrieb:(28.09.2022, 12:43)Gast schrieb:(28.09.2022, 12:24)Gast schrieb:(28.09.2022, 11:47)Gast 0815 schrieb: Die ursprüngliche Frage ging ja in Richtung Einzelkanzlei. Ich mache den Job jetzt über 20 Jahre und kenne eine ziemliche Menge an Kollegen. Kleinere Kanzleien, die überwiegend über Stundensätze abrechnen, kenne ich sehr wenige, das meiste läuft fast überall über RVG Abrechnung (was nicht so schlecht ist, wie es hier gemacht wird)
Die größeren Sachen, die bei uns über Zeitvergütung abgerechnet werden, sind fast alle im Budget gedeckelt, es ist mindestens ein fester Rahmen abgesprochen. Selbst wirklich größere und langjährige Mandanten wären ziemlich schnell weg, wenn wir auch noch anfangen würden, unsere eigenen Unzulänglichkeiten auf deren Kosten abzurechnen. Selbst wenn ich das anders bezeichnen würde, fällt es halt auf, wenn nach einer einfachen Freigabe noch weitere Zeiten abgerechnet werden.
Wenn ihr das hinkriegt, super, dass ihr so tolle und duldsame Mandanten habt, aber das bei jungen Kollegen, die die Zukunft planen, als die Regel hinzustellen, halte ich für falsch. Und hinzu kommt, dass ihr am Anfang einer Selbstständigkeit nie und nimmer genug Mandanten habt, mit denen ihr ein Zeithonorar (oberhalb RVG) vereinbaren könnt. Dazu müsst ihr wieder den Mandanten etwas bieten, was sie bei der Konkurrenz nicht kriegen, am Anfang halt nicht ganz einfach.
Derartige Mandate kommen halt nur in bestimmten Rechtsgebiete vor, ihr könnt keinen Verkehrsunfall auf Stundenbasis abrechnen, auch keine normale Scheidung. Auch bei Verfahren vor Gericht fliegt Euch das um die Ohren, wenn ihr den Prozess gewinnt, aber beim Mandanten noch erhebliche Kosten über bleiben, weil nicht alles von der Gegenseite zu erstatten ist. Der Normalfall für Anfänger (auch für frisch Selbstständige) ist halt nicht der Fall mit Streitwert 1 Mio. !!!
Danke für Deinen Erfahrungsbericht. Ich habe dazu eine Nachfrage. Gerade am Anfang wird man sich ja mit geringen Streitwerten begnügen müssen. Für eine Angelegenheit mit einem Streitwert von EUR 10.000 bekommt man nach RVG EUR 2.349,18. Davon muss dann alles abgedeckt sein (alle Besprechungen mit dem Mandanten, alle Schriftsatzentwürfe, der Gerichtstermin etc). Wie soll man damit auskommen? Geht das nicht zwangsläufig zu Lasten der Qualität?
Fast niedlich, dass du mit einem Streitwert von 10.000 Euro rechnest. Geh eher mal von 3.000 Euro aus... und ja, das sind 300 Euro Geschäftsgebühr inkl. Auslagen und bei einem Verfahren dann mit Einigung und ohne Anrechnung der Geschäftsgebühr auch nur 800 Euro... Das ist wenig. Das ist auch genau das Problem vieler Einzelanwälte. Und sicher geht das zur Lasten der Qualität, weswegen ein Schriftsatz in 20 Minuten runterdiktiert und raus geschickt wird, der Mandant eine Besprechung vor Ort und danach nur noch kurze Telefontermine bekommt usw.
Dann wundere ich mich, dass es überhaupt Anwälte gibt, die solche kleinen Sachen nach RVG abrechnen. Lohnen kann sich das ja nicht und das Haftungsrisiko ist dann trotzdem da, wenn man dann schnell schnell macht.
