12.06.2022, 19:39
Und was machst du jetzt tolles "mit juristischem Anspruch"?
Zum Topic: Als StA wirst du vermutlich eher -auch wenn es natürlich immer auf die jeweilige Behörde ankommt- mehr Kontakt zu deinen Kollegen haben,weil die StAs in der Regel größer sind und es dort vermutlich mehr Kollegen in deiner Altersklasse gibt als beim Gericht.Die Arbeitszeiten kann man nicht verallgemeinern, das kommt jeweils stark auf das Dezernat an,das du hast.
Zum Topic: Als StA wirst du vermutlich eher -auch wenn es natürlich immer auf die jeweilige Behörde ankommt- mehr Kontakt zu deinen Kollegen haben,weil die StAs in der Regel größer sind und es dort vermutlich mehr Kollegen in deiner Altersklasse gibt als beim Gericht.Die Arbeitszeiten kann man nicht verallgemeinern, das kommt jeweils stark auf das Dezernat an,das du hast.
12.06.2022, 19:41
(12.06.2022, 19:20)DMOWMYH schrieb:(11.06.2022, 21:37)Drin schrieb: Sollte es NRW werden sollen: Hier entscheidet man sich grundsätzlich für eine Laufbahn. Auch die Bewerbungen laufen unabhängig über die OLGe bzw. GStAe. Ein Laufbahnwechsel ist zwar grds. möglich (meist im zweiten Jahr), aber dafür braucht man ganz regelmäßig einen Tauschpartner. Von den Gerichten wollen aber - jedenfalls im OLG-Bezirk D'Dorf - weit weniger mal StA-Luft schnuppern als umgekehrt. Es lohnt sich also eine genaue Auseinandersetzung mit den jeweiligen Arbeitsbereichen.
Ich schätze an meiner Arbeit als StA die große Entscheidungsfreiheit. Mir redet grds. niemand rein, ob ich einen Fall jetzt nicht so schlimm finde nur einen § 153 mache. Als Richter bin ich von der Zustimmung der Beteiligten abhängig. Die Behördenstruktur finde ich ebenfalls ganz angenehm: Ich habe einen Vorgesetzten, den ich in problematischen Fällen auch mit in die Verantwortung nehmen kann (über einen Verfügungspunkt "Frau/Herrn AL zur Kenntnisnahme"). Das Bedürfnis ist selten da, aber es kommt vor. Der Richter bekommt alles alleine ab. Die enge Zusammenarbeit mit Polizei, Zoll und Steuer macht auch große Freude. Mit Laien(-richtern) würde ich auch ungern streiten und mich im Zweifel wegen Dummheit überstimmen lassen. Zudem kann ich in der Sitzung (natürlich stets sachlich) ordentlich auf den Putz hauen und niemand kann mir (mit Rechtswirkung) Befangenheit vorwerfen.
Leider sind die StAen in NRW regelmäßig stärker belastet als die Gerichte, was für nicht Wenige mitentscheidend ist.
Würde mal sehr bezweifeln, dass man als StA mehr Entscheidungsbefugnis als ein Richter hat. I.E. kann man ein Ermittlungsverfahren als StA gem. § 153 nur einstellen, wenn es um nichts geht.
Bei uns (große StA in NRW) war es per Haus VfG so geregelt, dass zB ab 1000€ Schaden, die Entscheidung schon der Zustimmung des Gerichts bedarf.
Am Ende ist man als StA mE nur frei darin, dass Ermittlungsverfahren zu gestalten. Was aber in den ersten Jahren auch nur Theorie ist, da es in 99% der Fälle nur darauf ankommt, möglichst schnell eine Entscheidung zu treffen.
Ggf hört man schon raus, dass ich den Beruf des StA (zumindest in NRW) nicht empfehlen würde. Ich habe mich als gefühlt wie ein überqualifizierter Sachbearbeiter, der ständig juristisch nur halbrichtige Einstellungen schreiben muss, da sonst das Dezernat in wenigen Tagen absäuft. Für Leute mit juristischem Anspruch ist es daher wohl eher nichts.
