16.02.2022, 11:24
Liebe Leute,
zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass der nachfolgende Text einen Spoiler zur Klausur ZVR1b von Kaiser enthält, also falls Ihr diese
noch bearbeiten wollt, besser nicht weiterlesen.
Ich habe K. Klausur geschrieben und in der ging es u.a um die Abgrenzung
Schuldbeitritt und Bürgschaft.
Kurz gesagt: Kreditgeber (Gläubiger) hat mit Vater (Schuldner) einen Darlehensvertrag.
Sohn unterschreibt auf Aufforderung der Bank eine ,,Mithaftungsübernahme".
Die grundsätzlichen Aussagen dazu sind, dass die Darlehenssumme nur dem Vater zugute kommt
und der Sohn keinerlei Entscheidungsbefugnis bzgl des Geldes hat. Der Sohn unterschreibt es nur aus ,,Dank" zu seinem Vater,
weil er so toller Vater ist, also aus emotionaler Verbundenheit (Rspr zur Kindsbürgschaft)
Ich habe eine Bürgschaft angenommen, wegen fehlendem eigenen wirtschaftlichen Interesse an der Darlehensauszahlung. Und bin davon
ausgegangen, dass er sich nur für eine fremde Schuld verbürgt.
Kaiser geht von einem Schuldbeitritt aus, weil der Sohn eine gleichrangige Haftung neben der seines Vaters wolle, ohne dass seine Haftung wie
im Falle einer Bürgschaft nachrangig sei. Eine Bürgschaft ist nach Kaiser wohl unvertretbar. Weshalb aber eine gleichrangige Haftung gewollt sei, wird in der Lösung allerdings an keiner Stelle subsumiert. Letztlich kommt es mir so vor, als wenn Kaiser nur auf den Wortlaut ,,Mithaftung" abstellt. In der Lösung heißt es zwar selbst, dass man allein hierauf nicht abstellen könne, aber eine wirkliche Subsumtion, weshalb eine gleichrangige Haftung gewollt sei, erfolgt nicht.
In meinem Kommentar (2013) stand, dass im Zweifel eine Bürgschaft anzunehmen sei. Und auch aus den Unterlagen der Online Vorlesung bzgl Schuldbeitritt und Bürgschaft erfolgt die Abgrenzung insb danach, ob der Unterzeichnende des Sicherungsvertrages, ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Auszahlung des Darlehens hat -> dann Schuldbeitritt, zB der Mitinhaber eines Unternehmens (ohne Entscheidungsbefugnis)
Wie seht ihr das? Kaisers Ergebnis überrascht und deprimiert mich ein wenig, weil ich eig dachte, ich hätte das zumindest vertretbar gelöst.
zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass der nachfolgende Text einen Spoiler zur Klausur ZVR1b von Kaiser enthält, also falls Ihr diese
noch bearbeiten wollt, besser nicht weiterlesen.
Ich habe K. Klausur geschrieben und in der ging es u.a um die Abgrenzung
Schuldbeitritt und Bürgschaft.
Kurz gesagt: Kreditgeber (Gläubiger) hat mit Vater (Schuldner) einen Darlehensvertrag.
Sohn unterschreibt auf Aufforderung der Bank eine ,,Mithaftungsübernahme".
Die grundsätzlichen Aussagen dazu sind, dass die Darlehenssumme nur dem Vater zugute kommt
und der Sohn keinerlei Entscheidungsbefugnis bzgl des Geldes hat. Der Sohn unterschreibt es nur aus ,,Dank" zu seinem Vater,
weil er so toller Vater ist, also aus emotionaler Verbundenheit (Rspr zur Kindsbürgschaft)
Ich habe eine Bürgschaft angenommen, wegen fehlendem eigenen wirtschaftlichen Interesse an der Darlehensauszahlung. Und bin davon
ausgegangen, dass er sich nur für eine fremde Schuld verbürgt.
Kaiser geht von einem Schuldbeitritt aus, weil der Sohn eine gleichrangige Haftung neben der seines Vaters wolle, ohne dass seine Haftung wie
im Falle einer Bürgschaft nachrangig sei. Eine Bürgschaft ist nach Kaiser wohl unvertretbar. Weshalb aber eine gleichrangige Haftung gewollt sei, wird in der Lösung allerdings an keiner Stelle subsumiert. Letztlich kommt es mir so vor, als wenn Kaiser nur auf den Wortlaut ,,Mithaftung" abstellt. In der Lösung heißt es zwar selbst, dass man allein hierauf nicht abstellen könne, aber eine wirkliche Subsumtion, weshalb eine gleichrangige Haftung gewollt sei, erfolgt nicht.
In meinem Kommentar (2013) stand, dass im Zweifel eine Bürgschaft anzunehmen sei. Und auch aus den Unterlagen der Online Vorlesung bzgl Schuldbeitritt und Bürgschaft erfolgt die Abgrenzung insb danach, ob der Unterzeichnende des Sicherungsvertrages, ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Auszahlung des Darlehens hat -> dann Schuldbeitritt, zB der Mitinhaber eines Unternehmens (ohne Entscheidungsbefugnis)
Wie seht ihr das? Kaisers Ergebnis überrascht und deprimiert mich ein wenig, weil ich eig dachte, ich hätte das zumindest vertretbar gelöst.
