20.10.2021, 11:39
(20.10.2021, 09:07)Zukunft schrieb: Wie nehmt ihr Arbeit war? Wird der Mensch ist durch Arbeit zum Menschen? Oder ist der Mensch bereits Mensch auch ohne Arbeit, und Arbeit ist wirklich eine Notwendigkeit?
Meine kursorischen Betrachtung des Alltags sind, dass immer mehr Menschen sich über ihren Beruf oder Job definieren und in diesem Zusammenhang auch erst darin ihren Sinn der Existenz sehen. Hat Arbeit in unserer heutigen Welt einen an solchen Umfang eingenommen, dass daneben kaum etwas anderes möglich ist?
Ohne Kohle würde ich mich nie wieder in irgendeinem Büro blicken lassen, es ist nichts weiter, als eine Notwendigkeit. Zumindest für mich.
Dennoch habe ich kein Problem damit ihr nachzugehen und gehe meistens mit guter Laune zur Arbeit, da ich es einfach soviel schlechter treffen hätte können ... unser Juristen Dasein ist ja in der Regel schon eine ziemlich priviligierte Situation
22.10.2021, 00:37
(20.10.2021, 11:12)Nrw_ref schrieb:(20.10.2021, 10:49)Gast schrieb: Kann mir mal einer erklären, wieso in den letzten Jahren immer häufiger über das Konzept "Arbeiten" gejammert wird?
Wir haben den besten Arbeitsmarkt in der gesamten Menschheitsgeschichte. Arbeitnehmerrechte, ein vielfältiges Angebot verschiedenster Berufe, Benefits ohne Ende und eine nie dagewesene Versorgungssicherheit dadurch.
Macht ihr hier alle einen auf Tyler Durden ("Die Zweitgeborenen der Geschichte, Männer ohne Zweck, ohne Ziel")?
Es wurde schon immer gejammert und nur so haben sich Sachen verändert. Nur dank der konstanten Unzufriedenheit mit dem Konzept Arbeit gibt es Arbeitnehmerrechte.
Ich glaube halt, dass man immer dann wenn die eigene Arbeit nicht auch zu einem konkreten eigenen Vorteil führt (Ich habe mir selbst Kleidung genäht, Möbel gebaut etc.) man den Sinn grundsätzlich hinterfragt und dann eine gewisse Legitimation braucht. Die Form der Legitimation hat sich mit den Jahren entwickelt. Ganz früher eher Identifikation mit Familiengeschichte, dann Bindung an ein konkretes Unternehmen und mittlerweile viel Status und Selbstverwirklichung durch Arbeit.
Marx nannte diesen Verlust des konkreten eigenen Vorteils die Entfremdung der Arbeit, die letztlich mit der Arbeitsteilung begonnen hat. Da alle Identifikationsfiguren wie Religion, Nation oder Familie mehr oder weniger ihre Bedeutung verloren haben, bleibt die Arbeit. So wird nun im Spätkapitalismus plötzlich die Arbeit und nichts als die Arbeit doch wieder Ausdruck unseres Selbst oder soll das zumindest sein. Da Arbeit in einer arbeitsteiligen Welt aber immer auch nur einen Teil unseres Selbst widerspiegeln kann, ist dieses Vorhaben eigentlich von vornherein zum Scheitern verurteilt. Selbst Landwirte wie meine Eltern leben längst nicht mehr in ihrem eigenen Kosmos, sondern sind von einer Vielzahl anderer Akteure abhängig. Zufriedener ist, wer die Arbeit nicht mit so viel Bedeutung auflädt und erkennt, dass unser Selbst ganz verschiedene Facetten aufweist, die durch ganz verschiedene Aktivitäten widergespiegelt werden von denen Erwerbsarbeit nur eine und auch nur Mittel zum Zweck ist.
22.10.2021, 11:32
Ich sehe es im Grunde auch so, dass gerade in DE die Arbeit eine enorme Stellung im Leben vieler einnimmt.
Es beginnt damit, ob man als arbeitsfähiger Mensch überhaupt Arbeit hat. „Hauptsache Arbeit haben“ ist ein Glaubenssatz vieler in der Unter- und Mittelschicht. Hauptsache nicht abhängig sein vom Amt o.ä., seinen Beitrag leisten. Auch das ist ein Grund, warum sich mancher mit Pfandflaschensammeln beschäftifgt. Es ist auch eine Art Substitut für eine Arbeitsstelle.