Ebenfalls große StA in NRW. Dann schickt man die Akte eben zum Gericht. Bei mir ist es exakt ein Mal vorgekommen, dass das Gericht 153 nicht mitmachen wollte
Ich würde den Beruf des Staatsanwalts durchaus empfehlen. Den des Richters aber auch. Die Frage ist halt: Bin ich eher Frontsau (oder kann so tun) und hab auch Bock auf Zivilrecht, oder arbeite ich lieber überwiegend in der zweiten Reihe und komme damit klar, voraussichtlich für immer Strafrecht zu machen? Der Rest ist doch recht ähnlich: man hat einen Bürojob mit vollem Aktenbock, ein bis zweit Sitzungstage pro Woche, einen vollen Aktenbock und überlastete Geschäftsstellen
12.06.2022, 19:48
(12.06.2022, 19:39)Gast schrieb: Und was machst du jetzt tolles "mit juristischem Anspruch"?
Zum Topic: Als StA wirst du vermutlich eher -auch wenn es natürlich immer auf die jeweilige Behörde ankommt- mehr Kontakt zu deinen Kollegen haben,weil die StAs in der Regel größer sind und es dort vermutlich mehr Kollegen in deiner Altersklasse gibt als beim Gericht.Die Arbeitszeiten kann man nicht verallgemeinern, das kommt jeweils stark auf das Dezernat an,das du hast.
Anwalt in einer spezialisierten Kanzlei.
Was soll so negativ daran sein, dass vernünftig machen zu wollen, was man kann?
Also meinte das das als ernsten Ratschlag, ich bin wirklich der Meinung, dass, wenn man jursitisch korrekt arbeiten möchte (!) muss man als StA entweder sehr viel Zeit investieren, ohne das es sich finanziell etc lohnt oder halt nicht StA werden.
Das ist in manchen Abteilungen (etwas) anders, aber StA ist halt Massengeschäft, man muss sich darauf einstellen, in der allg. Abteilung irgendwas zwischen 30-60 Akten am Tag zu bearbeiten. Da kann sich jeder leicht ausrechnen, wie sorgfältig da gearbeitet wird.
Mit der Größe der Behörde und den Kollegen hast du natürlich recht. Kleines AG kann je nach Kollegenkreis bestimmt sehr belastend sein. Bei ner großen StA wird man schon ein paar "passende" Kollegen finden.
12.06.2022, 20:17
Jura am Hochreck ist bei der StA eher selten,da sind wir ja einer Meinung. Ist beim Gericht aber auch nicht anders, viele Fälle fallen eben unter das normale Massengeschäft. Wie es in Kanzleien aussieht, kann ich nicht beurteilen.
Ansonsten ist das,was Drin schrieb, aus meiner Sicht ein wichtiger Punkt.Du solltest es als (Straf-)Richter schon mögen,Verhandlungen zu leiten. Arbeitest du lieber mehr am Schreibtisch und möchtest in der Hauptverhandlung eine kleinere Rolle spielen, passt die StA besser.
Ansonsten ist das,was Drin schrieb, aus meiner Sicht ein wichtiger Punkt.Du solltest es als (Straf-)Richter schon mögen,Verhandlungen zu leiten. Arbeitest du lieber mehr am Schreibtisch und möchtest in der Hauptverhandlung eine kleinere Rolle spielen, passt die StA besser.
12.06.2022, 21:26
Ich bin weder noch. Habe nur die Erfahrungen aus dem Ref, bei dem ich von der Richterschaft doch etwas angetan war. Bei der StA waren die Erfahrungen durchweg (krass) negativ. Mag bei anderen StAen anders aussehen. Aber einige Aspekte dürften doch standortunabhängig sein. Ich würde mich daher ganz klar für den Richterdienst entscheiden.
