10.10.2021, 13:12
Moin,
ich möchte alle StA mal fragen wie inhaltlich anspruchsvoll sie ihre zu bearbeitenden Verfahren einschätzen.
Selbst bringe ich die fachliche Quali auf dem Papier mit (VB in Stationen, schriftlichen StA-Examensklausuren sowie mündlicher Prüfung), doch ist das natürlich alles nur ein Beleg dafür gut Examen und 4 Monate Stationsdienst leisten zu können. Hingegen ist es dann doch nochmal etwas ganz anderes ein volles Dez. selbstständig zu bearbeiten und die Probezeit von immerhin 3 Jahren souverän zu meistern, denn mehr als Einblicke hat man nie erhalten.
Das Amt motiviert mich ungemein und ich habe große Lust drauf, möchte aber einfach mal hören wie die Selbsteinschätzung der Erfahrenen-StA ausfällt.
ich möchte alle StA mal fragen wie inhaltlich anspruchsvoll sie ihre zu bearbeitenden Verfahren einschätzen.
Selbst bringe ich die fachliche Quali auf dem Papier mit (VB in Stationen, schriftlichen StA-Examensklausuren sowie mündlicher Prüfung), doch ist das natürlich alles nur ein Beleg dafür gut Examen und 4 Monate Stationsdienst leisten zu können. Hingegen ist es dann doch nochmal etwas ganz anderes ein volles Dez. selbstständig zu bearbeiten und die Probezeit von immerhin 3 Jahren souverän zu meistern, denn mehr als Einblicke hat man nie erhalten.
Das Amt motiviert mich ungemein und ich habe große Lust drauf, möchte aber einfach mal hören wie die Selbsteinschätzung der Erfahrenen-StA ausfällt.
10.10.2021, 21:26
Bin kein StA, aber das ist doch (oft) DER Beruf mit den flachsten Inhalten.
10.10.2021, 21:39
Man muss da vielleicht noch unterscheiden, ob man auf der allgemeinen Abteilung ist oder auf einer Spezialabteilung.
Aus meiner Zeit würde ich die Herausforderungen auf der Allgemeinen so sehen:
- man muss sich bei kleinen Sachen die Zeit rausholen, um die großen sachgerecht bearbeiten zu können
- bei Einstellungen zielgerichtet den einen Punkt packen, an dem die Verurteilung scheitern würde
- die Verfahren so führen, dass nicht sinnlos rumermittelt wird, sondern man schnell zur Anklage oder Einstellung kommt
- die Polizei motivieren und mit ihr so kommunizieren, dass sie tut, was getan werden muss.
Das ist durchaus herausfordernd, auch wenn es jetzt nicht immer allergrößte Strafrechtsdogmatik ist und man im Sitzungsdienst nicht die große Rolle spielt, aber es macht vor allem im Ermittlungsverfahren auch richtig Spaß. Ich war sehr gern Staatsanwalt. Alles Gute Dir!
Aus meiner Zeit würde ich die Herausforderungen auf der Allgemeinen so sehen:
- man muss sich bei kleinen Sachen die Zeit rausholen, um die großen sachgerecht bearbeiten zu können
- bei Einstellungen zielgerichtet den einen Punkt packen, an dem die Verurteilung scheitern würde
- die Verfahren so führen, dass nicht sinnlos rumermittelt wird, sondern man schnell zur Anklage oder Einstellung kommt
- die Polizei motivieren und mit ihr so kommunizieren, dass sie tut, was getan werden muss.
Das ist durchaus herausfordernd, auch wenn es jetzt nicht immer allergrößte Strafrechtsdogmatik ist und man im Sitzungsdienst nicht die große Rolle spielt, aber es macht vor allem im Ermittlungsverfahren auch richtig Spaß. Ich war sehr gern Staatsanwalt. Alles Gute Dir!
10.10.2021, 21:47
(10.10.2021, 21:39)Praktiker schrieb: Man muss da vielleicht noch unterscheiden, ob man auf der allgemeinen Abteilung ist oder auf einer Spezialabteilung.