Die nächste Stufe ist dann (auch hier besonders beliebt…) welche Arbeit man denn ausübt. Ob nun Arzt oder Putzhilfe, da machen wir große Unterschiede aus nicht nur im Verdienst. Besseres Beispiel: Arzt und Immobilienmakler. Auch wenn der eine Makler signifikant mehr verdient als der Arzt, hat der ein höheres Ansehen, selbst wenn er nur Leute mit Erkältung behandelt und das auch nur an drei Tagen die Woche.
Inwiefern das alles mit Jammern zu tun hat…ich denke man jammert fast immer. Wer nur Privatier ist wird jammern über Inflation, dumme BErater und den ganzen Stress, den die Vermögensverwaltung so mit sich bringt. Wer Hartz IV bezieht beschwert sich darüber, vom Amt drangsaliert zu werden, wenig Geld zu haben und von der Gesellschaft nicht respektiert zu werden. Wer in der GK arbeitet beschwert sich, so er denn Zeit dazu findet, über die wenige Zeit für sich. Der normale Arbeitnehmer beschwert sich sowieso über alles und jeden, vor allem über den Chef.
Ich denke indes nicht das wäre alles Schnee von gestern, wenn wir wieder „zurück zu den Wurzeln“ gingen. Wenn ich jetzt von früh bis spät jagen, sammeln und das Feld bestellen müsste, hätte ich auch nicht mehr Zeit. Zumal ich dann andere Probleme hätte. Diese Fantasie ist ohnehin naiv, weil sie ja nicht nur von mir ausgeht, sondern davon, dass das alle möglichen Leute machen. Dann bricht halt die Gesellschaft zusammen und wir leben in einer Art postmodernem Mittelalter. Dann trachten mir ehemalige Bauern nach dem Leben, die gemerkt haben, dass es einfacher ist, anderen das Essen wegzunehmen, als es selbst zu produzieren. Schön. Und wenn ich krank bin sterbe ich ggf. einfach, weil es keine Ärzte mehr gibt. Nett.
Es beginnt damit, ob man als arbeitsfähiger Mensch überhaupt Arbeit hat. „Hauptsache Arbeit haben“ ist ein Glaubenssatz vieler in der Unter- und Mittelschicht. Hauptsache nicht abhängig sein vom Amt o.ä., seinen Beitrag leisten. Auch das ist ein Grund, warum sich mancher mit Pfandflaschensammeln beschäftifgt. Es ist auch eine Art Substitut für eine Arbeitsstelle.
Die nächste Stufe ist dann (auch hier besonders beliebt…) welche Arbeit man denn ausübt. Ob nun Arzt oder Putzhilfe, da machen wir große Unterschiede aus nicht nur im Verdienst. Besseres Beispiel: Arzt und Immobilienmakler. Auch wenn der eine Makler signifikant mehr verdient als der Arzt, hat der ein höheres Ansehen, selbst wenn er nur Leute mit Erkältung behandelt und das auch nur an drei Tagen die Woche.
Inwiefern das alles mit Jammern zu tun hat…ich denke man jammert fast immer. Wer nur Privatier ist wird jammern über Inflation, dumme BErater und den ganzen Stress, den die Vermögensverwaltung so mit sich bringt. Wer Hartz IV bezieht beschwert sich darüber, vom Amt drangsaliert zu werden, wenig Geld zu haben und von der Gesellschaft nicht respektiert zu werden. Wer in der GK arbeitet beschwert sich, so er denn Zeit dazu findet, über die wenige Zeit für sich. Der normale Arbeitnehmer beschwert sich sowieso über alles und jeden, vor allem über den Chef.
Ich denke indes nicht das wäre alles Schnee von gestern, wenn wir wieder „zurück zu den Wurzeln“ gingen. Wenn ich jetzt von früh bis spät jagen, sammeln und das Feld bestellen müsste, hätte ich auch nicht mehr Zeit. Zumal ich dann andere Probleme hätte. Diese Fantasie ist ohnehin naiv, weil sie ja nicht nur von mir ausgeht, sondern davon, dass das alle möglichen Leute machen. Dann bricht halt die Gesellschaft zusammen und wir leben in einer Art postmodernem Mittelalter. Dann trachten mir ehemalige Bauern nach dem Leben, die gemerkt haben, dass es einfacher ist, anderen das Essen wegzunehmen, als es selbst zu produzieren. Schön. Und wenn ich krank bin sterbe ich ggf. einfach, weil es keine Ärzte mehr gibt. Nett.