Die Richter sind teilweise wirklich sehr gut in ihren Verfahren drin, sowohl was das Aktenstudium als auch die Rechtslage betrifft. Bei der StA muss viel über den Tisch gehen. Selbst bei dem anschaulichsten Vergleich zwischen StA und Strafrichter am Amtsgericht (der auch viele Verfahren hat) fällt das noch auf. Seiten der StA wird da teilweise brutal geschlampt. Das betrifft die Ausermittlung des Sachverhalts, die Darstellung in der Anklageschrift, die Bewertung der Rechtslage, die Anstellung von "taktischen" Überlegungen und auch ganz einfach den "gesunden Menschenverstand". Fehler, die zum Glück durch den Strafirchter wieder ausgebügelt wurden (mit teilweise irreperablen Schäden).
Oft wird die "Fehlvorstellung" klargestellt, dass Staatsanwalt nur werden würde, wer es als Richter nicht geschafft hat. Meiner Meinung nach ist an dieser "Fehlvorstellung" aber durchaus etwas dran. Im Richterdienst befinden sich meiner Meinung nach tendenziell die besseren Juristen (betreffend alle möglichen Kompetenzbereiche). Ich vermute auch, dass die Richterschaft den (deutlich) besseren Notenschnitt hat (wenn man denn darauf abstellen will). Das alles ergibt auch nur Sinn. Wo hättest du als Ottonormalverbraucher leiber den guten und wo könntest du den eher mäßig guten Juristen verkraften? Vom Richter hängt einfach viel mehr ab.
Als Richter bleibst du bezüglich des Rechtsbietes flexibel. Als StA bleibst du für immer im Strafrecht.
Als Richter bist du bekanntlich krass unabhängig (Extremfall Einzelrichter). Als StA bist du weisungsbefunden musst durchaus auch Marschrouten einschlagen, die du nicht ganz so für geboten hälst.
Der Richter steht in der "Hierachie" nunmal über jedem StA. Der Richter entscheidet. Der StA kann sich auf den Kopf stellen, aber dagegen nicht viel machen. Das ist in der Sache eigentlich eine typische Vorgesetzten-Untergebenen-Konstellation. In der Hauptverhandlung ist der StA nur noch so etwas wie ein "Berater" des Richters. In Form der Anklage erstattet der StA an den Richter Bericht. Und der Richter sagt dann, was hier zu tun ist. Deutlicher könnte die Rolle eines angestellten Sachbearbeiters nicht sein. Wenn ich mich intensiv (?) mit einem Fall befasst habe, dann will ich nach Möglichkeit auch möglichst stark beeinflussen können, was aus diesem Fall wird und wozu mein Engagement letztendlich geführt hat.
Als Richter siehst du "dein" Verfahren vom "Anfang" an bis zum Schluss. Als StA gibst du es mglw. irgendwann aus der Hand oder vertrittst in der Hauptverhandlung plötzlich Fälle, die irgendein Kollege angeklagt hat (was für dich nicht immer ganz nachvollziehbar sein muss). Ich hatte als Ref einige (im Freispruch gemündete) Anklagen verlesen, bei denen ich mich schon beim vorherigen Studium der (Hand-)Akte gefragt habe, wie der unterzeichnende StA (nicht AA!) nur auf sowas kommen konnte.
Die StA übernimmt für die Gerichte eine "Filterfunktion". Wenn ein Fall zum Gericht kommt, dann geht es zwangsläufig um etwas. Bei der StA auf dem Tisch landet aber auch viel, bei dem gar keine Straftat erkennbar ist, bei dem der Sachverhalt sich offensichtlich nicht beweisen lässt oder bei dem es einfach nur um nervenverzehrenden Kleinkram geht.
Dabei fällt bei der StA auch noch mehr Papierkram an. Bei Gericht findet man die Antworten auf die dem StA durch den Kopf gegangenen Fragen ganz einfach auf der nächsten Seite. Auch ist es zunächst die StA, die sich als ersten mit einem 1000seitigen Gutachten oder ewig langen Zahlenreihen/Tabelle befasst und die Nadel im Heuhaufen suchen muss. Bei Gericht hat man schon die Ausführungen der StA oder Verteidigung dazu als "Lektürehilfe".