16.02.2022, 11:43
Als bei Gericht hätten wir gesagt, dass eine Bank, wenn sie eine Bürgschaft will, über das Ding auch Bürgschaft schreibt. Wenn sie hingegen etwas mit Mithaftung/gleichrangiger Haftung will, schreibt sie Mithaftung rein.
Wir hatten mal einen "ähnlichen" Fall, nennen wir ihn mal den prima facie Beweis des Schriftlichen. Wenn in einem Vertrag schriftlich etwas steht, genügt es uns nicht, wenn eine Partei sagt, dass sie aber etwas anderes meinte. Denn das sagt die Partei ständig, wenn es vor Gericht geht und die Formulierungen "auf einmal" für sie ungünstig sind.
Wir hatten mal einen "ähnlichen" Fall, nennen wir ihn mal den prima facie Beweis des Schriftlichen. Wenn in einem Vertrag schriftlich etwas steht, genügt es uns nicht, wenn eine Partei sagt, dass sie aber etwas anderes meinte. Denn das sagt die Partei ständig, wenn es vor Gericht geht und die Formulierungen "auf einmal" für sie ungünstig sind.
16.02.2022, 12:32
Danke für die Rückmeldung.
Vllt ist das dann das Hauptargument, dass der Wortlaut zu eindeutig ist. Anders wäre der Fall vllt beim Wortlaut ,,Haftungsübernahme". Dann würde ein weiterer Auslegungsspielraum bestehen.
Vllt ist das dann das Hauptargument, dass der Wortlaut zu eindeutig ist. Anders wäre der Fall vllt beim Wortlaut ,,Haftungsübernahme". Dann würde ein weiterer Auslegungsspielraum bestehen.
16.02.2022, 12:57
(16.02.2022, 12:32)Juristerei schrieb: Danke für die Rückmeldung.
Vllt ist das dann das Hauptargument, dass der Wortlaut zu eindeutig ist. Anders wäre der Fall vllt beim Wortlaut ,,Haftungsübernahme". Dann würde ein weiterer Auslegungsspielraum bestehen.
Das ist möglich. Normalerweise versucht man als Gericht nicht "schlauer" als die Parteien zu sein. Und man macht auch keine nachgelagerte Rechtsberatung in dem Sinne, dass man über die Auslegung ein rechtliches Konstrukt ermittelt, dass für die eine oder andere Partei das vermeintlich Gewollte vorteilhafter erfasst. Wenn die Parteien über eine Sache Kaufvertrag schreiben aber dann eine Miete regeln, ist das etwas anderes. Aber ich fange nicht an, ein als Mietvertrag überschriebenes und ausgestaltetes Schriftstück in eine Leihe umzudeuten, weil die rechtlichen Folgen der Leihe näher an das kommen, was für die Parteien gewollt und vorteilhaft gewesen wäre.
16.02.2022, 14:11
Ich denke mit den Argumenten verstehe ich den Lösungsansatz. Hat mir auf jeden Fall geholfen. Danke!
16.02.2022, 16:01
Aber die Schuldnerschutzbestimmungen, die akribisch im Bürgschaftsrecht herausgearbeitet worden sind, müssen doch bei einer "Mithaftungsübernahme" ebenfalls herangezogen werden. Nur weil man dem Kind einen neuen Namen gibt, sind damit doch nicht gleich alle zur Bürgschaft herausgearbeiteten Schutzvorschriften über Bord geworfen.
16.02.2022, 18:17
Ja das musste man auch rausarbeiten. Die Respr zur (sittenw) Bürgschaft ist auf den Schuldbeitritt entsprechend anzuwenden.
Aber ein Schwerpunkt der Klausur war die Abgrenzung beider Verträge voneinander.
Aber ein Schwerpunkt der Klausur war die Abgrenzung beider Verträge voneinander.
16.02.2022, 20:56
16.02.2022, 21:05
(16.02.2022, 20:56)GPA-HH schrieb:(16.02.2022, 18:17)Juristerei schrieb: Ja das musste man auch rausarbeiten. Die Respr zur (sittenw) Bürgschaft ist auf den Schuldbeitritt entsprechend anzuwenden.
Aber ein Schwerpunkt der Klausur war die Abgrenzung beider Verträge voneinander.
OK, gucke mir die Klausur dann morgen mal an.
Ja, cool. Meld dich gerne danach
17.02.2022, 00:43
(16.02.2022, 18:17)Juristerei schrieb: Ja das musste man auch rausarbeiten. Die Respr zur (sittenw) Bürgschaft ist auf den Schuldbeitritt entsprechend anzuwenden.
Aber ein Schwerpunkt der Klausur war die Abgrenzung beider Verträge voneinander.
Ein Schwerpunkt der Klausur lag darin, zwei Vertragstypen voneinander abzugrenzen, auf die im entscheidenden Punkt dasselbe Regelungsregime anzuwenden ist? Klingt mir nach einer schlecht konstruiierten Klausur...