Welches Haftungsrisiko? Du meinst von dem Mandanten, der sich fünf Handyverträge hat aufschwatzen lassen oder versucht gegen den 3-Jahres Fitnessstudiovertrag anzugehen? Keine Ahnung, was hier so viele mit Haftungsrisiko haben, ähnlich wie bei Ärzten ist das tatsächliche Risiko einer Klage gegen sich nahe Null, solange man keinen Querulanten hat oder den Fehler praktisch zugibt.
Zur Frage wieso sie es machen; ja, weil halt Geld verdient werden muss. Weil du es dir als Einzelanwalt oftmals nicht leisten kannst, nur lukrative Fälle anzunehmen oder einfach Monate lang auf so einen zu warten (der vielleicht nie kommt). Lieber 500 Euro Umsatz als 0 Euro Umsatz. Deswegen beraten einige Anwälte auch für ein paar Euro im Internet... das machen die doch nicht, weil sie es geil finden.
28.09.2022, 15:29
Wie ist es denn im Strafrecht? Da werden oft Stundensätze vereinbart, so jedenfalls mein Eindruck.
Könnte sicher auch daran liegen, dass es existenzieller ist als der Fall mit der kaputten Waschmaschine...
Könnte sicher auch daran liegen, dass es existenzieller ist als der Fall mit der kaputten Waschmaschine...
28.09.2022, 15:33
(28.09.2022, 14:39)Gast schrieb: Dann wundere ich mich, dass es überhaupt Anwälte gibt, die solche kleinen Sachen nach RVG abrechnen. Lohnen kann sich das ja nicht und das Haftungsrisiko ist dann trotzdem da, wenn man dann schnell schnell macht.
Auch der Geschäftsführer einer Firma fährt mal zu schnell, seine Frau lässt sich ein Abo andrehen, seine Mutter wird von XY-Phone betrogen, das muss man auch in größeren Strukturen immer mit machen und da soll das über die RSV laufen, natürlich wird da über RVG abgerechnet. Lohnt sich mal mehr, mal weniger, ist halt Beiwerk, sorgt für Grundrauschen und hält die Mandanten an Bord.
Das ist halt die Lebenswirklichkeit von "normalen" Anwälten, das machen wir auch hier in einer gehobenen FWW Kanzlei, ggf. macht es halt der junge angestellte Anwalt, nochmal Sorgfalt geht halt oft (und das erfolgreich) nach dem Paretoprinzip, ihr werdet Euch noch wundern, wie unsorgfältig Richter in der Regel gewisse Fälle bearbeiten und entscheiden.
Das Haftungsrisiko ist bei Allerweltsfällen minimal, in über 20 Jahren hatte ich jetzt 2 mal Ärger und das waren echt undankbare Situationen, die auch mit der größten Sorgfalt im normalen Bürobetrieb nicht zu vermeiden gewesen wären m.E. (auch wenn die Rechtsprechung das anders sieht)
28.09.2022, 15:41
(28.09.2022, 15:29)Gast schrieb: Wie ist es denn im Strafrecht? Da werden oft Stundensätze vereinbart, so jedenfalls mein Eindruck.
Könnte sicher auch daran liegen, dass es existenzieller ist als der Fall mit der kaputten Waschmaschine...
Auch hier wieder, schau dir an, wer vor Gericht steht. Du hast etwas organisierte Kriminalität (die haben Geld, ja), dann hast du hin und wieder mal einen Normalbürger, der Mist gebaut hat und dann hast du den ganz großen Teil der "Asis". Arbeitslos, Wohnungslos und/oder Drogensüchtig. Die haben kein Geld für eine Vergütung nach Stundensätzen. Wer ALG 2 bekommt und ebay-Betrug macht, kann keine 200 Euro die Stunde für seinen Anwalt zahlen.
Mir ist bewusst, dass ihr am liebsten alle den Geschäftsführer wegen Insolvenzverschleppung verteidigen wollt oder den Hells Angels Boss wegen Mord, aber in der Regel werdet irgendeinen Hinz und Kunz wegen ebay-Betrugs, Beschaffungskriminalität oder Suff-Prügeleien verteidigen. Für die Mindestgebühr.