Bei der StA läuft man auch Wegen hinterher, die am Ende zu nichts führen. Es liegt in der Natur der menschlichen Psyche, dass das nicht gerade als "Erfolgserlebnis" aufgefasst wird und (wenn je nach Typ auch nur geringfügig) tendenziell deprimierende Wirkung hat.
In gewisser Weise macht die StA also die Drecksarbeit für das Gericht und muss am Ende der Grenze ihrer Kompetenz entgegensehen. Das Gericht aber hat das Sagen und über sich nichts. Nichtmals Einstellen kann die StA mehr, wenn ein Richter seine Finger am Fall hatte.
Das Prestige beim Richterberuf ist nunmal höher. Das mag mancher hier anders sehen. Es entspricht aber meiner persönlichen Einstellung und auch meiner Wahrnehmung von meinem Umfeld. Was ein StA überhaupt so macht, wissen die meisten nicht. Sie halten die Polizei für die Ermittlungsbehörde. Je nach "Umfeld" hat die StA sogar ein negatives Image. Bei Betrachtung der Arbeit der StA hier bei mir vor Ort kann man das auch niemandem verübeln und ist das nicht irgendwie auf "Gangsterkreise" beschränkt.
Als Richter hast du irgendwann alle Beteiligten in deinem Saal. Die StA delegiert die meisten Ermittlungsmaßnahmen und insbesondere Zeugenvernehmungen.
Als Richter kannst du zur Rechtsfortbildung beitragen und bist ggf. der erste, der über diese oder jede Konstellation zu entscheiden hat. Dass mal eine Einstellungsentscheidung einer StA in der NJW veröffentlich wird, ist aus guten (freilich noch anderen) Gründen absolut selten. Da dürfte es mehr Fälle geben, bei denen das Gericht aus Rechtsgründen "ablehnend" entscheidet.
Als Richter hast du dein Leben lang den gleichen Arbeitsort und feste Sitzungstage (die du nichtmals unbedingt einhalten musst). Als StA erfärhst du am Montag, zu welchem AG du am Dienstag hinzufahren hast. Wenn die vor dor terminierte Verhandlung überzogen wird, dann wartest du brav auf dem Flur. Der Richter sitzt durchgehend bequem auf seinem Stuhl und entscheidet, wie die Uhr in seinem Saal tickt. Kommt der Angeklagte nicht, hat der StA die Reise umsonst gemacht (siehe oben: Aufwand ohne Ergebnis = alles andere als ein Erfolgserlebnis). Der Richter musste nur eine Treppe von seinem Büro aus runter kommen und kann dort oben die Zeit bis zur nächsten Verhandlung verbringen.
Jedes größere Gericht hat eine taugliche Kantine oder ist halbwegs zentral gelegen. Bei den beiden mir bekannten StAen wurde die Kantine geschlossen und es sind 20 Minuten Fußmarsch bis zur nächsten Gelegenheit etwas zu essen.
Das Gerichtsgebäuse wird eher saniert als das der StA. Über Gerichtsgebäude präsentiert die Justiz sich der Öffentlichkeit und man ist dort auf vernünftige Technik angewiesen, man will sich auch nicht gegenüber den GK-Anwälten etc. blamieren. Aber die StA? Die muss nicht besser ausgestattet sein als das Bauamt.
Allgemein ist das Amt des Staatsanwalts für mich so wie das in jeder anderen Behörde auch. Einfacher Sachbearbeiter, der zwar juristisch geschult ist, dessen tägliche Arbeit diese Schulung aber nicht so richtig erfordert, und bei manchen Staatsanwälten bleibt das ein Leben lang so. Klarer Fall der Überqualifikation (wenn denn taugliche Examina vorliegen); die Ausbildung zum AA hätte in 99% der Fälle auch locker gereicht. In der Kammer für Wettbewerbssachen hingegen will ich den AA eher nicht sitzen haben. Zeichnet sich auch insofern ab, als man in NRW anscheinend die strategische Entscheidung getroffen hat, mehr AA- und weniger StA-Posten zu schaffen (Erstere aber durchaus auch mit Volljuristen zu besetzen, genial!).