Aus meiner Zeit würde ich die Herausforderungen auf der Allgemeinen so sehen:
- man muss sich bei kleinen Sachen die Zeit rausholen, um die großen sachgerecht bearbeiten zu können
- bei Einstellungen zielgerichtet den einen Punkt packen, an dem die Verurteilung scheitern würde
- die Verfahren so führen, dass nicht sinnlos rumermittelt wird, sondern man schnell zur Anklage oder Einstellung kommt
- die Polizei motivieren und mit ihr so kommunizieren, dass sie tut, was getan werden muss.
Das ist durchaus herausfordernd, auch wenn es jetzt nicht immer allergrößte Strafrechtsdogmatik ist und man im Sitzungsdienst nicht die große Rolle spielt, aber es macht vor allem im Ermittlungsverfahren auch richtig Spaß. Ich war sehr gern Staatsanwalt. Alles Gute Dir!
Danke für deine Übersicht. Ich fange nächsten Monat in einer allgemeinen Abteilung an. Für den Einstieg wahrscheinlich genau das Richtige (aber hoffentlich kein Dauerzustand )
10.10.2021, 22:05
(10.10.2021, 21:26)HerrKules schrieb: Bin kein StA, aber das ist doch (oft) DER Beruf mit den flachsten Inhalten.
Aha.
Um etwas mehr Input zu bieten als der zitierte Vorposter: Man arbeitet zwar nicht am juristischen Hochreck, aber hat inhaltlich mit dem gesamten Wahnsinn einer Gesellschaft zu tun. Ich bin seit einigen Jahren bei der StA und habe mich noch nie während bzw. in Anbetracht der Arbeit gelangweilt. Man steht regelmäßig vor neuen und unbekannten Problemen und Fragestellungen und kann sich zB bei der Ermittlung von Sachverhalten auch kreativ betätigen.
10.10.2021, 22:55
11.10.2021, 01:11
(10.10.2021, 21:26)HerrKules schrieb: Bin kein StA, aber das ist doch (oft) DER Beruf mit den flachsten Inhalten.
So ein Quatsch. Neben juristischen Qualifikationen verlangt der Job das höchste Maß an individueller Verantwortung (insbesondere im Ermittlungsverfahren). Das Strafrecht ist das schärfste Schwert in der Juristerei und bietet die schwerwiegensten Grundrechtseingriffe und erfordert damit eine hohe und durchgehende Präzision unter meist knapper Zeit. Daneben braucht man viel Menschenkenntnis und andere Kompetenzen, insbesondere bei den Zeugenvernehmungen. Dazu das Prozessrecht, das bei der Beweisführung viel mehr Argumentation abverlangt. Gerade im Nebenstrafrecht, insbesondere Wirtschaftsstrafrecht und Medizinstrafrecht, kann es auch materiell extrem kompliziert werden, komplizierter als zB Bausachen am LG.
11.10.2021, 08:07
(10.10.2021, 21:47)Gast schrieb:(10.10.2021, 21:39)Praktiker schrieb: Man muss da vielleicht noch unterscheiden, ob man auf der allgemeinen Abteilung ist oder auf einer Spezialabteilung.
Aus meiner Zeit würde ich die Herausforderungen auf der Allgemeinen so sehen:
- man muss sich bei kleinen Sachen die Zeit rausholen, um die großen sachgerecht bearbeiten zu können
- bei Einstellungen zielgerichtet den einen Punkt packen, an dem die Verurteilung scheitern würde
- die Verfahren so führen, dass nicht sinnlos rumermittelt wird, sondern man schnell zur Anklage oder Einstellung kommt
- die Polizei motivieren und mit ihr so kommunizieren, dass sie tut, was getan werden muss.
Das ist durchaus herausfordernd, auch wenn es jetzt nicht immer allergrößte Strafrechtsdogmatik ist und man im Sitzungsdienst nicht die große Rolle spielt, aber es macht vor allem im Ermittlungsverfahren auch richtig Spaß. Ich war sehr gern Staatsanwalt. Alles Gute Dir!