Richter > StA
Die Richter sind teilweise wirklich sehr gut in ihren Verfahren drin, sowohl was das Aktenstudium als auch die Rechtslage betrifft. Bei der StA muss viel über den Tisch gehen. Selbst bei dem anschaulichsten Vergleich zwischen StA und Strafrichter am Amtsgericht (der auch viele Verfahren hat) fällt das noch auf. Seiten der StA wird da teilweise brutal geschlampt. Das betrifft die Ausermittlung des Sachverhalts, die Darstellung in der Anklageschrift, die Bewertung der Rechtslage, die Anstellung von "taktischen" Überlegungen und auch ganz einfach den "gesunden Menschenverstand". Fehler, die zum Glück durch den Strafirchter wieder ausgebügelt wurden (mit teilweise irreperablen Schäden).
Oft wird die "Fehlvorstellung" klargestellt, dass Staatsanwalt nur werden würde, wer es als Richter nicht geschafft hat. Meiner Meinung nach ist an dieser "Fehlvorstellung" aber durchaus etwas dran. Im Richterdienst befinden sich meiner Meinung nach tendenziell die besseren Juristen (betreffend alle möglichen Kompetenzbereiche). Ich vermute auch, dass die Richterschaft den (deutlich) besseren Notenschnitt hat (wenn man denn darauf abstellen will). Das alles ergibt auch nur Sinn. Wo hättest du als Ottonormalverbraucher leiber den guten und wo könntest du den eher mäßig guten Juristen verkraften? Vom Richter hängt einfach viel mehr ab.
Als Richter bleibst du bezüglich des Rechtsbietes flexibel. Als StA bleibst du für immer im Strafrecht.
Als Richter bist du bekanntlich krass unabhängig (Extremfall Einzelrichter). Als StA bist du weisungsbefunden musst durchaus auch Marschrouten einschlagen, die du nicht ganz so für geboten hälst.
Der Richter steht in der "Hierachie" nunmal über jedem StA. Der Richter entscheidet. Der StA kann sich auf den Kopf stellen, aber dagegen nicht viel machen. Das ist in der Sache eigentlich eine typische Vorgesetzten-Untergebenen-Konstellation. In der Hauptverhandlung ist der StA nur noch so etwas wie ein "Berater" des Richters. In Form der Anklage erstattet der StA an den Richter Bericht. Und der Richter sagt dann, was hier zu tun ist. Deutlicher könnte die Rolle eines angestellten Sachbearbeiters nicht sein. Wenn ich mich intensiv (?) mit einem Fall befasst habe, dann will ich nach Möglichkeit auch möglichst stark beeinflussen können, was aus diesem Fall wird und wozu mein Engagement letztendlich geführt hat.
Als Richter siehst du "dein" Verfahren vom "Anfang" an bis zum Schluss. Als StA gibst du es mglw. irgendwann aus der Hand oder vertrittst in der Hauptverhandlung plötzlich Fälle, die irgendein Kollege angeklagt hat (was für dich nicht immer ganz nachvollziehbar sein muss). Ich hatte als Ref einige (im Freispruch gemündete) Anklagen verlesen, bei denen ich mich schon beim vorherigen Studium der (Hand-)Akte gefragt habe, wie der unterzeichnende StA (nicht AA!) nur auf sowas kommen konnte.
Die StA übernimmt für die Gerichte eine "Filterfunktion". Wenn ein Fall zum Gericht kommt, dann geht es zwangsläufig um etwas. Bei der StA auf dem Tisch landet aber auch viel, bei dem gar keine Straftat erkennbar ist, bei dem der Sachverhalt sich offensichtlich nicht beweisen lässt oder bei dem es einfach nur um nervenverzehrenden Kleinkram geht.
Dabei fällt bei der StA auch noch mehr Papierkram an. Bei Gericht findet man die Antworten auf die dem StA durch den Kopf gegangenen Fragen ganz einfach auf der nächsten Seite. Auch ist es zunächst die StA, die sich als ersten mit einem 1000seitigen Gutachten oder ewig langen Zahlenreihen/Tabelle befasst und die Nadel im Heuhaufen suchen muss. Bei Gericht hat man schon die Ausführungen der StA oder Verteidigung dazu als "Lektürehilfe".
Bei der StA läuft man auch Wegen hinterher, die am Ende zu nichts führen. Es liegt in der Natur der menschlichen Psyche, dass das nicht gerade als "Erfolgserlebnis" aufgefasst wird und (wenn je nach Typ auch nur geringfügig) tendenziell deprimierende Wirkung hat.
In gewisser Weise macht die StA also die Drecksarbeit für das Gericht und muss am Ende der Grenze ihrer Kompetenz entgegensehen. Das Gericht aber hat das Sagen und über sich nichts. Nichtmals Einstellen kann die StA mehr, wenn ein Richter seine Finger am Fall hatte.
Das Prestige beim Richterberuf ist nunmal höher. Das mag mancher hier anders sehen. Es entspricht aber meiner persönlichen Einstellung und auch meiner Wahrnehmung von meinem Umfeld. Was ein StA überhaupt so macht, wissen die meisten nicht. Sie halten die Polizei für die Ermittlungsbehörde. Je nach "Umfeld" hat die StA sogar ein negatives Image. Bei Betrachtung der Arbeit der StA hier bei mir vor Ort kann man das auch niemandem verübeln und ist das nicht irgendwie auf "Gangsterkreise" beschränkt.
Als Richter hast du irgendwann alle Beteiligten in deinem Saal. Die StA delegiert die meisten Ermittlungsmaßnahmen und insbesondere Zeugenvernehmungen.
Als Richter kannst du zur Rechtsfortbildung beitragen und bist ggf. der erste, der über diese oder jede Konstellation zu entscheiden hat. Dass mal eine Einstellungsentscheidung einer StA in der NJW veröffentlich wird, ist aus guten (freilich noch anderen) Gründen absolut selten. Da dürfte es mehr Fälle geben, bei denen das Gericht aus Rechtsgründen "ablehnend" entscheidet.
Als Richter hast du dein Leben lang den gleichen Arbeitsort und feste Sitzungstage (die du nichtmals unbedingt einhalten musst). Als StA erfärhst du am Montag, zu welchem AG du am Dienstag hinzufahren hast. Wenn die vor dor terminierte Verhandlung überzogen wird, dann wartest du brav auf dem Flur. Der Richter sitzt durchgehend bequem auf seinem Stuhl und entscheidet, wie die Uhr in seinem Saal tickt. Kommt der Angeklagte nicht, hat der StA die Reise umsonst gemacht (siehe oben: Aufwand ohne Ergebnis = alles andere als ein Erfolgserlebnis). Der Richter musste nur eine Treppe von seinem Büro aus runter kommen und kann dort oben die Zeit bis zur nächsten Verhandlung verbringen.
Jedes größere Gericht hat eine taugliche Kantine oder ist halbwegs zentral gelegen. Bei den beiden mir bekannten StAen wurde die Kantine geschlossen und es sind 20 Minuten Fußmarsch bis zur nächsten Gelegenheit etwas zu essen.
Das Gerichtsgebäuse wird eher saniert als das der StA. Über Gerichtsgebäude präsentiert die Justiz sich der Öffentlichkeit und man ist dort auf vernünftige Technik angewiesen, man will sich auch nicht gegenüber den GK-Anwälten etc. blamieren. Aber die StA? Die muss nicht besser ausgestattet sein als das Bauamt.