Danke für deine Übersicht. Ich fange nächsten Monat in einer allgemeinen Abteilung an. Für den Einstieg wahrscheinlich genau das Richtige (aber hoffentlich kein Dauerzustand )
Nein, Dauerzustand wird es kaum sein. Wer will, wechselt nach ein paar Jahren. Allgemeine ist am vielfältigsten und interessantesten, aber eben auch ganz schöne Masse. Das macht man nicht das ganze Berufsleben.
11.10.2021, 09:48
(10.10.2021, 21:39)Praktiker schrieb: Man muss da vielleicht noch unterscheiden, ob man auf der allgemeinen Abteilung ist oder auf einer Spezialabteilung.
Aus meiner Zeit würde ich die Herausforderungen auf der Allgemeinen so sehen:
- man muss sich bei kleinen Sachen die Zeit rausholen, um die großen sachgerecht bearbeiten zu können
- bei Einstellungen zielgerichtet den einen Punkt packen, an dem die Verurteilung scheitern würde
- die Verfahren so führen, dass nicht sinnlos rumermittelt wird, sondern man schnell zur Anklage oder Einstellung kommt
- die Polizei motivieren und mit ihr so kommunizieren, dass sie tut, was getan werden muss.
Das ist durchaus herausfordernd, auch wenn es jetzt nicht immer allergrößte Strafrechtsdogmatik ist und man im Sitzungsdienst nicht die große Rolle spielt, aber es macht vor allem im Ermittlungsverfahren auch richtig Spaß. Ich war sehr gern Staatsanwalt. Alles Gute Dir!
Danke sehr, das klingt sehr gut. Ich freu mich drauf.
11.10.2021, 10:44
(11.10.2021, 01:11)KeinSpammer schrieb:(10.10.2021, 21:26)HerrKules schrieb: Bin kein StA, aber das ist doch (oft) DER Beruf mit den flachsten Inhalten.
So ein Quatsch. Neben juristischen Qualifikationen verlangt der Job das höchste Maß an individueller Verantwortung (insbesondere im Ermittlungsverfahren). Das Strafrecht ist das schärfste Schwert in der Juristerei und bietet die schwerwiegensten Grundrechtseingriffe und erfordert damit eine hohe und durchgehende Präzision unter meist knapper Zeit. Daneben braucht man viel Menschenkenntnis und andere Kompetenzen, insbesondere bei den Zeugenvernehmungen. Dazu das Prozessrecht, das bei der Beweisführung viel mehr Argumentation abverlangt. Gerade im Nebenstrafrecht, insbesondere Wirtschaftsstrafrecht und Medizinstrafrecht, kann es auch materiell extrem kompliziert werden, komplizierter als zB Bausachen am LG.
Das war ersichtlich polemisch formuliert. Dein Beitrag ist allerdings doch etwas lächerlich. "Das schärfste Schwert der Juristerei" ist hauptsächlich ein ultra abgenutzter Strafrechtsprofessoren-Spruch. Frag doch mal jemanden, ob er lieber ne Einstellung nach § 153a mit 500€ Geldauflage nimmt oder einen Zivilprozess über zwei Millionen Euro verliert. Dir scheint zudem entgangen zu sein, dass Staatsanwälte gar nicht über Strafen entscheiden. Bei Einstellungen oder Strafbefehlen mag faktisch über Sanktionen bestimmt werden, das sind aber ja nicht die großen Dinger. Als Anfänger hat man auch kein volles Zeichnungsrecht, wird also langsam rangeführt. Am Gericht ist das durchaus anders. Die Verantwortung eines Richters ist gar nicht zu vergleichen mit der eines Staatsanwalts. Verglichen mit den klassischen Juristenberufen (Richter, Rechtsanwalt) ist Staatsanwalt doch der Beruf mit der eher geringen Verantwortung. Man ist nicht nur Beamter und haftet praktisch für nichts, was man da tut, man hat zudem einen direkten Vorgesetzten, der weisungsbefugt ist und man entscheidet in den größeren Sachen nicht selbst über die Sanktion.
Was die Staatsanwälte in den "allgemeineren" Abteilungen fordert ist doch nicht die Komplexität, sondern die Masse an Verfahren.
Ich will den Beruf ja gar nicht schlecht reden. Wenn Sky aber das nicht irgendwie hinkriegt, dann wirds am Gericht sicher nichts.