Allgemein ist das Amt des Staatsanwalts für mich so wie das in jeder anderen Behörde auch. Einfacher Sachbearbeiter, der zwar juristisch geschult ist, dessen tägliche Arbeit diese Schulung aber nicht so richtig erfordert, und bei manchen Staatsanwälten bleibt das ein Leben lang so. Klarer Fall der Überqualifikation (wenn denn taugliche Examina vorliegen); die Ausbildung zum AA hätte in 99% der Fälle auch locker gereicht. In der Kammer für Wettbewerbssachen hingegen will ich den AA eher nicht sitzen haben. Zeichnet sich auch insofern ab, als man in NRW anscheinend die strategische Entscheidung getroffen hat, mehr AA- und weniger StA-Posten zu schaffen (Erstere aber durchaus auch mit Volljuristen zu besetzen, genial!).
Richter > StA
12.06.2022, 21:45
Dass der StA so "kreativ" im Ermittlungsverfahren sein kann, entspricht auch nicht meiner Wahrnehmung von der Seitenlinie aus. Theoretisch mag es solche Möglichkeiten geben, auch wenn diese Charakterisierung des Berufsbildes eher auf amerikanische Krimiserien gemünzt zu sein scheint als auf den Alltag bei deutschen StAen. In der Praxis aber scheinen mir die "ermittlungstaktischen Überlegungen" der StA in 99% der Fälle dann doch in die (wenig kreative) Vorgehensweise zu münden, die Akte einfach an die KriPo zu schicken und da einfach mal um Zeugenvernehmung zu bitten. Bei den Kleinkramsachen durchaus auch schon, ohne die Akten überhaupt ein Mal wirklich angesehen und überlegt zu haben, ob das überhaupt für einen Anfangsverdacht reicht.
Wie gesagt:
Hauptfunktion = Filterfunktion für das Gericht
Hauptaufgabe = Akten vom Tisch bekommen
Verfahrensökonomische Sinnhaftigkeit, kriminalpolitische Vertretbarkeit und juritische Belastbarkeit sind allenfalls nachrangiger Bedeutung. Der StA ist ohnehin eher Verwaltungssachbearbeiter als Rechtsanwender.
Wie gesagt:
Hauptfunktion = Filterfunktion für das Gericht
Hauptaufgabe = Akten vom Tisch bekommen
Verfahrensökonomische Sinnhaftigkeit, kriminalpolitische Vertretbarkeit und juritische Belastbarkeit sind allenfalls nachrangiger Bedeutung. Der StA ist ohnehin eher Verwaltungssachbearbeiter als Rechtsanwender.
Erste Infos zum Bewerbungsverfahren für den Justizdienst findest Du auf den Richter-Infoseiten von Juristenkoffer.de:
https://www.juristenkoffer.de/richter/
Darüber hinaus sollte man sich dann mit dem Karriere-Dossier über die Einstellungschancen und Bewerbungsvoraussetzungen informieren. Optional besteht zudem die Möglichkeit, auf die vielen hunderten Erfahrungsberichte anderer Juristen zuzugreifen, die bereits das Bewerbungsverfahren erfolgreich absolviert haben:
https://www.juristenkoffer.de/richter/karriere-dossier-richter-staatsanwalt-werden.php
https://www.juristenkoffer.de/richter/
Darüber hinaus sollte man sich dann mit dem Karriere-Dossier über die Einstellungschancen und Bewerbungsvoraussetzungen informieren. Optional besteht zudem die Möglichkeit, auf die vielen hunderten Erfahrungsberichte anderer Juristen zuzugreifen, die bereits das Bewerbungsverfahren erfolgreich absolviert haben:
https://www.juristenkoffer.de/richter/karriere-dossier-richter-staatsanwalt-werden.php
12.06.2022, 21:52
Man hat als Staatsanwalt schon seine Möglichkeiten das „hohe Gericht“ zu ärgern. Das fängt damit an, dass man einen Einstellung nach 153 ff. StPO nicht zustimmt, keinen Rechtsmittelverzicht abgibt, Rechtsmittel am letzten Tag nach 16 Uhr einlegt usw. In der Praxis folgen die Richter in der Regel auch den Anträgen der Staatsanwaltschaft zumindest in meinem Landgerichtsbezirk. Die Zusammenarbeit funktioniert auch sehr gut, seit die hiesige Beschwerdekammer nicht mehr denkt jeden richterlichen „halten“ zu müssen. Es darf auch nicht vergessen werden, dass die Staatsanwaltschaft im Strafrecht an der richterlichen Rechtsfortbildung unmittelbar beteiligt ist (Anklagegrundsatz). Ohne Anklage folglich keine Entscheidung.
Bei der „Filterfunktion“ würde ich zustimmen. Auch die Arbeitsbelastung ist je nach Dezernat hoch. Die Qualität der Abschlussentscheidungen hängt vom jeweiligen Dezernenten ab. Aber gerade Urteile von Amtsgericht sind zum Teil „gruselig“. Gerade bei den Bundesländern mit gemeinsamer Laufbahn hängt es sicherlich nicht von der Note ab, wo man verplant wird.
Bei der „Filterfunktion“ würde ich zustimmen. Auch die Arbeitsbelastung ist je nach Dezernat hoch. Die Qualität der Abschlussentscheidungen hängt vom jeweiligen Dezernenten ab. Aber gerade Urteile von Amtsgericht sind zum Teil „gruselig“. Gerade bei den Bundesländern mit gemeinsamer Laufbahn hängt es sicherlich nicht von der Note ab, wo man verplant wird.
12.06.2022, 22:09
Na ganz sicher weigert man sich an einem Sitzungstag sechsmal hintereinander, der Einstellung zuzustimmen. Macht keiner. Sorry.
12.06.2022, 22:38
(12.06.2022, 21:45)Staatsfeind #1 schrieb: Dass der StA so "kreativ" im Ermittlungsverfahren sein kann, entspricht auch nicht meiner Wahrnehmung von der Seitenlinie aus. Theoretisch mag es solche Möglichkeiten geben, auch wenn diese Charakterisierung des Berufsbildes eher auf amerikanische Krimiserien gemünzt zu sein scheint als auf den Alltag bei deutschen StAen. In der Praxis aber scheinen mir die "ermittlungstaktischen Überlegungen" der StA in 99% der Fälle dann doch in die (wenig kreative) Vorgehensweise zu münden, die Akte einfach an die KriPo zu schicken und da einfach mal um Zeugenvernehmung zu bitten. Bei den Kleinkramsachen durchaus auch schon, ohne die Akten überhaupt ein Mal wirklich angesehen und überlegt zu haben, ob das überhaupt für einen Anfangsverdacht reicht.
(...)
Verfahrensökonomische Sinnhaftigkeit, kriminalpolitische Vertretbarkeit und juritische Belastbarkeit sind allenfalls nachrangiger Bedeutung. Der StA ist ohnehin eher Verwaltungssachbearbeiter als Rechtsanwender.
Wenn jemand so unsinnig arbeitet, braucht er sich allerdings nicht zu wundern, dass weder Zeit für sinnvolle und durchaus kreative Ermittlung und Verfahrensführung bleibt noch für die abschließend genannten Gedanken... Zeit an der richtigen Stelle investiert bekommt man doppelt raus.
13.06.2022, 10:54
(11.06.2022, 21:37)Drin schrieb: Ich schätze an meiner Arbeit als StA die große Entscheidungsfreiheit. Mir redet grds. niemand rein
Naja, mit dem „Reinreden“ bei der Staatsanwaltschaft ist das so eine Sache. Natürlich, bei den 08/15-Sachen im allgemeinen Dezernat redet einem natürlich niemand rein (die hier schon erwähnten Hausverfügungen gibt es für viele Fälle trotzdem). Ganz anders kann es aber in „kritischen“ Sachen aussehen, z. B. bei politischen Strafsachen und/oder bei Sachen mit großer Öffentlichkeitswirkung, die oft auch sog. Berichtssachen sind (dh die vorgesetzte Behörde muss regelmäßig über den Verfahrensstand informiert werden). Gerade wenn es interessant wird, ist es also mit der Entscheidungsfreiheit des Dezernenten oft vorbei.